Die Industriebahn des Geyseritwerks Usingen war eine etwa 6 km lange, schmalspurige Werksbahn mit einer Spurweite von 900 mm vom Bahnhof Usingen zu den Sandgruben der die später vom Bremthaler Quarzitwerk übernommen wurden und heute von der Mineralmühle Leun Rau–Gruppe mit Hauptsitz in Leun a.d. Lahn betrieben werden. Der früher Geyersit genannte Quarz-Sand wurde z.B. im Glaswerk Schott in Mainz für die Herstellung von hochwertigem Glas verwendet, das daraus optische Spezialgläser, z.B. für Sternwarten, herstellte.
Industriebahn des Geyseritwerks Usingen | |
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![]() Usingen mit einem Holzkastenkipper vor der Laurentiuskirche Eine Dampflokomotive Werksbahn des Geyseritwerks Usingen mit einem Holzkastenkipper vor der Laurentiuskirche | |
![]() Ehemaliger Streckenvlauf auf einer Karte von 2021 | |
Spurweite: | 900 mm (Schmalspur) |

Geologie
Quarz, der früher Geyserit genannt wurde ist ein hochwertiger Rohstoff für die Porzellan-, Steingut- und Glasindustrie. Im der Gegend von Usingen, z.B. an den Eschbacher Klippen zeichnete er sich durch besondere Reinheit auszeichnet und ist daher überregional bekannt ist.
Zeitungsberichte im Usinger Kreisblatt erwähnen den Quarzgang 1910 zum ersten Mal. Am 10. Juni 1912 beantragte die die Gewerkschaft Melzingen zu Usingen mit Hauptsitz in Gotha eine staatliche Genehmigung zum Erwerb von Grundstücken zur Errichtung eines Steinbruchs. Während des Ersten Weltkriegs wurde die Quarzsandgewinnung dann durch das Geyseritwerk Usingen der Gewerkschaft Melzingen am Unterstrütchen in der Gemarkung Eschbach sowie durch das Geyseritwerk der Gewerkschaft Dörrberg am Dörrberg in der Gemarkung Cransberg voll betrieben.
Planung und Genehmigung
Am 5. April 1917 beantragte die Gewerkschaft Melzingen beim Landratsamt Usingen den Baus einer schmalspurigen Feldbahn vom Geyseritwerk in der Nauheimer Straße bis zum Staatsbahnhof, mit der Begründung, das Geyserit ein kriegswichtiges Grundwerkstoff für die Glasherstellung sei. Das Ingenieurbüro Winkelmann in Wiesbaden erstellte detaillierte Pläne für die Feldbahn und reichte dies mit Erläuterungen am 29. Oktober 1917 beim Landratsamt ein, das sie prüfte und am 12. Februar 1918 genehmigte, woraufhin der Regierungspräsidenten am 2. Oktober 1919 eine Genehmigungsurkunde ausstellte, so dass mit dem Bau begonnen werden konnte. In der Nachkriegszeit kam es aber zu Verzögerungen, so dass der Landrat am 7. September 1922 anfragte, "bis wann etwa die Bahnanlage fertig gestellt ist und die Inbetriebnahme erfolgen soll".[1]
Bau
Die Industriebahn wurde von der Deutschen Feldbahn- und Industriebedarfs-Kommanditgesellschaft, Martin Kallmann, in Mannheim gebaut und geliefert. Der Obererbau der Bahn bestand aus 100 mm hohen Stahlschienen mit einem Metergewicht von etwa 20 kg/m auf 180 mm breiten Eisenschwellen. Es gab zwei jeweils 160 PS starke Dampflokomotiven und mehrere moderne Selbstentladewagen für den Transport von Quarzsand und einige konventionelle Holzkastenkipper für Kohelen, Baumaterial und andere Güter sowie einige gedeckten Güterwagen für den Transport des in Säcke oder Fässer verpackten, gemahlenen und getrockneten Quarzsandes. Die Selbstentladewagen waren besonders aufwendig konstruiert, da der zu transportierende Rohstoff für die Glasherstellung nicht mit Eisen in Berührung kommen durfte, so dass der gesamte innere Wagenkasten mit Holz verkleidet werden musste.[2] Die größte Steigung auf der freien Strecke betrug 1:28, der kleinste Bogenhalbmesser 40 m.[1]
Inbetriebnahme
Am 8. Januar 1923 wurde die Erlaubnis zum Betrieb erteilt wurde, aber vor Betriebsbeginn mussten noch Restarbeiten bezüglich am 9. Februar 1923 aufgelisteten 30 Beanstandungen erledigt werden.
Einige dieser Mängel wurden wohl auch in den darauf folgenden Jahren nicht abgestellt, da der Betrieb unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten litt, obwohl zeitweise hunderte von Tonnen hochwertiges Quarz pro Tag befördert wurden. Der Magistrat der Stadt Usingen teilte dem Landrat am 13. Dezember 1926 daher mit, dass angedrohte Zwangsmaßnahmen gegen die Firma infolge der völligen Verpfändung der gesamten Anlage und Einrichtung zwecklos sein dürften. Vom 30. Oktober 1926 bis zum 5. März 1927 wurde die Feldbahn deshalb nur an einzelnen eigens vom Landrat genehmigten Tagen betrieben. Kurz darauf wurden die Bahn bis zum 8. Juli 1927 findet abgebaut und zu einer Straße ausgebaut.
Das Werk wurde später unter dem irreführenden Namen Bremthaler Quarzitwerk betreiben, obwohl nur im Hauptwerk in Bremthal Quarzit gefördert wird, in Usingen aber Quarz gefördert wird.
Streckenverlauf
Am nord-westlichen Ende des Bahnhofes Usingen gab es vier Schmalspurgleise zwischen drei Normalpurgleisen. Der Quarzsandes wurde zum Teil als Schüttgut direkt von den auf einer gemauerten Rampe stehenden Feldbahnwagen direkt in die unterhalb stehenden Normalspurwagen gekippt.[3] Reste der Rampe sind in der Nähe des Raiffeisen-Lagerhauses noch erhalten.
Die Industriebahnstrecke begann an der Umladeanlage überquerte die Bahnhofstraße und führte dann entlang der Blücherstraße, der heutigen B456, und der heutigen B275 zu den Sandgruben. Bei km 3,9 zweigte Gleis zur Bremsberganlage der Gewerkschaft Dörrnberg ab und bei km 4,2 endete die Hauptstrecke im Werksgelände des Geyseritwerks der Gewerkschaft Melzingen, in dem es mehrere Ladegleise und einen Lokschuppen gab.[1][4][5]
Einzelnachweise
- ↑ a b c Andreas Christopher: Die Werksbahn des Geyseritwerks Usingen der Gewerkschaft Melzingen.
- ↑ Werbeanzeige der Deutschen Feldbahn- und Industriebedarfs-Kommanditgesellschaft, Martin Kallmann, Mannheim, 1923)
- ↑ Christoph König: Geyseritwerk Usingen.
- ↑ Karl Baeumerth: Mit Volldampf durch die Blücherstraße. In: Magistrat der Stadt Usingen (Hrsg.): 1200 Jahre Usingen. Usingen, 2001.
- ↑ Fischerei-Verein Usingen: Dörrberg.
Koordinaten: 50° 20′ 44,7″ N, 8° 33′ 49,6″ O