Vampirfledermäuse

Unterfamilie der Familie Blattnasen (Phyllostomidae)
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Die Vampirfledermäuse (Desmodontinae) sind eine Taxon der Fledermäuse. Sie werden als Unterfamilie der Blattnasen (Phyllostomidae) eingeordnet, einer formenreichen, auf den amerikanischen Kontinent beschränkten Fledermausgruppe. Sie sind die einzigen Säugetiere, die sich ausschließlich vom Blut anderer Säugetiere oder Vögel ernähren. Es werden drei Arten unterschieden, die in jeweils einer eigenen Gattung geführt werden, der Gemeine Vampir (Desmodus rotundus), der Kammzahnvampir (Diphylla ecaudata) und der Weißflügelvampir (Diaemus youngi).

Vampirfledermäuse
Gemeiner Vampir (Desmodus rotundus)
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Superordo: Laurasiatheria
Vorlage:Ordo: Fledertiere (Chiroptera)
Vorlage:Subordo: Fledermäuse (Microchiroptera)
Vorlage:Superfamilia: Hasenmaulartige (Noctilionoidea)
Vorlage:Familia: Blattnasen (Phyllostomidae)
Vorlage:Subfamilia: Vampirfledermäuse
Wissenschaftlicher Name
Desmodontinae
Bonaparte 1845
Vorlage:Speciesen

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet der Vampirfledermäuse reicht von den südlichen USA (Texas) bis ins südliche Südamerika (Zentralchile, Argentinien und Uruguay. Auf den Westindischen Inseln kommen sie allerdings nicht vor.

Beschreibung

Vampirfledermäuse erreichen eine Kopfrumpflänge von 65 bis 95 Millimetern und ein Gewicht von 15 bis 50 Gramm. Die Flügelspannweite des Gemeinen Vampirs beträgt zwischen 35 bis 40 Zentimeter.

Das Fell dieser Tiere ist an der Oberseite rötlichbraun oder graubraun gefärbt, die Unterseite ist heller, oft gräulich. Die Hinterbeine sind auffallend kräftig, sie können im Gegensatz zu vielen anderen Fledermäusen können auch auf dem Boden laufen und hüpfen, und spinnenartig sogar senkrechte Wände erklimmen. Der Schwanz fehlt bei allen Arten, auch das Uropatagium (die Flughaut zwischen den Beinen) ist klein. Im Körperbau unterscheiden sich die Arten neben der Anzahl der Zähne in der Länge des Daumens, in der Form der Ohren und in der Behaarung des Uropatagiums.

Vampirfledermäuse haben kein echtes Nasenblatt, sondern lediglich einen hufeisenförmigen Ballen über den Nasenlöchern. Schneide- und Eckzähne sind sichelförmig und zum Aufschneiden der Haut ihrer Opfer geeignet, die Backenzähne haben keinerlei zum Kauen geeignete Oberfläche mehr. Eine kurze Speiseröhre und der schlauchförmige Magen sind weitere Anpassungen an die spezielle Ernährung.

Lebensweise

 
Gemeiner Vampir, Darstellung aus Brehms Tierleben

Vampirfledermäuse stellen keine besonderen Ansprüche an ihren Lebensraum, sie leben in wärmeren, sowohl feuchten als auch trockenen Regionen. Sie sind strikt nachtaktiv, als Schlafplätze nutzen sie in erster Linie Höhlen, daneben findet man sie auch in hohlen Bäumen, Minen und Schächten sowie in verlassenen Gebäuden.

Vampirfledermäuse leben in Gruppen, die aus bis zu 100 Tieren bestehen können. Insbesondere der Gemeine Vampir hat ein hoch entwickeltes Sozialverhalten entwickelt, zu dem die gegenseitige Fellpflege und auch das Heraufwürgen des verzehrten Blutes gehört, das er mit weniger erfolgreichen Artgenossen teilt.

Ernährung

Gemeine Vampire bevorzugen Säugetiere als Opfer, insbesondere Rinder. Die beiden anderen Arten haben sich eher auf Vögel spezialisiert. Nach dem Abschlecken der ausgesuchten Körperstelle (der Speichel enthält ein Betäubungsmittel) werden Haare oder Federn entfernt. Dann beißen sie mit den scharfen Eck- und Schneidezähnen ein Stück der Haut heraus und lecken das Blut auf oder saugen es durch die Rillen an der Unterseite der Zunge. . Ein Gerinnungshemmer im Speichel sorgt dafür, dass das austretende Blut beim Trinkvorgang nicht gerinnt. Nach der Mahlzeit, bei der sie rund 20 bis 30 Milliliter Blut aufnehmen, kehren sie in ihre Quartiere zurück, um die Mahlzeit zu verdauen.

Die Gefahren des Bisses liegen weniger im Blutverlust als in der Infizierung des Opfers mit Krankheiten wie Tollwut. Auch kann es an der offenen Wunde zu Infektionen kommen.

Systematik

Vampirfledermäuse werden in die Familie der Blattnasen (Phyllostomidae) eingeordnet, phylogenetisch bilden sie das Schwestertaxon aller übrigen Blattnasenarten. Es werden drei Gattungen mit jeweils einer rezenten Art unterschieden:

Abgesehen von zwei fossilen Desmodus-Arten aus dem Pleistozän sind keine fossilen Vorfahren der Vampirfledermäuse bekannt. Die Frage, wie es zur Entwicklung dieser spezialisierten Ernährungsweise kam, kann derzeit nur auf spekulativem Weg beantwortet werden. Zwei Theorien wurden hierfür vorgeschlagen:

  • Nach einer Theorie haben sich Vampirfledermäuse aus fruchtfressenden Vorfahren entwickelt, die besonders geformten Schneide- und Eckzähne seien zunächst eine Anpassung an das Aufbeißen hartschaliger Früchte gewesen.
  • Nach einer anderen Theorie haben sich Vampirfledermäuse aus insektenfressenden Vorfahren entwickelt, die auf ektoparasitisch lebende Tiere spezialisiert waren. Möglicherweise lockten die Wunden, die die Insekten ihren Wirten zufügten, diese Vorfahren an.


Neben den eigentlichen Vampirfledermäusen werden noch andere Fledermäuse als Vampire bezeichnet:

  • Die Fruchtvampire (Stenodermatinae), die ebenfalls zu den Blattnasen gerechnet werden, sind eine Gruppe vorwiegend früchtefressender Fledermäuse, die äußerliche Ähnlichkeiten aufweisen.
  • Die Falschen Vampire (Megaderma) aus Asien weisen ebenfalls äußerliche Ähnlichkeiten auf, gehören aber zu den Großblattnasen (Megadermatidae), einer nicht näher verwandten Fledermausgruppe.

Vampirfledermäuse und Menschen

Das Verhältnis zur Sagengestalt

Datei:Orlock.jpg
Graf Orlock, eine Vampirgestalt aus dem Film Nosferatu (1922)

Legenden und Mythen von Vampiren, einer Sagengestalt, die sich von Blut ernährt und manchmal in Fledermaus- oder Eulengestalt auftritt, finden sich in vielen Kulturen rund um den Globus. Vielfach sind diese Sagen älter und können auch aufgrund der geographischen Distanz nicht von den Vampirfledermäusen beeinflusst sein, die nur aus Amerika belegt sind. Die Tiere haben ihren Namen von der Sagengestalt und nicht umgekehrt, wie auch die frühere Verwendung des Wortes „Vampir“ für die Gestalt als für die Tiere zeigt. Zweifelsohne haben jedoch die Fledermäuse die mythischen Vorstellungen in späterer Zeit beeinflusst.

Schäden durch Vampirbisse

Jährlich werden zahlreiche Nutz- und Haustiere das Opfer von Vampirbissen. Schätzungen gehen von bis zu 100.000 toten Rindern pro Jahr aus, die auf Vampirbisse zurückzuführen sind, was auch einen enormen wirtschaftlichen Schaden darstellt.

Krankheitsübertragung beim Menschen

Die Vampirfledermäuse können den Menschen gefährden, da sie durch ihre Bisse Tollwut und andere Krankheiten übertragen können. So haben sie im Jahr 2005 in Brasilien nachweislich in einem Fall ca. 10 Menschen mit Tollwut infiziert. Alle so infizierten Personen verfügten über keinerlei Impfschutz und sind daher ohne nachträgliche Sofortimpfung in Folge der Erkrankung verstorben.

Bedeutung für die Forschung

Das gerinnungshemmende Enzym im Speichel der Vampirfledermäuse wurde erst vor einigen Jahren isoliert und biotechnologisch hergestellt. Es soll vor allem als Medikament vorbeugend gegen Herzinfarkte und Schlaganfälle eingesetzt werden.

Bedrohung durch den Menschen

Vampirfledermäuse sind weit verbreitet und zählen nicht zu den bedrohten Arten, lediglich der Kammzahnvampir wird von der IUCN als gering gefährdet gelistet.