Bernard Natan (* 14. Juli 1886 in Jassy (Rumänien); † 1942 im KZ Auschwitz) war das Pseudonym des rumänischen Regisseurs Natan Tannenzaft, mit dem er in Frankreich bekannt wurde.
Anfänge als Regisseur
Die Rezeption der Regietätigkeit Natans gestaltet sich sehr unterschiedlich. Von einigen Quellen wird er als der bekannteste Regisseur neben Dominique von pornografischen Filmen in Frankreich bezeichnet, andere Quellen streiten genau dies ab und führen diesen Ruf auf Verleumdungskampagnen früherer Geschäftspartner und antisemitischer Kräfte zurück.[1]
Bernard Natan verließ im Jahr 1906 Rumänien und ging nach Frankreich, wo er zuerst Arbeit als Filmvorführer fand. Im Jahr 1910 gründete er mit drei Teilhabern das Unternehmen Ciné Actualités. Drei Jahre später folgten das Filmstudio Rapid Films sowie die Filmzeitschrift Rapid Publicité. Im ersten Weltkrieg kämpfte er auf französischer Seite in der Fremdenlegion und erhielt das Croix de Guerre als Auszeichnung. Die französische Staatsbürgerschaft nimmt er schließlich 1921 an. Sein Filmstudio expandierte. Es gibt gegensätzliche Darstellungen, ob es sich bei einigen Produktionen dieses Studios in den zwanziger Jahren um pornographische Filme für ein gehobeneres Publikum oder häufiger anzutreffende "frivole" Filme handelte, die jedoch in der Darstellung niemals explizit waren. Von erster Seite werden seiner Produktionsfirma fast alle pornografischen Filme mit bi- und homosexuellen sowie masochistischen Inhalten zugeschrieben. Im Jahr 1926 gründete er schließlich mit Henri Diamant-Berger und John Maxwell die Productions Natan.
Panthé-Natan
Im Februar 1929 schätzte er die zukünftigen Erfolge des Tonfilms anders ein als die anderen großen Filmstudios und Produzenten in Frankreich. Unter dem Namen Pathé-Natan übernahm er das Pathé-Studio.
Von 1929 bis 1935 produzierte das neue Studio 70 Spielfilme. Zu den Regisseuren, die für Panthé-Natan arbeiteten, zählten u. a. Marcel L'Herbier, Jacques de Baroncelli, René Clair, Jean Grémillon, Jacques Prévert sowie Maurice und Jacques Tourneur. Bei den Schauspielern sind vor allem Jean Gabin und Renée Saint-Cyr hervorzuheben. Als Franzose jüdischen Glaubens produzierte er 1934 René Clairs Film Le Dernier milliardaire, in dem Adolf Hitler lächerlich gemacht wurde, was ihm Probleme mit französischen Nationalsozialisten einbrachte. Daneben wurde der Vertrieb der französischsprachigen Versionen zahlreicher ausländischer Produktionen – wie z. B. Mickey Mouse – sichergestellt. Zudem erwarb das Unternehmen Anteile an einer Rundfunkstation und einige frühe Patente in der Cinemascope- und in der Fernsehtechnik.[2]
Als Spätfolge der komplizierten Pathé-Übernahme, vor allem aber als Opfer einer xenophoben und antisemitischen Kampagne geriet Natan in finanzielle Schwierigkeiten und musste 1936 ihre Zahlungsunfähigkeit erklären. Dabei muss zwischen den Kinobetrieben und der Filmproduktion unterschieden werden, welche bis zuletzt profitabel betrieben worden waren (auch die Kinosparte sollte später ihre Verbindlichkeiten einschließlich der Verzugszinsen begleichen können). Anschließend gründete sein Bruder Emile Natan die Produktionsgesellschaft Les Films modernes, während Bernard Natan in den Studios von Paramount in Saint-Maurice arbeitete.
Im Dezember 1938 wurde Natan verhaftet. In den Jahren 1939 und nochmals 1941 wurde er wegen Betrugs verurteilt und musste eine Haftstrafe antreten. Dort befand er sich noch, als die Deutschen 1940 Paris einnahmen. Nach seiner Freilassung 1942 wurde er nach Aberkennung der französischen Staatsbürgerschaft an die deutschen Besatzer übergeben und am 25. September 1942 ins KZ Auschwitz deportiert, wo er wenige Wochen später umgekommen sein soll.[3]
Natan hatte – anders als sein Geschäftspartner und späterer Widersacher Charles Pathé[4] – keine Möglichkeit, rückblickend seine Sicht der Dinge darzustellen. Es ist unklar, inwiefern das Bild des Regisseurs pornographischer Filme und des schlechten Geschäftsmanns den Tatsachen entspricht oder den genannten Kampagnen entsprungen ist.
Literatur
- Georg Seeßlen: Der pornographische Film. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Ullstein, Frankfurt am Main 1990 ISBN 9-783548-352916
- André Rossel-Kirschen, Pathé-Natan, La véritable histoire, Pilote24 Éditions, 2004 ISBN 2-912347-40-8
Einzelnachweise
- ↑ Droit de réponse. Mise au point sur le grand producteur Bernard Natan. Zu den antisemitischen Ausfällen sei auf Jens Ulff-Möller, Hollywood's film wars with France: film-trade diplomacy and the emergence of the French film quota policy, University Rochester Press 2001, sowie auf das antisemitische Werk Robert Denoël, Les Juifs en France, 1940-41 verwiesen.
- ↑ Zur Cinemascope-Technik siehe auch Henri Chrétien, Bernard Natan and the Hypergonar
- ↑ Willems, Gilles, "The origins of Pathé-Natan"
- ↑ Zu Pathés autobiografischen Texten siehe André Rossel-Kirschen, "Charles Pathé et son bouc émissaire: Bernard Natan", in: 1895, 55: 2008
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Natan, Bernard |
ALTERNATIVNAMEN | Tannenzaft, Natan |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Regisseur |
GEBURTSDATUM | 1886 |
GEBURTSORT | Rumänien |
STERBEDATUM | 1942 |
STERBEORT | KZ Auschwitz |