Mata Hari

niederländische Tänzerin, Kurtisane und Spionin
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. Oktober 2005 um 15:59 Uhr durch NiTenIchiRyu (Diskussion | Beiträge) (Verhaftung, Prozess und Hinrichtung: eigentippo). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Mata Hari war das Pseudonym der niederländischen Tänzerin Margaret(h)a Geertruida Zelle (* 7. August 1876 in Leeuwarden; † 15. Oktober 1917 in Vincennes). Neben ihrem Künstlernamen verwendete sie zeitweise die Namen Marguerite Campbell und Lady Gretha MacLeod.

Datei:MataHari.jpg
Mata Hari

Mata Hari war in der Zeit vor und während des ersten Weltkrieges als Tänzerin und Kurtisane bekannt. Nach einem umstrittenen Prozess vor einem französischen Militärgericht wurde sie 1917 als vermeintliche Spionin für das Deutsche Reich hingerichtet.

Lebensgeschichte

Die Berichte über das Leben und den Werdegang Mata Haris sind so zahlreich wie widersprüchlich. Viele Details aus ihrem Lebenslauf sind umstritten und werden von einigen Biographen angezweifelt. Der Grund für die vielen Versionen ihres Lebenslaufes sind die zahlreichen Geschichten, die Mata Hari zu ihren Lebzeiten selbst "erfand" und veränderte. Darüber hinaus sind die Umstände einer eventuellen Spionagetätigkeit nur durch wenige Zeugnisse belegt.

Kindheit und Jugend

Margaretha Geertruida Zelle wurde 1876 als einzige Tochter des Hutmachers Adam Zelle und seiner Frau Antje van der Meulen, in der Grote Kerstraak 28 der niederländischen Stadt Leeuwarden geboren. Sie hatte noch drei weitere Brüder, die Zwillingsbrüder Ari Anne und Cornelis Cœnrad und Johannes Henderikus.

Ihr Vater Adam Zelle, der ein Mützengeschäft in Leeuwarden betrieb, ging etwa 1891 aufgrund spekulativer Geschäfte bankrott. Im selben Jahr starb auch Grietjes Mutter. Die Familie zog nach Amsterdam. Hier heiratete Adam Zelle recht schnell wieder und eröffnete vom Geld seiner zweiten Frau einen Kleinhandel mit Petroleum.

Die Großmutter van der Meulen nahm sich der Kinder ihrer Tochter an und zahlte auch für deren Erziehung. Grietje, wie Mata Hari damals in der Familie genannt wurde, kam in das Haus ihres Onkels Visser in Sneek, der mit einer Schwester von Adam Zelle verheiratet war. Die Familie ihres Onkels schickte sie auf ein Pensionat nach Leiden, um sie zu einer Kindergärtnerin ausbilden zu lassen. Sie brach ihre Ausbildung ab und zog dann zu ihrem Onkel Taconis nach Den Haag.

Durch eine Zeitungsannonce in Nieuws van den Dag lernten sich Grietje und John MacLeod im Jahre 1895 kennen. McLeod war etwa 20 Jahre älter und hatte sich bereits mit seinem Dasein als Junggeselle abgefunden. Einer seiner Freunde setzte jedoch ohne McLeods Wissen einen Text auf, laut dem ein Offizier, der soeben „von den Westindischen Inseln zurückgekehrt sei”, die Bekanntschaft einer heiratswilligen jungen Dame suchte. Trotz des Altersunterschiedes war Grietje von McLeods Auftreten sowie seinen zahlreichen Orden und Offiziersuniform angetan.

Ehe und Aufenthalt in Niederländisch-Indien

Am 11. Juli 1895 heiratete sie im Alter von neunzehn Jahren den niederländischen Kolonialoffizier Campbell Rudolph (John) MacLeod. Die Familie von John MacLeod stammt vom Clan der MacLeods aus Schottland. Der erste urkundlich erwähnte Leod war der Sohn Olafs des Schwarzen, der als König der Insel Man gegen Ende des 12. Jahrhunderts lebte. Dunvegan Castle war und ist bis heute der Stammsitz des schottischen Zweigs der Familie.

Die Flitterwochen verbrachten Grietje und ihr Mann in Wiesbaden. Bereits am 30. Januar 1896, knappe sieben Monate nach der Hochzeit, kam ihr Sohn Norman John zur Welt.

Am 1. Mai 1897 begab sich die Familie MacLeod, an Bord des Dampfers „Prinses Amalie“, nach Batavia auf Java. Ihr Mann erhielt die Order nach Ambarawa, einem kleinen Ort mitten auf der Insel Java, umzusiedeln. Am 2. Mai 1898 wurde die Tochter Luisa Johanna, genannt Non, geboren.

Zur Thronbesteigung von Königin Wilhelmina, wurde in Malang, dem damaligen Wohnort der Familie MacLeod, eine Operette aufgeführt, in der Gretha, wie sie sich zu dieser Zeit nannte, die Hauptrolle spielen sollte. Dies war zugleich ihr erster öffentlicher Auftritt. Im März 1899 wurde John MacLeod, inzwischen Major, nach Medan auf Sumatra versetzt.

Durch den Umzug war das Paar etwa zwei Monate getrennt. In dieser Zeit kam es vor allem im Brief- und Telegrammkontakt zu ersten Schwierigkeiten in ihrer Beziehung. John MacLeod ermahnte seine junge Frau immer wieder zu mehr Sparsamkeit und der Alters- und Persönlichkeitsunterschied beider führte immer häufiger zu Problemen. Das Paar entfremdete sich zusehends. Am 28. Juni 1899 wurden beide Kinder der Familie vermutlich durch einen unzufriedenen Untergebenen McLeods vergiftet. Während die kleine Non durch einen Arzt in letzter Minute gerettet werden konnte, starb der einzige Sohn Norman an den Folgen der Vergiftung. Mit seinem Tod war der Bruch zwischen den Eheleuten nicht mehr aufzuhalten.

1900 erhielt Major MacLeod seinen erbetenen Abschied. Im Oktober übersiedelte die Familie nach Sindanglaja. Die Eheprobleme wurden stärker und John schlug seiner Frau die Scheidung vor. Auf diesen Vorschlag ging sie jedoch nicht ein. In der Zeit von 1900 bis 1901 reiste das Paar zurück nach Holland und bezog getrennte Wohnungen. Es kam immer wieder zu Versöhnungen, die nach wenigen Wochen aber wieder in Streit und Trennung ausarteten. Im Oktober 1903 fuhr Gretha zum ersten Mal nach Paris, um als Modell für einen Maler zu arbeiten. Der Maler Octave Guillonnet portraitierte sie für ein Plakat des Gaité-Theaters. Auch sein Kollege Gustave Assire engagierte sie als Modell. Weitere Arbeiten blieben allerdings aus und Gretha kehrte daraufhin im gleichen Jahr nach Holland zurück.

Legendenbildung

In den Jahren 1903 und 1905 entstand die Geschichte der indischen Tempeltänzerin Mata Hari. Der Name Mata Hari bedeutet auf malaiisch Auge der Morgenröte, oder Auge des Morgens bzw. Auge des Tages und wird als Synonym für die Sonne benutzt. Gretha war zwar in Indien, hatte aber nie Kontakt zur Bevölkerung oder deren Tänze studiert. Zwischen 1903 und 1905 entwarf sie ihren Tanz, ihr Kostüm und ihre Legende, die damals auf fruchtbaren Boden fielen. Exotische und frivole Tänzerinnen war Paris zwar gewohnt, eine indische Bajadere, die mit einer geheimnisvollen Geschichte und Herkunft aufwarten konnte, war jedoch etwas Neues. Ihr Siegeszug als gefeierte Tänzerin begann.

In einem zeitgenössischen Zeitungsbericht berichtete Mata Hari selbst von ihrer Jugend auf Java:

In Malabar, an der Küste Südindiens, kam ich als Tochter einer Brahmanenfamilie zur Welt. Meine Mutter war eine berühmte und gefeierte Bayadere im Tempel Kanda Swany; mit vierzehn Jahren, als sie mich gebar, starb sie. Als ihre Leiche auf dem Scheiterhaufen verbrannt war, zogen mich die Priester auf und gaben mir den Namen Mata Hari. Schon als kleines Kind wurde ich in der unterirdischen Grotte der Pagode Schiwas in die heiligen Tänze des Gottes eingeweiht, da ich die Nachfolgerin meiner Mutter werden sollte. (...) So reifte ich allmählich zur Jungfrau heran, und in einer warmen Frühlingsnacht, als die silberne Mondscheibe am Himmel hing, wurde ich in die Geheimnisse der heiligen Liebe der Göttin Sakryjuda eingeweiht...Als Bayadere durfte ich nie irdische Liebe empfinden. Mein Leben war dem Gott geweiht. Da lernte ich einen britischen Kolonialoffizier kennen, der entführte mich aus dem Heiligtum Schiwas und macht mich zu seiner Gattin. So bin ich Lady Gretha MacLeod geworden...

Diese und andere Legenden wurden von Mata Hari selbst „erfunden“, um sie in eine Orientalin zu verwandeln und um ihrem Phantasietanz eine uralte Geschichte und Authentizität zu geben. Häufig siedelte sie ihre Kindheit auch auf Java an. Über gut ein Dutzend dieser Versionen ihrer selbst erfundenen Legende berichtete Sam Waagenaar in seinem Ersten wahren Bericht über die legendäre Spionin.

Mata Hari hat jedoch tatsächlich niemals indische Tänze gelernt oder sich mit ihnen beschäftigt. Was sie in den Pariser Salons vortrug waren persönliche Schöpfungen wie das Märchen ihrer indischen Abstammung. Aber gerade diese exotische Note wirkte auf ihr Publikum und bahnte ihren Weg zum Erfolg.

Mata Hari

Datei:Mata Hari.JPG
Postkarte von Mata Hari

Ab 1905 fing sie unter dem Namen Lady MacLeod und mit dem Pseudonym Mata Hari in Paris ihre Karriere als Tänzerin an. Ihr erste Auftritt fand Ende Januar 1905 im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung von Madame Kiréevsky in Paris statt. Durch Pressemitteilungen die sich auf „eine Frau aus dem Fernen Osten“ bezogen, „die mit Parfüm und Juwelen beladen nach Europa kam, um sich mit Schleiern zu verhüllen und enthüllen“, wurden weitere Mäzenen auf Lady MacLeod aufmerksam. Auf Einladung des Industriellen Emile Guimet tanzte sie am 13. März 1905 in seinem Museum vor einem ausgesuchten Publikum und präsentierte dort Nachempfindungen indischer Tempeltänze.

Die Szene, in der sie zuletzt nahezu unbekleidet tanzte, war Sensation und Skandal zugleich. Es folgten Auftritte in den Salons u.a. von Bankier Baron Henri de Rothschild, Cécile Sorel, Gaston Menier und Natalie Clifford Barney. Der legendäre Impressario der Ballets Russes, Gabriel Astruc, wurde ihr Manager. Im Pariser Theater Olympia erschien sie 1906 erstmals vor großem Publikum im Rahmen eines Variéteprogramms. In Monte Carlo sah man sie im dritten Akt von Jules Massenets Oper Le Roi de Lahore neben der Ballerina Carlotta Zambelli.

Am 26. April 1906 erging das Scheidungsurteil für ihre Ehe. Die Tochter wurde dem Vater zugesprochen. Die Öffentlichkeit erfuhr nichts von diesem Vorgang. Für sie gab es nur die berühmte Tänzerin Mata Hari, die geheimnisumwitterte indische Tempelbajadere, über deren romantische Herkunft sich die Zeitungen mit fantastischen Geschichten gegenseitig übertrumpften.

Mata Hari feierte Erfolge in Wien und gab in Berlin eine Vorstellung für den deutschen Kaiser und dessen Familie. Sie kehrte 1907 nach Paris zurück. Im Winter 1907 begab sie sich auf eine Reise nach Ägypten und blieb für ihre europäische Anhängerschaft verschwunden. Angeblich hielt sie sich im Nillande auf, um die alten Mysterien zu studieren.

1910 übernahm sie die Rolle der Kleopatra in Antar von Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow in Monte Carlo. Während der Theatersaison 1911/12 präsentierte Mata Hari in der Mailänder Scala ihren Tanz Die Prinzessin und die Zauberblume im fünften Akt von Christoph Willibald Glucks Oper Armide und verkörperte die Venus in Antonio Marcenos Ballett Bacchus und Gambrinus.

Zu dieser Zeit versuchte sie auch, den Kontakt zu ihrer Tochter Non herzustellen, doch ihr Ex-Ehemann sandte jeden ihrer Briefe ungeöffnet an sie zurück.

1913 begegnet sie kurz dem deutschen Kronprinzen. Ihr Interesse wurde von einem Beobachter names Guido Kreutzer als fanatische Feindschaft gegenüber Deutschland fehlinterpretiert. Man unterstellte ihr Attentatspläne gegen den Kronprinzen. Als Mata Hari darum bat, vor dem deutschen Kronprinzen tanzen zu dürfen, wurde ihrer Bitte nicht entsprochen. So reiste sie unverrichteter Dinge aus Berlin ab, ohne die Bekanntschaft des deutschen Kronprinzen gemacht zu haben.

Unvermutet erschien sie als spanische Tänzerin in La Revue en Chemise am 28. Juni 1913 in den Folies Bergère. Im August 1914 brach der Erste Weltkrieg aus. Mata Hari befand sich zu dieser Zeit in Paris. Ein Engagement am Metropol-Theater für das Stück Der Millionendieb kam nicht mehr zustande. Sie kehrte nach Holland zurück. Noch einmal war sie im Königlichen Theater von Den Haag im Ballett Les Folies Francaises zu sehen.

Vorwurf der Spionagetätigkeit

Datei:1Matahari 1910.jpg
Mata Hari auf einer Aufnahme von ca. 1910

Im Laufe der Zeit kam es zu Kontakten mit Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft, was jedoch angesichts Mata Haris Popularität und ihres Erfolges nicht verwunderlich war.

1914 soll ihr der deutsche Geheimdienst ca. 20.000 bis 30.000 RM geboten haben, um ihre Leistungen als Spionin zu erkaufen. Angeblich aus Geldnot nahm Mata Hari das Angebot an und soll den Decknamen H21 erhalten haben. Ob sie die Gelegenheit hatte, entscheidende Informationen an die deutsche Abwehr weiterzuleiten oder überhaupt jemals unter diesem Decknamen tätig war, ist stark umstritten.

Im selben Jahr flüchtete Mata Hari vor Gläubigern und unbezahlten Rechnungen, jedoch nicht vor Spionen oder Anklagen der Entente, wie später behauptet wurde. Da Engagements ausblieben und in den Hauptstädten das Massensterben der Soldaten im Krieg das Hauptthema war, hatte kaum ein Theaterbesucher Lust, sich eine indische Nackttänzerin anzusehen. Ihren aufwändigen und luxuriösen Lebensstil konnte sie daher nicht in der gewohnten Art und Weise fortsetzen. Im Oktober 1914 mietete sie ein kleines Haus in Den Haag. Dort und in Amsterdam war sie Gast der französischen Oper und hatte zahlreiche Tanzabende.

Kurze Zeit später lernte sie den 21-jährigen russischen Soldaten Wladimir Maslow kennen und ging trotz der 17 Jahre Altersunterschied eine Beziehung mit diesem ein. Maslow wurde kurz darauf zurück an die Front beordert und verlor dort im Gefecht eines seiner Augen. Die kostspielige Behandlung dieser Kriegsverletzung wurde später von einigen Biographen Mata Haris als mögliches Motiv für eine Spionagetätigkeit genannt.

Im Frühjahr 1915 kehrte sie nach Paris zurück, angeblich um wichtige Erkundigungen über die französische Vorbereitungen zu einer neuen Offensive einzuziehen. Tatsächlich löste sie ihren kostspieligen Villenhaushalt in Neuilly auf, den sie sich nicht länger leisten konnte. Mata Hari war zu dieser Zeit schon nahezu zahlungsunfähig. Dr. Bizard, ein Pariser Präfekturarzt sah sie zu dieser Zeit wiederholt in den besseren Stundenhotels der Stadt.

Bereits Mitte 1915 wurde der französische Spionageabwehrdienst des zweiten Büros des Generalstabs auf Mata Hari aufmerksam. Auf der Fahrt nach Spanien war sie bei der Landung in Southampton den Behörden des englischen Intelligence Service aufgefallen, die von ihren Agenten aus Madrid bereits Informationen über sie erhielten. Mata Hari reiste mit einem Pass der auf den Namen Gertrud Benedix lautete. Die Polizei befand ihre Papiere für unecht und man nahm sie fest. Mata Hari wurde nach London gebracht und Sir Basil Tompson, dem Leiter des englischen Spionageabwehrdienstes vorgeführt und einem Verhör unterzogen. Sie konnte sich verteidigen und Sir Tompson, der viel Erfahrung im Umgang mit Spionen hatte, glaubte ihren Aussagen. Ob ihre Behauptung, sie sei die Geliebte eines deutschen Militärattachés namens Benedix, der Wirklichkeit entsprach, kann man nicht mehr feststellen. In seinen Memoiren berichtet Sir Tompson, dass Mata Hari um ein Gespräch unter vier Augen bat. In diesem Gespräch gestand sie, tatsächlich Spionin zu sein, allerdings nicht für Deutschland, sondern für Frankreich. Tompson entließ Mata Hari, informierte aber die französische Geheimpolizei über die verdächtige Tätigkeit der Tänzerin. Ab diesem Zeitpunkt wurde Mata Hari praktisch rund um die Uhr überwacht.

In Madrid stieg sie im Palace Hotel ab, ein Hotel dessen Gäste vielen Nationalitäten angehörten. Darunter waren Beamte der französischen Botschaft aber auch deutsche Agenten. Hier soll Mata Hari im näheren Kontakt zum deutschen Militärattaché Major Arnold Kalle gestanden haben. Auf ihrer Weiterreise begab sie sich nach Paris und beantragte dort einen Pass nach Vittel. Dort wollte sie angeblich Wladimir Maslow besuchen, der im dortigen Militärhospital behandelt wurde. Vittel liegt in den Vogesen, unmittelbar hinter der damaligen deutschen Westfront und war ein Sammelbecken für Offiziere und Mannschaften der französischen Luftflotte. Die Tänzerin erhielt die Genehmigung, sich nach Vittel zu begeben. Dort unterhielt Mata Hari intime Beziehungen zu französischen Fliegeroffizieren. Ihr Verhalten erregte schließlich Misstrauen, da sie sich angeblich nach militärischen Dingen erkundigt hatte. Sie musste den Ort dementsprechend verlassen und ging wieder nach Paris.

Zur dieser Zeit hatte sich das zweite Büro des französischen Kriegsministeriums bereits eingehend mit Mata Haris Aktivitäten befasst. Was man bisher ermittelt hatte, reichte für eine Festnahme jedoch nicht aus. Fest stand, dass sie im neutralen Ausland mit Deutschen verkehrte und mit diesen Personen chiffrierte Briefe austauschte. Zur Enttarnung dieser versteckten Botschaften trug auch der Lyriker Jules Supervielle bei, der zu diesem Zeitpunkt für die französische Spionageabwehr tätig war. Man beschloss, sie als Holländerin in ihre Heimat abzuschieben. Major Ladoux, der Chef des französischen Spionageabwehrdienstes, ließ sie in sein Büro kommen und informierte sie über die Ausweisung. In diesem Gespräch, so die Memoiren von Ladoux, gestand Mata Hari die Geliebte eines deutschen Spions namens Krämer zu sein. Krämer war einer der führenden Agenten in Holland.

Major Ladoux stellte Mata Hari, die angeblich gegen eine Millionen Franc im deutschen Hauptquartier für Frankreich spionieren wollte, eine Falle. Es gab der Tänzerin die Namen von sechs belgischen Agenten die sie aufsuchen sollte. Fünf von Ihnen standen im Verdacht irreführende Meldungen zu liefern, der sechste arbeitete für Frankreich und Deutschland. Zwei Wochen nachdem Mata Hari von Paris nach Spanien abreiste, wurde der sechste von den Deutschen erschossen, während die übrigen fünf Agenten unbehelligt blieben. Dies war für Ladoux der Beweis, dass sie die Namen der Spione den deutschen Militärbehörden verraten hatte. Man wartete für ihre Verhaftung ihre Rückkehr nach Frankreich ab und überwachte gleichzeitig die Abschriften aller Berichte, die von Madrid nach Deutschland gingen.

Zehn Tage nach diesem Vorfall wurde ein Bericht der Deutschen Botschaft in Madrid abgefangen. Die Botschaft lautete: „Nr. H21 soeben hier eingetroffen. Wir haben erreicht, daß sie in französischen Dienst eingestellt wird. Verlangt Order und Geld.“ Die Antwort aus Deutschland lautete: „H21 soll nach Frankreich zurückkehren und beobachten. Sie erhielt einen Scheck über 5.000 Franc, gezogen von Krämer auf Comptoire d'Escompte.“ Am 3. Januar 1917 traf Mata Hari in Paris ein. Trotz der Beweise ließ man sich Zeit mit einer Verhaftung. Mata Hari konnte in aller Ruhe das Geld abheben und ausgeben.

Verhaftung, Prozess und Hinrichtung

Am Morgen des 13. Februar 1917 wurde sie von Polizeikommissar Priolet festgenommen und Hauptmann Bouchardon, dem Untersuchungsrichter des Kriegsgerichts, vorgeführt. Während der Verhöre bestand sie jedoch auf ihrer Unschuld. Sie wurde in die Untersuchungshaft nach Saint-Lazare gebracht. Nach zwei Tagen in einer normalen Einzelzelle, wurde sie dann in die berühmte Zelle 12 gebracht. Hier waren schon vor Mata Hari bekannte Persönlichkeiten untergebracht.

In dieser Zelle wohnte sie mit ihrer Aufseherin, der Nonne Schwester Leonide. Dieses Amt versahen in Saint-Lazare fünfzig Nonnen vom Orden Marie-Joseph du Dorat. Niemand hatte Zutritt zur Zelle der Tänzerin, außer Geistlichen, Ärzten, Juristen und ihrem Anwalt. Nur ihre Gläubiger verfolgen sie trotz ihrer Festnahme und schicken ihr Rechnungen und Mahnungen ins Gefängnis. Erst am 24. Juli 1917, fünf Monate nach ihrer Verhaftung, wurde die Anklageschrift fertiggestellt und das Verfahren eröffnet. Mata Hari wurde des Hochverrats und Unterstützung des Feindes beschuldigt. Auf beide Vergehen stand zum damaligen Zeitpunkt die Todesstrafe.

Der Anwalt von Mata Hari war Eduard Clunet, ein in Künstlerkreisen angesehener Jurist, der im Laufe seines Berufslebens schon viele bekannte Schauspieler vor Gericht vertreten hatte und zu diesem Zeitpunkt die Siebzig bereits überschritten hatte. Er war jedochs bisher noch nie vor einem Kriegsgericht aufgetreten. Die Richter von Mata Hari waren Offiziere und Berufsmilitärs, keine Rechtsgelehrten und es gab während des Prozesses auch keine Geschworenen als Laienrichter.

Mata Hari wurde weiterhin vorgeworfen, eine Deutschland-Bewundererin zu sein, weil sie - was für eine Holländerin nicht ungewöhnlich war - deutsch sprach und ihre Flitterwochen in Wiesbaden statt in Paris oder Venedig verbrachte. Erschwerend kam hinzu, dass sie vor Diplomaten und Offizieren tanzte, diese in ihre Stadtvilla in Paris einlud, Geldgeschenke gerne annahm und gute Kontakte zur Presse unterhielt.

Da sie als Mata Hari ebenso ungeschickt mit ihren privaten Finanzen umging wie als Gretha MacLeod, war sie auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Sie ließ sich daher gern beschenken, unabhängig von der Staatszugehörigkeit ihrer Mäzene. Ebenso musste sie in ihrer Rolle als Künstlerin gute Kontakte zur Presse unterhalten, um möglichst positive Berichterstattungen zu erwirken.

Ein echter Beweis für ihre Spionagetätigleit konnte jedoch nicht erbracht werden. So berichtete Generalmajor a.D. Hempp, der frühere Leiter der Heeres-Abwehr im Reichsministerium, dass Mata Hari in Wirklichkeit nichts für den deutschen Nachrichtendienst geleistet hatte und der Fall vor allem von Seiten der Presse ausgeschlachtet wurde.

Der Hauptanklagepunkt, der als schlüssiger Beweis ihrer Doppelspionagetätigkeit von der Anklage vorgelegt wurde, war der Umstand das sich Mata Hari vom französischen Geheimdienst anwerben ließ, um die schon erwähnten sechs Agenten aufzusuchen. Im Prozess wurde sie gefragt wieso, wenn nicht sie die Namen an die Deutschen verraten hatte, einer der Agenten erschossen wurde. Ihre Antwort war zugleich ihr Todesurteil. Da sie fälschlicherweise davon ausging die Informationen wären „veraltet“ gewesen, gab sie die Weiterleitung der Namen gegen Geld zu.

Am 25. Juli wurde Mata Hari wegen Doppelspionage und Hochverrats von einem französischen Militärgericht zum Tode verurteilt. Am 15. Oktober 1917, um 6:15 Uhr morgens, wurde sie in Vincennes nahe Paris von einem zwölfköpfigen Exekutionskommando erschossen. Wie in Frankreich damals üblich, wurden Delinquenten vorab nicht über den Termin ihrer Hinrichtung informiert, um sie nicht mehr als nötig zu beunruhigen. So erfuhr auch Mata Hari erst eine Stunde vor dem vereinbarten Hinrichtungstermin von ihrem Schicksal. Noch in ihrer Zelle bat sie darum, zwei Briefe zu verfassen, die sie dann ihrem Anwalt aushändigte. Die bei Erschießungen obligatorische Augenbinde verweigerte sie. Von der auf sie abgefeuerten Salve traf angeblich nur ein einziger Schuss tödlich, dieser allerdings direkt ins Herz. Ein zweiter Schuß zerschmetterte ihr Knie. Ein Unteroffizier gab ihr zuletzt aus kurzer Distanz den Gnadenschuß in den Kopf. Ihre letzten Worte hatte sie zuvor an den befehlshabenden Offizier gerichtet: „Monsieur, ich danke Ihnen.“

Um ihre Hinrichtung ranken sich zahlreiche Anekdoten, die aber sämtlich in den Bereich der Mythen gehören. So soll Mata Hari dem Erschießungskommando Küsse zugeworfen oder sich gar im Angesicht der Soldaten entkleidet haben.

Nachgeschichte

Da niemand auf die Leiche von Mata Hari Anspruch erhob und sich kein Mensch fand, der die Kosten für eine Beerdigung übernehmen wollte, wurde ihr Körper der medizinischen Fakultät der Sorbonne zur Verfügung gestellt. Der Seziertisch der Medizin wurde zugleich Grab der berühmten indischen Bajadere. Ihr Kopf wurde dabei präpariert und in einem französischen Museum ausgestellt, aus dem er jedoch in den 1950er Jahren unter mysteriösen Umständen verschwand.

Ihre Tochter Non wollte einige Jahre nach dem Tod Mata Haris der Spur ihrer Mutter folgen und nach Indonesien reisen. Obwohl erst 21 Jahre alt, verstarb sie in der Nacht vor Antritt der Reise unerwartet nach einem Schlaganfall.

Seit den 1990er Jahren existiert in Leeuwarden eine Mata Hari Stiftung, welche sich die Rehabilitierung der berühmten Niederländerin zum Ziel gesetzt hat. Durch den Vergleich zeitgenössischer Dokumente kommen die Mitglieder der Stiftung zum Schluss, dass Mata Hari nur Spielball verschiedener Geheimdienste war und aufgrund ihres Wissens um eventuell kompromitierende Details über hochrangige Politiker sterben musste.

Mata Hari war keine geborene Spionin. Man hat sie benützt für die antideutsche Kriegskampagne. Sie war lediglich eine Frau, die das Leben geniessen wollte, und die nicht begriffen hatte, dass mit dem Krieg nichts sein würde wie zuvor.

Verfilmungen

Mata Haris bewegte Lebensgeschichte wurde mehrfach verfilmt. Die weitaus bekannteste Verfilmung stammt aus dem Jahr 1931 und entstand unter der Regie von George Fitzmaurice. Die Vorlage zum Film lieferte Thomas Coulson mit seinem Buch „Mata Hari, courtesan and spy“. In den Hauptrollen waren unter anderem Greta Garbo und Ramon Novarro zu sehen.

  • Mata Hari, USA 1931, verlegt von Warner Home Video, Hamburg als VHS (2001, 85 Min.) und DVD (2005, 89 Min.)

Daneben existieren weitere Verfilmungen mit dem Titel Mata Hari aus den Jahren 1920, 1978, 1985 und 1996.

Literatur

  • Philippe Collas: Mata-Hari. Sa véritable histoire, Plon, Paris 2003, ISBN 2-259-19872-4
  • Thomas Coulson: Mata Hari, courtesan and spy, Hutchinson, London 1930
  • Gerhard Feix: Das Große Ohr von Paris - Fälle der Sûreté, Verlag Das Neue Berlin, Berlin, 1975, S. 202-212
  • Marijke Huismans: Hata Hari (1876-1917), de levende legende, Verloren, Hilversum 1998, ISBN 90-6550-442-7
  • Fred Kupfermann: Mata Hari Träume und Lügen, Aufbau-Taschenbuchverlag, Berlin 1999, ISBN 3-7466-1575-5
  • Brygida M. Ochaim, Claudia Balk: Variéte-Tänzerinnen um 1900. Vom Sinnenrausch zur Tanzmoderne, Ausstellung des Deutschen Theatermuseums München 23.10.1998 - 17.1.1999, Stroemfeld, Frankfurt/M., 1998, ISBN 3-87877-745-0
  • Diane Samuels: The true life fiction of Mata Hari, Hern, London 2002, ISBN 1-85459-672-1
  • Léon Schirmann: L'affaire Mata Hari. Enquête sur une machination, Tallandier, Paris 1994, ISBN 2-235-02126-3
  • Friedrich Wencker-Wildberg: Mata Hari. Roman ihres Lebens, Kiepenheuer, Leipzig 1994, ISBN 3-378-00572-6
  • Sam Waagenaar: Sie nannte sich Mata Hari, Lübbe, Berg.-Gladb., November 1985, ISBN 3-404-61071-7


Vorlage:Kandidat (Lesenswert)