Diskussion:Erpressung

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Letzter Kommentar: vor 13 Jahren von 84.175.172.71 in Abschnitt "In der Praxis sind Erpressungen eher selten ..."

Frage

  • Ist der Absatz Phänomenologie nicht recht wenig ausgearbeitet? Sieht wie ein Schüleraufsatz aus. Bitte um mehr Information.


Erpressung im Sinne von Erziehung

Beispiel: "Wenn du dich nicht anziehst (Schuhe, Jacke, etc.), darfst du nicht nach drausen und musst drinnen bleiben!" (Hintergrund: Das Kind kann sich selbstständig anziehen, möchte aber von einem Erzieher angezogen werden)

Ist dies ein Fall von Erpressung, oder nur ein Fall konsequenten Handelns?

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Nur wenn ein unberechtigter Vermögensvorteil angestrebt worden wäre, könnte man über den Erpressungstatbestand nachdenken - hier würde es sich aber bei der Sachverhaltsbetrachtung nur um den Nötigungstatbestand handeln können. Da es sich hier um eine so genannte "erlaubte Drohung" handelt, fällt das notwendige Tatbestandsmerkmal der rechtswidrigen Drohung jedoch weg, damit auch der Nötigungstatbestand.

Das Mittel (Drohung - nicht nach Draußen zu dürfen) zum Zweck ( sich die Kleider zuvor anziehen zu müssen, um nicht zu frieren ) ist nicht rechtswidrig. Die Zweck/Mittelrelation ist auch nicht verwerflich. Doch Deine Frage kommt sicher nicht von Unfähr. Die Rechtslehre ist - wenn es um die Bestimmung der Verwerflichkeit , sehr komplex (siehe dazu - sehr interassant: Chantage). Eine Einzelfallentscheidung ist daher immer geboten.

W

Streik

Wieso ist ein Streik eigentlich keine Erpressung? (1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ich nehme an, das rechtswidrige fällt weg, aber warum? Ansonsten sind doch alle Merkmale des Straftatbestand "Erpressung" erfüllt. Die Drohung mit dem für einem Arbeitgeber empfindlichen Übel (nicht zu arbeiten), um sich selber und/oder Dritten einen Vermögensvorteil zu Ungunsten des Arbeitgeber zu verschaffen, sind doch gegeben.


Daß Streik keine Erpressung ist, hat noch nie ein deutsches Strafgericht je festgestellt, wohl aber haben Deutschlands Gerichte, wann immer Streik als Erpressung angeklagt wurde, den Streik als Erpressung abgeurteilt (vgl. RGSt 21, 114). Ihre Annahme, Streik sei Erpressung, ist nicht naiv sondern juristisch treffsicher richtig.

Allerdings leiten Freunde des Streikens daraus, daß es seit der Streikentscheidung des Reichsgerichts von 1890 (RGSt 21, 114) keine strafgerichtliche Befassung mit dem Streik mehr gegeben hat, leichtfertig den Fehlschluß ab, Streik könne dann offenbar doch nicht, oder nicht mehr strafbar sein. Es müsse sich die rechtliche Einschätzung geändert haben.

Das allerdings trifft nicht zu.

Das Ausbleiben von strafgerichtlichen Urteilen seit 1890 beruht auf anderen Gründen als einer Änderung der gesetzlichen Bewertung des Streiks.

Das Ausbleiben von Streik als Erpressung aburteilenden Urteilen seit 1890 beruht auf dem Ausbleiben von Anklagen.

Und das Ausbleiben von Anklagen beruht auf dem Ausbleiben von Strafanzeigen. Seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts hat kein Unternehmer mehr eine Strafanzeige wegen Streikteilnahme geschrieben.

Dies wiederum beruhte darauf, daß die Unternehmerschaft grundsätzlich kein originäres Interesse an der Strafverfolgung ehemaliger Mitarbeiter hatte, sondern mit dem höchstrichterlichen Feststellung, daß Streik Erpressung ist, auch für das für sie viel wichtigere Zivilrecht außer Streit gestellt hatte, daß Streik ein rechtswidriges, also auch arbeitsrechtlich rechtswidriges Verhalten war, das zur fristlosen Kündigung berechtigte und ggf. zum Schadenersatz verpflichtete. Hiernach sind Zivilgerichte einschließlich der Arbeitsgerichte bis 1954 verfahren, ohne daß es weiterer strafgerichtlicher Streikverurteilungen bedurfte.

Und daß Streik ohne Strafanzeige nicht verfolgt wird, folgt daraus, daß der von allen politischen Parteien als als Massenphänomen akzeptierte Streik eine politische Dimension hat unter dem Gesichtspunkt "Wählerpotential". Millionen von Gewerkschaftsmitgliedern würden durch Strafverfolgung von Streiks kollektiv als Kriminelle gebrandmarkt - die sie nicht sein wollen. Und eine politische Partei, die Millionen Gewerkschaftsmitglieder und deren Sympathisanten vergrault, würde - so fürchten Politiker aller Parteien - den Zugang zu einem einige zig Millionen starken Wählerpotential verlieren.

Unter der Herrschaft der Ämterpatronage der politischen Parteien, die dafür sorgt, daß jeder Bewerber für die Leitung einer wichtigen Behörde sich durch ein Parteibuch dafür "qualifizieren" muß, also die Behördenspitze jeder Generalstaatsanwaltschaft in Deutschland politisch besetzt ist, wird Erpressung dort, wo sie zum Massendelikt wird, nicht mehr als Offizialdelikt verfolgt. Und das wiederum wird in den Staatsanwaltschaften nach dem Prinzip von Befehl und Gehorsam - Staatsanwälte sind (anders als Richter) nach § 146 GVG weisungsabhängig - gewährleistet.

So haben Streikende derzeit und bis auf weiteres keine Strafverfolgung als Erpresser zu befürchten, obwohl für Streik als einen besonders schweren Fall der Erpressung § 253 StGB Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr androht. (W.H.)


Und wie sieht es eigentlich mit der Politik aus? Wie oft hört man da das Wort von "politischer Erpressung", wieso schreitet da niemand ein? Wenn z.B. in den Koalitionsverhandlungen Partei x von Partei y fordert, dass einer bestimmten Gruppe Steuererleichterungen gewährt werden müssen, ansonsten würde Partei x die Koaltion platzen lassen, dann ist das doch im Grunde auch Erpressung zum Vermögensvorteil eines Dritten.

Verzeihung, wenn das alles sehr naiv klingt, aber irgendwie lag mir das auf der Zunge Navyman 20:19 Uhr 09.03.2006 (CET)

Wie du schon ganz richtig bemerkt hast, kommt es auf das Wörtchen "rechtswidrig" an. Solange etwas nicht rechtswidrig ist, darf man auch damit drohen. Wenn Du zum Beispiel in einen Laden gehst und dem Verkäufer sagst: "Entweder Sie geben mir 10% Rabatt oder ich verlasse den Laden", dann ist das keine strafbare Erpressung, da die Androhung nicht rechtswidrig ist und auch nicht das angedrohte Übel. Vielmehr macht man von einem Recht Gebrauch, das man hat. Und das Gebrauch-Machen von einem Recht, das man hat, ist keine Straftat. Daher ist auch der Streik keine Straftat.


Er ist es sehr wohl. Ihr "daher" Ihrer Vergleichsbetrachtung deshalb falsch, weil die Voraussetzungen Ihres Beispiels und des Streiks verschiedene sind.

Während das Ziel des Beispielsfalls, einen Rabatt zu bekommen, in der Tat nicht rechtswidrig ist, ist die mit der Erpressung, also auch dem Streik, angestrebte ungerechtfertigte Bereicherung sehr wohl rechtswidrig. Wer Druck ausübt, um zu eigenen oder eines Anderen Gunsten eine ungerechtfertigte Bereicherung durchzusetzen, kann sich selbstverständlich nicht darauf berufen, daß die ungerechtfertigte Bereicherung, die er anstrebt, rechtmäßig sei und er mit dem Streben nach der ungerechtfertigten Bereicherung ein Recht ausübe.

Wenn die ungerechtfertigte Bereicherung aus der Sicht des zu Entreichernden als verwerflich anzusehen ist, ist auch der Einsatz des Druckmittels der Drohung mit dem empfindlichen Übel zwangsläufig rechtswidrig. (W.H.)


@W.H.: Wenn das stimmt, was du über Streiks sagst, dann überarbeite bitte den Artikel Streik entsprechend.

Das ist technisch nicht möglich, weil auf dem Artikel eine Veränderungssperre liegt. (W.H.)


In dem Artikel kommt das Wort "Erpressung" nicht ein Mal vor.

Ein Blick in die Versionsgeschichte des Begriffs "Streik" zeigt etliche Artikel, in denen der Streik als "Erpressung" beschrieben ist. (W.H.)


Ganz im Gegenteil, es wird dort behauptet, dass das Bundesarbeitsgericht organisierte Arbeitsstreiks noch nicht einmal für eine Pflichtverletzung hält

Das ist richtig, widerspricht allerdings der Tatsache nicht, daß der Gesetzgeber das anders sieht und für Streik nach wie vor unter Erpressungsgesichtspunkten eine Strafe androht. (W.H.)


... und dass Streiks im Arbeitsrecht durch Artikel 9(3) des Grundgesetzes geschützt seien:

Auch das behauptet das Bundesarbeitsgericht seit BVerfGE 84, 212 - "Aussperrungsbeschluß" in der Tat. Es wird aber durch den Text des Art. 9 Abs. 3 GG nicht gedeckt; Streiks werden dort nicht erwähnt. Und der Eingriff durch Strafverfolgungsmaßnahmen in das, was durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt ist, ist dort - anders als der Eingriff durch Notstandsmaßnahmen - nicht ausgeschlossen oder beschränkt. "Arbeitskämpfe zur Wahrung und Förderung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen" sind also nur insoweit gegen staatliche Eingriffe geschützt, als diese "Arbeitskämpfe" nicht durch Straftaten geführt werden, z. B. Erpressung in besonders schwerem Fall. (W.H.)


"Das Arbeitsgericht Chemnitz hat in diesem Fall jedoch das in Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz geschützte Streikrecht als wichtiger betrachtet als die Tarifeinheit" und an anderer Stelle: "Aus diesem Grund schützt das Grundgesetz in Art. 9 Abs. 3 explizit „Arbeitskämpfe, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen“ geführt werden". 


Auch die hier von Ihnen korrekt zitierten arbeitsgerichtlichen Ausführungen sind durch den Text des Art. 9 Abs. 3 GG nicht gedeckt.

Rechtsquelle ist das Gesetz, nicht die Gerichtsentscheidung! Die Rechtsquelle verändert ihren Inhalt nicht dadurch, daß ein Gericht sie nicht ernst nimmt und einen Gesetzesinhalt behauptet, der dem Gesetz in Wahrheit objektiv gar nicht entnommen werden kann. (W.H.)


Das Grundgesetz steht über einem Urteil aus einer Zeit, als die "Proletarier" eh noch mehr oder weniger rechtlos im Elend vegetierten 77.180.238.97 19:45, 9. Sep. 2008 (CEST)Beantworten

Was damit gemeint sein soll, erschließt sich aus diesen Worten nicht. (W.H.)


Man könnte schon eher mit dem Gedanken spielen, dass man als Arbeitnehmer "genötigt" oder gar dazu erpresst wird, zu arbeiten. Naiv ausgedrückt: Man zäunt die Apfelbäume ein, man schließt den freien Menschen von den Früchten der Natur aus, man verbietet ihm das Jagen und Fischen: Und dann macht man ihm das "Angebot", zu arbeiten für die lebensnotwendigen Dinge, die er sonst aus der freien Natur bestreiten könnte. Das kann man viel eher für Erpressung halten.
Bei der politischen Erpressung gilt das gleiche wie vorhin. Es kommt auf das Wort "rechtswidrig" an. Solange eine politische Gruppe von ihren Rechten Gebrauch macht, kann man das nicht als Straftat brandmarken, bloß weil es einem nicht gefällt. Brutterbrot 23:15, 19. Nov. 2006 (CET)Beantworten


Mal eine naive Frage. Wenn ich zu meinem Nachbarn sage: Entweder zu zahlst mir 10.000 Euro oder ist stecke dem Finanzamt, dass du Steuern hinterzogen hast, dann ist dass doch aber auch Erpressung oder nicht. Dabei ist die Androhung doch auch nicht rechtswidrig und das Übel auch nicht.
Anderer möglicher Fall: Ich erpresse jemanden damit, dass er seine Frau betrügt.
Im Gesetz steht, dass die Androhung des Übels dann rechtswidrig ist, wenn sie als "verwerflich" anzusehen ist. Damit hat das Gericht wohl einen gewissen Spielraum, denn was ist "verwerflich"? Wenn du der Geschädigte einer Körperverletzung bist, dann ist es wohl nicht verwerflich, wenn du mit einer Strafanzeige drohst und Entschädigung verlangst. Somit auch keine strafbare Erpressung. Wenn du aber mit einer Anzeige bezüglich einer Sache drohst, die dich eigentlich gar nichts direkt angeht (Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit), und wenn du dich damit nur selbst bereichern willst, dann wird der Richter das möglicherweise "verwerflich" finden. Bestimmt wird er es verwerflich finden , wenn du jemandem mit seiner ehelichen Untreue erpressen willst.

Strafrahmen bei Erpressung im besonders schweren Fall

Der Spiegel schreibt:

"(Michael) Freitag und drei Komplizen wurden verhaftet und der 'Erpressung in besonders schweren Fällen' angeklagt. [...] Freitag hat einen Anreiz für die Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden: Eine Kooperation könnte sich strafmindernd auswirken - sonst droht dem Vorbestraften lebenslanger Freiheitsentzug." http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,538768,00.html

Wie kann das sein? Der Strafrahmen, auch bei besonders schweren Fällen, ist doch bis fünf Jahre.

Nein, der Strafrahmen reicht bei Erpressung in besonders schwerem Fall - auch unter strafschärfender Berücksichtigung von Vorstrafen - von einem Jahr (§ 253 Abs. 4 StGB) bis zu 15 Jahren (§ 38 StGB), mehr geht nicht. --81.173.190.209 19:49, 18. Okt. 2008 (CEST) W.H.Beantworten


weil er vorbestraft ist (u.a. wegen Totschlags) kann zusätzlich Sicherungsverwahrung angeordnet werden, die grundsätzlich unbefristet, bis ans Lebensende andauern kann. Skara Brae 20:09, 18. Okt. 2008 (CEST)Beantworten

"In der Praxis sind Erpressungen eher selten ..."

Stimmt denn das? Ist nicht jede räuberische (oder emotionale) Erpressung auch eine Erpressung (mit zusätzlichen Eigenschaften), also nur eine Erpressung, die nicht zugleich eine räuberische (oder emotionale) Erpressung ist selten? Metrokles 20:19, 17. Mai 2011 (CEST)Beantworten

Aus der "Polizeilichen Kriminalstatistik 2010" ergeben sich für § 253 (Erpressung) 5528 Fälle und für § 255 (räuberische Erpressung) 11448 Fälle. Ich fand die Darstellung in der PKS etwas unübersichtlich. Falls ich etwas falsch verstanden oder addiert habe, bitte ich um Korrektur. Aufgrund dieser Zahlen halte ich die bisher unbelegte Behauptung für falsch. --84.175.172.71 15:56, 9. Feb. 2012 (CET)Beantworten

Welchen Zweck erfüllt dieser Abschnitt eigentlich? Nach der Überschrift hätte ich eine Darstellung der Erscheinungsweise von Erpressungen erwartet, es scheint sich aber um eine Abgrenzung zu handeln? --84.175.172.71 16:54, 9. Feb. 2012 (CET)Beantworten