Ariel Scharon

israelischer General und Politiker
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. Oktober 2005 um 01:28 Uhr durch 62.15.135.82 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Ariel Scharon (אריאל שרון), geboren als Ariel Scheinermann (* 27. Februar 1928 in Kfar Malal in der Scharonebene), ist ein ehemaliger israelischer General und heutiger Politiker. Er ist Sohn eines polnisch-deutschen Vaters und einer russischen Mutter. Sein Spitzname ist Arik. Der derzeitige Vorsitzende des Likud war zweimal Außenminister Israels und ist der amtierende Ministerpräsident Israels.

Datei:Ariel Scharon.jpg
Ariel Scharon vor einer israelischen Flagge bei einer Pressekonferenz

Ariel Scharon hat aufgrund seiner Biographie und seines politischen Wirkens eine stark polarisierende Wirkung sowohl in Israel als auch im Ausland. In der arabischen Öffentlichkeit und besonders bei einigen Menschenrechtsgruppen gilt er als Kriegsverbrecher. Sie bezeichnen ihn als den "Schlächter von Beirut" und meinen er habe eine Vergangenheit, die von Gewalttätigkeit geprägt sei. Viele Israelis und Amerikaner betrachten ihn jedoch aufgrund seiner politischen und militärischen Erfolge als "Helden". In den europäischen Gesellschaften sind beide Strömungen vorhanden. Seine Gegner in der israelischen Rechten meinen, er sei den Palästinensern gegenüber zu kompromissbereit und kritisieren ihn dafür, unnötigerweise Land für illusorische und unglaubwürdige Friedensversprechungen aufzugeben.

Frühe Jahre

Dienst in der Hagana

Scharons Vater Samuil hatte gerade sein Landwirtschaftsstudium abgeschlossen, als er 1921 als aktiver Zionist vor der Roten Armee fliehen musste und nach Israel auswanderte. Seine Frau Vera Schneeroff hatte deshalb ihr Medizinstudium nicht abschließen können, was sie ihr Leben lang bereute. Sie war, wie ihr Mann kein Sozialist, eine politische Einstellung, der die meisten Einwanderer der Zeit anhingen, aber sie teilte nicht den Zionismus ihres Mannes. Die Familie ging nicht in ein sozialistisches Kibbutz, sondern in das Moschaw Kfar Malal, wo die Entscheidungen zwar kollektiv getroffen wurden, aber jeder sein eigenes Land besaß. Die politische Einstellung der Mutter und die Tatsache, dass Scharons Vater sich als einziger studierter Landwirt und wenig kompromissbereiter Mensch über die Entscheidungen der Gemeinschaft hinwegsetzte, machten aus Ariel Scharon einen Außenseiter unter den Dorfkindern. Mit 13 begann Scharon am Wachdienst des Moschaws mitzuwirken und besuchte das Gymnasium in Tel Aviv. Im Jahre 1942 trat Scharon 14-jährig der Hagana, dem Vorläufer der israelischen Armee, bei. Mit 17 machte Scharon, nie ein herausragender Schüler, das Abitur.

Unabhängigkeitskrieg

Weil sein Vater die Aktionen des Palmach gegen jüdische national-konservative Gruppen, die die Briten bekämpften, nicht teilte, trat Scharon nicht dieser Eliteeinheit, sondern der Siedlungspolizei bei. Schon seit dem 21. Dezember 1947 war die Hagana dauerhaft mobilisiert worden und Scharon war an mehreren Aktionen beteiligt. Zu Beginn des israelischen Unabhängigkeitskrieges von 1948 war Scharon Zugchef in einer Infanteriekompanie, die zur Alexandroni Brigade gehörte. Er kämpfte unter anderem in der ersten Schlacht um Latrun (26. Mai 1948), wo er schwer verwundet wurde und sein Zug fast vollkommen ausgelöscht wurde. Später wurde er zum Aufklärungsoffizier im Bataillon ernannt, das zuerst im Norden gegen die Iraker, später, kurz vor Kriegsende, im Süden gegen die Ägypter kämpfte. Nach dem Krieg wurde die Alexandroni Brigade in den Reservestatus versetzt und Scharon wurde Offizier der Aufklärung in der Golani Brigade, wo er bald zum Hauptmann ernannt wurde und einen Bataillonskommandeurskurs besuchte. Im Jahre 1950 wurde er zum Aufklärungsoffizier für das gesamte Zentralkommando ernannt. Wegen einer den Folgen einer Malaria nahm Scharon 1951 eine mehrmonatige Auszeit und bereiste zum ersten Mal Europa und Nordamerika. Im November 1952 begann Scharon erstmals, unter der Führung von Mosche Dajan, mit Kommandoaktionen hinter feindlichen Linien. Am Ende des Jahres entschloss er sich jedoch dazu, sich aus dem aktiven Dienst zurückzuziehen und begann ein Studium der Geschichte und Kultur des Nahen Ostens an der Hebräischen Universität Jerusalem, an der er sich schon einmal 1947 folgenlos für Landwirtschaft eingeschrieben hatte. Am 29. März 1953 heirate er seine erste Frau Margalit (kurz Gali), eine Rumänin die er 1947 kennen gelernt hatte.

Militärische Karriere

Von 1953 bis 1954 war er Kommandeur der umstrittenen Einheit 101, die bei Kommandounternehmen im feindlichen Hinterland nur wenig Rücksicht auf Zivilisten nahm.

Im Jom-Kippur-Krieg 1973 gelang es Scharon in eigenmächtiger Initiative, unter Missachtung der Anweisungen seines Vorgesetzten Generalmajor Chaim Bar-Lev, mit seinen Panzern die ägyptischen Angriffslinien im Sinai zu durchbrechen. Er half damit, eine drohende Niederlage Israels abzuwenden. Seither gilt er in Israel vielen als Held.

Als Armeegeneral leitete er zahlreiche Einsätze gegen die PLO und andere Palästinenser-Gruppen.

Politischer Werdegang

Von 1973 bis 1974 und von 1977 bis heute war er Abgeordneter der Knesset. In der Likud-Regierung von Menachem Begin amtierte Scharon erst als Landwirtschaftsminister (1977-1981), dann als Verteidigungsminister (1981-83).

Nach der israelischen Besetzung des Süd-Libanons, bei der die mit Israel verbündeten libanesisch-christlichen Falange-Milizen in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Schatila Massaker an palästinensischen Zivilisten verübt hatten, wurde Scharon als Minister entlassen. Ein israelische Untersuchungsausschuss, die Kahan-Kommission, gibt 460 Opfer als gesichert an, und geht aufgrund von Geheimdienstinformationen von etwa 800 zivilen und militärischen Opfern aus. Die Kahan-Kommission warf Scharon zwar nicht Komplizenschaft, aber doch fahrlässiges Unterlassen vor, und befand ihn daher 1983 als politisch indirekt schuldig am Massaker. Zu einer strafgerichtlichen Verurteilung kam es jedoch nicht.

In Belgien wurde zwar 2002 wegen der Mitverantwortung Scharons an diesem Massaker zunächst ein Ermittlungsverfahren eröffnet, die Anklage wurde jedoch aufgrund der Immunität amtierender Regierungsmitglieder verworfen. Die Verfahrenseinstellung nahm zur Schuldfrage keinerlei Stellung und ist bis heute umstritten.

In den folgenden Kabinetten blieb Scharon zunächst Minister ohne Geschäftsbereich (1983-84), von 1984 bis 1990 Minister für Handel und Industrie und Bauminister (1990-92).

Nach dem Regierungswechsel 1992, bei dem die Arbeitspartei unter Jitzhak Rabin den Likud ablöste, war Scharon Mitglied der Knesset und dort Angehöriger der außenpolitischen und der Verteidigungskommission. 1996, im Jahr nach der Ermordung Rabins, errang der Likud unter Benjamin Netanjahu einen neuen Wahlsieg; Scharon wurde Minister für die nationale Infrastruktur und förderte als solcher massiv den Ausbau der jüdischen Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten. 1998 ernannte Netanjahu Scharon zum Außenminister.

1999 besiegte die Arbeitspartei unter Ehud Barak den Likud, dessen Vorsitzender Netanjahu in den Strudel einer Finanzaffäre geraten war. Netanjahu trat als Parteichef zurück, und Scharon wurde zunächst übergangsweise, im September 1999 dann endgültig sein Nachfolger.

Am 28. September 2000 besuchte Scharon in Begleitung von rund 1000 Journalisten, Polizisten, Militärs und Politikern den sowohl von Muslimen als auch von Juden als heilig betrachteten Tempelberg in Jerusalem. Er wollte damit verdeutlichen, dass Israel die Kontrolle über ein vereinigtes Jerusalem an jedem Ort behalten werde. Dieser Besuch löste Straßenkämpfe aus und fällt zeitlich mit dem Beginn der 2. Intifada zusammen.

Premierminister

 
Ariel Scharon in Washington, April 2004

Nach dem Scheitern der Friedensgespräche gewann Scharon im Februar 2001 eine vorgezogene Wahl und wurde zum Premierminister gewählt. Besonders attraktiv war für viele Wählerinnen und Wähler sein Versprechen, dem Sicherheitsbedürfnis der israelischen Bevölkerung höchste Priorität einzuräumen und den Terror zu beenden. Dieses Versprechen konnte er allerdings bis heute nicht erfüllen.

Ariel Scharon errang am 28. Januar 2003 mit seiner Likud-Partei einen neuen, großen Wahlerfolg. In der zweiten Amtszeit von Scharons Regierung wurde mit der Errichtung eines 720 km langen Trennungszaunes teilweise inmitten der Palästinensergebiete begonnen, der über eine Distanz von 20 km mit Beton verstärkt ist und dessen internationaler rechtlicher Status äußerst umstritten ist.

Am 23. März 2004 kündigte die Hamas zum wiederholten Male und als Reaktion auf die gezielte Tötung Ahmad Jassins an, Ariel Scharon ermorden zu wollen. Nur wenige Tage nach der Tötung Jassins geriet Scharon erneut unter Druck. Abgeordnete der Schinui-Partei, die an der Regierung beteiligt ist, forderten Scharons Rücktritt. Am 28. März hatte eine Staatsanwältin bekanntgegeben, dass sie gegen Scharon und seine Söhne Anklage erheben will. Mitte Juni 2004, nach monatelangen Ermittlungen, entschied der israelische Generalstaatsanwalt Menachem Masus, Regierungschef Ariel Scharon nicht wegen Korruption anzuklagen. Der Fall solle aus Mangel an Beweisen, und weil eine Verurteilung unwahrscheinlich erscheint, zu den Akten gelegt werden.

2004 legte Scharon den als „Scharon-Plan“ bekannten einseitigen Abzugsplan aus dem Gazastreifen und Teilen des Westjordanlandes vor. Trotz internationaler Kritik daran, dass dieser Plan nicht mit den Palästinensern abgestimmt ist, sehen viele diesen Plan als Schritt in die richtige Richtung und Abkehr von der bisherigen Siedlungspolitik Israels. Der Plan kostete Scharon Sympathien bei der Siedlungsbewegung und der politischen Rechten Israels, brachte ihm aber Zustimmung im gemäßigten und linken Spektrum. Um den Plan, der seiner früheren Politik widersprach, durchzusetzen, beendete er die Koalition mit Schinui und Schas und ging eine Große Koalition mit der Arbeitspartei (Israel)Arbeitspartei ein. Innerparteilich hatte er einen Machtkampf mit den Gegnern des Plans unter Finanzminister Benjamin Netanjahu zu bestehen, der im August 2005 kurz vor Vollzug des Gaza-Abzugs von seinem Amt zurücktrat.

Vorlage:Wikiquote1