Marco Polo

venezianischer Händler und Asienreisender
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Marco Polo (* 15. September 1254 auf der Insel Korčula, im heutigen Kroatien, † 8. Januar 1324 in Venedig) war ein venezianischer Händler, der durch die Berichte über seine China-Reise bekannt wurde.


Neuzeitliches Phantasieportrait des Marco Polo
Marco Polos Geburtshaus auf Korčula, Kroatien


Die Forschung geht heute davon aus, dass Marco Polo und seine Familie mit hoher Wahrscheinlichkeit den Reisebericht des Johannes de Plano Carpini oder des Wilhelm von Rubruk kannten.

Letzterer hatte 1252 im Auftrage Ludwigs IX. von Frankreich und als Gesandter von Papst Innozenz IV. ganz Asien bis hin zum Palast des Großkhans in dessen damaliger Hauptstadt Karakorum bereist. Die beiden Missionen der Mönche zu den Tataren blieben zwar ohne rechten Erfolg, doch immerhin brachten sie für die damaligen Zeiten unglaubliche, exotische Neuigkeiten mit, die sich schnell auch über Italien hinaus mündlich und schriftlich verbreiteten. Für die Vermutung, dass nicht zuletzt diese Berichte Marco Polos Vater, seinen Onkel und auch ihn, Polo selbst, zu seinen Reisen bewogen haben könnten, sind bislang jedoch keine schriftlichen Quellen gefunden worden.

Die Reise seines Vaters und Onkels

Marco Polos Vater Niccolo und sein Onkel Maffeo, beide Juwelenhändler aus Venedig, brachen 1260 zu einer Reise auf, um am Unterlauf der Wolga Edelsteine zu verkaufen. Über Konstantinopel und die Krim gelangten sie in das Gebiet, das damals von der Goldenen Horde beherrscht wurde. Da sie durch Kriegsfolgen an einer Rückreise gehindert waren, verblieben sie drei Jahre in Buchara. Dort schlossen sie sich schließlich einer persischen Gesandschft an, die auf dem Weg zum Großkhan Kubilai war. 1266 trafen sie am Hofe des Mongolenherrschers ein, wo sie vom Khan gnädig aufgenommen und empfangen wurden. Dieser gab den Polo mit einer Botschaft an den Papst den Auftrag, ihm gesalbtes Öl aus dem Jesusgrab in Jerusalem und etwa einhundert christliche Gelehrte zum Verbreiten des Evangeliums unter seinen Untertanen zu schicken. Deshalb gingen die Polo wieder nach Venedig zurück, wo sie um 1269 eintrafen. In der Zwischenzeit war Marco Polos Mutter bereits verstorben.

Eigene Reise

Richtung vorderer Orient

1271 brachen Nicolo und Maffeo Polo mit Briefen und Geschenken des Papstes wieder auf und nahmen den siebzehnjährigen Marco mit. Der Weg führte sie zuerst ins "heilige Land nach Akko, doch die Kirche konnte dort für Kublai Khan keine christlichen Gelehrten entbehren. So schlossen sich ihnen nur zwei Mönche an, die jedoch bald wieder umkehrten. Auf der nächsten Station in Jerusalem konnten sie das Öl aus dem Jesusgrab ohne Probleme besorgen und es ging anschließend über die den jungen Polo durch ihre bunten Basare beeindruckende Stadt Täbris weiter nach Saweh. Nach Marco Polo waren hier die heiligen drei Könige begraben. Von dort führte sie ihre Reise in die Oasenstadt Jasd, die mit durch Tunnel aus den Bergen herleitetem Wasser gespeist wurde. Marco Polo berichtete aus dieser Stadt, dass die dort hergestellten und Jasdi genannten Seidenstoffe von den ansässigen Kaufleuten mit gutem Gewinn veräußert würden.

Die Reise führte die Polo danach nach Kerman, wo die Juwelenhändler ihre Pferde wahrscheinlich gegen robustere Kamele eintauschten. Nächste Reisestationen waren Rajen, eine Stadt der Schmiede und Herstellungsort kunstvoller Stahlerzeugnisse, und Qamadin, die Endstation einer Route, auf der Pfeffer und andere Gewürze aus Indien herbeigeschafft wurden. Über diese heute zerstörte Stadt schrieb Marco Polo, dass sie öfters von den aus Zentralasien eindringenden Tataren verwüstet worden sei. Der anschließende Besuch der Stadt Hormus, dem heutigen Minab mit seinem mittlerweile versandeten Hafen, hinterließ bei Marco Polo einen starken Eindruck, denn dort wurden Gewürzsorten, Edelsteine, Perlen, Seidenstoffe, Goldtücher und Elfenbein umgeschlagen.

Über Umwege nach Asien

Von hier aus wollten die Handelsreisenden eigentlich über den Seeweg nach China aufbrechen, doch ließ sie der schlechte Zustand der Schiffe in Hormus von ihren Plänen Abstand nehmen. Durch die jetzt notwendigen erheblichen Umwege gelangte Marco Polo 1273 bis vor die Ruinen der Stadt Balch. Die Stadt soll durch die Truppen Dschingis Khans zerstört worden sein. Marco Polo schrieb dazu: „Es standen hier herrliche Paläste und prächtige Marmorvillen, aber heute sind es Ruinen“. Auch in der Stadt Taluquan machten sie halt - Marco Polo beschreibt die Umgebung der Stadt als „sehr schön“. Ihm gefallen besonders die goldgelben Reisfelder, die Pappelalleen und die Bewässerungskanäle. Die Stadt Faisabad war damals berühmt für ihre blaugrünen Lapislazuli-Edelsteine, angeblich die feinsten Lapislazuli der Welt.

Die weitere Reise führte über die Städte Eschkaschem, Qala-e Pandscha, 1274 über Kaschgar und dann über die Oasenstadt Nanhu. Marco Polo berichtet hier von „Geistern, die einen Nachzügler fortlocken konnten, indem sie ihn mit Stimmen riefen, die denen seiner Gefährten täuschend ähnelten. Und nicht selten meinte man, verschiedene Musikinstrumente, besonders Trommeln, zu vernehmen“. Heute wird als Ursache für solche Sinnestäuschungen der durch die Dünen wehende Sand oder pfeifender Wüstenwind angenommen.

In China

Die Stadt Shazhou, heute Dunhuang, war ein Knotenpunkt der damaligen Handelsstraßen. Marco Polo sah in Shazhou erstmals eine große Zahl von Chinesen, die sich damals in einem der größten buddhistischen Zentren Chinas angesiedelt hatten. Marco Polo hatte nun endgültig chinesisches Land erreicht. Die Reisegruppe durchquerte die Städte Anxi, Yumen, Zhangye und kam 1275 in Schangdu an, dem eigentlichen Ziel ihrer Reise. Hier traf Marco Polo angeblich Kublai Khan, den großen Herrscher der Mongolen und Enkel von Dschingis Khan. Kublais Reich erstreckte sich damals von China bis in das Gebiet des heutigen Irak und im Norden bis nach Russland. Die drei Handelsreisenden ließen sich unter der Obhut des Herrschers hier bis 1291 nieder.

Als Präfekt des Kublai Khan

 
Marco Polo vor Kublai Khan

Über China erzählte Marco Polo später viele Geschichten, deren Herkunft und Wahrheitsgehalt schon damals in Frage gestellt wurden und bis heute nicht eindeutig geklärt sind. So soll der Großkhan Gefallen an dem jungen Europäer gefunden und ihn zu seinem Präfekten ernannt haben. Als solcher durchstreifte Marco Polo angeblich China über mehrere Jahre nach allen Himmelsrichtungen. Dabei soll er über die Städte Daidu und Xi’an in die Stadt Dali gekommen sein, wo die Leute, damals wie heute, rohes Schweinefleisch mit Knoblauch, Chili und Sojasoße essen. Seinem Bericht zufolge kam Marco Polo das offenbar ziemlich "barbarisch" vor, da er selbst ja aus einer Kultur stammte, die solche Essgewohnheiten nicht kannte. Über die Stadt Kunming gelangte er weiter nach Yangzhou, dem damaligen Sitz der Regionalregierung. In den zahlreichen Handwerksbetrieben dieser Stadt wurden Harnische für die Armee des Khan hergestellt. Anschließend berichtet Marco Polo von der Ankunft in seiner Lieblingsstadt Quinsai, dem heutigen Hangzhou. Er schwärmt von prächtigen Palästen und öffentlichen Warmbädern sowie vom Hafen, in dem Schiffe aus ganz Asien einliefen und Gewürze, Perlen und Edelsteine ausluden.

Als unruhige Zeiten auszubrechen drohten, wollten die Polo zurück nach Venedig reisen. Trotz ihrer Bittgesuche ließ der Großkhan sie nicht ziehen, da sie ihm inzwischen eine wertvolle Stütze geworden waren. Als eine siebzehnjährige Prinzessin zur Vermählung nach Persien geführt werden sollte und der Landweg zu gefährlich war, ergriffen die Kaufleute diese Gelegenheit. Sie schlugen dem Großkhan vor, die Prinzessin über den Seeweg sicher nach Persien zu geleiten. Widerstrebend nahm dieser schließlich das einzig aussichtsreiche Angebot an und erlaubte ihnen damit letztlich die Heimreise.

Rückkehr

Die Rückreise nach Venedig auf dem Seeweg begann 1291 im Hafen von Quanzhou, einer kosmopolitischen Stadt mit Niederlassungen aller wichtigen Religionen. Sie erfolgte auf 14 Dschunken mit insgesamt 600 Pasagieren, von denen am Ende nur 17 überlebten. Auf den Zwischenstationen in Sumatra und Ceylon (heute Sri Lanka) beschrieb Marco Polo die dortigen Kulturen. Nach 18 Monaten der Weiterfahrt erreichte das Schiff den persischen Hafen Hormus. Später am Schwarzen Meer im Königreich Trapezunt, dem heutigen Trabzon konfiszierten die dortigen Beamten von den Seefahrern etwa 500 Kilogramm Rohseide, die die Polos mit nach Hause bringen wollten..

Nach der Reise

 
Il Milione

1295 erreichten die Reisenden schließlich Venedig und wurden zunächst von ihren Verwandten nicht erkannt. Nachdem sie sich zu erkennen gaben, schnitten sie die Säume ihrer Kleidung auf und holten die mitgebrachten Edelsteine hervor.

Einige Zeit später nahm Marco Polo an einem Seekrieg teil, in den Venedig schon seit Jahren mit seinem Erzrivalen Genua verstrickt war. In der Seeschlacht von Curzola führte er 1298 eine venezianische Galeere und geriet dabei bis Mai 1299 in genuesische Gefangenschaft. In dieser Zwangspause ließ er seine Reiseerinnerungen 1298 von dem Kriegsgefangenen Rustichello da Pisa in frankoprovenzalischer Sprache niederschreiben. Dieser Schreiber war ein italienischer Ritterdichter, welcher die Erzählungen Marco Polos mit viel Phantasie ausschmückte. Das 1298 verfasste Werk hatte den Titel Divisament dou monde, erschien später als italienische (toskanische) Übersetzung unter dem Titel Liobro delle meravigilie del mondo und schließlich unter dem Titel Il Milione "Die Wunder der Welt". Es enthält einen ausgiebigen Bericht über seine Reisen und unterwegs ihm aufgefallene Produkte wie Seide, Gewürze, Edelsteine, Porzellan, Papiergeld und die ihm offensichtlich noch unbekannte, aber im 13. Jahrhundert in Frankreich oder England schon benutzte Kohle („schwarzer, brennender Stein“). Er gilt auch als der erste Europäer, der das Land Japan erwähnt.

Aus dem Jahr 1324 ist das Testament von Marco Polo erhaltengeblieben, welches er schon als schwerkranker Mann geschrieben hatte. Aus diesem Dokument ist zu entnehmen, dass er bald nach seiner Freilassung im Jahre 1299 und seiner Rückkehr aus Genua in Venedig Donat Badoer geheiratet hat und später Vater von drei Töchtern mit Namen Fantina, Bellela und Moreta wurde. Die beiden ersten waren im Jahre 1324 schon verheiratet und Marco Polo hinterließ allen zum Schluss ein Erbe im Wert von mehr als 70 Kg Gold. Von seinem Vater Nicolo Polo ist nur bekannt, dass er um 1300 verstarb, und von seinem Onkel Maffeo kennt man andererseits nur ein 1310 angefertigtes Testament.

Tod

1324 starb Marco Polo. Da Kritiker seine Erzählungen für unwahr hielten, wurde er zuletzt von Priestern, Freunden und Verwandten aufgefordert, um seines Seelenheiles willen den Lügengeschichten doch endlich abzuschwören. Dem Bericht seines Zeitgenossen und ersten Biographen Fra Jacopo d´Acupui zufolge soll Marco Polo jedoch auf dem Sterbebett erwidert haben: "Ich habe nicht die Hälfte dessen erzählt, was ich gesehen habe!"

Glaubwürdigkeit seiner Berichte

Schon zu Lebzeiten Marco Polos wurden nicht nur wesentliche Teile seiner Berichte für wenig wirklichkeitsgetreu gehalten, man bezweifelte deren Wahrhaftigkeit sogar zur Gänze. Bis heute ist die Glaubwürdigkeit Polos in der Tat ungeklärt. Die These, er sei gar nicht selbst in China gewesen und gebe in diesem Teil seines Reiseberichtes nur dasjenige wieder, was er im Orient von anderen Chinareisenden gehört hatte, stützt sich laut der britischen Historikerin und Leiterin der British Library Frances Wood u.a. darauf, dass in seinen Reisebeschreibungen nicht die chinesische Mauer, nicht die typischen chinesischen Schriftzeichen oder chinesische und mongolische Bezeichnungen, auch nicht der schon damals in China weit verbreitete Buchdruck, der in dem Land getrunkene Tee, die geschnürten "Lilienfüße" der chinesischen Frauen oder gar die überall verwendeten Essstäbchen erwähnt werden - kaum nachvollziehbar für jemanden, der angeblich als Präfekt des Großkhans rund zehn Jahre im ganzen chinesischen Lande umhergereist sein will. Auch wenn die chinesische Mauer in ihrer Gestalt und im heutigem Verlauf erst in der Ming-Dynastie und damit nach Marco Polos Tod fertiggestellt wurde, waren doch große Abschnitte derselben schon vor Marco Polos Zeiten zur Abwehr mongolischer Überfälle errichtet worden. Verstärkt werden die Zweifel auch durch auffällige Ungenauigkeiten von Beschreibungen gerade aus dieser Region, obwohl er Reiseeindrücke aus anderen Gegenden wiederum sehr präzise schildert.

Wood zufolge sind es gewichtige Dinge, von denen er nicht berichtet, obwohl er 17 Jahre am Hof des Chinesischen Kaisers gedient haben und später als Präfekt des Großkhans im ganzen Land herumgekommen sein will. Hier stellt sich allein schon die Frage, ob der Kaiser von China einen Fremden aus einem ihm gänzlich unbekannten Land tatsächlich zu einem seiner ranghöchsten Mitarbeiter gemacht hätte. Es bleibt daher fraglich, ob Marco Polos Reisebericht tatsächlich authentisch ist oder ob er nur das aufschreiben ließ, was er unterwegs von anderen China-Reisenden aufgenommen oder von Vater und Onkel gehört, aber selber niemals mit eigenen Augen gesehen hat. Der Fachwissenschaftler Prof. Herbert Franke ist daneben der Auffassung, dass sich Marco Polo bei seinen Schilderungen arabischer und persischer Quellen bedient haben muss und deren Fehler gleich mit übernahm [1].

Dessen ungeachtet stellt die Historikerin Frances Wood ausdrücklich klar, das es - unabhängig von der Wahrhaftigkeit des Polo'schen Berichtes - gerade ihm zu verdanken ist, daß sich ein reger Verkehr zwischen West und Ost entwickelte.

Nudeln aus China?

Da es in China bereits seit über 5000 Jahren Nudeln gab, wird Marco Polo häufig nachgesagt, das Rezept der Nudeln von China nach Italien und Europa gebracht zu haben. Tatsächlich waren Nudeln aus Weizen bereits im antiken Rom und Griechenland bekannt. Auch von deren Lagerung in getrockneter Form durch die Araber hatte man in Italien schon erfahren. So soll Marco Polo nur Spaghetti von den Mongolen in China abgeschaut haben.

Werke

  • Divisament dou monde, in italienischer (toskanischer) Übersetzung Il Milione

Literatur

  • Henry H. Hart: Venezianischer Abenteurer. Zeit, Leben und Bericht des Marco Polo. Übersetzt von Heinz Kotthaus. (1959) Carl Schünemann Verlag, Bremen.
  • Marco Polo: Il Milione. Die Wunder der Welt Übersetzt von Elise Guignard. (1983) Manesse, Zürich. ISBN 3-7175-1646-9
  • Marco Polo: Milione. Le divisament dou monde, herausgegeben von Gabriella Ronchi. (1982) Mondadori.
  • Frances Wood: Marco Polo kam nicht bis China, (1995) Piper, ISBN 3-49203-886-7
  • Michael Yamashita: Marco Polo. Eine wundersame Reise (2003) Frederking & Thaler. ISBN 3-89405-621-5 (Bildband mit Originalzitaten)
  • Johannes Paul: Abenteuerliche Lebensreise - Sieben biographische Essays (Seite 15 - 66: Marco Polo: Ins Reich des Groß-Khans). Wilhelm Köhler Verlag Minden 1954.
  • Marina Münkler: Erfahrung des Fremden. Die Beschreibung Ostasiens in den Augenzeugenberichten des 13. und 14. Jahrhunderts, (2000) Akademie Verlag, Berlin, ISBN 3-05-003529-3
  • Marco Polo: Die Wunder der Welt, Die Reise nach China an den Hof des Kublai Khan, Übersetzung aus altfranzösischen und lateinischen Quellen (und Nachwort) von Elise Guignard, (2004) Insel Verlag,Taschenbuch Nr. 2981, Frankfurt ISBN 3-458-34681-3


English:

  • John Larner: Marco Polo and the Discovery of the World (1999) Yale Univ. Press
  • Sir Henry Yule (Ed.): The Travels of Marco Polo [London 1870] (1983) Dover Publications, New York
  • Henry H. Hart: Marco Polo, Venetian Adventurer (1967)

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