Homunkulus

künstlich geschaffener Mensch
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Ein Homunculus (lat. „Menschlein“) ist ein künstlicher (aus einer Transmutation geschaffener) Mensch ohne Seele. Der Homunculus ist in der Kulturgeschichte ein weit verbreitetes Thema, das unter anderem Goethe in seinem Faust II aufnimmt.

In der Anatomie des Gehirns werden Repräsentationen von Körperteilen als sensorischer Homunculus bzw. motorischer Homunculus verstanden. Für alle sensiblen und motorischen Bahnen gibt es eine Punkt-zu-Punkt-Zuordnung zwischen der Körperperipherie und dem Gehirn. So ist z. B. eine bestimmte Zellgruppe in der Großhirnrinde (Cortex) für die bewusste Wahrnehmung eines Schmerzreizes in einem ganz genau definierten Hautareal, und zwar nur für dieses, zuständig. Das Gehirn kann also allein aus der aktivierten Zellgruppe im Cortex schlussfolgern, in welchem Körperabschnitt der Schmerz auftritt. Diese Projektionen vom Körper auf das Gehirn entsprechen den sensorischen und motorischen Rindenfeldern. Die Größe des Zellgebietes im Rindenfeld entspricht nicht genau dem Ausmaß des Areals im Körper. Für besonders feinsensible oder feinmotorische Körperabschnitte (z. B. Finger) stehen recht große Rindenareale zur Verfügung. Andere Körperteile, die keine fein abgestimmten Bewegungen ausführen und die nicht so schmerzempfindlich sind (z. B. Bauch) haben nur relativ kleine Rindenfelder. Der Homunculus im Gehirn ist also gegenüber der tatsächlichen Körpergestalt stark größenverzerrt. Die selbe Art von Abbildung wird in der Alternativmedizin für die Reflexzonen verwendet.

In der „kartesisches Theater“ genannten Hypothese über die Entstehung von Bewusstsein wird ein Homunculus postuliert, der im Gehirn sitzt und die passiven Projektionen der Sinneseindrücke aus z. B. den Rindengebieten des sensorischen Homunculus oder dem primären visuellen Cortex betrachtet und „bewusst“ verarbeitet. Das Problem an dieser Hypothese wird offensichtlich, wenn man sich fragt, welche Instanz im Kopf des Homunculus eigentlich Bewusstsein erzeugt. Postuliert man einen Homunculus, benötigt man am Ende unendlich viele ineinander verschachtelte Homunculi, was das Problem offensichtlich nicht löst.

Siehe auch

Künstliche Intelligenz - Dermatom (Anatomie) - Myotom - Alchemie - Golem - Paracelsus - René Descartes - Antoni van Leeuwenhoek

Literatur