Wiener Akademikerball

Wiener Ballveranstaltung
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Der Wiener Korporations-Ball, auch Ball des Wiener Korporationsrings (WKR) oder WKR-Ball, ist ein jährlich stattfindender Ball der farbentragenden Hochschulkorporationen im Wiener Fasching.

Organisation

Der WKR-Ballausschuss ist ein im Zentralen Vereinsregister des Bundesministeriums für Inneres unter dem Namen „Wiener Korporations-Ring, Ballausschuss – Verein für Brauchtumspflege“ eingetragener Verein.[1] Sein Vereinszweck besteht neben der Organisation des Balls in der Förderung des akademischen Nachwuchses, etwa durch die Vergabe von Leistungsstipendien.[2] Seine Mitglieder kommen aus unterschiedlichsten Studentenverbindungen aller Art in Österreich und Deutschland.[3] Der medial vielzitierte WKR ist trotz des ähnlichen Namens ausdrücklich vom Ballveranstalter verschieden, auch wenn er häufig mit diesem verwechselt wird.[4] Den Wiener Korporationsring (WKR) hingegen bilden laut deren Selbstbeschreibung derzeit 21 Burschenschaften, Corps, Landsmannschaften und andere akademische Verbindungen.[5][6] Hierzu gehören unter anderem die Wiener Akademischen Burschenschaften Albia, Bruna Sudetia und Olympia sowie die Corps Hansea und Saxonia. Nach Angaben der Organisatoren ist der WKR-Ball der größte Korporations- und Studentenball der Welt,[7] was jedoch auch die Rudolfina Redoute für sich beansprucht.[8] Im Zusammenhang mit dem Ball 2012 wird dem WKR vorgeworfen, diesen am 27. Jänner, dem internationalen Holocaustgedenktag abzuhalten. Daraufhin wurde vom Ballveranstalter bekanntgegeben, dass dieser seit mehr als vierzig Jahren am Tag vor dem letzten Samstag im Jänner stattfindet und dieser zufällig auf den 27. Jänner fällt. [9] [10]

Geschichte

Erstmals fand der WKR-Ball am 4. Februar 1952 im Wiener Konzerthaus statt, das zu dieser Zeit im britischen Sektor lag. Als Gründer der Veranstaltung gelten Viktor Hafner, Robert Drachus, Walter Wirth und Karl Bartl. Seit dem sechsten Ball wird den Ballbesucherinnen eine Damenspende überreicht. Ab dem 16. Ball war bis auf 1987 der Festsaaltrakt der Wiener Hofburg der Veranstaltungsort.[11] Der Ballausschuss ist parteipolitisch ungebunden. Zu den Besuchern zählen nach Angaben der Organisatoren auch Gäste aus dem Ausland, darunter hochrangige Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik wie beispielsweise aus Deutschland und der Schweiz.[12][2] Im Jahr 2010 nahmen etwa 1900 Besucher teil.[13] Laut Ankündigung wird der Ball des Wiener Korporationsrings 2012, aufgrund der aktuellen politischen und medialen Dimension, welche die Abhaltung des WKR-Balles in den letzten Jahren angenommen hat, zum letzten Mal in der Hofburg stattfinden.[14] Das wurde von der Wiener Hofburg Kongresszentrum BetriebsgmbH beschlossen. Der Ball hat für 2012 einen gültigen Vertrag, eine Absage des WKR-Balls 2012 durch den Ballveranstalter käme dem Betreiber sehr gelegen.[15][16] Im Jänner 2012 strich die österreichische UNESCO-Kommission den Wiener Ball aus dem Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich. Begründet wurde der Schritt damit, dass bei der Einreichung übersehen wurde, dass der WKR-Ball auch Teil der Liste sei. Eine Eintragung müsse den Grundwerten der UNESCO, vor allem der Toleranz und dem Respekt vor anderen Kulturen entsprechen.[17]

Rezeption

Seit einigen Jahren kam es jährlich zu Demonstrationen[18] und heftiger Kritik an dem Ball, etwa durch die ÖH der Universität Wien und die Grünen[19] oder die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS)[20], die unter anderem mit der Teilnahme hochrangiger Vertreter rechter und rechtsextremer europäischer Parteien begründet wurden.[21][22] Der Veranstalter versicherte dagegen, dass keine rechtsnationalen Gruppen eingeladen würden[23] und distanzierte sich von jeder Form von Extremismus.[2]

Auch der Veranstaltungsort des Balls wurde durch die ÖH kritisiert, da dieser mit der Hofburg in einem der repräsentativsten Prunkräume der Republik stattfinde.[24] Der Betreiber Hofburg Vienna teilte mit, dass der WKR-Ball ein Ball mit jahrzehntelanger Tradition am Austragungsort sei und unter dem Ehrenschutz offizieller politischer Vertreter der Republik stehe.[23] Im Dezember 2011 kündigte die Hofburg Vienna dagegen an, dass die Hofburg ab 2013 nicht mehr für den Ball zur Verfügung stehen würde.[16] Dieser Schritt erfolgte aufgrund einer Initiative der Casinos Austria, die die Hofburg mitbetreiben, und erklärten, dass sie jede Form von Extremismus entschieden ablehnen und Organisationen, die die nötige Distanz zu einschlägigem Gedankengut vermissen lassen, keine Bühne geben wollen. [25]

Demonstrationen

Während der – teilweise ungenehmigten – Demonstrationen gegen den Ball kam es in der Vergangenheit zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Demonstranten. Anlässlich der Demonstration im Jänner 2010 sprach der Menschenrechtsbeirat des Bundesministeriums für Inneres eine Empfehlung zum Umgang mit sogenannten „Polizeikesseln“ aus.[26] Die Demonstration wurde nach Erwähnungen ihrer Vorgänger in den Jahresberichten 2009 und 2010 des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung im Bericht 2011 beschrieben als die größte „sogenannte antifaschistische Protestkundgebungen“ im Rahmen linksextremistischer Aktivitäten in Österreich.[27]

Einzelnachweise

  1. Abfrage im Zentralen Vereinsregister am 16. Februar 2011.
  2. a b c Ballausschuss des Wiener Korporationsballes: Zurückweisung falscher Behauptungen, 28. Januar 2010, abrufbar auf ots.at
  3. Ballausschuss des Wiener Korporationsballes: Gegendarstellung, 30. November 2011, abrufbar auf ots.at
  4. SOS Mitmensch: Rechtsextremen-Ball hat in Hofburg nichts verloren, 17. November 2011, abrufbar auf ots.at
  5. Webseite des Wiener Korporations-Ringes: Die Korporationen, abgerufen am 28. Dezember 2011
  6. Rätsel um Rektoren im Ehrenkomitee, Artikel des Standard vom 26. Januar 2009
  7. Verein Deutscher Studenten zu Wien “Philadelphia”: Wiener Korporationsball; abgerufen am 12. Juli 2011
  8. Rudolfina Redoute; abgerufen am 8. Februar 2011
  9. Letzter Korporationsball in der Hofburg
  10. Ballausschuss des Wiener Korporationsballes: Gegendarstellung
  11. Wiener Korporations-Ball: Über den WKR; abgerufen am 12. Juli 2011
  12. Ballausschuss des Wiener Korporationsballs: Zurückweisung kreditschädigender Unterstellungen, 26. Januar 2009, abrufbar auf ots.at
  13. CORPS 1/2010, S. 28
  14. ORF-Online: Letzter Korporationsball in der Hofburg; abgerufen am 14. Jän. 2012
  15. derstandard.at: WKR-Ball 2012 zum letzen Mal in der Hofburg, 1. Dezember 2011
  16. a b Hofburg Vienna: Wiener Korporationsball 2012 zum letzten Mal in der HOFBURG Vienna, 1. Dezember 2011, abrufbar auf ots.at
  17. derstandard.at: UNESCO streicht "Wiener Ball" als Kulturerbe, 19. Jänner 2012
  18. derstandard.at: Proteste gegen "Burschenschafter Ball" in Hofburg, 29. Januar 2011
  19. diepresse.com: Proteste gegen "Burschenschafter Ball" in Hofburg, 22. Januar 2008
  20. derstandard.at: Ball des Wiener Korporationsringes Proteste angekündigt (vom 29. Januar 2009)
  21. derstandard.at: Rechtsextremer Vlaams Belang-Chef am Hofburg-Ball, 9. Februar 2010
  22. derstandard.at: Fünf Fragen und Antworten zum WKR-Ball, 28. Januar 2011
  23. a b Antwort der Präsidentin des Nationalrats Barbara Prammer auf eine parlamentarische Anfrage, 1. April 2010
  24. Österreichische HochschülerInnenschaft: ÖHs Uni Wien und Bundesvertretung rufen zur Demo gegen den WKR-Ball auf, 27. Januar 2011, abrufbar auf ots.at
  25. derstandard.at: Casinos Austria gegen WKR-Ball in Wiener Hofburg, 30. November 2011
  26. Der Menschenrechtsbeirat: 2010/04 - Empfehlung zum Umgang mit sogenannten „Polizeikesseln“. Empfehlung Nr. 349
  27. Jahresberichte des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (jeweils für das Vorjahr): 2009, 2010, 2011