Reihe (Mathematik)

Objekt aus dem mathematischen Teilgebiet der Analysis
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In der Mathematik ist eine (unendliche) Reihe eine Folge, deren Glieder als Summe der ersten Glieder (den Partialsummen) einer anderen Folge gegeben sind.

Vokabular

Aus jeder Folge   kann man eine Reihe   konstruieren mit

 

(wobei wir als Indizes für die Glieder von Folge und Reihe in diesem Artikel die natürlichen Zahlen einschließlich der Null verwenden; in manchen Anwendungen ist es üblich, die Null auszuschließen). Mit Hilfe des Summenzeichens können die einzelnen Glieder der Reihe auch abgekürzt als

 

geschrieben werden; sie werden auch Partialsummen der Folge   genannt. Wenn   und damit auch   für unendlich viele Indizes i bzw. n definiert sind, spricht man von einer unendlichen Reihe. Wenn der Grenzwert der Folge der Partialsummen

 

existiert, sagt man, die Reihe konvergiert; den Grenzwert S nennt man die Summe der Reihe (auch: Wert der Reihe). Mit Hilfe des Summenzeichens kann diese Summe auch abgekürzt als

 

geschrieben werden.

Eine Reihe   heißt divergent, wenn sie nicht konvergiert. Sie heißt bestimmt divergent oder uneigentlich konvergent, wenn die Teilsummen   gegen -∞ oder +∞ streben. Andernfalls heißt die Reihe unbestimmt divergent; dabei kann sie Häufungspunkte haben oder auch nicht.

Mit verschiedenen Konvergenzkriterien lässt sich feststellen ob eine Reihe konvergiert.

Beispiele

Für einige einfache endliche Reihen kann man die Summe explizit berechnen, beispielsweise für arithmetische Reihen wie

 

Der Beweis solcher Formeln erfolgt über vollständige Induktion. Weitere solche Summationsformeln finden sich in der Formelsammlung Algebra.

Eine klassische Reihe ist die geometrische Reihe, der Name ergibt sich aus der geometrischen Folge (an) = (qn) (für n   N). Die unendliche, geometrische Reihe ist also:

 
Weitere Beispiele endlicher Reihen findet man im Artikel Addition.

Eine der einfachsten konvergenten unendlichen Reihen ist

 

Diese Schreibweise bezeichnet nach der oben gegebenen Darstellung den Grenzwert der Folge

 

Man kann die Konvergenz dieser Reihe auf der Zahlengeraden visualisieren: Stellen wir uns eine Linie mit der Länge zwei vor, auf der aufeinanderfolgende Abschnitte mit den Längen 1, 1/2, 1/4, usw. markiert sind. Es gibt auf dieser Linie immer noch Platz für einen weiteren Abschnitt, da immer noch so viel Platz ist, wie der letzte Abschnitt lang war: Wenn wir die Strecke 1/2 markiert haben, haben wir insgesamt 3/2 verbraucht, es bleiben also noch 1/2 übrig. Wenn wir nun 1/4 wegstreichen, bleibt ein weiteres 1/4 übrig, etc. Da das "Reststück" beliebig klein wird, ist der Grenzwert gleich 2.

Diese Reihe ist eine spezielle geometrische Reihe. Konvergente geometrische Reihen sind auch ein Gegenstand der Paradoxa von Zenon.

Ein Beispiel für eine divergente Reihe mit mehreren Häufungspunkten ist die Summe über die Folge +1,-1,+1,-1,... Die Reihe wechselt zwischen den Werten 1 und 0 (die Folge hingegen wechselt zwischen 1 und -1).

Konvergenzkriterien

NB: Eine stärkere Eigenschaft als die einfache Konvergenz ist die Absolute Konvergenz.

Im Folgenden seien die Zahlen an stets reelle oder komplexe Zahlen, und die Reihe S definiert als

 

Notwendige Bedingung
Wenn die Reihe S konvergiert, dann konvergiert die Folge (an) der Summanden gegen 0 für n->∞. Die Umkehrung ist nicht allgemeingültig (ein Gegenbeispiel ist die harmonische Reihe).

Majorantenkriterium
Wenn alle Glieder an der Reihe S nichtnegative reelle Zahlen sind, S konvergiert und für alle n gilt

an ≥ |bn|

mit reellen oder komplexen Zahlen bn, dann konvergiert auch die Reihe

  absolut,

und es ist |T| ≤ S.

Minorantenkriterium
Wenn alle Glieder an der Reihe S nichtnegative reelle Zahlen sind, S divergiert und für alle n gilt

anbn

mit nichtnegativen reellen Zahlen bn, dann divergiert auch die Reihe

 

Quotientenkriterium
Wenn eine Konstante 0 < C < 1 und ein Index N existiert, sodass für alle nN gilt

 

dann konvergiert die Reihe S absolut.

Wurzelkriterium
Wenn eine Konstante 0 < C < 1 und ein Index N existiert, sodass für alle nN gilt

 

dann konvergiert die Reihe S absolut.

Integralkriterium
Ist f: [1, ∞) -> [0, ∞) eine nichtnegative, monoton fallende Funktion mit

f(n) = an für alle n,

dann konvergiert S genau dann, wenn das Integral

 

existiert.

Leibniz-Kriterium
Eine Reihe der Form

 

mit nichtnegativen an wird alternierende Reihe genannt. Eine solche Reihe konvergiert, wenn die Folge an monoton fällt und gegen 0 konvergiert. Die Umkehrung ist nicht allgemeingültig.

Beispiele

  • Eine geometrische Reihe   konvergiert genau dann, wenn |z| < 1.
  • Die Reihe   konvergiert, wenn r > 1 und divergiert für r ≤ 1, was mit dem Integralkriterium gezeigt werden kann. Als Funktion von r aufgefasst, ergibt diese Reihe die Riemannsche Zetafunktion.
  • Die Teleskopreihe   konvergiert genau dann, wenn die Folge bn für n->∞ gegen eine Zahl L konvergiert. Der Wert der Reihe ist dann b1 - L

Reihen von Funktionen

Anstatt Folgen von Zahlen kann man auch Folgen von Funktionen betrachten und entsprechend Reihen definieren. Hier kommt zur Frage der Konvergenz noch die nach den Eigenschaften der Grenzfunktion hinzu. Umgekehrt kann man fragen, durch welche Reihe sich eine Funktion darstellen laesst. So eine Darstellung nennt sich Reihenentwicklung.

Potenzreihen

Einige wichtige Funktionen können als Taylorreihen dargestellt werden. Diese sind bestimmte unendliche Reihen, in denen Potenzen einer unabhängigen Variable vorkommen. Solche Reihen werden allgemein Potenzreihen genannt. Werden auch negative Potenzen der Variablen zugelassen, spricht man von Laurentreihen.

Fourierreihen

Als Fourierreihe einer Funktion bezeichnet man ihre Entwicklung als Summe von trigonometrischen Funktionen.

Siehe auch

Tabelle mathematischer Symbole

Literatur

  • K. Knopp: Theorie und Anwendung der unendlichen Reihen, Springer, 1996 (Neuauflage)