Siegfried Marcus

deutsch-österreichischer Techniker und Erfinder (1831-1891)
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Siegfried Marcus (* 18. September 1831 in Malchin, Mecklenburg; † 30. Juni 1898 in Wien) war ein deutsch-jüdischer Techniker und Erfinder.

Siegfried Marcus, 1831 - 1898

Marcus machte zuerst die Mechanikerlehre, war dann vermutlich bei der Firma Siemens und Halske in Berlin beschäftigt, kam 1852 nach Wien und wurde hier ansässig. Die Information über Marcus' Werdegang vor seiner Wiener Zeit sind bloß überliefert, es gibt keine primären Geschichtsquellen dazu.

Er war ein bekannter und anerkannter Instrumente- und Apparatebauer. In seiner Werkstätte in der Wiener Mariahilferstraße (ab 1891 in der Mondscheingasse) entstanden Geräte für das graphische Gewerbe, Telegraphenapparate, elektrische Zünder für militärische und zivile Zwecke, elektrische Beleuchtungskörper, Gas-, Alkohol und Benzinlampen und dergleichen. Vieles davon hat Marcus selbst erfunden oder weiterentwickelt. Damit, und mit der Veräußerung seiner zahlreichen Patente, bestritt er seinen Lebensunterhalt.

Er verwendete als erster Benzin als Treibstoff für einen mobilen Motor und erwarb Patente auf Vergaser und die Magnetzündung. Insgesamt hatte Marcus rund 130 Patente auf verschiedenen Gebieten in mehreren Ländern angemeldet.

1870 baute er sein erstes selbstfahrendes, an einen Handwagen erinnerndes Fahrzeug.

Erster Marcus Wagen 1870 (existiert nicht mehr)

Dessen Motor ware ein verdichtungsloser, direkt wirkender Zweitakt - Motor mit einem Oberflächenvergaser (welcher mit dem heutigen Zweitakt - Motor nur die Bezeichnung teilt).

Seine zweite Konstruktion von 1888-89 hatte alle Bestandteile eines Kraftfahrzeuges (Automobil). Das Fahrzeug selbst gehört seit 1898 dem ÖAMTC und steht als Leihgabe im Technischen Museum Wien in Wien. »Ob sein zweiter Wagen bereits 1875 oder erst 1888/89 fahrbereit war, war lange Zeit unsicher, heute gilt die spätere Datierung als gesichert« (Österreich Lexikon, Bd. 2, Wien 2004; die veraltete AEIOU - Online Version basiert auf der Ausgabe von 1995).

Dieser "Zweite Marcus Wagen" wurde von der Fa. Märky, Bromovsky & Schulz in Adamov, Blansko, (Tschechische Republik, damals Adamsthal) gebaut. Er wurde im Jahr 1898 auf der Kaiser Franz Joseph - Jubiläumsausstellung erstmailg einem breiten Publikum präsentiert. Der einzylindrige 1 1/2 Liter Viertakt - Motor leistet 0,75 PS und verleiht dem Fahrzeug auf ebener, befestigter Fahrbahn eine Geschwindigkeit von 5 bis 8 kmh. Innovativ waren die elektrische Niederspannungs - Abreisszündung (Patent 1883) und der Spritzbürstenvergaser (Patente 1883 und 1887).

Zweiter Marcus Wagen 1888-89, Bild: Technisches Museum Wien

Am [[30. Juni 1898 starb Marcus in Wien. Seine Erben waren seine langjährige Lebensgefährtin Eleonora Baresch und die beiden gemeinsamen Töchter, Eleonora Maria und Rosa Maria Anna. Siegfried Marcus ruht mit seiner Gefährtin in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof Wien.

Es gibt kaum einen österreichischen Erfinder, über den so viele Mythen (kommt von Mythos) und Märchen verbreitet werden, wie Marcus. So wird unter anderem behauptet, dass er in Berlin ein enger Vertrauter von Werner von Siemens war, in Wien zusammen mit Prof. Ludwig am Josephinischen Institut gearbeitete hat und dem jungen Kronprinz Rudolf naturwissenschaftlichen Unterricht gegeben hat. Oder gar, im Jahr 1875 das erste vollständige Automobil der Welt gebaut zu haben und damit sogar bis Klosterneuburg bei Wien gefahren zu sein. Diese Berichte haben eines gemeinsam: Sie sind der Phantasie entsprungen und es gibt daher auch keine Geschichtsquellen dafür.

In der Kurzgeschichte "Der Kilometerfresser" hat der österreichische Dichter Emil Ertl im Jahr 1927 Marcus ein literarisches Denkmal gesetzt, ohne seinen Namen zu nennen. Darin muss sich Marcus gefallen lassen, Webstuhlmechaniker gewesen zu sein.

Telegraphen - Reliefschreiber, 1861, Bild: Museum f. Post und Kommunikation, Frankfurt a.M.
"Wiener Zünder, 1864
Schraubenkluppe zum Schneiden von Gewinden, 1858, Bild: Technisches Museum Wien

Literatur

  • Horst Hardenberg, “Siegfried Marcus, Mythos und Wirklichkeit”, aus der Wissenschaftlichen Schriftenreihe des DaimlerChrysler Konzernarchivs, Bielefeld 2000, Delius & Klasing Verlag.
  • Norbert Böttcher, "Siegfried Marcus", Teetz 2005, Hentrich & Hentrich Verlag.
  • Ursula Bürbaumer, „Das erste Auto der Welt?“, Wien 1998, Erasmus Verlag.
  • Seper, Pfundner, Lenz. „Österreichische Automobilgeschichte“, Klosterneuburg 1999, Eurotax Verlag.
  • Hans Seper, “Damals, als die Pferde scheuten”, Wien 1968, Österr. Wirtschaftsverlag.
  • Helmuth Grössing (Herausgeber), Ursula Bürbaumer, Johannes Steinböck, Horst Hardenberg, Gerhard Schaukal und Ladislav Mergl in “Autos-Fahrer – Konstrukteure”, Wien 2000, Erasmus Verlag.
  • Gustav Goldbeck, „Siegfried Marcus, ein Erfinderleben“, VDI-Verlag, Düsseldorf 1961.