Elektronenmikroskop

Mikroskop, welches das Innere oder die Oberfläche eines Objekts mit Elektronen abbilden kann
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. Oktober 2005 um 09:52 Uhr durch 129.143.4.68 (Diskussion) (Betriebsarten). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Ein Elektronenmikroskop ist ein Mikroskop, das das Innere oder die Oberfläche einer Probe mit Elektronen abbilden kann.

Transmissionselektronenmikroskop (TEM)

Da schnelle Elektronen eine sehr viel kleinere Wellenlänge als sichtbares Licht haben (→Welle-Teilchen-Dualismus) und die Auflösung eines Mikroskops durch die Wellenlänge begrenzt ist, kann mit einem Elektronenmikroskop eine deutlich höhere Auflösung (derzeit etwa 0,1 nm) erreicht werden als mit einem Lichtmikroskop (etwa 200 nm).

Technik

Die Hauptbestandteile eines Elektronenmikroskops sind:

  • Die Elektronenkanone, die die freien Elektronen in einer Kathode (als Elektronenquelle dient ein Wolframdraht) erzeugt und in Richtung einer ringförmig um die Strahlachse liegenden Anode beschleunigt. Zwischen Anode und Kathode liegt eine Hochspannung, die, je nach Mikroskop, von wenigen kV bis zu 3 MV variiert.
  • Elektronenlinsen, die die Flugbahnen der Elektronen ablenken können. Meistens werden magnetische Linsen verwendet, in der Elektronenkanone zum Teil auch elektrostatische. Elektronenlinsen haben die gleiche Funktion wie Glaslinsen im Lichtmikroskop. Während die Brennweite der Glaslinsen fest liegt, ist sie bei Elekronenlinsen regelbar. Deshalb enthält ein Elektronenmikroskop im Gegensatz zu einem Lichtmikroskop keine austauschbaren oder verschiebbaren Linsen(systeme) wie etwa das Objektiv beziehungsweise das Okular eines Lichtmikroskops.
  • Das Vakuumsystem, das dafür sorgt, dass die Elektronenquelle arbeiten kann und die Elektronen auf ihrem Weg nicht durch Kollision mit Luftmolekülen behindert werden.
  • Die Probenhalterung, die eine stabile Lage der Probe garantieren muss. Daneben sind oft Manipulationsmöglichkeiten erwünscht, von denen je nach Art des Probenhalters unterschiedliche Kombinationen realisiert werden: Verschiebung, Drehung, Verkippung, Heizung, Kühlung, Dehnung etc.
  • Detektoren, die die Elektronen selbst oder sekundäre Signale registrieren.

Betriebsarten

 
REM-Aufnahme einer Probe des WTC-Staubes mit Gips/Anhydrit-Kristallen

Bei der Rasterelektronenmikroskopie (REM, steht auch für Rasterelektronenmikroskop, oder engl. SEM, Scanning electron microscopy/microscope) wird der Elektronenstrahl vom Kondensor-System auf die Probe zu einem möglichst kleinen Fleck fokussiert und zeilenweise über den zu untersuchenden Probenbereich geführt. Dabei aus der Probe wieder austretende Elektronen werden anschließend detektiert und aufgrund des Detektionszeitpunktes zu einem Bild zusammengesetzt.


Bei der Sekundärelektronenmikroskopie (SEM) werden niederenergetische Elektronen detektiert, welche durch den Primärelektronenbeschuß freigesetzt wurden. Damit ist eine sehr hohe Auflösung (bis zu einigen nm) möglich.

Die Doppelbedeutung der Abkürzungen REM und SEM ist unglücklich. Sie bezeichnen einerseits die "Rasterelektronenmikroskopie" beziehungsweise englisch "Scanning Electron Microscopy", unabhängig davon, ob die zur Bestrahlung verwendeten Primärelektronen (bei der STEM) oder die in der Probe erzeugten Sekundärelektronen zur Bilderzeugung verwendet werden. Andererseits werden sie aber auch zur Bezeichnung der Sekundärelektronenmikroskopie (bei der immer gerastert wird) verwendet. Auch die Bezeichnungen "Rasterelektronenmikroskopie" und "Scanning Electron Microscopy" sind Homonyme und bezeichnen sowohl die STEM wie auch die Sekundärelektronenmikroskopie.


Ein weiteres häufig genutzes Verfahren ist die Detektion von zurückgestreuten Elektronen (engl. Backscattered Electrons (BSE)). Die Energie der Elektronen liegt dabei im Bereich der eingestrahlten Primärelektronen, die Bildauflösung ist je nach Primärenergie einige Mykrometer. In BSE-Bildern erscheinen tiefliegende Bereiche des Objekts dunkel. Zusätzlich streuen schwere Elemente stärker, so dass entsprechende Bereiche hell erscheinen, was Rückschlüsse auf die chemische Natur des Objektmaterials ermöglicht.


Datei:TEM-Strahlengang2.png
Strahlengang im TEM mit kristalliner Probe, vereinfacht dargestellt

Bei der Transmissionselektronenmikroskopie (TEM, steht auch für Transmissionselektronenmikroskop) durchstrahlen die Elektronen das Probenmaterial, das zu diesem Zweck entsprechend dünn sein muss. Je nach Ordnungszahl der Atome, aus denen die Probe besteht, der Höhe der Beschleunigungsspannung und der gewünschten Auflösung kann die sinnvolle Probendicke von wenigen Nanometern bis zu einigen Mikrometern reichen. Je höher die Ordnungszahl und je niedriger die Beschleunigungsspannung sind, desto dünner muss die Probe sein.

Wird der Primärelektronenstrahl über die Probe geratert, und die durchgelassenen Elektronen detektiert und einem Punkt auf der Probenoberfläche zugeordnet, so bezeichnet man dieses Verfahren als Raster-Transmissionselektronenmikroskopie (STEM, von Scanning Transmission Electron Microscopy).

Durch eine Änderung des Projektiv-Linsensystems kann anstatt des Zwischenbildes auch die Fokusebene der Objektiv-Linse vergrößert abgebildet werden (siehe Abbildung). Man erhält so ein Elektronenbeugungsbild mit dessen Hilfe sich die Kristallstruktur der Probe bestimmen läßt.

Bei der Energie gefilterten Transmissionselektronenmikroskopie (EFTEM) wird die durch den Probendurchgang geänderte Bewegungsenergie der Elektronen ausgenützt, um chemische Aussagen über die Probe, etwa die Verteilung der Elemente, treffen zu können.


Das Feldemissionsmikroskop ist eine einfache Form eines Elektronenmikroskopes, welches auf der bei sehr hohen Feldstärken stattfindenden Feldemission von Elektronen aus der Probe beruht. Es wurde von Erwin Wilhelm Müller erfunden.

Probenaufbereitung

Nichtleitende Proben müssen besonders im Rasterelektronenmikroskop (REM) zur Verhinderung einer elektrostatischen Aufladung mit einer elektrisch leitenden Schicht überzogen werden, zumeist Gold oder aufgedampfter Graphit.

Für die Transmissionselektronenmikroskopie müssen die Proben in mehreren Schritten auf wenige µm Dicke gebracht werden (Details siehe dort).

Nachteile

Die aufwändige Vorbereitung der Proben kann zu Artefakten führen - Strukturen, die nur durch die Vorbereitung entstanden sind, und nichts mit dem eigentlichen Objekt zu tun haben, was die Auswertung der Bilder erschwert. Darüber hinaus können im TEM die Materialeigenschaften von denen kompakter Proben abweichen, durch den überproportionalen Anteil oberflächennaher Bereiche am Analytvolumen. Ein weiteres Problem ist die Schädigung der Proben durch den Elektronenstrahl, beispielsweise durch Erwärmung oder Wegstoßen ganzer Atome nach Kollision mit den schnellen Elektronen, aber auch Einschuß von Fremdatomen aus dem Vakuum in die Probe.

Da die Proben im Vakuum betrachtet werden müssen, kann kein lebendes Material untersucht werden. Die Technik ist aber schon soweit gereift, dass es möglich ist, feuchte Proben bzw. nicht vorbehandeltes Material im REM zu betrachten (sogenannte Environmental Scanning Electron Microscopes, ESEM). Bei genauer Kenntnis der technischen Parameter im REM ist auch weitgehend zerstörungsfreies Arbeiten möglich.

Elektronenmikroskope, insbesondere TEMs, sind außerdem sehr teuer in Anschaffung und Unterhalt.

Geschichte

Die erste auf magnetischen Kräften beruhende Linse wurde 1926 von Hans Busch entwickelt. Als erstes Elektronenmikroskop wurde 1931 ein TEM von Ernst Ruska und Max Knoll gebaut, wenngleich zunächst keine elektronentransparenten Proben, sondern testweise kleine Metallgitter abgebildet wurden. Für diese Arbeit erhielt Ruska 1986 den Physik-Nobelpreis. Er entwickelte auch bei Siemens 1938 das erste kommerzielle Elektronenmikroskop.

Die Kontrastierung biologischer Proben mit Osmiumsäure schlug Ladislaus Marton 1934 vor. Das erste STEM wurde 1937 von Manfred von Ardenne gebaut.

Während in den frühen Jahren die Aufklärung der im Lichtmikroskop unsichtbaren Krankheitserreger (Viren) eine bedeutende Triebfeder für die Entwicklung des Elektronenmikroskops war, erweiterte sich das Interesse später besonders auf die Materialwissenschaft, nachdem Robert D. Heidenreich 1949 die Präparation dünner durchstrahlbarer Metallfolien gelang.

In den 1960er Jahren entwickelte man TEMs mit immer höherer Beschleunigungsspannung (bis zu 3 MV, um 1965 in Toulouse, 1970 in Ōsaka), vor allem um dickere Proben durchstrahlen zu können. In diesem Jahrzehnt wurde auch erstmals atomare Auflösung erreicht.

Seit Ende der 1980er Jahre wurden REMs entwickelt, die mit relativ hohen Gas-Drücken (einige Dutzend mbar) in Probennähe arbeiten können. Dadurch ist es möglich, auch feuchte biologische Proben zu untersuchen. Erwähnenswert ist weiterhin der zunehmende Einsatz von Computern seit den 1990er Jahren. So lassen sich beispielsweise komplizierte Linsensysteme automatisch durch Analyse der Aufnahmen einer CCD-Kamera justieren, was den Bediener des Mikroskops deutlich entlastet.