Rot-Grün-Sehschwäche

Erbliche Farb-Fehlsichtigkeit
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Die Rot/Grün-Sehschwäche ist eine Form der Farbenblindheit, bei der Betroffene die Farben Rot und Grün nicht unterscheiden kann. Hervorgerufen wird diese Behinderung durch Fehler in den Sehfarbstoffen der entsprechenden Zapfen der Netzhaut. Seltener fehlen diese auch komplett. Es existieren bei jedem Menschen jeweils ein Gen für das Rotrezeptor-Sehfarbstoff-Protein und drei identische Gene für den Sehfarbstoff in den grünempfindlichen Zapfen. Alle liegen nah beieinander auf dem X-Chromosom. Durch Fehler beim Crossing-over kann es zu falschen Genkombinationen kommen, die sich phänotypisch durch verschobene Absorptions-Empfindlichkeitsmaxima in den entsprechenden Zapfen-Typen äußern. Die Rot/Grün-Sehschwäche ist immer angeboren und verstärkt oder vermindert sich nicht im Laufe der Zeit. Von ihr sind ca. 9 % aller Männer und ca. 0,5% der Frauen betroffen, sie ist damit deutlich häufiger als eine Gelb/Blau-Sehschwäche oder die vollständige Farbenblindheit. Eine Form der Rot/Grün-Sehschwäche ist die Protanopie.

Rot/Grün-Sehschwäche im Alltag

Die Sehschwäche wird von den Betroffenen im Allgemeinen als nicht besonders hinderlich angesehen. Bei Ampeln werden offenbar Farben verwendet, die genügend Anteile anderer Farben enthalten, dass sie auch von Menschen mit Rot/Grün-Sehschwäche unterschieden werden können. Allerdings dürfen einige Berufe wie Pilot oder Polizist nicht ausgeübt werden, und die Angewohnheit der Spielehersteller, immer die Farben rot/grün für Spielsteine zu verwenden, hat sich in mancher Runde schon als Spaßbremse erwiesen. Auch bei Publikationen, insbesondere im gegenüber den Printmedien bunteren Web (siehe auch barrierefreies Internet), wird die Hürde oft nicht bedacht.

Weitergabe der Rot/Grün-Sehschwäche

Wie bereits erwähnt wird die Sehschwäche durch die Erbinformationen weitergeben. Dass sie bei Männern fast zwanzig mal so häufig auftritt wie bei Frauen, ist dadurch zu erklären, dass die Fähigkeit zum Unterscheiden dieser Farben durch das 23. Chromosom (X-Chromosom genannt) weitergeben wird und dass es sich bei dem Defekt um ein rezessives Merkmal handelt. Chromosomen liegen jeweils paarweise vor, und wenn ein Merkmal auf beiden Chromosomen unterschiedlich ausgeprägt sind, so wird das dominate Merkmal das rezessive Merkmal überdecken, letzteres tritt also nicht in Erscheinung.

Nun entscheidet das 23. Chomosom beim Menschen aber auch über das Geschlecht. Die Frau besitzt zwei X-Chromosomen, der Mann dagegen nur ein X-Chromosom, das zweite wird wegen seiner Form Y-Chromosom genannt. Hat also eine Frau ein X-Chromosom, das die Erbinformation, die das Unterscheiden der Farben ermöglicht, nicht enthält, so wird ihr durch das zweite X-Chromosom diese Fähigkeit trotzdem ermöglicht, da es wie gesagt den Defekt überdeckt. Damit eine Frau unter der Rot/Grün-Farbschwäche leidet, müssen beide X-Chromosomen den Defekt aufweisen. Beim Mann ist jedoch kein zweites X-Chromosom vorhanden, das den Defekt überdecken könnte.

Durch die Verbindung mit dem, das Geschlecht bestimmende X- bzw. Y-Chromosom ergibt sich eine fast einzigartige Möglichkeit, die Weitergabe des Defekts bzw. die Weitergabe von Merkmalen von Eltern an ihre Kinder im allgemeinen sichtbar zu machen. Vater und Mutter geben jeweils eines von beiden Chromosomenpaaren an ihr Kind weiter. Da das 23. Chromosom über das Geschlecht entscheidet, entscheidet quasi der Vater über das Geschlecht des Kindes. Gibt er sein Y-Chromosom weiter, wird das Kind ein Mann, da er ja von der Mutter ein X-Chromosom bekommt. Gibt der Vater das X-Chromosom weiter, erhält das Kind zwei X-Chromosomen und wird damit eine Frau. Dadurch ergeben sich folgende Regeln, die immer eintreten (von Mutationen einmal abgesehen, die aber sehr unwahrscheinlich sind):

  • Haben weder Vater noch Mutter die Rot/Grün-Sehschwäche, wird sie auch keine ihrer Töchter haben. Falls die Mutter jedoch mischerbige Merkmalsträgerin ist, besteht für ihre Söhne eine 50 %ige Wahrscheinlichkeit für eine Rot/Grün-Sehschwäche.
  • Hat der Vater die Rot/Grün-Sehschwäche, die Mutter hingegen zwei X-Chromosomen ohne den Defekt, wird kein Kind an der Sehschwäche leiden. Alle Töchter haben jedoch ein X-Chromosom mit Defekt, die jedoch vom zweiten X-Chromosom überdeckt werden. Daher ergeben sich die unter dem folgenden Punkt genannten Folgen für die Enkel.
  • Hat der Vater keine Rot/Grün-Sehschwäche, die Mutter hingegen jeweils ein X-Chromosom mit defektem und korrektem Gen, so besteht für alle Söhne eine Chance von 50%, dass sie vom Defekt verschont bleiben. Für die Töchter besteht ebenfalls eine Chance von 50%, dass sie nicht Träger des Defekts werden. Bei ihnen kann die Schwäche jedoch nicht auftreten, erst bei den Enkeln.
  • Leidet die Mutter unter der Sehschwäche, sind beide X-Chromosomen mit dem Defekt versehen. Folglich haben alle Söhne den Defekt und alle Töchter sind Träger des Merkmals. Ob die Sehschwäche bei ihnen auch auftritt, hängt davon ab, ob der Vater ebenfalls daran leidet.