Bachem Ba 349 Natter ist die Bezeichnung eines Raketenflugzeugs zur Flugabwehr, das von der Firma Bachem 1944/1945 entwickelt wurde.
Als sich die Kriegssituation immer weiter gegen Deutschland zuspitzte sah man sich dort zu völlig neuen Lösungsansätzen gezwungen um die Lufthoheit trotz der katastrophalen Situation wiederherstellen zu können. Da zu dieser Zeit wegen der zahlenmäßig überlegenen und permanent angreifenden Bomberverbände der Alliierten kaum noch Flugplatzbetrieb möglich war, mußte vor allem in diesem Punkt Abhilfe geschaffen werden. Außerdem erforderte die enorme Materialknappheit eine hohe Wiederverwertbarkeit der aufwendigen Teile (vor allem des Triebwerks und des Cockpits).
Die Natter war ein senkrecht startendes Raketenflugzeug, das mit Flüssigtreibstoff-Triebwerk sowie einer Feststoff-Starthilfsrakete ausgestattet war. Aufgrund dieser Konstruktion konnte sie ohne die sonst für Flugzeuge notwendige Infrastruktur schnell und ortsunabhängig starten, da für einen Einsatz nur eine Startrampe benötigt wurde.
Der Rumpf der Natter bestand vorwiegend aus Sperrholz, da Holz der einzige Rohstoff war, über den Deutschland zu dieser Zeit in ausreichenden Mengen verfügen konnte. Nach dem Start sollte die Natter schnell die Wolkendecke durchstoßen, zu den dicht zusammen fliegenden Bomberverbänden aufsteigenden und den Gegner mit ungelenkten Raketen angreifen. Weil die Maschine kein Fahrgestell besaß und sich ausserdem durch den Abschuss der Raketen der Schwerpunkt so verschob, daß das Flugzeug sich kaum noch steuern ließ, sollte der Pilot nach dem Angriff das Cockpit absprengen und mit dem Fallschirm abspringen. Die wiederverwertbaren Metallteile des Flugzeuges (Front- und Hecksektion, insbesondere das Raketentriebwerk) wurden ebenfalls am Fallschirm zur Erde zurückgeführt, während der zentrale Rumpfbereich mit den Flügeln verloren ging.
Zu einigen unbemannten Testflügen hob die Natter vom Heuberg bei Stetten am kalten Markt ab, der einzige bemannte Start einer Natter am 1. März 1945 endete für den Piloten Lothar Sieber tödlich, als sich das Kabinendach in 1.525 m Höhe löste und das Flugzeug daraufhin abstürzte. Wegen der fortschreitenden Kriegsereignisse und des fehlgeschlagenen Testflugs gab es keine Kriegseinsätze der Natter mehr, obwohl hierfür bei Kirchheim unter Teck nahe der Autobahn einige Startstellen errichtet wurden.
Insgesamt wurden 30 Natter gebaut, 18 davon verwendetete man für unbemannte Tests, zwei stürzten ab (eine bei einem Segelflugtest, eine wie oben beschrieben), sechs wurden bei Kriegsende verbrannt und vier wurden von den Amerikanern erbeutet.
Ein Nachbau der Natter kann im Deutschen Museum in München besichtigt werden.
Technische Daten
- Abmessungen
- Spannweite: 3,60 m
- Länge: 6,10 m
- Tragflügelfläche: 2,75 m²
- Massen
- maximale Startmasse: 2.200 kg
- Triebwerk
- ein Raketentriebwerk Walter 109-509A-2 (1.700 kp, 16,671 kN) mit 70 sek Brenndauer
- vier Starthilfsraketen Schmidding 109-533 (1.200 kp, 11,768 kN) mit 10 sek Brenndauer
- Leistungen
- Höchstgeschwindigkeit: 800 km/h in Bodennähe
- Anfangssteiggeschwindigkeit: 36,58 m/s
- Dienstgipfelhöhe: 14.000 m
- Aktionsradius: 40 km in 12.000 m Höhe
- Bewaffnung
- 24 ungelenkte 73-mm-Raketen Föhn
Siehe auch: Liste von Flugzeugtypen, Liste der Raketentypen
Literatur
- Horst Lommel: Der erste bemannte Raketenstart der Welt, Motorbuch Verlag, 1998, ISBN 3-61301-862-4
- Horst Lommel: Das bemannte Geschoß Ba 349 "NATTER" : Die Technikgeschichte, VDM, ISBN 3-92548-039-0
- Roger Ford: Die deutschen Geheimwaffen des Zweiten Weltkriegs, Nebel, ISBN 3-89555-087-6]]