Die Gabe eines Medikamentes zur Hemmung der Blutgerinnung wird als Antikoagulation (lat. anti „gegen“ und coagulatio „Zusammenballung“) bezeichnet. Das eingesetzte Medikament nennt man Antikoagulans (Mehrzahl: Antikoagulantien bzw. -Antikoagulanzien), Gerinnungshemmer oder umgangssprachlich Blutverdünner. Nötig wird eine Gerinnungshemmung bei Erkrankungen oder Zuständen, bei denen eine Neigung zur Bildung von Blutgerinnseln (Thromben) vorliegt, um Thrombosen oder Embolien in den Arterien oder in den Venen zu vermeiden bzw. zu behandeln.
Gründe für eine Antikoagulation
Vorbeugend (prophylaktische Indikation)
Vor, während und nach Operationen sowie bei Bettlägerigkeit aus anderer Ursache werden häufig Antikoagulanzien zur Vermeidung von Thrombosen und Lungenembolien eingesetzt. Auch bei Herzkathetereingriffen und der Blutentnahme zur Stammzellapherese sowie (außerhalb des menschlichen Körpers) in Schlauchsystemen (Dialyse, Herz-Lungen-Maschine) oder Bluttransportröhrchen ist oft eine Hemmung der Blutgerinnung erforderlich.
Als Behandlung (therapeutische Indikation)
Häufigster Grund für eine therapeutische Antikoagulation ist heutzutage das Vorhofflimmern oder -flattern. Bei dieser Herzrhythmusstörung besteht ein erhöhtes Embolierisiko, das bei vielen Patienten durch die Blutverdünnung gesenkt werden muss. Zweithäufigster Grund sind Thrombosen (meist der Beinvenen), hier soll die Antikoagulation in der Akutphase die weitere Ausdehnung der Thrombose und später ein Wiederauftreten (Rezidiv) verhindern. Während die Behandlung bei den meisten Patienten nach einer Thrombose nur für einige Monate erforderlich ist, kann in einzelnen Fällen (z. B. bei wiederholten Thrombosen oder angeborenen Störungen der Blutgerinnung wie APC-Resistenz) eine lebenslange Antikoagulation sinnvoll sein. Patienten nach Herzklappenoperation benötigen immer eine Antikoagulation, bei biologischen Klappenprothesen oft nur für einige Wochen oder Monate, bei Kunstklappen aber in der Regel lebenslang.
Seltenere Gründe sind eine fortgeschrittene Arteriosklerose (z.B. koronare Herzerkrankung, periphere arterielle Verschlusskrankheit oder Verengung der Halsschlagader), ein Herzwandaneurysma oder eine untypische Hämodynamik (z. B. nach Palliativ-OP bei angeborenem Herzfehler).
Medikamente und wesentliche Eigenschaften
Aus der Wirkung der Medikamente ergibt sich auch die wesentliche Nebenwirkung aller Antikoagulanzien. Vor allem bei Überdosierung besteht die Gefahr von Blutungen (Magen-, Nieren oder Hirnblutung).
Cumarine
- siehe die Artikel Phenprocoumon Cumarine, Vitamin-K-Antagonisten, Marcumar®
- orale Gabe (Tablette)
- billig
- gut wirksam in Schlagadern und Venen
- lang anhaltende Wirkung (nachteilig bei Blutungen oder Operationen)
- Die Wirkung von Phenprocoumon wird als INR (früher Quick) gemessen. Die Bestimmung wird regelmäßig durch den Arzt (bzw. ein nachgeschaltetes Labor) vorgenommen. Dafür sind regelmäßige Blutabnahmen notwendig.
- Bei zuverlässigen chronisch Kranken wird diese Aufgabe zunehmend im Wege des Gerinnungsselbstmanagements auf den Patienten übertragen. Hierfür gibt es handliche Testgeräte (INRatio®, CoaguChek®). Diese werden bei ärztlicher Befürwortung durch die Kassen gestellt und erlauben dem Patienten eine zuverlässige Kontrolle seiner Therapie, auch bei unerwarteten INR-Schwankungen und auf Reisen. Eine eingehende Schulung ist als Voraussetzung für die Kostenerstattung durch die gesetzl. Krankenkassen notwendig.
Heparinoide
- siehe Heparin
- parenterale Gabe (Spritze) 2-3x täglich oder als Dauerinfusion
- billig
- gut wirksam in Schlagadern und Venen
- Wirkung lässt sehr schnell nach (ist manchmal notwendig!)
- Niedermolekulare Heparine
- parenterale Gabe (Spritze) 1x täglich
- teuer
- gut wirksam in Schlagadern und Venen
- Wirkung lässt schnell nach
Thrombozytenaggregationshemmer
Die Thrombozytenaggregationshemmer verhindern die Blutgerinnung über die Beeinflussung der Funktion der Thrombozyten (Blutplättchen).
Andere
Neuere und noch selten eingesetzte Präparate sind zum Beispiel
- Lepirudin(Refludan®)
- Ximelagatran (Exanta®)
- Fondaparinux (Arixtra®).
- Ca-Komplexbildner, z. B. Citrat oder EDTA, die allerdings nur im Reagenzglas und nicht therapeutisch eingesetzt werden können.
- Hirudin, ein Thrombin-Hemmstoff.
Weblinks