Erwin Lotter

deutscher Politiker, MdB
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Erwin Georg Lotter (* 8. Februar 1951 in München) ist ein deutscher Politiker (FDP). Seit 2008 ist er Abgeordneter des Deutschen Bundestages.

Leben und Beruf

Lotter wurde 1951 als jüngstes von drei Geschwistern geboren. Nach dem Abitur am humanistischen Ludwigsgymnasium in München 1970 folgte ein sechsjähriges Studium der Humanmedizin in Ulm und München. 1977 erfolgte die Approbation als Arzt, anschließend war er als Stabsarzt der Bundeswehr tätig. Von 1979 bis 1986 ließ er sich zum Allgemeinarzt und Psychotherapeuten weiterbilden und arbeitet seit 1986 in Aichach bei Augsburg in einer Gemeinschaftspraxis.

Partei

1995 trat Erwin Lotter der FDP bei. Seit 1995 ist er stellvertretender Ortsvorsitzender von Aichach. Von 1997 bis 2008 hatte er den Kreisvorsitz des Landkreises Aichach-Friedberg inne, seit 2008 ist er stellvertretender Kreisvorsitzender. Seit 2005 ist Lotter stellvertretender Vorsitzender des FDP-Bezirksverbandes Schwaben.

Lotter ist Gründer und Vorsitzender der am 8. Juli 2009 in Augsburg gegründeten FDP-nahen Vereinigung Liberaler Ärzte e.V. (VLÄ).

Öffentliche Ämter

Für die Stadt Aichach ist Lotter seit 2002 als Stadtrat tätig, von 2002 bis 2008 fungierte er dort als Schulreferent und seit 2008 als Kulturreferent. Seit 2008 ist er Kreisrat im Kreistag des Landkreises Aichach-Friedberg.

Am 1. November 2008 rückte Erwin Lotter für den ausgeschiedenen Abgeordneten Martin Zeil in den Deutschen Bundestag nach. Dort war er Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Bei der Bundestagswahl 2009 zog Lotter erneut in den Bundestag ein und sitzt seitdem im Ausschuss für Gesundheit und ist stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Sein Wahlkreis ist Augsburg-Land.

Positionen

AIDS-Prävention

Als ehemaliger Arzt für Allgemeinmedizin setzt sich Lotter für "verstärkte Prävention und Abbau der Diskriminierung HIV-erkrankter Patienten" ein.[1]

Kampf gegen Übergewicht bei Kindern

Um Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen zu bekämpfen, regte Lotter an, die Eltern übergewichtiger Kinder zum Besuch von Ernährungskursen zu verpflichten: „Eltern und Erziehungsberechtigte werden ihrer Verantwortung nicht gerecht, wenn sie Kinder mit Fast Food vollstopfen oder Mikrowellenterror ausüben."[2] Zuvor hatte der FDP-Politiker gegenüber der BILD (Zeitung) gesagt: „Es sollte verhindert werden, dass insbesondere Kinder unter 16 Jahren Fast- Food-Produkte essen. Hier muss ernsthaft die Frage aufgeworfen werden, ob Eltern wirklich eigenverantwortlich genug handeln oder ob die Politik hierauf als letzte Möglichkeit auch gesetzlich reagieren muss." Dieses angebliche "Fast-Food-Verbot" des Gesundheitsexperten sorgte 2010 bundesweit für Schlagzeilen.[3]

Präimplantationsdiagnostik (PID)

Lotter forderte als erster Koalitionspolitiker, aufgrund der "ethischen Tragweite des Themas" bei der Entscheidung über die Präimplantationsdiagnostik im Deutschen Bundestag den Fraktionszwang aufzuheben.[4]

Pfefferspray

In einem Brief an Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) schloss sich Erwin Lotter inhaltlich der Linksfraktion an und regte an, den Einsatz von Alternativen zu Pfefferspray zu prüfen, die „medizinisch wie praktisch weniger komplikationshaft“ seien.[5]

Empörung über Zahnarzttermin-Vergabe

Tausende deutscher Kassenpatienten bekamen bis Jahresende 2010 keine Termine mehr beim Zahnarzt, da das vorgesehene Budget bereits aufgebraucht war. Nur Notfälle wurden noch behandelt. Lotter im Interview mit der BILD (Zeitung): „Diese Situation ist eine Schande für ein modernes und leistungsfähiges Gesundheitssystem, wie wir es hierzulande haben. Jeder Kassenversicherte, der zwölf Mal im Jahr seinen Beitrag zahlt, erwartet zu Recht, dafür auch im November und Dezember behandelt zu werden.“[6]

Unterstützung für Westerwelle

Als einer der wenigen liberalen Mandatsträger sprach Erwin Lotter im Dezember 2010 dem damaligen FDP-Parteivorsitzenden Guido Westerwelle, als dieser parteiintern in der Kritik stand, öffentlich seine Unterstützung aus: "Westerwelle hat die Fähigkeiten, die die Partei braucht. Er ist rhetorisch brillant, kann zuspitzen und hat ein gutes Gespür für Themen", sagte Lotter dem Hamburger Abendblatt. "Im Außenamt werden diese Fähigkeiten aus diplomatischen Gründen nicht honoriert." Die Ämter als Partei- und Fraktionschef seien deshalb ideal für Westerwelle. [7]

Zweibettzimmer auch für gesetzlich versicherte Patienten

Als Bundesvorsitzender der Vereinigung Liberaler Ärzte setzt sich Erwin Lotter für Zweibettzimmer auch für gesetzlich versicherte Patienten ein: „Vierbettzimmer sind das Relikt einer Klassengesellschaft, die schon längst überwunden sein sollte.“ Gerade für Wöchnerinnen, Krebspatienten, frisch Operierte und Schwerstkranke seien die häufigen Besuche und der stete Trubel in einem Vierbettzimmer eine der Genesung schädliche Zumutung.[8]

Minister-TV: Öffentliche Befragung vor Amtsantritt

Nach dem Rücktritt von Verteidigungsminister Guttenberg regte Lotter Anhörungen nach US-Muster an: Jeder künftige Minister sollte sich vor seiner Berufung künftig einer parlamentarischen Befragung stellen. "Das wäre ein echter Zugewinn für unsere Demokratie - und würde auch das Vertrauen der Bürger in unseren Staat sowie dessen Repräsentanten und Institutionen stärken. Die Befragung sollte im TV übertragen werden - und Lebensläufe, Ausbildungsstationen sowie Lücken in der Vita transparent und öffentlich machen", so Lotter. Sollte sich später herausstellen, "ein Minister habe bei der Befragung gelogen oder nicht vollständig Auskunft gegeben, müsse er Posten und im Amt erworbene Pensionsansprüche verlieren." [9]

Einrichtung eines "Seuchen-FBI"

Während der EHEC-Krise 2011 forderte der Gesundheitsexperte die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle, nachdem zahlreiche staatliche Behörden und private Einrichtungen bei der Bekämpfung der Infektionswelle öffentlich über die Kompetenzverteilung diskutiert hatten. „Wird eine Krise wie bei der momentanen EHEC-Krise ausgerufen, brauchen wir national eine übergeordnete Stelle, die sofort alle Zuständigkeiten bündelt – ohne Umwege über Landesämter oder Bundesministerien. Eine Art Seuchen-FBI, das bei Gefahr in Verzug die Kompetenz hat. Hierfür käme das Robert-Koch-Institut infrage."[10]

Initiative im FDP-internen Streit um Euro-Rettung

Im innerparteilichen Streit um den "Euro-Rettungsschirm" ESM hat der FDP-Bundestagsabgeordnete einen Friedensvorschlag gemacht. Er regte an, den Streit in Diskussionsforen auszutragen und beizulegen - statt in der umstrittenen Mitgliederbefragung. Damit soll der ESM-Rettungsfonds gestoppt werden. Es gehe darum, wie «die derzeit scheinbar ziemlich ungebremst aufeinander zufahrenden Züge in Sachen ESM im Interesse der Sachdebatte, wie auch der Partei doch noch ab- und durch ein das Ende bedenkendes Verfahren konstruktiv ausgebremst werden können», heißt es in einem Schreiben Lotters an die FDP-Spitze. Das vorgeschlagene Verfahren stelle sicher, dass «die Partei am Ende nach innen und außen gestärkt, weil geeint, aus der Einbindung der Mitglieder hervorgeht».[11]

Christian Wulff

In der Darlehens-Affäre von Christian Wulff forderte er als einziger Parlamentarier aus dem Regierungslager[12] bereits im Dezember 2011 dessen Rücktritt. Im Januar 2012 wiederholte er die Forderung. [13]

Einzelnachweise

  1. „HIV-Infektion keine Einbahnstraße in den Tod mehr!“
  2. Handelsblatt: Ernährungskurse statt Fast-Food-Verbot
  3. Fast-Food-Verbot: Arzt aus Aichach sorgt für Aufsehen
  4. FDP droht: PID-Zulassung "auch gegen die Union"
  5. 2190 Dosen Pfefferspray gegen Castorgegner
  6. Empörung über Kassen-Zahnärzte wächst
  7. Personalpoker bei den Liberalen
  8. Zweitbettzimmer-Vorstoß - Viel Schelte für Spahns „Bettenkosmetik“
  9. FDP-Politiker Lotter will Minister künftig vor ihrer Berufung befragen lassen
  10. EHEC-Chaos: Brauchen wir eine Seuchen-Polizei?
  11. dpa-Meldung vom 7.10.2011
  12. [http://taz.de/Reaktionen-auf-Wulff-Affaere/!84837/ Reaktionen auf Wulff-Affäre: Schwarz-Gelb mauert]
  13. Springer-Chef Döpfner soll Wulffs Bitten zurückgewiesen haben

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