Senator für Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften
Senator für kirchliche Angelegenheiten - Bremen
Der Senator für kirchliche Angelegenheiten ist die Verbindungsstelle des Bremer Senats mit den Kirchen, bzw. den Religionsgemeinschaften in der Freien Hansestadt Bremen. Es wurde bis auf die Zeit von 1971-1979 entweder vom Justizsenator oder vom Präsidenten des Senats und Bürgermeisters im Nebenamt mitverwaltet.
Vorgeschichte: In Folge der Reformation von 1522 wird der Rat als Landesherr zum „summus episcopus“ der Bremischen Evangelischen Kirche. Machtbewusst nimmt er dieses Amt wahr und lässt das „Venerandum Ministerium“, die Vertretung der Prediger, nicht mitregieren.
Als mit der Weimarer Republik Kirche und Staat getrennt werden, dauert es bis 1920 bis die Trennung durchgeführt ist. Sie ist eine echte Bremensie und erfolgt nur halbherzig.
In der Verfassung der Freien Hansestadt Bremen von 1920 heißt es unter „IV. Kirchen und Religionsgesellschaften“: § 87. Die Kirchen und Religionsgesellschaften sind vom Staate getrennt. Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen. Die bremische evangelische Kirche und ihre Gemeinden und Gemeindeverbände, sowie die römisch-katholische Kirche und ihre bremischen Gemeinden sind Körperschaften des öffentlichen Rechtes. Sie geben sich selbst ihre Verfassung und verwalten ihre Angelegenheiten selbständig.
Anderen Religionsgesellschaften werden die Rechte einer öffentlich-rechtlichen Körperschaften durch Gesetz gewährt.“1
Bis 1920 übt die „Senatskommission für die kirchlichen Angelegenheiten“ das Recht des „summus episcopus aus. Sie besteht beispielsweise 1912 aus dem Bürgermeister Karl F.H. Stadtländer, dem Senator Dr. Georg Oelrichs, als „Vorsitzer“ sowie dem Senator Dr. Theodor Spitta.2
Dr. Theodor Spitta ist Justizsenator und „der entscheidende Kopf bei der Neugestaltung der Bremer Verfassung“ von 1920. Da er auch „an der Neugestaltung der“ nun vom Staat getrennten „Bremischen Evangelischen Kirche entscheidenden Anteil hat“3, sorgt er dafür, dass die Trennung nicht allzu gravierend ausfällt.
So wirkt Senator Dr. Spitta von Januar 1930 u.a. als „Senatskommissar für kirchliche Angelegenheiten“4. 1933 übt Senator Dr. Richard von Hoff5 dieses Amt aus. Er ist „Kommissar für kirchliche Angelegenheiten“ wie „Kommissar für die kirchlichen Gemeindeschulen“. Im Ressort des Senators für das Bildungswesen gibt es eine „Behörde für Kunst und Wissenschaft und kirchliche Angelegenheiten“, die von Oberregierungsrat Dr. Seidler, einem ehemaligen Studienrat, geleitet wird.6 Und selbst in der ersten, vom NSDAP-Bürgermeister Dr. Richard Markert geführten Senat gibt es beim Senator Richard von Hoff die Ämter des „Kommissars für kirchliche Angelegenheiten“ wie „Kommissars für die kirchlichen Gemeindeschulen“7 weiter.
Das Amt seit 1946
Da Dr. Theodor Spitta der Vater der Bremischen Verfassung von 1920 von der amerikanischen Militärregierung 1946 als Senator für Justiz und (bremische) Verfassung und 2. Bürgermeister eingesetzt wird, ist, „seine Hauptaufgabe, die Federführung bei den Verhandlungen über die neue Verfassung von 1947“8. In ihr sorgt er mit dem ab 1946 geschaffenen „Senator für Justiz, Verfassung und für kirchliche Angelegenheiten“ für Kontinuität. Dr. Spitta füllt dieses Amt zunächst selbst aus. Wir finden ihn als „Senator für Justiz, Verfassung und für kirchliche Angelegenheiten“ in der 1. und 2. Wahlperiode der Bremischen Bürgerschaft von 1946-1951. Ab der 3. Wahlperiode, 1951-1955 werden beide Ämter getrennt und Dr. Theodor Spitta wird in der 3. Wahlperiode – als „Senator für Justiz, Verfassung“ sowie als „Senator für kirchliche Angelegenheiten“ aufgeführt. Dienstsitz ist, wie schon zuvor, das Rathaus. Als Ansprechpartner werden genannt: Die Bremische Evangelische Kirche, die Katholische Gemeinde zu Bremen und die Israelitische Kultusgemeinde.9
Das bleibt so bei den Nachfolgern im Justizressort, den Senatoren Dr. Erich Zander, 4. Wahlperiode 1955-1959, Dr. Ulrich Graf, 5. Wahlperiode 1959-1963, 6. Wahlperiode 1963-196710. Dass Graf aus der Kirche ausgetreten ist, stört nicht, da er ein Verfechter der Trennung von Kirche und Staat ist. In der 7. Wahlperiode übt er das Amt des „Kirchensenators“, wie es umgangssprachlich in Bremen genannt wird, bis zum 1. Juni 1971 aus. Damals treten die FDP-Senatoren drei Monate vor der Wahl zurück, weil sie sich wegen der Querelen um die als „rote Kaderschmiede“ geschmähte Bremer Universität Vorteile bei der Bürgerschaftswahl versprechen. Ihre Ämter werden von SPD-Senatoren kommissarisch übernommen. So wird der Senator für Bildung, Moritz Thape, ab 2. Juni 1971 Senator für kirchliche Angelegenheiten11.
In der 8. Wahlperiode 1971-1975 wie 9. Wahlperiode 1975-1979 bleibt das Amt abgespeckt zu einer Abteilung beim Senator für Bildung12, weil, wie Bürgermeister Koschnick sich erinnert, es hauptsächlich um Fragen der kirchlichen Schulen ging.
Da der Kontakt zwischen dem Senator für Bildung und den Kirchen suboptimal ist, übernimmt Bürgermeister Hans Koschnick das Amt des „Kirchensenators“ 1979 als selbständiges Ressort und siedelt es wieder im Bremer Rathaus an. Von Koschnick „erben“ es die Präsidenten des Senats und Bürgermeister Klaus Wedemeier 1985, Dr. Henning Scherf 1995 und Jens Böhrnsen 2003 13.
Und heute?
Laut Website des Bremer Senats14, ist das Arbeitsgebiet „Kirchliche Angelegenheiten“ um „Politische Philosophie und Projekte“ erweitert worden. Es heißt dort: „Einen Arbeitsschwerpunkt im Referat bildet der politische Kontakt zu den Religionsgemeinschaften im Land Bremen“. Die Aufzählung derer, zu denen man Verbindungen hält, ist trotz Beibehaltung des Titels „Senator für kirchliche Angelegenheiten“ aktuell erweitert worden. So hält man nicht nur Verbindungen „zu den christlichen Kirchen“, der Bremische Evangelische Kirche, dem Katholische Gemeindeverband in Bremen wie den Freikirchen, sondern man ist auch für Kontakte zum „Islam, der Jüdischen Gemeinde und anderen Glaubensgemeinschaften“ in Bremen offen.
Das Arbeitsfeld wurde jedoch um ein paar andere Schwerpunkte erweitert; und zwar um den Bereich der "Politischen Philosophie": Hier geht es um Themen wie die Zukunft der Arbeit, Umwelt, Frieden hier und in der Welt, der Umgang mit Minderheiten und ähnliches.
Hinzu kommt die Organisation kleinerer und größerer Projekte, u.a.:
* die "Nacht der Jugend" Externes Angebot * der "Stadtplan der Religionen von Jugendlichen für Jugendliche" Externes Angebot * "Das erste Buch" Externes Angebot * und das "Netzwerk Zukunftsgestaltung und seelische Gesundheit" .
Zuständig und Ansprechpartner ist:
Dr. Helmut Hafner
Kirchliche Angelegenheiten, Politische Philosophie, Projekte
Senatskanzlei
-Rathaus-
Am Markt 21, 28195 Bremen
Tel.: + 49 (0)421 361 4955
Fax: + 49 (0)421 496 4955
E-Mail: office@sk.bremen.de
Liste der Senatoren für kirchliche Angelegenheiten:
1. Dr. Theodor Spitta, (ev.), 1946-1951, Senator für Justiz, Verfassung und für kirchliche Angelegenheiten
2. Dr. Theodor Spitta, (ev.), 1951-1955, Senator für Justiz, Verfassung und Senator für kirchliche Angelegenheiten
3. Dr. Erich Zander, (ev.), 1955-1959, Senator für Justiz, Verfassung und Senator für kirchliche Angelegenheiten
4. Dr. Ulrich Graf, (vd) 1959 bis 1. Juni 1971 , Senator für Justiz und Verfassung und Senator für kirchliche Angelegenheiten
5. Moritz Thape ab 2. Juni 1971 Senator für Bildung und Senator für kirchliche Angelegenheiten
7. Hans Koschnick, (ev.), 1979-1985 Präsident des Senats und Senator für kirchliche Angelegenheiten
8. Klaus Wedemeier, (ev.), seit 1985-95: Präsident des Senats, zugleich Senator für kirchliche Angelegenheiten
9. Dr. Henning Scherf (ev.), 1995-2003 Präsident des Senats und Senator für kirchliche Angelegenheiten
10. Jens Böhrnsen (ev.), 2003- Präsident des Senats und Senator für kirchliche Angelegenheiten
Fußnoten:
1. www.verfassungen.de/de/hb/bremen20-index.htm
2. Staatskalender der freien Hansestadt Bremen auf das Jahr 1912, Bremen 1912
3. Herbert Schwarzwälder: Das große Bremen-Lexikon, Bremen 2003
4. Staatshandbuch der freien Hansestadt Bremen, Bremen 1930
5. Amtlichen Mitteilungen für die bremischen Behörden vom 27 März und vom 17. Oktober 1933
6. Amtlichen Mitteilungen für die bremischen Behörden vom 17. Oktober 1933
7. Amtliche Mitteilungen für die bremischen Behörden vom 30. Juni 1933
8. Herbert Schwarzwälder: Das große Bremen-Lexikon, Bremen 2003
9. Handbücher der Bremischen Bürgerschaft - 1. bis 3. Wahlperiode von 1946-1955
10. Handbücher der Bremischen Bürgerschaft 4. bis 6. Wahlperiode 1955-1967
11. Norbert Korfmacher: Mitgliederverzeichnis der Bremischen Bürgerschaft 1946 bis 1996, Kommunalpolitik Bd 1 LIT Münster, 1997
12. Handbücher der Bremischen Bürgerschaft 8. und 9. Wahlperiode 1971-1979
13. Handbücher der Bremischen Bürgerschaft 10. bis 17. Wahlperiode 1979-1987
14. www.rathaus-bremen.de
Quellen:
Norbert Korfmacher: Mitgliederverzeichnis der Bremischen Bürgerschaft 1946 bis 1996, Kommunalpolitik Bd 1 LIT Münster, 1997
Staatshandbuch der freien Hansestadt Bremen, Bremen, 1930
Handbuch der Bremischen Bürgerschaft 2.- 15. Wahlperiode, Bremen 1950 - 2011
Amtlichen Mitteilungen für die bremischen Behörden vom 17. März, 30 Juni 1933, 17. Oktober 1933