Magnus Hirschfeld

deutscher Nervenarzt, Sexualforscher, Vordenker der Homosexuellen-Bewegung und Autor
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Magnus Hirschfeld (* 14. Mai 1868 in Kolberg (heute Kołobrzeg); † 14. Mai 1935 in Nizza) war deutscher Arzt, Sexualforscher und Vordenker der Homosexuellen-Bewegung. Er befürwortete eine Geburtenkontrolle und sprach sich gegen die strafrechtliche Verfolgung der Homosexualität aus. Unter dem Motto „Durch Wissenschaft zur Gerechtigkeit“ wollte er das Angeborensein der Homosexualität beweisen und damit die Forderung nach deren Straffreiheit begründen. Dazu entwickelte er die Theorie eines „dritten Geschlechts“ zwischen Mann und Frau, das aus Homosexuellen, Transsexuellen und Intersexuellen bestehe. Weite Teile seiner Arbeit beruhen auf der von Richard von Krafft-Ebing und Karl Heinrich Ulrichs.

Leben

Nach seinem Medizinstudium 18881892 in (Straßburg, München, Heidelberg und Berlin) eröffnete Hirschfeld zunächst eine naturheilkundliche Arztpraxis in Magdeburg; zwei Jahre später zog er nach Berlin.

Am 15. Mai 1897 gründete er in seiner Charlottenburger Wohnung mit dem Verleger Max Spohr, dem Juristen Eduard Oberg und dem Schriftsteller Max von Bülow das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee, zu dessen Vorsitzender er gewählt wurde. Das Komitee war die weltweit erste Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, gleichgeschlechtliche Handlungen zwischen Männern zu entkriminalisieren. Eine Petition an den Reichstag, den berüchtigten Paragraphen 175 aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, wird zwar dort verhandelt, scheitert aber.

Ab 1899 gab er ein bis Anfang der Zwanziger Jahre jährlich erschienenes Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen heraus.

Für seine Untersuchungen führte er ab 1903/04 bei Studenten und Metallarbeitern statistische Befragungen zur sexuellen Orientierung durch. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass der Anteil Homosexueller 1,5 % und der Bisexueller 3,5 % an der Bevölkerung sei.

1908 gab er kurzzeitig die Zeitschrift für Sexualwissenschaft heraus, die er im gleichen Jahr wieder einstellen musste.

1910 prägt Hirschfeld für Personen, die Kleidung des anderen Geschlechts tragen, den Begriff Transvestit.

Im Ersten Weltkrieg ruhte die wissenschaftliche Tätigkeit; Hirschfeld arbeitet als Lazarett-Arzt.

1918 gründete er die Magnus-Hirschfeld-Stiftung und eröffnete am 6. Juli 1919 mit dem Dermatologen Friedrich Wertheim und dem vielseitigen Nervenarzt und Psychotherapeuten Arthur Kronfeld, der das wissenschaftliche Eröffnungsreferat hielt, das Institut für Sexualwissenschaft als weltweit erste Einrichtung für Sexualforschung.

Im gleichen Jahr war Hirschfeld Berater und Mitwirkender im ersten schwulen Film der Filmgeschichte, Anders als die anderen von Richard Oswald.

1920 wurde Hirschfeld nach einem Vortrag in München durch „völkische Rowdys“ schwer verletzt; Zeitungen melden sogar schon seinen Tod. 1926 reiste er auf Einladung der Regierung der UdSSR nach Moskau und Leningrad; 1931 folgte eine Weltreise durch Nordamerika, Asien und den Orient. Nach seiner Rückkehr 1932 ging er aufgrund von Warnungen direkt ins Exil, zunächst nach Ascona in der (Schweiz), dann nach Frankreich.

1933 wurde die Schließung des Instituts für Sexualwissenschaft durch die Nationalsozialisten angeordnet, das Institut ab dem 6. Mai 1933 von Studenten der Hochschule für Leibesübungen geplündert und zerstört. Die Institutsbibliothek landete zusammen mit einer Büste Magnus Hirschfelds im Autodafe-Feuer auf dem Berliner Opernplatz. In Paris scheiterte der Versuch Hirschfelds, ein neues Institut zu gründen.

1934 übersiedelte er nach Nizza, wo er 1935 an seinem 67. Geburtstag starb.

Unter dem Titel Magnus Hirschfeld - Der Einstein des Sex wurde sein Leben 1999 von Rosa von Praunheim verfilmt.

Einordnung

Wesentliche Ideen, wie sein Konzept vom 3. Geschlecht, hat er von Karl Heinrich Ulrichs entlehnt. Während sein politisches Wirken von Mut und Geschick gekennzeichnet ist, ist sein wissenschaftliches Werk heute wegen seiner biologistischen Ausrichtung in der Kritik.

Literatur

  • Ralf Dose: Magnus Hirschfeld: Deutscher, Jude, Weltbürger. Hentrich und Hentrich, Teetz 2005. ISBN 3-933471-69-9
  • Manfred Herzer: Magnus Hirschfeld: Leben und Werk eines jüdischen, schwulen und sozialistischen Sexologen. 2. Auflage. MännerschwarmSkript-Verlag, Hamburg 2001. ISBN 3-935596-28-6