Stadthaus (Bonn)

Hochhaus in Bonn
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Das Stadthaus in Bonn ist seit 1978 der Sitz der städtischen Verwaltung. Das 72 m hohe Gebäude befindet sich am Berliner Platz an der südlichen Grenze der Nordstadt.

Vorplatz des Bonner Stadthauses
Datei:Schöffer Kronos 15.jpg
Skulptur von Nicolas Schöffer: Kronos 15 (1977)
Lichtfeldspiegel von Günter Ferdinand Ris

Baugeschichte

Nachdem die ehemals selbstständigen Städte Beuel und Bad Godesberg sowie das Amt Duisdorf 1969 nach Bonn eingemeindet wurden, erhöhte sich der Bedarf an Büroräumen für die Stadtverwaltung. Sie war bis dahin im Neuen und Alten Rathaus sowie an etwa 50 weiteren Standorten in der Stadt [1] untergebracht gewesen. Deshalb wurde im Jahr der Eingemeindung ein Architektenwettbewerb gestartet, aus dem das Büro Heinle, Wischer & Partner als Sieger hervorging. Der durch den Neubau nötig gewordene Abriss mehrerer Straßenzüge der gründerzeitlichen Neustadt löste Proteste aus. Erbaut wurde das Stadthaus in den Jahren 1973 bis 1977, am 20. Mai 1978 wurde es eingeweiht.

2007 sollten die Brandmeldeanlage, Fahrtreppen sowie die Elektrotechnik für 4,5 Millionen Euro erneuert werden.[2] In der Folgezeit stellte sich weiterer Sanierungsbedarf heraus. Die Stadt Bonn schätzt die Kosten auf 120 Mio. Euro. Laut Bund Deutscher Architekten (BDA) Bonn-Rhein-Sieg ist das Stadthaus "hoffnungslos veraltet". Als Standort für einen Neubau schlägt er den Bahnhofsvorplatz vor.[3] Es existiert mittlerweile jedoch auch eine Vielzahl an Vorschlägen zu einer Inwertsetzung des Stadthauses[4]; das Gebäudemanagement der Stadt favorisiert zur Zeit eine solche Komplettsanierung.[5]

Gestalt

Konstruktiv basiert das Stadthaus auf einem einheitlichen Raster von 8,40 x 8,40 m. Über dem als Parkhaus ausgebildeten Sockelgeschoss des Stadthauses setzen fünf verschieden hohe Punkthochhäuser auf. Die im Grundriss quadratischen Türme haben zwischen sechs und siebzehn Geschosse und beherbergen Großraumbüros. Ihnen vorgehängt ist eine Leichtmetallfassade mit einer metallbeschichteten Sonnenschutzverglasung, die dem Gebäude – abhängig von der Tageszeit und dem Wetter – eine je unterschiedliche Wirkung gibt. Vor den Brüstungsbändern der einzelnen Geschosse sind Glasplatten angebracht, die jeweils um etwa 15 cm auskragen, wodurch die charakteristische reliefartige Struktur der Fassade entsteht. Nach oben abgeschlossen werden die Fassaden der Türme jeweils durch ein Technikgeschoss, dessen Metallverkleidungen zusammen mit einem umlaufenden Band von Lüftungsöffnungen als Bekrönung nach Art einer Attika angelegt sind. Die fünf Hauptbaukörper werden begleitet von Treppenhäusern und Funktionsschächten, die vollständig metallverkleidet und im Kontrast zu den Bürotürmen mit abgerundeten Ecken versehen sind.

Städtebauliche Einbindung

Das Stadthaus war Teil eines geplanten, der Innenstadt nahen Hochhausensembles, das nicht zur Gänze realisiert wurde. Der Entwurf folgte der zeittypischen Idee einer "städtebaulichen Dominante", eines weithin sichtbaren Blickpunktes und ideellen Zentrums, die wohl auch als kommunales Gegenstück zu dem den Bund repräsentierenden ehemaligen Abgeordnetenhochhaus in der Gronau (dem sogenannten Langen Eugen) gedacht war. Der beabsichtigte Markierungs-Effekt ergibt sich vor allem auf der Oxfordstraße bis hin zum Bertha-von-Suttner-Platz. Die dominierende Wirkung des Gebäudes für sein Umfeld ist gleichwohl bis heute umstritten.

Gegenüber den angrenzenden Straßenzügen der Nordstadt ist der Grundriss des Stadthaus-Komplexes leicht verschwenkt, geht damit auf Distanz zur Nachbarbebauung; Bäume und Grünanlagen bilden eine Zone des Übergangs. Am Nord- und Westrand des Komplexes sind kleine Plätze ausgebildet.

Die Verkehrsanbindung erfolgt über eine Stadtbahn-Haltestelle im Süden, die Einfahrt in das Parkhaus ist davon getrennt und befindet sich an der Nordseite. Es bietet 325 PKW-Stellplätze und ist täglich 24 Stunden geöffnet. Für Fußgänger wird das Stadthaus in allen Himmelsrichtungen durch Rampen und Treppenanlagen erschlossen, über sie wird die sogenannte Plus-Eins-Ebene erreicht. Am Kreuzungspunkt der von dort ausgehenden Erschließungsachsen befindet sich ein Lichthof mit einer Gaststätte sowie der Zugang zum Foyer. Die drei am häufigsten aufgesuchten Ämter (Einwohnermeldeamt, Straßenverkehrsamt und Stadtarchiv) sind ebenfalls direkt von dieser Passage aus zugänglich.

Insgesamt ist dem Stadthaus deutlich abzulesen, dass es nach Maßgabe des in den sechziger Jahren dominierenden städtebaulichen Leitbildes der "verkehrsgerechten Stadt" geplant wurde. Der bewusste Verzicht der Architekten auf einen Haupteingang zugunsten einer dezentralen, netzartigen Wegeführung gehört heute zu den am häufigsten vorgebrachten Kritikpunkten gegenüber dem Gebäude.

Kunst am Bau

Vor dem Stadthaus, auf der östlichen Seite, steht seit 1977 die Skulptur Kronos 15 von Nicolas Schöffer. Die aus Edelstahl hergestellte und nachts mit Scheinwerfern angestrahlte kinetische Plastik gliedert sich dem Gebäude nicht nur aufgrund der vergleichbaren Materialästhetik schlüssig an; Schöffers Werke sind zudem oft im Zusammenhang mit städtebaulichen Ideen entstanden.

Auf der südlichen, die Stadtbahnlinie überspannenden Zugangsrampe befindet sich die Brunnenskulptur Lichtfeldspiegel von Günter Ferdinand Ris, der in Bonn mehrere Arbeiten im öffentlichen Raum realisieren konnte. Die unterschiedlich hohen weißen Stelen, aus denen das Werk zusammengesetzt ist, fungieren als Kennzeichnung der Stadtbahn-Haltestelle und sind nachts ebenfalls beleuchtet.

Ein Farbleitsystem, wie es in vielen Großbauten der sechziger und siebziger Jahre zu finden ist (etwa an der Ruhr-Universität Bochum und im ebenfalls von Heinle, Wischer & Partner entworfenen Olympischen Dorf in München), sollte die Orientierung innerhalb des Stadthaus-Komplexes erleichtern. Es wurde entwickelt von dem Grafiker Anton Stankowski, der für das Gebäude außerdem "eine Gesamtgestaltung mit wegbegleitenden Stelen (Stankogramme), Hinweisschildern, Etagenziffern und weiteren Informationselementen"[6] erarbeitete. Diese aufwendige und nach einheitlichem Plan umgesetzte gestalterische Konzeption prägt den Eindruck des Stadthauses maßgeblich mit.

Siehe auch

Literatur

  • Andreas Denk, Ingeborg Flagge: Architekturführer Bonn. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-496-01150-5, S. 58.
  • Max Meier: Neues Stadthaus. In: Martin Bredenbeck/Constanze Moneke/Martin Neubacher (Hg.): Bauen für die Bundeshauptstadt, Weidle Verlag, Bonn 2011, ISBN 978-3-938803-41-7, S. 70-73.
  • Kerstin Wittmann-Englert: Das Stadthaus in Bonn. Ein umstrittenes Zeugnis kommunaler Architektur. In: Michael Hecker/Ulrich Krings (Hg.): Bauten und Anlagen der 1960er und 1970er Jahre - ein ungeliebtes Erbe?, Klartext Verlag, Essen 2011, ISBN 3-8375-0679-7, S. 62-69.

Einzelnachweise

  1. Max Meier: Neues Stadthaus, S. 71
  2. Artikel im General-Anzeiger vom 7. Februar 2007
  3. Artikel im General-Anzeiger vom 7. Juli 2011
  4. Artikel im General-Anzeiger vom 1. Juli 2011
  5. Artikel im General-Anzeiger vom 30. November 2011
  6. Webseite der Stankowski-Stiftung
Commons: Stadthaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 50° 44′ 13,14″ N, 7° 5′ 39,68″ O