Gundolf Köhler

deutscher Neonazi und Attentäter
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Gundolf Wilfried Köhler (* 27. August 1959 in Schwenningen; † 26. September 1980 in München) war ein deutscher Rechtsextremist.

Leben

Köhler stammt aus Donaueschingen und machte am Fürstenberg-Gymnasium Donaueschingen Abitur. Er war zum Zeitpunkt des Anschlages 21 Jahre alt und studierte in Tübingen Geologie im dritten Semester. Er war dort im Umfeld des rechtsextremen Hochschulrings Tübinger Studenten aktiv. Er wurde als Einzelgänger und Waffennarr beschrieben.

Oktoberfestattentat

Gundolf Köhler wird das Oktoberfestattentat, ein Bombenanschlag auf das Münchner Oktoberfest am Freitag, dem 26. September 1980, zur Last gelegt.[1] Dabei waren durch eine Rohrbombe, die um 22.19 Uhr am Eingang zur Wirtsbudenstraße der Theresienwiese detonierte, 13 Menschen – darunter auch Köhler selbst – getötet und 200 weitere verletzt worden.

Nach dem Anschlag wurde zwischen ihm und der im Januar 1980 verbotenen rechtsextremen Wehrsportgruppe Hoffmann eine Verbindung gefunden. Die Verbindungen Köhlers zur rechtsextremen Szene wurden aber seitens der Ermittler – möglicherweise auf politischen Druck der bayerischen Staatsregierung – nur halbherzig durchleuchtet und Köhler im Schlussbericht des Landeskriminalamtes als sozial isolierter Einzeltäter, welcher die Bombe allein gebaut, transportiert und gezündet haben soll, für den Anschlag verantwortlich gemacht.[2][3]

Als mögliches Motiv nennt das Nachrichtenmagazin Spiegel Online eine beabsichtigte Unterstützung der Kanzlerkandidatur von Franz Josef Strauß: Nach dem Anschlag "könnte man es den Linken in die Schuhe schieben, dann wird der Strauß gewählt".[4]

Recherchen in den Stasi-Akten führen um ca. 2010 zu einer alternativen, veröffentlichten Sicht der Dinge: So gibt es von zwei Personen, die zur verbotenen Wehrsportgruppe Hoffmann zu rechnen sind und zum wahrscheinlichen oder bewiesenen Umfeld Köhlers gehörten, bezeugte Worte in denen sie eine anscheinend wichtige Beteiligung an den Attentaten behaupten. Die eine Person war ein gewisser Stefan Wagner. Dazu der Autor Tobias Heymann: "Am 2. August 1982 lieferte er sich nach einer Schießerei mit Geiselnahme eine stundenlange Verfolgungsjagd mit der Polizei. Dabei legte er gegenüber Geiseln eine Art Geständnis ab und bezichtigte sich selbst der Teilnahme am Münchner Attentat. Dann erschoss er sich - ähnlich wie bei einem Amoklauf."[5] Der andere Mann war Walter Ulrich Behle, ein V-Mann des Verfassungsschutzes von NRW der zur Zeit der Bomben-Explosion an einer Überführung von Geländewagen in den Nahen Osten, allem Anschein nach für die PLO teil nahm. Dieser hatte sich im Oktober 2011 nach Damaskus abgesetzt hatte und äußerte dort in einem glaubhaft bezeugten Gespräch gegenüber Karl-Heinz Hoffmann folgendes: "Ja, deswegen kann ich nicht mehr nach Deutschland zurück, wir waren das selbst." Als Motiv für den Anschlag kommt der recherchierende Autor Tobias Heymann, ebenso wie der Spiegel, zu dem Schluss die Täter wollten den Anschlag linken Terroristen in die Schuhe schieben (eine sog. "False flag"-Aktion) und so die Politik der SPD bei der an stehenden Bundestagswahl angreifbar machen. Der Nutznießer wäre damit die Union und speziell die CSU gewesen. Entsprechende politische Reaktionen verebbten jedoch schnell als im Zug der Ermittlungen klar wurde dass Köhler als Täter gelten konnte und der rechten Szene zugehörig war. [6]

Die Leitung der Wehrsportgruppe hat sich dem Anschein nach schon früh durch ein Anti-Bekennerschreiben (ebenso in den Stasi-Akten) vom Anschlag distanzieren wollen und distanziert sich noch heute insbesondere von zahlreichen Äußerungen von Seiten Behle. Diesem wird von der Gruppe vorgeworfen diese "sehr unangenehme Falschmeldung" zur Gruppe gezielt in Umlauf gebracht zu haben. Im Weiteren wird Stefan Aust, ehemals Chefredakteur beim Spiegel, beschuldigt die Fakten zu schönen eine Medien-Kampagne gegen die im Nahen Osten als Kampftruppe aktive Wehrsportgruppe zu fahren. Das Fazit der Gruppe ist folgendes: "Wesentlich ist, dass überhaupt kein Täter ermittelt werden konnte." und "Da waren professionelle finstere Mächte am Werk, die es verstanden, ihre Taten mit der scheinbaren Handschrift missliebiger Personen, die es auszuschalten galt, zu versehen. Die Spuren legten, denen die Ermittlungsbehörden zu folgen hatten."[7]

Literatur

  • Ulrich Chaussy: Oktoberfest. Ein Attentat. Luchterhand Literaturverlag, 1985, ISBN 3630880223
  • Tobias von Heymann: Die Oktoberfest-Bombe. Nora Verl.-Gemeinschaft, 2008, ISBN 978-3-86557-171-7
  • Unterkapitel Die WSG und das Oktoberfestattentat, in: Rainer Fromm: Die "Wehrsportgruppe Hoffmann": Darstellung, Analyse und Einordnung. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen und europäischen Rechtsextremismus, Frankfurt/Main u.a. 1998, Peter Lang Verlag, S. 336-342.

Einzelnachweise

  1. "Mit Dumdum aus der Schußlinie". Der Spiegel, 6. Oktober 1980, abgerufen am 17. April 2010.
  2. "Attentate: Unentwirrbares Dickicht". Der Spiegel, 16. September 1985, abgerufen am 17. April 2010.
  3. Gunther Latsch: "Zeitgeschichte: Die dunkle Seite des Westens". Der Spiegel, 11. April 2005, abgerufen am 17. April 2010.
  4. "Anschlag aufs Münchner Oktoberfest - Täter war in Neonazi-Szene verstrickt". Der Spiegel, 23. Oktober 2011, abgerufen am 23. Oktober 2011.
  5. Das Oktoberfestattentat war kein Werk eines Einzeltäters heise-Interview mit Tobias von Heymann, 2010
  6. Das Oktoberfestattentat war kein Werk eines Einzeltäters heise-Interview mit Tobias von Heymann, 2010
  7. Wie sich das kleine Fritzchen eine Neonazi-Szene vorstellt K.-H. Hoffmann, 2010

Film

  • Frank Gutermuth, Wolfgang Schoen (Regie): Gladio - Geheimarmeen in Europa. Dokumentation, Deutschland, 2010, 85 Min. (SWR; die Autoren fragen u. a. nach personellen Verbindungen zwischen Köhler, Gladio und der Wehrsportgruppe. Zur Diskussion gestellt wird die Öffnung der Archivalien über Gladio auch im Zusammenhang mit dem Oktoberfest-Attentat.)