vgl. Betäubungsmittelgesetz (Begriffsklärung) für andere deutschsprachige Länder
Das Suchtmittelgesetz (SMG), Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe, ist ein österreichisches Bundesgesetz, das den Verkehr und die Gebarung mit Suchtmitteln (illegalen Drogen), psychotropen Substanzen) und Vorläuferstoffen regelt. Es zählt gemeinsam mit dem Jugendgerichtsgesetz (JGG), Mediengesetz (MedienG), Pornographiegesetz (PornoG), Verbotsgesetz (VerbotsG), Waffengesetz (WaffG), Militärstrafgesetz (MilStG) und dem Finanzstrafgesetz (FinStrG) zu den strafrechtlichen Nebengesetzen.
Das Suchtmittelgesetz ist in 6 Hauptstücke gegliedert:
- Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen (§§ 1 - 4)
- Suchtmittel (§§ 5 - 16)
- Verkehr und Gebahrung mit Vorläuferstoffen (§§ 17 - 22)
- Überwachung des Verkehrs und der Gebarung mit Suchtmitteln und Vorläuferstoffen (§§ 23 - 26)
- Strafrechtliche Bestimmungen und Verfahrensvorschriften (§§ 27 - 44)
- Schluß-, Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen (§§ 45 ff)
Das Suchtmittelgesetz kennt
- Suchtgifte,
- psychotrope Stoffe und
- Vorläuferstoffe,
wobei die ersten beiden Kategorien als Suchtmittel zusammengefasst werden. Vorläuferstoffe sind Substanzen, die bei der Herstellung von Suchtgiften und psychotropen Stoffen verwendet werden.
Der Konsum von Suchtgiften an sich ist nicht strafbar. Strafbar ist jedoch fast alles, was damit zusammenhängt: der Erwerb, der Besitz, das Inverkehrsetzen, die Ein- oder Ausfuhr, die Erzeugung, das Überlassen oder Verschaffen. Das SMG unterscheidet nicht zwischen so genannten "weichen" und "harten" Suchtgiften, die Strafdrohung ist bei allen Suchtgiften gleich. Jedoch unterscheidet es zwischen geringen, großen und übergroßen Mengen, wobei an größere Mengen auch zunehmend strengere Strafen geknüpft sind. Übergroß ist eine Menge, die mindestens das 25fache der Grenzmenge der geringen Menge ausmacht (§ 38 Abs. 4 Z 3 SMG). Ausnahmen sind der Erwerb und Besitz von Suchtgiften für den Eigenbedarf, die vermehrt als gesundheitspolitisches und weniger als kriminalpolitisches Thema wahrgenommen werden. Entsprechend gibt es im SMG zahlreiche Ausnahmebestimmungen für den Fall des Missbrauchs von Suchtgiften, um Suchtkranke oder Schmerzpatienten nicht übermäßig zu kriminalisieren. Diesen rechts- und gesundheitspolitischen Grundsatz bezeichnet man als Therapie statt Strafe. In der Praxis läuft das jedoch häufig auf Therapie oder Strafe hinaus, weil jeder ungerechtfertige Gebrauch von Suchtgiften als Missbrauch gewertet wird und sozialmedizinische und strafrechtliche Folgen haben kann.
Im Gegensatz zu Suchtgiften sind psychotrope Stoffe in Form von Arzneimitteln bzw. Medikamentenmissbrauch privilegiert, weil Erwerb, Besitz, Ein- und Ausfuhr einer nicht großen Menge straflos sind, ebenso das Überlassen solcher Arzneimittel, solange der Überlassende daraus keinen Vorteil zieht. Diese Sonderbestimmungen sollen einer Kriminalisierung von zahlreichen Medikamentenabhängigen entgegen wirken und auch die medizinische Verschreibungspraxis für die betreffenden Arzneimittel nicht gefährden. Analog dazu werden in letzter Zeit vermehrt Ausnahmen für medizinische Anwendungen von als minder gefährlich erachteten suchtgifthaltigen Arzneien reklamiert.
Ärzte, die suchtmittelhaltige Arzneimittel für Zwecke der Schmerz- oder Substitutionsbehandlung de lege artis (nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der medizinischen oder veterinärmedizinischen Wissenschaft) verschreiben, sind gemäß § 8 SMG von der Strafbarkeit ausgenommen. Jedoch verbietet es § 14 der begleitenden Suchtgiftverordnung (SV) Ärzten ausdrücklich, Suchtgifte in Substanz oder Arzneimittel, die mehr als ein Suchtgift enthalten, ausgenommen zugelassene Spezialitäten oder Zubereitungen aus Heroin, Cannabis, Cocablättern, Ecgonin und die im Anhang V dieser Verordnung angeführten Stoffe zu verschreiben, womit die Verschreibungspraxis für Suchtgifte entsprechend eingeengt ist. Der Miss- bzw. Gebrauch von Suchtgiften als palliative Therapiemaßnahme wird in letzter Zeit von den Gerichten als ein möglicher Rechtfertigungsgrund wahrgenommen.
Die Untergrenzen der geringen Menge eines Suchtmittels bzw. psychotropen Stoffes, bezogen auf die Reinsubstanz des aktiven Wirkstoffes, sind in der Suchtgift-Grenzmengenverordnung bzw. Psychotropen-Grenzmengenverordnung definiert. Die Festlegung von Grenzmengen obliegt dem Gesundheits- und Justizministerium, sie muss vom Hauptausschuss des Nationalrates genehmigt werden. Bei der Festlegung von geeigneten Grenzmengen ist gemäß § 28 Abs. 6 SMG auf die Eignung der Suchtgifte, Gewöhnung hervorzurufen und im großen Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen, sowie auf das Gewöhnungsverhalten von Suchtkranken Bedacht zu nehmen, das gleiche gilt gemäß § 31 Abs. 3 SMG für psychotrope Stoffe. Konkrete Grenzmengen liegen einerseits im Bestimmtheitsgrundsatz des Strafrechts begründet, andererseits bietet eine klare Abgrenzung zwischen geringen und großen Suchtmittelmengen auch verfahrenstechnische Vorteile, indem sie es den Gerichten erleichtert, eine einheitliche Rechtsprechung auszuüben. De facto sind die Grenzmengen auch gesundheits- und kriminalpolitische Steuerungsinstrumente, mit denen das Ausmaß der politischen Ächtung von bestimmten Suchtmitteln vorgegeben wird. So ist etwa die Grenzmenge für Cannabis weit größer als für Heroin.
Geschichte
Das Drogenrecht in Österreich wurde im Wesentlichen von drei internationalen Konventionen geprägt: der Einzigen Suchtgiftkonvention 1961 in der durch das Protokoll von 1972 geänderten Fassung, dem Übereinkommen über psychotrope Stoffe 1971 (Psychotropenkonvention) und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtgiften und psychotropen Stoffen 1988 (Wiener Konvention). Ursprünglich trat in Österreich das Suchtgiftgesetz 1951 (SGG) in Kraft, das 1971, 1978, 1980 und 1985 novelliert wurde. Schließlich wurde es vom Suchtmittelgesetz 1998 abgelöst, das die Konvention von 1988 berücksichtigte.
Artikel 36 Abs. 1 a) der Einzigen Suchtgiftkonvention 1961 verpflichtet die Vertragsparteien, jedes gegen das Übereinkommen verstoßende Anbauen, Gewinnen, Herstellen, Ausziehen, Zubereiten, Besitzen, Anbieten, Feilhalten, Verteilen, Kaufen, Verkaufen, Liefern - gleichviel zu welchen Bedingungen -, Vermitteln, Versenden - auch im Durchfuhrverkehr -, Befördern, Einführen und Ausführen von Suchtgiften ... angemessen zu ahnden, insbesondere mit Gefängnis oder sonstigen Arten des Freiheitsentzugs. Absatz b) stellt es jedoch den Vertragsparteien frei, entweder als Alternative zur Verurteilung oder Bestrafung oder zusätzlich zur Verurteilung und Bestrafung vorzusehen, dass derartige Süchtige Maßnahmen der Behandlung, Aufklärung, Nachbehandlung, Rehabilitation und der sozialen Wiedereingliederung in Übereinstimmung mit Artikel 38 Abs. 1 unterzogen werden. Österreich hat dazu erklärt, dass es diese Verpflichtung der Vertragsparteien so auslege, dass sie auch durch die Schaffung von Verwaltungsstraftatbeständen erfüllt werden könne, die eine angemessene Ahndung für die darin genannten Verstöße vorsehe. Die strafrechtliche Verfolgung von Suchtgiftdelikten in Österreich ist also nicht ausschließlich in der Einzigen Suchtgiftkonvention begründet, sie ist auch ein Ergebnis der innenpolitischen Entwicklung.
Die Psychotropenkonvention 1971 bezieht Stoffe und Zubereitungen ein, die in der Medizin verwendet werden und missbraucht werden können, aber von der Einzigen Suchtgiftkonvention nicht erfasst sind, beispielsweise Psychopharmaka. Gemäß Artikel 9 können derartige Arzneien nur von Ärzten verschrieben werden. Besitz, Erwerb, Ein- und Ausfuhr und das Überlassen "ohne daraus einen Vorteil zu ziehen" von geringen Mengen psychotroper Stoffe sind gemäß § 30 Abs. 2 SMG straffrei.
Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtgiften und psychotropen Stoffen 1988 ist von der Überzeugung geprägt, dass der unerlaubte Verkehr (... von Suchtgiften ...) eine internationale kriminelle Tätigkeit sei, deren Bekämpfung dringende Aufmerksamkeit und höchsten Vorrang erfordere. Mit dem Abkommen solle der Wunsch zum Ausdruck kommen, die Grundursachen des Problems des Missbrauchs von Suchtgiften und psychotropen Stoffen zu beseitigen, darunter die unerlaubte Nachfrage nach solchen Stoffen und die aus dem unerlaubten Verkehr stammenden ungeheuren Gewinne. Dem entsprechend verpflichten sich die Vertragsparteien im Übereinkommen unter anderem dazu, die Durchsetzung gesetzlicher Bestimmungen über die Einziehung von Gewinnen aus gewerblichen Suchtmitteldelikten und die Verbesserung der Rechtshilfe bei Ermittlungen und Strafverfolgungen, im Sinne einer weitgehend repressiven Drogenpolitik, zu verfolgen. Das Übereinkommen wirkte sich in einer Neufassung des Suchtmittelgesetzes 1998 mit gleichzeitiger Änderung von zahlreichen gesundheits- und strafrechtlichen Gesetzen aus.
Seit 1980 wird Drogensucht in Österreich vermehrt als gesundheitspolitisches Thema wahrgenommen bzw. in einem gesellschaftlich vertretbaren Ausmaß toleriert, Dealer dagegen bekommen die volle Härte des Strafrechts zu spüren und müssen mit bis zu lebenslangen unbedingten Haftstrafen rechnen. In diesem Zusammenhang ist es problematisch, dass viele Dealer im Sinne des Gesetzes süchtig sind und dass die Unterscheidung zwischen Kriminal- oder "Gesundheitsdelikt" nicht immer eindeutig erfolgen kann.
... Harmonisierung des Strafrechts auf europäischer Ebene ...
Rechtsverwandtschaften
Das SMG umfasst fünf Verordnungen und eine Kundmachung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales. In der Suchtgift- bzw. Psychotropenverordnung ist die legale Gebarung mit Suchtmitteln geregelt, unter anderem sind darin auch alle Pflanzen, Stoffe und Zubereitungen, die als Suchtgifte bzw. psychotrope Stoffe gelten, taxativ aufgezählt. Die entsprechenden Grenzmengenverordnungen definieren den Begriff einer geringen Menge, die je nach Substanz verschieden ist und für die mildere Strafen gelten. Damit soll eine übermäßige Kriminalisierung von Konsumenten bzw. Abhängigen vermieden werden. Offiziell gilt der Grundsatz Therapie statt Strafe, unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Täters. Die Kundmachung über Therapieeinrichtungen für suchtgiftabhängige Personen liegt in § 15 SMG begründet.
- Suchtgiftverordnung (SV)
- Psychotropenverordnung (PV)
- Vorläuferstoffeverordnung (VorlV)
- Suchtgift-Grenzmengenverordnung (SGV)
- Psychotropen-Grenzmengenverordnung (PGV)
- Kundmachung über Einrichtungen und Vereinigungen mit Betreuungsangebot für Personen im Hinblick auf Suchtgiftmißbrauch
Literatur
- Foregger/Litzka/Matzka: Suchtmittelgesetz. Manzscher Kurzkommentar. 2. Auflage, Verlag Manz, Wien 1998. ISBN 3-214-03082-5
- Doralt (Hsg.): Kodex Strafrecht. 24. Auflage, Verlag LexisNexis, Wien 2005. ISBN 3-7007-3245-7
Weblinks
- [1] Rechtsinformationssystem BKA/RIS, Abfrage Bundesrecht