Barometrische Höhenformel

Abhängigkeit des Luftdrucks von der Höhe
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Die barometrische Höhenformel beschreibt die vertikale Verteilung der (Gas-)Teilchen in der Atmosphäre der Erde, also die Änderung des Luftdruckes mit der Höhe. Man spricht daher auch von einem vertikalen Druck-Gradienten, der jedoch aufgrund der hohen Dynamik innerhalb der Atmosphäre (Wetter) nur mit Näherungen auf mathematischem Wege beschrieben werden kann.

Durchschnittlicher Druck und Dichte in Abhängkeit von der Höhe.

Ganz grob und vereinfacht kann angenommen werden, dass in der Nähe des Meeresspiegels der Luftdruck um ein hPa pro 8 m abnimmt.

Hydrostatische Grundgleichung

Die Änderung von Druck und Dichte der Atmosphäre mit der Höhe wird durch die hydrostatische Grundgleichung beschrieben. Zur Herleitung betrachte man ein quaderförmiges Volumenelement mit der Grundfläche   und der kleinen Höhe  , welches Luft der Dichte   enthält. Die von oben auf die Grundfläche wirkende Kraft setzt sich zusammen aus der vom Atmosphärendruck   auf die Oberseite ausgeübten Kraft   und der Gewichtskraft   der im Volumen   enthaltenen Luftmasse  . Von unten wirkt auf die Grundfläche nur die vom Atmosphärendruck ausgeübte Kraft. Der Atmosphärendruck ist in dieser Höhe um den Betrag   größer als der auf die Oberseite wirkende Druck, die ausgeübte Kraft ist daher  .

Im hydrostatischen Gleichgewicht sind alle Luftströmungen zur Ruhe gekommen. Damit das Gleichgewicht erhalten und das betrachtete Volumenelement auch weiterhin in Ruhe bleibt, muß die Summe aller darauf wirkenden Kräfte null sein:

 

Kürzen und Umstellen liefert

 .

Nach dem idealen Gasgesetz läßt sich die Dichte   ausdrücken als  ,

so dass sich schließlich ergibt:

   
 

Dabei ist M die mittlere molare Masse der Atmosphärengase (0,02896 kg mol-1), g die Schwerebeschleunigung (9,807 m s-2), R die universelle Gaskonstante (8,314 J kg-1 mol-1) und T die absolute Temperatur.

Die hydrostatische Grundgleichung gibt an, um welchen Betrag   sich der Atmosphärendruck ändert, wenn sich die Höhe um einen kleinen Betrag   ändert. Wie das negative Vorzeichen zeigt, ist   negativ, wenn   positiv ist; der Druck wird mit zunehmender Höhe also geringer. So nimmt beispielsweise bei mittlerem Luftdruck auf Meereshöhe ( =1013 hPa) bei einer Temperatur von 288 K (=15 °C) der Druck auf einem Meter Höhenunterschied um 0,12 hPa beziehungsweise auf 8,3 Metern Höhenunterschied um 1 hPa ab. Der Höhenunterschied, der einem Druckunterschied von 1 hPa entspricht, ist die barometrische Höhenstufe. In größeren Höhen (kleineres  ) und bei höheren Temperaturen   verändert sich der Luftdruck langsamer, die barometrische Höhenstufe nimmt zu.


Benötigt werden in der Regel explizite Werte für Druck und Dichte auf vorgegebenen Höhen. Daraus lassen sich bei Bedarf auch die Druckunterschiede für größere Höhenunterschiede ablesen. Die gesuchte Lösung der Grundgleichung erhält man durch Trennung der Variablen

 

und anschließende Integration zwischen den gesuchten Höhen beziehungsweise den zugehörigen Drücken:

 .

Integration der linken Seite ergibt  . Zur Integration der rechten Seite muß die Höhenabhängigkeit von   und   bekannt sein. Die Schwerebeschleunigung   kann für nicht zu große Höhen als konstant angesehen werden. Die Temperatur   variiert in komplizierter und kaum vorhersagbarer Weise mit der Höhe. Es müssen daher vereinfachende Annahmen über den Temperaturverlauf   getroffen werden.

Isotherme Atmosphäre

Die in einführender Literatur und im Schulunterricht meist zitierte klassische barometrische Höhenformel gilt für den Spezialfall, dass die Temperatur   in jeder Höhe gleich, die Atmosphäre also isotherm ist.

Herleitung aus der hydrostatischen Grundgleichung

Die Integration der hydrostatischen Grundgleichung liefert bei konstantem  :

 
   
   
   

Durch Einführung der so genannten Skalenhöhe   vereinfacht sich die Höhenformel zu

   
 

Mit jeder Höhenzunahme um   nimmt der Luftdruck um den Faktor   ab. Die Skalenhöhe ist daher ein natürliches Maß für die Höhe der Atmosphäre und den Druckverlauf in ihr. Sie beträgt in der hier angenommenen Modellatmosphäre etwa 8,5 km.

Für die Dichte gilt entsprechend:

   
 


Für einen bergab wandernden Beobachter nimmt der Luftdruck ständig zu, da eine immer schwerere Luftsäule auf ihm lastet. Die Zunahme verläuft exponentiell, da die Luft kompressibel ist: für jeden Meter Höhenunterschied nimmt die Gewichtskraft der auf einer Meßfläche lastenden Luftsäule um das Gewicht des auf dieser Strecke hinzukommenden Säulenvolumens zu. Dieses Gewicht hängt aber von der Dichte der Luft und diese wiederum vom Luftdruck ab. Der Luftdruck wächst also um so schneller, je höher er bereits ist. Ändert sich eine Größe stets um einen Betrag, der der Größe selbst proportional ist, so geschieht die Änderung exponentiell.

Herleitung aus der statistischen Mechanik

In einem Teilchensystem, das sich bei der Temperatur   im thermischen Gleichgewicht befindet (das also insbesondere überall dieselbe Temperatur aufweist) und dessen Teilchen die kontinuierlich oder diskret verteilten Energieniveaus   einnehmen können, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Teilchen gerade auf dem Energieniveau   befindet, gegeben durch die Boltzmann-Verteilung

 .

Dabei ist   die Boltzmann-Konstante und   ein Normierungsfaktor (die so genannte Zustandssumme), der sicherstellt, dass die Summe über alle Wahrscheinlichkeiten gleich 1 ist. Besteht das System aus   Teilchen, so ist die Anzahl der Teilchen auf dem Energieniveau   im Mittel  .

Ein Gasteilchen der Masse   hat im Schwerefeld der Erde die potentielle Energie   und wegen seiner Temperatur im Mittel die thermische Energie  , insgesamt also die Energie  . Betrachtet man zwei gleich große Volumenelemente auf den Höhen   beziehungsweise  , so haben die Teilchen auf der Höhe   eine um den Betrag   höhere Energie. Die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen im höheren Volumenelement anzutreffen, verhält sich daher zur Wahrscheinlichkeit, es im tieferen Volumenelement anzutreffen wie

 .

Für eine hinreichend große Anzahl   von Teilchen verhalten sich die Teilchendichten   wie die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten

 ,

und wegen des idealen Gasgesetzes folgt für den Druck   dasselbe Verhältnis

 ,

wobei man die molare Masse   und die Gaskonstante   erhält, indem man die Teilchenmasse   beziehungsweise die Boltzmann-Konstante   mit der Avogadro-Zahl multipliziert.

Atmosphäre mit linearem Temperaturverlauf

Herleitung

Im Allgemeinen ist die Temperatur nicht konstant, sondern variiert mit der Höhe. Der einfachste Ansatz zur Berücksichtigung einer solchen Veränderlichkeit geht von einer linearen Abnahme mit der Höhe aus. Für die Temperatur   gilt also

 ,

wobei   der (positiv zu nehmende) Betrag des vertikalen Temperaturgradienten ist, der angibt, um wieviele Kelvin die Lufttemperatur pro Meter Höhenunterschied abnimmt. Das Integral über die rechte Seite der Grundgleichung lautet damit

 .

Wegen

 

ist die Lösung des Integrals

 ,

so dass insgesamt aus dem Integral über die Grundgleichung

 

die barometrische Höhenformel für linearen Temperaturverlauf folgt:

 ,

oder wegen  :

   
 

Für die Dichte gilt entsprechend

   
 

Der Exponent ist hier um 1 vermindert, weil der Zusammenhang zwischen Dichte und Druck temperaturabhängig ist.

Diese erweiterte barometrische Höhenformel bildet die Grundlage für die barometrische Höhenfunktion der Standardatmosphäre in der Luftfahrt. Dabei wird zunächst die Atmosphäre in Teilschichten mit jeweils linear interpoliertem Temperaturverlauf unterteilt. Dann werden, mit der untersten Schicht beginnend, Temperatur und Druck an der Obergrenze der jeweiligen Teilschicht berechnet und für die Untergrenze der darüber liegenden Schicht eingesetzt. Auf diese Weise entsteht induktiv das Modell für die gesamte Atmosphäre.

Wie Messungen der Temperaturprofile in der Atmosphäre zeigen, ist die Annahme einer linearen Temperaturabnahme im Mittel eine gute Näherung, wenn auch im Einzelfall deutliche Abweichungen auftreten können, zum Beispiel bei Inversionswetterlagen. Die Hauptursache für die Temperaturabnahme mit der Höhe ist die Erwärmung der unteren Luftschichten durch die von der Sonne aufgeheizte Erdoberfläche, während die oberen Luftschichten Wärme in den Weltraum abstrahlen. Dazu kommen trockenadiabatische oder feuchtadiabatische Temperaturänderungen einzelner aufsteigender oder absinkender Luftpakete und zusätzliche Modifikationen durch Vermischungsvorgänge zwischen Luftmassen unterschiedlicher Herkunft. In Warmluftmassen und bei Aufgleitvorgängen nimmt der Temperaturgradient Werte um 0,3 bis 0,5 K pro 100 m an, in einbrechender Kaltluft meist um 0,6 bis 0,8 K pro 100 m, im Mittel über alle Wetterlagen 0,65 K pro 100 m. In Tallagen können häufige Bodeninversionen den mittleren Temperaturgradienten auf 0,5 K pro 100 m senken, in den Wintermonaten sogar auf 0,4 K pro 100 m.

Die beschriebenen Verhältnisse sind auf die Troposphäre beschränkt. In der Stratosphäre nimmt die Temperatur deutlich langsamer ab, meist nimmt sie sogar wieder zu, vor allem wegen der Absorption von UV-Strahlung in der Ozonschicht.

Für einen Temperaturgradienten von 0,65 K pro 100 m nimmt der Exponent   den Wert 5,255 an:

 

In dieser Form bietet sich die Höhenformel für den häufigen Fall an, dass Temperatur und Luftdruck auf einer der beiden Höhen bekannt sind, nicht aber der zur Zeit bestehende Temperaturgradient.

Internationale Höhenformel

Setzt man die Referenzhöhe   auf Meereshöhe und nimmt für die dortige Atmosphäre einen mittleren Zustand an, wie er durch die Internationale Standardatmosphäre beschrieben wird (Temperatur 15 °C = 288,15 K, Luftdruck 1013,25 hPa, Temperaturgradient 0,65 K pro 100 m), so erhält man die Internationale Höhenformel für die Troposphäre (gültig bis 11 km Höhe):

 

Diese Formel erlaubt die Berechung des Luftdrucks auf einer gegebenen Höhe, ohne dass Temperatur und Temperaturgradient bekannt sind. Die Genauigkeit im konkreten Anwendungsfall ist allerdings begrenzt, da der Berechnung statt des aktuellen Atmosphärenzustands eine mittlere Atmosphäre zugrunde gelegt wird.

Mit der Internationalen Höhenformel ergibt sich folgende Tabelle für die Höhen- und Temperaturabhängigkeit der barometrischen Höhenstufe:

  Barometrische Höhenstufe [m/hPa]
h -15 °C 0 °C 15 °C 30 °C
0 m 7,5 7,9 8,3 8,8
500 m 7,9 8,3 8,7 9,2
1000 m 8,3 8,7 9,2 9,6
2000 m 9,3 9,7 10,1 10,6
3000 m 10,4 10,8 11,2 11,6

Allgemeiner Fall

Die Lösung der hydrostatischen Grundgleichung lautet allgemein

 ,

beziehungsweise

 

mit noch zu lösendem Integral.

Virtuelle Temperatur

Die Gaskonstante   ist eine Naturkonstante und kann vor das Integral gezogen werden. Die mittlere molare Masse der Atmosphärengase   ist, sofern vom stark variablen Wasserdampfgehalt abgesehen wird, innerhalb der Troposphäre ebenfalls praktisch konstant und kann auch vor das Integral gezogen werden. Die unterschiedlichen Skalenhöhen der verschieden schweren Atmosphärengase würden in einer ruhenden Atmosphäre zwar zu einer teilweisen Entmischung führen, so dass sich schwerere Komponenten in den unteren Schichten und leichtere Komponenten in den höheren Schichten anreichern würden; die durch das Wettergeschehen bedingte intensive Durchmischung der Troposphäre verhindert dies jedoch. Der veränderliche Wasserdampfgehalt sowie verallgemeinert auch sonstige gerinfügige Änderungen von M (vor allem in den höheren Atmosphärenschichten) kann durch Verwendung der entsprechenden virtuellen Temperatur   anstelle der tatsächlichen Temperatur   berücksichtigt werden. Für M kann daher der Wert für trockene Luft in Meereshöhe eingesetzt werden.

Geopotentielle Höhen

Die Schwerebeschleunigung   nimmt mit der Höhe ab, was bei großen Höhendifferenzen oder hohen Genauigkeitsanforderungen berücksichtigt werden muss. Eine variable Schwerebeschleunigung im Integranden würde die Integration allerdings erheblich erschweren. Dies lässt sich umgehen durch Verwendung geopotentieller statt geometrischer Höhen. Man denke sich dazu eine Testmasse   bei variablem   von Meereshöhe auf die Höhe   gehoben. Weil   mit der Höhe abnimmt, ist die dabei gewonnene potentielle Energie   kleiner als wenn   stets den Meereshöhenwert   hätte. Die geopotentielle Höhe   ist die Höhe, gemessen in geopotentiellen Metern, die rechnerisch zu überwinden ist, um der Masse bei stets konstanter Schwerebeschleunigung   dieselbe potentielle Energie   zuzuführen (mit anderen Worten:   ist das durch   dividierte Schwerepotential. Flächen gleicher geopotentieller Höhe sind Äquipotentialflächen im Schwerefeld).

Für die zu einer geometrischen Höhe   gehörige geopotentielle Höhe   soll also gelten:

 ,

woraus folgt:

 .

Für das Verhältnis der Schwerebeschleunigung   in der Höhe   zur Schwerebeschleunigung   auf Meereshöhe gilt, da das Gravitationsfeld quadratisch mit dem Abstand zum Erdmittelpunkt abnimmt:

 ,

mit dem Erdradius  . Integration von

 

liefert

 
 .

  ist dabei auf den Wert 6356 km zu setzen. Gegebenenfalls muß außerdem noch berücksichtigt werden, dass die Schwerebeschleunigung auf Meereshöhe   von der geographischen Breite abhängt.

Auf diese Weise müssen nur einmal vor der Rechnung die gewünschten geometrischen Höhen in geopotentielle Höhen umgerechnet werden; in der Höhenformel kann dann statt der veränderlichen Schwerebeschleunigung einfach der konstante Meereshöhenwert verwendet werden. Für nicht zu große Höhen ist der Unterschied zwischen geometrischen und geopotentiellen Höhen gering und oft vernachlässigbar:

geometrisch geopotentiell
0 m 0,0 m
500 m 500,0 m
1000 m 999,8 m
5000 m 4996,1 m
10000 m 9984,3 m

Mit der Schwerebeschleunigung auf Meereshöhe  , den geopotentiellen Höhen   und   und der virtuellen Temperatur   vereinfacht sich die allgemeine Höhenformel zu

 .

Es bleibt das Integral über   zu lösen, wozu nur noch das Temperaturprofil   bekannt sein muss. Es kann in der realen Atmosphäre zum Beispiel durch Radiosonden-Aufstiege bestimmt werden. Für vereinfachte Modellatmosphären mit konstanter oder linear veränderlicher Temperatur ergeben sich wieder Höhenformeln des eingangs behandelten Typs.

Anwendungen

Reduktion auf Meereshöhe

...

Barometrische Höhenmessung

Luftfahrt

...

Wandern

...

Vermessung

...

Siehe auch

Barometrische Höhenmessung - Standardatmosphäre - Kinetische Gastheorie - Luft - Hochdruckgebiet - Tiefdruckgebiet - Wind - Formelsammlung Hydrostatik