Helmuth Schepp (* 7. März 1894 in Neuhaus (Oste)[1]; † 16. September 1982 in Aachen) war ein deutscher Bildhauer und Hochschullehrer.
Leben und Wirken
Der Sohn des Siegener Landrates Ernst Rudolf Schepp wurde in Neuhaus geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters verbrachte er mit seinen vier Geschwistern seine Jugend in Freiburg im großelterlichen Haus. Sein Großvater Professor August Weismann war Zoologe und Pianist. Nach seinem humanistischen Abitur 1913, studierte er Elektrotechnik an der Darmstädter TH. In den Jahren 1913 und 1914 war er in einem technischen Betrieb als Werkstudent tätig. 1914 bis 1918 erfolgte sein Kriegseinsatz, bei dem er in verdun durch einen Knieschuß verwundet wurde. Er befreundete sich mi dem Kunsthistoriker Dr. Helmut Lütgens (*1893). In dem Freiburger und Basler Orchester betätigte er sich musikalischneben seinem Technikstudium in dne Jahren 1918 bis 1921. In Maschinenbau und Elektrotechnik legte er 1921 an der Darmstädter TH sein Vorexamen ab. An der Münchener TH studierte er von 1921 bis 1923 Technische Physik und Kunst bei Th. Georgi. Im Jahre 1923 entschied er sich schließlich noch für eine Ausbildung zum Bildhauer, welche er bei den Atelier-Betreibern des 1921 verstorbenen Bildhauers Adolf von Hildebrand weiter vertiefte und ausprägte. Von 1923 bis 1928 führte er in Berlin sein eigenes Atelier und befreundete sich mit jüdisch Intellektuellen wie Dr. Szilasi. 1928 zog Schepp nach Aachen und baute sich sein eigenes Atelier auf. Schepp wurde Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft.
1933 wurde ihm von der Technische Hochschule Aachen eine Lehrstuhlvertretung im Fach Plastik angeboten. 1933 erfolgte in Rom ein Studienaufenthalt. Zugleich trat er offensichtlich aus Karrieregründen in die Sturmabteilung (SA) ein, woraufhin er zwei Jahre später einen offiziellen Lehrauftrag der TH erhielt, welchen er auch über die Zeit des Zweiten Weltkrieges beibehielt. Von 1933 bis 1938 nahm er an den Jahresausstellungen der achener Künstler teil. Vom 1. Dezember 1934 bis 1950 wurde er zum Lehrbeauftragten für Plastik (Modellieren) und leitete die Plastik Sammlungen und Werkstätten der TH. 1935 heiratet Schepp Margarethe C. Kötscher. Die Tochter Astrid wurde 1936, der Sohn Johannes 1938 geboren. Seine Wohnung und sein Atelier in Aachen und Roetgen wurden ausgebombt. Die Parteimitgliedschaft und Tätigkeit als Kunstgutachter (u.a. sollte er die Kreuze auf dem Bonner Friedhof entfernen) lehnte er ab. Als Anthroposoph wurde er politisch verfoglt. Zunächst flüchtete er nach Tirol, nach 1945 verhinderte eine erneute Flucht die österreichische Internierung. Schepp kehrte nach Aachen zurück und reorganisierte den Lehrstuhl Am 28. September 1946 wurde er in der Liste der politisch verfolgten Professoren und Dozenten der TH Aachen aufgelistet.
Nachdem die TH kriegsbedingt bereits zu fast 70 % zerstört worden war, erfolgte am 11. September 1944 auf Anordnung des Kreisleiters Rudolf Schmeer, des Reichsverteidigungskommissars Josef Grohé und des amtierenden Rektors Hans Ehrenberg die endgültige Evakuierung nach Dillenburg, der sich auch Schepp anschloss. Damit entging er den Nachstellungen Ehrenbergs, der mehrere Universitätskollegen, welche sich diesen Anordnungen widersetzt hatten und lieber ins benachbarte Belgien auswichen, um in die Hände der heranrückenden Alliierten zu gelangen, noch vor ihrer Flucht verhaften ließ.
Bei den späteren Aufarbeitungen über die Mitwirkung von Hochschulangehörigen während des Nationalsozialismus hinterließ Schepp lediglich das Bild eines Hochschullehrers, der sich zum einen nicht sonderlich um Politik kümmerte, zum anderen es aber auch verstand, sich nach allen Seiten abzusichern.
Nach dem Krieg war Schepp ab 1949 als außerordentlicher Professor für das Fachgebiet Plastik und Modellieren maßgeblich am Wiederaufbau der TH beteiligt, im Besonderen der künstlerischen Fächer in der Architekturabteilung. Hier wirkte er bis zu seiner Emeritierung und war darüber hinaus auch als freischaffender Künstler tätig. Sein Sohn Johannes Schepp (* 1938 in Aachen), Meisterschüler bei Bruno Goller, ist in Borgholzhausen ebenfalls als Bildhauer und Maler tätig. Vater und Sohn Schepp traten im Jahre 1965 auf einer gemeinsamen Ausstellung im Suermondt-Ludwig-Museum auf[2]. 1947 gehörte Helmuth Schepp zu den Mitgründern des Aachener Künstlerbundes. 1948 führte ihn eine erneute Studienreise nach Rom. 1949 wurde die Tochter Lilli Angelika geboren, die Familie zog zu ihm nach Aachen. Schepp gründete mit C. Schneiders und A. Wendling die Aachener Sezession. 1951 erfolgte seine Teilnahme mit Ewald Mataré, Wendling, Schwippert und Mennicken an dem 4. Internationalen Sommerferienkurs Kunst und Technik an der RWTH und Schepp bezog sein Haus am Muffeter Weg, in dem er sich 1960 sein Atelier einrichtete. Mit Mataré u.a. war er als Jurymitglied bei Bildhauer Wettbewerben tätig. 1960 und 1961 nimmt er an den Tagungen der Kunstprofessoren in München und Berlin teil. Von 1933 bis 1992 waren seine Werke in sechs Einzelausstellungen und 14 Gruppenausstellungen zu besichtigen. In den Jahren 1952 bis 1960 unternahm er zahlreiche Studienreisen nach England, Frankreich, Italien, Österreich, Schweiz, durch Deutschland und in Begleitung von Professor R. Steinbach von der TH-Aachen nach Griechenland, Ägypten und in die Türkei. 1952 gründete Schepp das Aachener Hochschulorchester und war als akademischer Leiter, Cellist, Bratschist und erster Konzertmeister aktiv. Helmut Schepp wurde Dienstag, den 21. September 1982 auf dem Aachener Westfriedhof II beigesetzt.
Stil
Helmut Schepps figurale Werke demonstrieren seine Auseinandersetzung mit dem Problem Raum - Volumen. Adam C. Oellers berichtet, dass Schepp Adolf von Hildebrands Werke und „seine große Idee der Strukturierung der Gestalt und ihrer Wahrnehmung genau studiert (hat). Auch er weiß um die Reliefhaftigkeit, den klaren schichtenförmigen Aufbau der verschiedenen Ansichten einer Skulptur, welcher ihr Gesamtvolumen im Raum erst durch die gedankliche Zusammenführung im Betrachter sich entwickeln lässt. Hildebrandts Begriff der Architektur einer Plastik wird Schepps Lebenswerk, das sich zunehmend auch der Kunst am Bau zuwandte, schon früh eine Basis gegeben haben.“[3]
Seit 1924 setzen sich seine Berliner Werke frei mit der Form auseinander. Die Basis bildet das tradierte klassische Menschenbild. Er reduzierte die Körperform zu blockhaft abstrahierten geometrischen Darstellungen. „Der Einfluß der klassischen Berliner Bildhauerschule hinterläßt ebenso seine Spuren: Die Figuren gewinnen an innerem Volumen, Körperhaltung und Gestik werden ausgreifender, die Oberflächen beginnen bewegter zu werden und sich dem Spiel von Licht und Schatten zu unterwerfen (z.B. im Porträt Lili Szilasi).“[4] Seine Frühwerke fallen dem Krieg zum Opfer. Ab 1928 in Aachen dominiert in seinen Werke der klassische Kontrapost und die Wiedergabe von Emotionen in Form der Kopfhaltung und der kraftvoll modelliert bewegten Oberflächengestaltung. Das Menschenbild seiner Werke veranschaulicht das eigene Leibesbild in Bezug auf den Künstler und den Betrachter. „Und damit ist auch verständlich, daß sich diese Leiberfahrung zwischen Anziehung und Verletzlichkeit niemals in den Dienst der Nazikunst stellen konnte, welche den menschlichen Körper nur als ein Ausbeutungsobjekt betrachtet und benutzt hatte.“[5]
Seine Arbeiten der 30er Jahre und der Nachkriegszeit veranschaulichen seine Bemühungen, die innere Dynamik in äußerer Formgebung zu gestalten. Ähnlich wie in der Malerei die Künstler den Pinselduktus sichtbar lassen, zeigt Schepp die Bearbeitungspuren mit dem Meißel. Neben diesem stilisierten Werkprozess finden sich polierte Kunstwerke. In sich ruhende geschlossene Figuren und Reliefs erblickt man neben raumgreifenden Darstellungen.
Nach 1955 tritt eine Veränderung in seinen Denkmal-Werken ein. Die Figur des Einzeldenkmals arbeitete er vollplastisch heraus. Seine Kunstwerke am Bau beanspruchten dagegen eine Flächenhaftigkeit, Linienhaftigkeit und Stilisierung der Ornamente. Die zeitgenössische Architektur inspirierte den Künstler zu neuen Gestaltungsformen. Zeittypische Entwicklungen wie z.B. der Kubismus sind an seinen Werken abzulesen. Sowohl die räumlich - architektonische Auseinandersetzung als auch die inhaltlich - thematische beschäftigten Schepp. Sein schwarz polierter Phoenix versinnbildlicht den Aufstieg aus der Asche.
Zu dem Entstehungsprozess eines seiner Werke gehörten zahlreiche Ausarbeitungen in Form von Skizzen und Bozetti. Helmuth Schepp war ein analytischer Bildhauer. Zum Teil ist seinen Werken eine weiche rundliche Physiognomie eigen. Seine diversesten Materialbehandlungen sind nicht auf einen Nenner zu bringen.
Thematik
In seinen Werken befasste er sich mit Porträts, antiker Mythologie, Denkmälern für Brunnen, Kriegserinnerungen, Geschichte, Folklorismus, Allegorie, Symbolik und Goetheanismus.
Werke (Auswahl)
- Lili Szilasi, Porträt
- Skulptur Vater und Sohn, Eingangsbereich zur Aula des Heinrich-Heine-Gymnasiums Oberhausen[6]
- Mädchenplastik, Erstguss Aachen, 1930; im Besitz des Suermondt-Ludwig-Museum. Ein Nachguss steht auf dem Burtscheider Mark in Aachen-Burtscheid.
- 1921/25 Hockende, verschollen
- um 1930 Aktzeichnung
- um 1935/38 Stehender Knabe, Gips/Bronze
- 1936 Johannes und Maria, Holzskulpturen
- 1937 Kleine Schreitende, Bronze
- vor 1938 Zwei Porträtreliefs, Übach-Palenberg, ehem. Rathaus Übach, Kriegsverlust (?)
- 1946 Mutter und Kind, Bronzerelief
- 1948 Bildnis Frau K., Stein
- 1948 Teilnahme an dem Wettbewerb Neugestaltung des Elisenbrunnens
- 1948 Teilnahme an dem Wettbewerb Heine-Denkmal in Düsseldorf
- 1948/49 Stehender weiblicher Akt, Gips, zerst.
- vor 1949 Kriegerehrung, Mainz-Amöneburg
- 1949 Supraporte Relief, Deutsche Edelstahlwerke in Krefeld
- 1949 Weiblicher Akt, Gartenfigur, Stein
- 1950 Ehrenmal. Schleiden-Gemündener Soldatenfriedhof
- 1950 Ehrenmal für die Gefallenen, Grabpaltte Blaustein, Wassenberger Soldatenfriedhof, entfernt
- 1951 Hochkreuz, Kall-Steinfeld, Soldatenfriedhof Kloster Steinfeld
- 1951 Zwei Tänzerinnen, Steingussreliefs, Eingang Mittelloge, I. Rang im Stadttheater Aachen
- 1951 Sandalenbinderin, Muschelkalkrelief, Karlsgraben 31 (Schuhgeschäft), Aachen
- 1951 Grabplatte, Blaustein, Inden-Pier, Friedhof, ehrenmal für die Gefallenen
- 1952 Die vier Eemente
- 1952 Aufsteigender Christus, Holzrelief
- 1953 Bockreiter Brunnen-Denkmal, Herzogenrath, Ferdinand Schmetz Platz
- 1953 Kriegergedenkstein mit Michaelrelief, Alsdorf-Begau
- 1953 Weiblicher Porträtkopf, tongebrannt
- 1953 Tympanon mit dem Landeswappen NRW, Landesbehördenhaus (ehem. Regierungsgebäude), Theaterplatz 14, Aachen
- 1954 Ehrenmal für die Gefallenen, Friedhof Aldenhoven-Freialdenhoven
- 1954/55 (?) Hochkreuz, Jülich, Kriegsgräberanlage
- 1955 Schafe, Relief, Boxgraben, Textilingenieurschule (heute TH, Deutsches Wollforschungsinstitut)
- 1955 Helios, Wagenlenker am Klever Gymnasium, Ziegelstein Entwurf in Bronze
- n.1955 Heinrich Heine Denkmal
- n.1955 Brunnenfigur, Bielefeld
- 1956 Lehrer - Schüler Plastik, Essen
- 1956/62 Liegende, Brunnenfigur Bielefeld, Hallenschwimmbad am Kesselbrink
- 1957 Bärenbrunenn, Emmerich, Gymnasium
- 1957 Kreislauf des Lebens oder Wasserträgerinnen, Messing-Bandrelief, Sparkasse Aachen (ehem. Kreissparkasse)
- 1958 Pallas Athene und der Falkenist, Stahlbandrelief am Schleidener Gymnasium
- 1959 Rossebändiger, Wettbewerbsentwurf für das Einhard Denkmal der TH-Aachen vor dem Hörsaalgebäude in der Wüllner Straße
- 1959/60 Die Dreigliederung, polychromes (Blau, Rot u. Weiß) Natursteinrelief aus Sandstein mit der Darstellung von vier Figuren (eine Lesende, eine Mutter mit Kind und ein Ausschau haltender Mann), Peterstraße in Aachen (ehem.Stadtbibliothek) soll Rudolf Steiners These vom Menschen als Wesen aus Körper - Seele und Geist zu Grunde liegen.[7]
- um 1960 Mädchen sitzende, Bronze
- 1960 Daphne, Gips
- 1960 Daphne, Entwurfzeichnungen
- Rossebändiger, Gipsmodell
- Mensch und Engel in Ton gebrannt
- Rosselenker, Wettbewerbsentwurf
- 1961-1964 Fliegende Schwäne/Nils Holgersson, Duisburg-Buchholz, Volksschule, Sittardsberger-Allee
RWTH:
- 1951/52 4 Reliefsäulen, Gießerei Institut
- 1952/53 Bandrelief, Portal des Gießerei Instituts
- 1953/54 Geschichte der Chemie/Versuch einer neuen Technik, fünf Backsteinreliefs, Chemische Institut
- 1962/63 Phoenix, Schinkelstraße vor dem Reiff-Museum
Literatur und Quellen
- Adam C. Oellers: Helmuth Schepp – ein „klassischer Bildhauer“, in: Margarethe Schepp, Der Bildhauer Helmuth Schepp, Heidenheim 2002, S.9ff.
- Adam C. Oellers: Helmuth Schepp. 1894 – 1982. Plastik. Zeichnungen. Eine Ausstellung in der Sparkasse Aachen Zentrale Friedrich-Wilhelm-Platz 19. April – 6. Mai 1994. Stercken, Aachen 1994. Mit Literatur Auswahl. (Oellers).
- Ulrich Kalkmann: Die Technische Hochschule Aachen im Dritten Reich (1933–1945). Verlag Mainz, Aachen 2003, ISBN 3-86130-181-4, (Aachener Studien zu Technik und Gesellschaft 4), (Zugleich: Aachen, Techn. Hochsch., Diss., 2003), S. 375–377 und andere [1]
- Helmuth Schepp: Lehrstuhl für Plastik und Bildhaueratelier. in: Aachen. Die Rheinisch Westfälische Technische Hochschule. Hrsg. von Anton Kurze. Stuttgart: Kurz 1961 (=Monographien des Bauwesens, Folge 22.)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Geburtsort laut Quelle Ulrich Kalkmann
- ↑ Kurzbiografie Johannes Schepp
- ↑ Oellers, S.6.
- ↑ Oellers, S.6.
- ↑ Oellers, S.7.
- ↑ Skulptur Vater und Sohn in Oberhausen
- ↑ Oellers, S.9.
Personendaten | |
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NAME | Schepp, Helmuth |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Bildhauer und Hochschullehrer |
GEBURTSDATUM | 7. März 1894 |
GEBURTSORT | Neuhaus (Oste) |
STERBEDATUM | 16. September 1982 |
STERBEORT | Aachen |