Der große fermatsche Satz wurde von Pierre de Fermat formuliert und besagt, dass die Gleichung
für ganzzahlige a, b, c ungleich 0 und natürliche Zahlen n größer als 2 keine Lösung besitzt.
Bezeichnungen
- der große Fermatsche Satz
- der große fermatsche Satz
- die fermatsche Vermutung
- Fermat's Last Theorem
- Fermats letztes Theorem
- Fermats letzter Satz
- höhere Abwandlungen des Satzes von Pythagoras
Ursprung
Im Jahr 1637 schrieb Fermat bei der Lektüre der ARITHMETICA von Diophantos neben den Satz des Pythagoras folgende Zeilen als Randbemerkung in seine Ausgabe dieses Buches:
- "Cubum autem in duos cubos, aut quadratoquadratum in duos quadratoquadratos, et generaliter nullam in infinitum ultra quadratum potestatem in duos eiusdem nominis fas est dividere. Cuius rei demonstrationem mirabilem sane detexi. Hanc marginis exiguitas non caperet."
Zu deutsch:
- "Es ist unmöglich, einen Kubus in zwei Kuben zu zerlegen, oder ein Biquadrat in zwei Biquadrate, oder allgemein irgendeine Potenz größer als die zweite in Potenzen gleichen Grades. Ich habe hierfür einen wahrhaft wunderbaren Beweis gefunden, doch ist der Rand hier zu schmal, um ihn zu fassen"
Verbreitung
Nach dem Tode Fermats drohte sein geistiges Erbe verloren zu gehen, da er ein recht unangenehmer Korrespondenzpartner für seine Mathematikerkollegen gewesen war und auch nie Kontakte zur Pariser Mathematikerschule gepflegt hatte. Sein ältester Sohn Clément-Samuel verbrachte fünf Jahre auf die Entzifferung der Notizen und veröffentlichte anschließend eine eigene Ausgabe der Arithmetica, in der auch achtundvierzig der Bemerkungen seines Vaters angeführt waren. Die zweite dieser Randnotizen wurde dann in weiterer Folge als Fermats letzter Satz bekannt. Die Notizen beinhalteten zwar eine Reihe von fundamentalen mathematischen Sätzen, aber Beweise dazu oder auch nur einfache Erklärungen, wie Fermat zu diesen Resultaten gekommen war, fehlten völlig. Es war nun den nachfolgenden Mathematikern überlassen, diese aufzustellen.
Unsicherheit
In diesem Kontext entwickelte sich speziell der große fermatsche Satz in den folgenden Jahrhunderten zu einem Albtraum für viele Mathematiker - niemand konnte ihn beweisen oder widerlegen. Weil aber gerade Fermat selbst die Ansicht vertreten hatte, dass er einen wunderbaren Beweis gefunden habe, versuchten sich Generationen von Mathematikern - und unter diesen auch die bedeutendsten ihrer Zeit - an der Findung des Beweises. Ebenso sollten sich auch die anderen Bemerkungen Fermats als schwierige, jahrelange Arbeit für seine Mathematikerkollegen erweisen. Die einzelnen Beweisführungen an sich hatten - sozusagen als Nebenprodukte - eine Vielzahl von fundamentalen Entdeckungen zur Folge.
Beweise des Satzes
n=3 und n=4
Für spezielle Fälle des großen fermatschen Satzes konnten Beweise erbracht werden. Leonhard Euler entdeckte in der fermatschen Version der Arithmetica einen gut versteckten Beweis für den Fall n=4 und konnte so 1753 (mit Hilfe der imaginären Zahlen) erstmals die Behauptung für den Fall n=3 bestätigen. Damit gelang es die fermatsche Vermutung auch auf alle Potenzen n, die ein Vielfaches von 3 oder 4 (also 6,9,12,... und 8,12,16,... ) ausmachen, zu erweitern. Euler schaffte es aber nicht, seine Beweismethode auf noch weitere Einzelfälle auszudehnen.
Primzahlen reichen aus
Die Mathematiker dieser Zeit erkannten nun, dass es wichtig war den fermatschen Satz für alle Primzahlen zu beweisen - aus ihnen lassen sich durch Multiplikation auch alle anderen natürlichen Zahlen erzeugen. Trotzdem hatte man es immer noch mit einer unendlichen Zahlenmenge zu tun und damit auch mit unendlich vielen zu beweisenden Fällen.
n=5 und alle Sophie-Germain-Primzahlen
Im Jahre 1825 konnten Peter Gustav Lejeune-Dirichlet und Adrien-Marie Legendre den Satz für n=5 erweitern, indem sie sich auf die Vorarbeit von Sophie Germain stützten. Germain selbst bewies, dass die fermatsche Vermutung für alle Sophie-Germain-Primzahlen zutreffend ist.
n=7
1839 zeigte Gabriel Lamé, dass auch der Fall n=7 Gültigkeit besitzt. Ebenso wie Augustin Louis Cauchy war Lamé noch im März 1847 überzeugt, den vollständigen Beweis für die fermatsche Vermutung innerhalb von Wochen der französischen Akademie der Wissenschaften vorlegen zu können.
alle regulären Primzahlen
Diese Hoffnung wurde aber von Ernst Eduard Kummer zunichte gemacht, der einen grundlegenden Denkfehler beider Mathematiker entdeckte. Er konnte außerdem zeigen, dass sich die verwendete Beweisführung (durch Einsatz der Komplexen Zahlen zusammen mit der Primfaktorenzerlegung) mit den damaligen Theorien nicht umsetzen ließ.
Kummer konnte den großen Fermatschen Satz 1846 für reguläre Primzahlen beweisen.
Nun widersetzte sich die fermatsche Behauptung bereits über zwei Jahrhunderte allen Lösungsversuchen.
neuer Ansporn
Auf eine seltsame Weise ist das Schicksal des Darmstädter Industriellen Paul Friedrich Wolfskehl mit dem fermatschen Satz verbunden. Als seine Liebe zu einer Frau von dieser nicht erwidert wurde, fasste er den Beschluss sich selbst zu töten. Er setzte den Zeitpunkt seines Freitodes genau auf Mitternacht fest und wollte sich bis dorthin die Zeit vertreiben. Aus Zufall stolperte er über eine Arbeit über die fermatsche Behauptung und war von dieser derart gefesselt, dass er über ihr die Zeit vergaß. Wolfskehl überlebte aus diesen Grund diese Nacht, ließ von seinen Selbstmordgedanken ab und änderte aus Dank sein Testament. Als er dann 1908 tatsächlich starb, hatte er darin festgelegt, dass er 100.000 Goldmark für denjenigen aussetzte, der zuerst einen vollständigen Beweis in einer Fachzeitschrift veröffentlichen würde. Der Einsendeschluss für dieses Unterfangen sollte der 23. September 2007 sein. Durch die Hyperinflation im Ersten Weltkrieg wurde der Geldpreis aber stark entwertet.
Fermats Beweis nur für den Spezialfall?
Heute wird angenommen, dass Fermat einen Beweis für einen Spezialfall (n = 4) gefunden hatte, von dem er glaubte, ihn verallgemeinern zu können. Die von Wiles benutzten Theorien waren vor über dreihundert Jahren einfach noch nicht entwickelt. Deshalb ist es heute unter Zahlentheoretikern strittig, ob es nicht doch einen elementareren Beweis gibt, den Fermat eventuell entdeckt haben könnte.
Der Beweis
1994 gelang es dem britischen Mathematiker Andrew Wiles zusammen mit seinem Schüler Richard Taylor, den großen fermatschen Satz zu beweisen Vorlage:Lit. Der eigentliche Beweis besteht aus zwei Teilen:
- Sind mit ein Gegenbeispiel für den fermatschen Satz, so ist die elliptische Kurve
- Alle elliptischen Kurven sind modular. Diese so genannte Taniyama-Shimura-Vermutung (nach Taniyama und Shimura, manchmal auch nach A. Weil benannt) wurde für eine große Klasse von elliptischen Kurven, die die Frey-Kurve umfasst, 1994 von A. Wiles und R. Taylor bewiesen.
Im 98-seitigen Beweis (ohne Appendix und Literaturverzeichnis) Vorlage:Lit nutzt Wiles letztlich nahezu jedes Gebiet, das die heutige Zahlentheorie bietet. Aufgrund der langen Geschichte des Beweises und auch weil Wiles völlig neue Zusammenhänge in der Zahlentheorie und zwischen Teilgebieten der Mathematik erschloss, gilt seine Arbeit unter Mathematikern als eine der bedeutendsten des letzten Jahrhunderts.
Siehe auch
Literatur
Originalarbeiten
- Andrew Wiles: Modular Elliptic Curves and Fermat's last theorem. Annals of Mathematics 141 (1995), 443–551
- Richard Taylor, Andrew Wiles: Ring-theoretic properties of certain Hecke algebras. Annals of Mathematics 141 (1995), 553–572.
- Kenneth A. Ribet: On modular representations of arising from modular forms. Inventiones Mathematicae 100 (1990), 431–476
- G. Frey: Links between stable elliptic curves and certain diophantine equations. Annales Universitatis Saraviensis. Series Mathematicae. 1 (1986), 1–40
Übersichtsartikel und Historisches
- Simon Singh: Fermats letzter Satz – Die abenteuerliche Geschichte eines mathematischen Rätsels. ISBN 342333052X
- Auslobung des Preises von Paul Wolfskehl, Geschäftliche Mitteilungen der Gesellschaft der Wissenschaften Göttingen 1, 1908.
- Simon Singh und Kenneth Ribet: Die Lösung des Fermatschen Rätsels, Spektrum der Wissenschaft 1/98, Seite 96ff. ISSN 0170-2971
- Kenneth A. Ribet: Galois Representations and Modular Forms, Bulletin of the AMS, 32 (4/1995), 375–402
- Gerd Faltings: The Proof of Fermat's last theorem by R. Taylor and A. Wiles, Notices of the AMS 42 (7/1995), 743–746.
- Peter Roquettem, Zum Fermat-Problem. Vortrag am Mathematischen Institut der Universität Heidelberg, 24. Januar 1998.