Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz

nuklearer Forschungsreaktor in Garching, Bayern, Deutschland
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Der Forschungsreaktor München II (FRM-II, offiziell "Forschungsneutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz") in Garching bei München ist der leistungsstärkste deutsche Forschungsreaktor. Betreiber ist die Technische Universität München (TUM).

Baulichkeiten

Der Reaktor liegt auf dem Campus der TUM in unmittelbarer Nähe seines Vorgängers, des ersten deutschen Forschungsreaktors FRM-I (in Betrieb 1957-2000). Der unter Denkmalschutz stehende markante Kuppelbau des FRM-I, bekannt geworden als Garchinger Atomei, soll eventuell nach Ausbau der nuklearen Anlage als zusätzliche Experimentierhalle für den FRM-II genutzt werden.

 
Das Atomei (FRM-I) mit dem FRM-II im Hintergrund

Baulich besteht der FRM-II aus der Reaktorhalle, einer Neutronenleiterhalle und Nebengebäuden mit Büros, Werkstätten und Labors. In zwei Himmelsrichtungen steht die Reaktorhalle noch frei und können in Zukunft Neutronenleiter in weitere Experimentierhallen herausgeführt werden. Die Reaktorhalle enthält den eigentlichen Kernreaktor sowie, um diesen herum, Experimentiereinrichtungen, die über Strahlrohre mit Neutronen versorgt werden.

Kerntechnik

Das Reaktorkonzept folgt Grundideen, die erstmals um 1970 am 55MW-Hochflussreaktor des Institut Laue-Langevin in Grenoble umgesetzt wurden. Innovativ ist am FRM-II vor allem die Verwendung einer dichteren Uranverbindung. Diese Verbindung war ursprünglich entwickelt worden, um existierende Forschungsreaktoren ohne unverhältnismäßige Leistungseinbußen von hoch- auf niederangereichertes Uran umzustellen. Am FRM-II ermöglicht die Kombination einer hohen chemischen Urandichte mit einer hohen nuklearen Anreicherung einen besonders kompakten Reaktorkern und dadurch ein besonders hohes Verhältnis von Neutronenfluss zu thermischer Leistung.

Nutzung

Der FRM-II ist optimiert für Neutronenstreuexperimente an Strahlrohren und Neutonenleitern. Daneben gibt es Einrichtungen für Materialbestrahlungen, medizinische Bestrahlungen und kernphysikalische Experimente.

Geschichte

Die Grundsatzentscheidung für den Neubau eines Forschungsreaktors wurde vorbereitet, als in den 1980er Jahren Pläne zum Bau einer nationalen Spallationsneutronenquelle scheiterten.

Die Entscheidung zum Bau des FRM-II wurde von verschiedenen Seiten aus verschiedenen Gründen kritisiert und gerichtlich angefochten; alle Einsprüche wurden letztinstanzlich abgewiesen. Ein von Gegnern initiierter Bürgerentscheid, mit dem eine knappe Mehrheit der Garchinger ihre Stadtverwaltung aufforderte, gegen die Inbetriebnahme des Reaktors einzutreten, hatte keine nachhaltige Wirkung. Nach Ausreizen aller gesetzlichen Prüfungsmöglichkeiten musste Bundesumweltminister Jürgen Trittin (der die Bundesaufsicht über das eigentlich für den Vollzug des Atomrechts zuständige Land Bayern ausübte) letztlich die Betriebsgenehmigung abzeichnen.

Neben unqualifizierten Sicherheitsbedenken (Austritt von Strahlung oder Kernschmelze) wurde anfänglich vor allem die besondere Gefährdung durch die Nähe (ca. 10km) zum Münchner Flughafen genannt. Um dieser Gefährdung zu begegnen, wurde die Reaktorhalle mit einer meterdicken Betondecke gebaut. Nachdem sich die Bauentscheidung gefallen war, konzentrierte sich die Kritik auf die Verwendung von hochangereichertem und damit im Prinzip atomwaffentauglichen Uran. Die derzeit gültige Betriebsgenehmigung enthält die Auflage, mittelfristig auf einen noch zu entwicklenden Brennstoff umzustellen, der durch noch höhere chemische Urandichte einen niedrigeren nuklearen Anreicherungsgrad ermöglicht.

Der Reaktor wurde von der Siemens AG gebaut und kostete über 400 Millionen Euro. Er wurde am 2.3.2004 erstmals angefahren und erreichte am 24.8.2004 die Nennleistung von 20 MW.

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