Nikola Herweg
Literaturwissenschaftlerin und Pendlerin zwischen Gießen/Deutschland und Jerusalem/Israel. Ich bin Anfang 2004 durch Mathias und Hannah zur Wikipedia gekommen und war so begeistert, dass ich gleich begonnen habe, an der Wikipedia mitzuschreiben und außerdem einen Artikel (Wikipedia wächst weltweit und minütlich) für den Gießener Anzeiger verfasst habe. In der Welt außerhalb des www liegen meine Schwerpunkte zur Zeit vor allem auf Literatur und Judentum, was sich auch in meinen Beiträgen in der weiten Welt der Wikipedia widerspiegelt. Im Moment arbeite ich an meiner Doktorarbeit zur österreichisch-jüdischen Autorin Anna Maria Jokl und würde mich freuen, wenn sich Menschen, die in irgendeiner Weise mit ihr zu tun hatten oder sich mit ihrem Werk befassen, mit mir in Verbindung setzen würden.
Wikipedianisches
Artikel, die ich verfasst, bzw. an denen ich mitgeschrieben habe:
- Ferdinand Hodler
- Anna Maria Jokl
- Editha Klipstein
- Felix Klipstein
- Pesach
- Jan Petersen
- Angelika Schrobsdorff
Artikel, die ich zu schreiben plane:
Dinge, die mich anderweitig bewegen
Israel
Israelischer Frühling (ganz sicher nicht metaphorisch gemeint)
März in Israel und ein regenreicher Winter liegt hinter uns – das heißt nicht eigentlich hinter mir, da ich ihn größtenteils in Europa verbracht habe. Die Jerusalemer Kälte ist anders als die zentraleuropäische – sie kriecht tückisch in die Knochen, und in der selben Kleidung, in der ich eben noch durch das verschneite Deutschland gestapft bin, glaube ich hier zu erfrieren. Meine Jerusalemer Wohnung bietet indes auch keinen Schutz. Wie in so vielen der alten Häuser hier gibt es auch in meinem Zimmer keine Heizung und so schön die arabische Villa auch ist, im Winter sehne ich mich nach deutscher zentralbeheizter Gemütlichkeit.
Ich bin also geflohen vor der Kälte und dem Regen, der die Straßen Jerusalems alljährlich in reißende Ströme verwandelt. Doch nun wird es wieder wärmer; vom Regen sind nur die blühenden Hügel und sattes Grün übriggeblieben und ich bin wieder zurückgezogen.
Eigentlich habe ich den Regen hier erst so richtig schätzen gelernt. Das Glücksgefühl beim Anblick von Wolken, die freudige Aufregung, wenn die ersten Regentropfen des Winters fallen – ich teile sie. Aber dann mischt sich eben doch die nasse Kälte in die Freude. Nun aber befragt man wieder sehnsüchtig jede Wolke, ob sie wohl noch einen letzten Regenguss bringt, ehe der Sommer kommt und das Land wieder in Braun- und Gelbtöne zurückfallen lässt.
Fast jedes Wochenende lasse ich mich von Eged (der Israelischen Busgesellschaft) in einen anderen Teil des Landes bringen, auf der Suche nach Lupinenfeldern, wilden Iris oder Wüstentulpen. Jede Region bringt ihre eigenen Schönheiten hervor und manchmal ist es nur ein winziger Fleck, auf den eine bestimmte Pflanze gedeiht.
So schön der satt-grüne Norden auch ist, am meisten liebe ich die Wüste. Der Winter hat die Wüste zum Blühen gebracht und so gibt es zwischen all dem Sand und Gestein immer wieder bunte Blumen zu bewundern und zu erriechen. Eine unscheinbare Kamillenpflanze entdecke ich nur dadurch, dass mir ihr Duft plötzlich und unverkennbar in die Nase steigt.
Den Geruch kann ich nicht einfangen, die Schönheit sicher auch nur ansatzweise - aber immerhin!
Ich lasse den Schabbes also Schabbes sein und den Finger nicht vom Auslöser meiner Camera.
Auf unserer Wüstenwanderung, ausgehend von Stey Boker, begegnen wir nicht nur Steinböcken und exotischen Pflanzen, etwa auf halben Wege lädt auch eine Quelle mit gut gefülltem Pool zum Verweilen ein.
Allerdings traut sich keiner meiner israelischen Freunde ins - zugegebenermaßen - eiskalte Nass. Nur ich, als abgehärtete Norddeutsche, wage den Sprung in die Fluten, um dann sogleich panisch vor Kälte an Land zu hechten.
Am Schönsten ist es ja auch eigentlich, einfach in die Weite hineinzuschauen, die Leere und Stille der Wüste zu genießen, die nur ganz, ganz selten von ein paar Kampfjets durchbrochen wird.
Jüdisches Leben
Purim
Das Problem der jüdischen Feste ist, dass man sie selten photographisch festhalten kann. Festtage werden meist wie der Shabbat gehandhabt - an ihnen ist das Entzünden von Feuer und damit auch das Anschalten jeglicher Elektrizität untersagt. Purim ist da anders.
Purim ist überhaupt ganz anders. An Purim gibt es keine Verbote, nur Gebote, und eins davon ist: Du sollst Dich betrinken (auf dass Du nicht mehr zwischen dem guten Mordechai und dem bösen Haman unterscheiden kannst). Außerdem sollst Du Dir den Magen mit möglichst viel Süßem vollstopfen und Dich verkleiden. Sollte dies Nicht-Juden irgendwie bekannt vorkommen, so liegen sie ganz richtig: Purim ist der jüdische Karneval!
Das Buch Ester, auf dem das Purim-Fest basiert, erzählt, wie die schlaue Jüdin Ester mit Hilfe ihres Cousins und Adoptivvaters Mordechai die Juden in Persien vor Verfolgung und gezielter staatlicher Vernichtung bewart. Grund zum Feiern also, und das tut man ausgiebig. In der Synagoge geht es hoch her und jedes Mal, wenn während der Lesung das Wort Haman fällt, füllt lautes, böses Zischen und Rasseln den Raum, jedes Mal, wenn die Namen Mordechai oder Ester auftauchen, stoßen die wild Verkleideten hingegen Begeisterungsrufe aus.
Am nächsten Tag sind die Staßen voller Menschen, voller Stände, die Süßigkeiten anbieten, voller Kinderbelustigungen usw.
Alle sind ausgelassen; manchen allerings sieht man an, dass sie das purimsche Trinkgebot durchaus ernst genommen haben.
Pessach
Nun beginnt bald Pessach und ich ziehe – perfektes Timing – in einen religiösen Haushalt, so dass mein Aufenthalt mit einem Großputz beginnt. Vorher wird noch verzweifelt versucht, alles "chametz", alles "Gesäuerte", alles was in irgend einer Weise „gehen“ könnte, also Brot, Mehl, Nudeln usw. - und in aschkenasischen Haushalten - auch Reis, Hülsenfrüchte etc., aufzubrauchen. Was übrigbleibt wird weggegeben, an die goyschen Nachbarn verkauft oder – wie bei uns – weggeschlossen. Dann beginnt der Pessachputz, die jüdische Variante des Frühjahrsputzes. Kein Stäubchen darf liegen bleiben. Das heißt Stäubchen schon, nur eben nicht das kleinste Krümelchen Brot oder dergleichen.
Israelische "Mauern"
Straßensperren 2003
Schon vor dem Bau der "Israelischen Sperranlage" war der Jerusalemer Vorort Abu Dis vom (westlichen) Rest der Stadt durch eine Mauer getrennt. Diese war jedoch nicht nur wesentlich kleiner, sie konnte auch relativ leicht (vorausgesetzt man war weder alt, noch
gebrechlich, noch mit schweren Einkaufstüten bepackt oder kleinen Kindern unterwegs, noch trug man Röcke oder Stöckelschuhe) überqueren werden. Tagtäglich kletterten Menschen von der einen auf die andere Seite.
Aufschriften und Graffitis an den Betonwänden zeugen vom Unmut über diese Situation. Unter den Schmierereien waren auch Hakenkreuze.
Die Israelische Sperranlagen|Sperranlagen 2004
Die "Mauer" - Befürworter nennen sie "antiterroristischen Schutzwall", Gegner sprechen von der "Ghetto-" oder "Apartheits-Mauer" wächst, in weiten Teilen des Landes ist sie bereits fertig gestllt. In Abu Dis werden gerade letzte Lücken geschlossen.
Als Deutsche an dieser Mauer entlangzugehen weckt in mehr als einer Hinsicht negative Erinnerungen. Mit ihrer Höhe von acht Metern lässt sie die Berliner Mauer zwar fast unspektakulär erscheinen, die Hakenkreuze zwischen den auf die Betonplatten gesprühten Botschaften, erzeugen aber ein sehr ungutes Gefühl ...