Das Gymnasium Petrinum Recklinghausen ist ein historisches Gymnasium im Zentrum Recklinghausens.
Gymnasium Petrinum Recklinghausen | |
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Schulform | Gymnasium |
Gründung | vor 1421 |
Adresse | Herzogswall 29 45657 Recklinghausen |
Land | Nordrhein-Westfalen |
Staat | Deutschland |
Koordinaten | 51° 36′ 54″ N, 7° 11′ 39″ O |
Träger | Stadt Recklinghausen |
Schüler | etwa 850 |
Lehrkräfte | 57 |
Leitung | Detlef Klee |
Website | petrinum.de |
Geschichte
Das nach dem Apostel Petrus benannte Gymnasium Petrinum ist eine der ältesten Schulen der Region. Das genaue Gründungsdatum der Schule ist nicht mehr feststellbar, da das alte Schulgebäude bei einem großen Stadtbrand 1500 vollständig abbrannte. Allerdings wurde das Petrinum schon 1421 im Archiv der Familie Westerholt erwähnt. Es wird vermutet, dass schon einige Jahre nach Recklinghausens Erlangung des Stadtrechts im Jahr 1236 eine Lateinschule entstand. Nach der Gründung des Franziskanerkloster 1642 wurde seitens der Stadt versucht, die Ordensgemeinschaft auch mit der Leitung der städtischen Lateinschule zu betrauen. Allerdings gelang es erst am 23. August 1730, die Zustimmung des Kölner Kurfürsten und Erzbischofs Clemens August von Bayern zur Gründung eines Franziskanergymnasiums zu erhalten, das durch Kollekten der Franziskaner und städtische Gelder finanziert wurde. Erst im Zuge der Säkularisation 1820 wurde die Schule wieder unter die Aufsicht der Stadt gestellt. Zuerst war das Petrinum Höhere Stadtschule, dann wurde es Königliches Gymnasium. Seitdem ist das Petrinum eine staatliche Schule, die unter anderem auch vom 1793 gegründeten Gymnasialfond getragen wird. Seit dem Jahre 1829 wird am Petrinum das Abitur angeboten. Zu den Lehrern der Schule gehörte auch Heinrich Bone (1813–1893), der das Gymnasium Petrinum von 1856 bis 1859 leitete.
Gegenwart
Heute ist das Gymnasium Petrinum eines von insgesamt fünf Gymnasien in Recklinghausen. Zurzeit besuchen etwa 850 Schülerinnen und Schüler in den Jahrgangsstufen 5 bis 13 die Schule. Ab dem Jahr 2013 wird das Abitur nach nur noch acht Jahren abgelegt. Insgesamt unterrichten 57 Lehrer (s. Kollegiumsliste auf der Schulhomepage). Das Schulgelände am ehemaligen Stadtwall besteht aus einem renovierten Altbau und einem Neubau. Daneben existieren zwei Turnhallen, ein Sportplatz, ein Schulgarten und eine historische Gymnasialkirche. Als Besonderheit gilt die Möglichkeit für die Schüler, bereits ab der fünften Klasse mit Latein anzufangen. Außerdem besteht die Möglichkeit, ab der neunten Klasse Altgriechisch zu lernen. Damit folgt das Petrinum noch heute seiner altsprachlichen Tradition.
Standort
Während seiner Geschichte hatte das Gymnasium verschiedene Standorte im Zentrum von Recklinghausen. Ursprünglich lag das Petrinum als Lateinschule in der Nähe der Peterskirche. Ab 1797 wurde in der Turmschule (heute Ikonen-Museum) unterrichtet. Nach der Säkularisation entstand 1835 ein größeres Schulgebäude in Bereich des Franziskanerklosters neben der Franziskanerkirche (jetzt Gymnasialkirche). Dieses Gebäude existierte bis zur Zerstörung im Jahr 1944. 1911 wurde am neuen Wallring der Stadt der erste Bauabschnitt eines repäsentativen Neorenaissance-Gebäudes fertiggestellt. Der ab 1915 geplante zweite Bauabschnitt am Herzogswall wurde wegen des Weltkrieges nicht begonnen und nie realisiert. Erst 1955/56 wurde ein zweiter Baukomplex errichtet, dem ein moderner Neubauteil entlang des Herzogswall 1980 folgte. 2011 wurde der Bereich aufgestockt, um neue naturwissenschaftliche Räume zu erhalten.
Altbau
Der heutige Altbau des Petrinums wurde 1911 im Baustil der Neorenaissance neben der bereits existierenden Gymnasialkirche errichtet. Er stellt die Klassenräume für die Oberstufe und das Lehrerzimmer. Zudem besitzt er eine große Aula, die für Konzerte und Theateraufführungen genutzt wird. Im Keller sind das Bistro und die Galerie Blauer Hahn untergebracht. Ein Anbau an die Gymnasialkirche, das sogenannte Seminargebäude (Hier stand nach dem 2. Weltkrieg das erste Studienseminar für die Lehrerausbildung), beherbergt seit 2011 die Mensa.
Neubau
Der Neubau wurde 1982 fertiggestellt und beherbergt neben den Klassenräumen der Unter- und Mittelstufe die naturwissenschaftlichen Unterrichtsräume (erweitert 2011). Außerdem ist eine große Sporthalle angeschlossen. Der große Tartanplatz vor dem Neubau dient in der Pause als Schulhof und im Unterricht als zusätzlicher Platz für den Sportunterricht. Altbau und Neubau sind über eine Brücke miteinander verbunden.
Historische Gymnasialkirche (vormals Franziskanerkirche)
Der Bau der Franziskanerkirche wurde auf Beschluss des 1642 neugegründeten Franziskanerklosters am 16. Juni 1658 begonnen. Das Hauptschiff wurde zwölf Jahre später fertiggestellt. Da 1686 ein im Kloster ausgebrochener Stadtbrand auch den Großteil der Kirche zerstörte, musste sie 1668 wiederaufgebaut werden. Die Konsekration nahm Weihbischof Johannes Werden de Veyder, Generalkvikar des Erzbistums Köln, anlässlich einer Firmreise im Vest Recklinghausen am 9. Mai 1706 vor. Geweiht wurdem Hauptaltar und Kirche der Hl. Maria als Immaculata Conceptio. 1716 wurde der Dachreiter mit zwei Glocken hinzugefügt. Die bis zu 30 Laienbrüder und Patres umfassende Gemeinschaft der Franziskaner des "Conventus Richlinghusanus Ordinis Sancti Francisci Fratrum Minorum" übte die Seelsorge nicht nur in den benachbarten Orten des Vestes Recklinghause und den Burgen des vestischen Adels aus, sondern auch in den mehrheitlich protestantischen Gebieten der Grafschaft Mark (z.B. Crange, Eickel). Als regelmäßiger Tagungsort der vestischen Landstände (Ritterschaft und die Städte Dorsten und Recklinghausen) besaßen Kirche und Kloster besondere Bedeutung. Der 229 Blatt umfassende Codex "Liber conventus Richlinghusani Ordinis Sancti Francisci Fratrum Minorum Strictioris Oberservantiae...", das Amtsbuch des Klosters aus den Jahren 1704 bzw. 1768 ist im Stadtarchiv Recklinghausen vorhanden.
Die Kirche wurde in der Schlichtheit einer Franziskanerkirche als 28,70 m langer und 8,60 m breiter Saalbau errichtet. Die Kreuzgewölbe liegen auf neobarocken Säulenansätzen (Doppelpilastern) auf, die 1927/28 zur Ausschmückung der Kirche ergänzt wurden. Der höher gelegene Chorraum spiegelt noch die Nutzung als Klosterkirche wider: Im Chorgestühl fanden 20 Ordensbrüder Platz; ein Chorständer trägt jetzt in der Propsteikirche St. Peter das Evangeliar. Die ebenfalls barocken Seitenaltäre zeigen Franziskus von Assisi und Antonius von Padua im einfachen Ordensgewand der "Minderbrüder", wie sich der Bettelorden selbst nannte. Franziskus trägt das Attribut ein Evangelienbuch (ursprünglich auch ein Kreuz) als Symbole der Nachfolge Jesu und einen Totenschädel zur Erinnerung an die Geschöpflichkeit und die Schöpfung überhaupt. Die Heiligenstatuen wurden durch einen der bedeutendsten westfälischen Bildhauer des 18. Jhts., Joseph Stratmann (1736-1805) aus Geseke, hergestellt. Der Hochaltar aus dem Jahre 1790 zeigt unter der Taube im Strahlenkranz, dem Symbol des schöpferischen Geistes Gottes, die Figur der Kirchenpatronin Maria. Sie wird hier als "Immaculata", d.h. als Mutter Jesu Christi dargestellt, die in die Erlösungstat Gottes eingebunden und deshalb von Geburt an frei von menschlichen Verstrickungen und Schuld war. Altäre und Gestühl (18. Jh.) der Kirche sind Werke der Franziskanerbrüder Agapitus Mertens und Alphäus Rinklage, die auch die Klosterkirchen in Hamm und Warendorf ausstatteten. Ein Triumphkreuz (18. Jh.) sowie alte Kirchernbänke und zwei Beichtstühle ergänzen die Ausstattung. Die großen Kreuzwegstationen im Nazarenerstil hängen heute in der Pfarrkirche St. Paulus; die barocke Strahlenmonstranz in der Schatzkammer der Propsteikirche St. Peter. Äußerlich wurde die Kirche 1838 klassizistisch überformt und erhielt eine neue Fassde zur Stadtserite hin. 1927/28 erfolgte der heutige, imposante Fassadenanbau zur Gr. Geldstraße hin mit der Verlegung des Eingangs von der Straße zur Seite. Der Glockenturm wurde 2003/04 nach dem historischen Vorbild neu konstruiert und verkupfert.
1802 gingen die Kirche und das Kloster in den Besitz des Herzogs von Arenberg über, der später beides der Stadt zum Geschenk machte. 1835 wurde das Kloster durch Preußen aufgelöst, und die Kirche ging in den Besitz des Gymnasium Petrinum über. Waren schon die Franziskaner mit der Leitung eines Franziskanergymnasiums (1730–1820) betraut, so wurde ihre Klosterkirche nach dem Umbau ab 1839 nun Gymnasialkirche für das benachbarte Petrinum, in der ersten Hälfte des 20. Jh. auch der hinzu kommenden Höheren Schulen.
Während der Besetzung des Ruhrgebiets durch für die französischen Besatzungstruppen 1923/24 war das Petrinum Sitz des französischen Divisionsbefehlshabers und die Gymnasialkirche wurde als Garnisionskirche genutzt; Gottesdienste wurden auf Französisch abgehalten. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche 1944 bei einem Angriff zerbombt. Nach den Instandsetzungsarbeiten 1946 fanden hier bis 1950 die Gemeindemessen der zerstörten Propsteikirche St. Peter statt. In der Kirche wird jeden Dienstag ein Gottesdienst der Schüler und Schülerinnen der Unterstufe gefeiert, während des Schuljahres Gottesdienste für verschiedene Klassenstufen sowie Gottesdienste anlässlich des Schulbeginns der 5er-Klassen, der Abiturfeiern sowie vor den Sommer- und Weihnachsferien. Genutzt wird sie außerdem bei Hochzeiten, für Ausstellungen und Lesungen.
Lehrerbibliothek
Das Gymnasium Petrinum verfügt über eine historische Lehrerbibliothek, die von der Universitäts- und Landesbibliothek der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (ULB) sachgerecht erschlossen und konservatorisch betreut wird. Den Grundstock dieser Bibliothek bilden etwa 350 Bände, die der erste Direktor des Gymnasiums (1829–1832) mit einer Spende des Herzogs von Arenberg erwerben konnte. Daneben wurden noch ältere Bestände aus der Klosterbibliothek der Franziskaner, die bis 1820 die Lateinschule in Recklinghausen betrieben, und aus der „Vestischen Schulbibliothek“, die 1798 im Zuge der Bemühungen um eine Schulreform im Vest Recklinghausen entstanden war, übernommen. Heute umfasst die Bibliothek etwa 10.000 Bände. Darunter 40 im 16. Jahrhundert, 80 im 17. Jahrhundert und 630 im 18. Jahrhundert erschienene Bücher.
Partnerschulen
Das Gymnasium Petrinum pflegt umfangreiche Kontakte zum Lycée Albert Châtelet in Douai (Frankreich,der Steyning Grammar School (Südengland)und dem Terra-Santa-College (Akko, Israel), mit denen ein jährlicher Schulaustausch praktiziert wird.
Sport
Seit 1983 findet jedes Jahr ein Hallenfußballturnier, der sogenannte Reike-Pokal, statt. Dort treten ehemalige Abiturjahrgänge, die aktuellen Oberstufenjahrgänge und eine Lehrermannschaft immer am letzten Samstag vor dem heiligen Abend in der schuleigenen Neubausporthalle und der Sporthalle am Kuniberg gegeneinander an. Das Turnier wurde nach dem ehemaligen Schulleiter Josef Reike benannt.
Berühmte Schüler und Absolventen
- Heinrich Bone (1813–1893), Philologe – Abiturientia 1831
- Eduard von Pape (1816–1888), Jurist, Vors. der ersten BGB-Kommission – Abiturientia 1833
- Albert von Maybach (1822–1904), Politiker – Abiturientia 1842
- Johannes Janssen (1829–1891), Historiker – Abiturientia 1849
- Theodor Janknecht (1829–1896), als Pater Gregor mehrfach Provinzial, Generaldefinitor der Franziskaner – Abiturientia 1848
- Hermann Landois (1835–1905), Zoologe – Abitur Ostern 1856 als Externer
- Karl Ernst Schrod (1841-1914), Weihbischof in Trier - Abiturientia 1860
- Heinrich Weber (1888–1946), Prof., Caritaswissenschaftler -Abiturientia 1908
- Thomas Ohm (Philipp *1892), P. Thomas (Benediktiner), Prof., Theologe, Missionswissenschaftler - Abiturientia 1912
- Gisbert Greshake (* 1933), Theologieprofessor - Abiturientia 1954
- Martin Geck (* 1936), Prof. für Musikwissenschaft – Abiturientia 1955
- Siegbert A. Warwitz (* 1937), Professor, Sportwissenschaftler und Experimentalpsychologe (Wagnisforschung) - Abiturientia 1957
- Dieter Borchmeyer (* 1941), Prof. em. für Neuere Dt. Literatur und Theaterwissenschaft - Abiturientia 1961
- Thilo Sarrazin (* 1945), Politiker, Finanzsenator im Berliner Senat a.D., ehemaliges Vorstandsmitglied der Deutschen
Bundesbank – Abiturientia 1965
- Rainer Maria Klaas (* ?), Pianist, Abiturientia 1968
- Stefan Zekorn (*1959), Weihbischof des Bistums Münster - Abiturientia 1978
- Werner Plumpe (*1954), Professor, Wirtschafts- und Sozialhistoriker - Abiturientia 1973
- Britta Becker (*1965), Regisseurin - Abiturientia 1984
- Heiko Sakurai (*1971), politischer Karikaturist - Abiturientia 1990
Literatur
- Paul Verres: Festschrift zur Fünfhundertjahrfeier des Städt. Gymnasiums zu Recklingausen. Recklinghausen: J. Bauer, 1929
- Möllers, Georg, Ludger Linneborn (Hrsg): Gymnasialkirche Recklinghausen 1658–2008: 350 Jahre Stadt-, Schul- und Kirchengeschichte im Spiegel der ehemaligen Franziskanerkirche: Gymnasium Petrinum, 2008.
- Ludger Linneborn, Georg Möllers, Heribert Seifert (Hrsg.): Das Petrinum unterm Hakenkreuz. Recklinghausen: Edition Petrinum, 2001
- Theo Kemper, Ludger Linneborn, Georg Möllers, Petra Peveling, Heribert Seifert, Axel Vering (Hrsg.): 175 Jahre Abitur am Gymnasium Petrinum Recklinghausen 1829–2004. Recklinghausen: Edition Petrinum, 2004
- Sebastian Fritz (Hrsg.): Schulsport im Nationalsozialismus am Beispiel des Gymnasiums Petrinum in Recklinghausen. Schriftliche Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für die Lehrämter Sekundarstufe I/II (Ort? Jahr?)
Quellen
- Schulhomepage
- Webseite der Stadt Recklinghausen
- Jahrbuch Petrinum (letzter Jg. 42 - 2011)