Rothschild (Familie)

Adelsgeschlecht, das von Mayer Amschel Rothschild abstammt
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Die Rothschilds waren im 19. Jahrhundert eine der einflussreichsten Bankiersfamilien und die wichtigsten Finanziers der europäischen Staaten.

Stammhaus in der Frankfurter Judengasse





Mayer Amschel Rothschild

Mayer Amschel Bauer (* 23. Februar 1744; †19.September 1812 in Frankfurt am Main ) war der Begründer der Rothschilddynastie. Sein Vater, Moses Amschel Bauer, war ein wandernder Geldwechsler und Goldschmied, der sich in Frankfurt am Main in der Judengasse ([1]) niederließ und im Jahr 1750 ein Geschäft (Münzhandel, Textilhandel, Geldwechsel, Goldschmiede) eröffnete. Über dieses hing er ein rotes Schild (die Flagge der revolutionierenden Juden in Osteuropa war rot).

Wenige Jahre nach dem Tod seines Vaters fing Mayer Amschel als Bankgehilfe bei den Oppenheimers in Hannover an, wo er nach einiger Zeit Juniorpartner wurde. Mayer Amschel Rothschild nannte er sich, nachdem er nach Frankfurt zurückkehrte und das alte Geschäft seines Vaters erwarb.

Um das Jahr 1760 begann Mayer Amschel Geschäfte mit dem Hof zu Hanau, begünstigt durch die Bekanntschaft mit General von Estorff. Am 21. September 1769 konnte er die Plakette mit dem Wappen von Hessen-Hanau und der Inschrift „M.A. Rothschild, Hoflieferant Seiner Ehrlauchten Hoheit, Erbprinz Wilhelm von Hessen, Graf von Hanau“ vor seinem Geschäft anbringen.

Am 29. August 1770 heiratete Mayer Amschel Gutele Schnaper (* 23. August 1753; † 7. Mai 1849) mit der er fünf Töchter und fünf Söhne (Amschel, Salomon, Nathan, Kalman und Jakob) bekam. 1780 erwarb er das Haus in der Judengasse.

Wilhelm I. (1743-1821), seit 1803 Kurfürst von Hessen-Kassel, war einer der reichsten Herrscher Europas und auch einer der wichtigsten Geldverleiher auf dem Kontinent (sein Vater, Friedrich II Landgraf von Hessen-Kassel, legte diesen Grundstein durch Vermietung von Untertanen als Söldner an andere europäische Herrscher).

1801 wurde Mayer Amschel von Wilhelm I zum Hoffaktor ernannt. In den Jahren 1802, 1803, 1804 zeichnete er seine ersten Staatsanleihen mit dem dänischen Hof über 10 Millionen Gulden.

Er knüpfte enge Kontakte zum wichtigsten Finanzberater des Fürsten, Carl Buderus. Während der napoleonischen Fremdherrschaft bestach Buderus den französischen General Lagrange, um Wertpapiere über 15 Mill. Taler für den Kurfürsten sichern zu können.

Durch seine guten Kontakte zu Buderus und dem Kürfürsten, der von 1806 bis 1813 im dänischen Exil weilte, stach Mayer Amschel etablierte Bankhäuser aus und erreichte die alleinige Verantwortung über die Wertpapiere und Schuldwechsel des Kurfürsten. Mit den Bankiers Lennap und Lawatz trieb er Zinsen in ganz Europa ein und konnte mit dem ihm überantworteten Geld spekulieren.

Ab 1807/1808 konnte er die Gelder auch frei in Großbritannien investieren, diese Aufgabe übernahm sein Sohn Nathan.

Wie unzählige andere, ließ sich auch der Post-Monopolist Fürst von Thurn und Taxis von Rothschild bestechen und informierte ihn über den Inhalt wichtiger Briefe. Die Machtverhältnisse zeigt die folgende Anekdote: Rothschild arbeitet am Schreibtisch und sagt dem eintretenden Fürsten: `Nehmen Sie sich einen Stuhl." Nach einigen Minuten drängt der Besucher: `Ich bin der Fürst von Thurn und Taxis!" Darauf Rothschild: `Gut, nehmen Sie halt zwei Stühle." Von Thurn und Taxis lernte Rothschild den Wert schneller, zuverlässiger Information schätzen und richtete einen eigenen Kurierdienst ein. Nach Napoleons Niederlage bei Waterloo zahlte sich das in Millionengewinnen an der Londoner Börse aus: Nathan Rothschild war Stunden vor der Regierung unterrichtet.

Kurz vor seinem Tod, im Jahre 1812, wurde Mayer Amschel durch eine Verordnung, die die Frankfurter Schutzjuden den übrigen Bürgern gleichstellte, Mitglied des Wahlcollegiums in Frankfurt (1814 wurde die Verordnung wieder rückgängig gemacht).

Nach dem Tod Mayer Amschels 1812 schrieb Metternichs Sekretär: `Sie sind gewöhnliche unwissende Juden von ansehnlichem Äußeren. Aber sie sind mit einem bemerkenswerten Instinkt begabt, das Richtige zu wählen und von zwei Richtigen das Bessere. Sie sind die reichsten Leute in Europa."

In den folgenden Jahrzehnten finanzierten die inzwischen geadelten Rothschilds Industrien, Eisenbahnen und den Bau des Suezkanals. Mit einem speziellen System von Staatsanleihen machten sie die französische Regierung unabhängiger von Steuerbewilligungen des Parlaments. Mit dem Aufkommen von Großindustrie und Aktienbanken verlor das Bankimperium der Rothschilds an Bedeutung. Viele Menschen erinnern sich dankbar an sie als Stifter von Schulen und Krankenhäusern.

Sein Testament verfasste er wenige Tage vor seinem Tod. Es beinhaltete ein strenges Reglement, wie das Familienunternehmen zu führen sei:

  1. alle Schlüsselpositionen sind mit Familienmitgliedern zu besetzen
  2. nur männliche Familienmitglieder dürfen an Geschäften teilnehmen
  3. der älteste Sohn des ältesten Sohnes soll Familienoberhaupt sein, soweit die Mehrheit der Familie nicht anders entscheidet
  4. die Familie soll sich untereinander mit ihren Vettern und Cousinen ersten und zweiten Grades verheiraten
  5. keine juristische Bestandsaufnahme und keine Veröffentlichung des Vermögens


Die erste Generation

Amschel Mayer Rothschild

(* 1773; † 1855)

 
Amschel Mayer Rothschild

übernahm nach dem Tod seines Vaters das Stammhaus in Frankfurt am Main. Frankfurt blieb Hauptversammlungsort der Familie.


Salomon Rothschild

(* 1774; † 1855)

 
Salomon Rothschild

eröffnete 1821 eine Bank in Wien. Er gewährte dem österreichischen Staat u.a. eine Anleihe über 900.000 Gulden. Staatskanzler Fürst Metternich und das Haus Habsburg waren ihm dadurch verpflichtet. Er wurde zum wichtigsten Finanzier des österreichischen Staates und einem der größten Grundbesitzer. Die Wiener Bank bestand bis zum Jahre 1938, als Hitlerdeutschland Österreich annektierte.


Nathan Mayer Rothschild

(* 1777; † 1836)

 
Nathan Rothschild

ging zwischen 1790 und 1800 als Textilkaufmann nach Manchester. 1808 gründet er die Bank N.M. Rothschild & Sons (Rothschild.com) in London, die noch heute sehr erfolgreich arbeitet. Nathan investierte Wilhelms Soldatengeld in Gold der Ostindischen Gesellschaft, welches für spätere Feldzüge Wellingtons benötigt wurde. Durch den Kauf und Wiederverkauf von Wellington-Aktien, den Verkauf und Rückkauf des Goldes an Wellington, dessen Versand nach Portugal und den Schmuggel während der Kontinentalsperre erwirtschaftete er ein Vermögen. Er wurde zum einflussreichsten Finanzier der britischen Regierung. Mittels eines effizienten Informationsdienstes wusste er vor dem Premierminister vom Ausgang der Schlacht bei Waterloo, woraufhin er seine Aktien verkaufte. Die Anleger glaubten, er sei im Besitz von Information über eine britische Niederlage, weshalb sie ihm beim Verkaufen der Aktien folgten. Nachdem die Kurse der Wertpapiere in den Keller gesunken waren, kaufte er sie wieder auf und nahm den vollen Kursanstieg mit, den die Nachricht vom Sieg der Briten mit sich brachte.


Kalman Rothschild

(* 1788; † 1855)

 
Carl Mayer Rothschild

ging in Salomons Auftrag 1821 nach Neapel. Dort hatte er die Finanzen der österreichischen Truppen zu überwachen. Er eröffnete die sizillianische Rothschilddepandance, welche jedoch nur bis 1863 existierte. Kalman nannte sich später Carl Mayer von Rothschild.


Jakob Rothschild

(*1792; † 1868)

 
Jakob Rothschild

war der jüngste der Brüder. Er ging 1812 nach Paris und etablierte dort [Rothschild Frères zu einer der ersten Bankadressen und nannte sich fortan James de Rothschild. Als Berater von zwei französischen Königen, wurde er der einflussreichste Bankier des Landes. In den folgenden Kriegen unter Napolean, spielte er eine wichtige Rolle bei der Finanzierung der Eisenbahnen und des Minenbaus, was Frankreich dabei half zu einer Industriemacht zu werden. 1983 wurde die Bank durch die Regierung François Mitterrands verstaatlicht. Seit dieser Zeit gibt es dort die kleinere Rothschild & Cie Banque.

Am 11. Juli 1824 heiratete Rothschild in Frankfurt am Main Betty Salomon de Rothschild, die Tochter seines Bruders, Salomon Rothschild, mit der er fünf Kinder hatte.


Weitere Rothschilds

Baron Ferdinand Rothschild

(*1839; † 1899) war einer der Mitbegründer der nach ihm benannten Ferdinand Rothschild Lodge No. 2420 in Waddesdon (Buckinghamshire), England.


Baron Philippe de Rothschild

(* 13. April 1902 in Paris; † 20. Januar 1988 in Paris) war Erbe und Patron des berühmten Weingutes Château Mouton in Pauillac bei Bordeaux. Er machte die Abfüllung des Weines auf dem Weingut ("Mis en Bouteille au Château") zum Standard bei feinem Wein. Einziger Mensch, dem es je gelang, die Klassifikation von Bordeaux-Weinen des Médoc ändern zu lassen: sein Gut wurde 1973 vom Deuxieme zum Premier Grand Cru Classé aufgewertet.


Das Bankhaus Rothschild heute

aus dem offiziellen Geschäftsbericht 2004

Die N.M. Rothschild Handelsbanken-Gruppe hat mehr als 40 Büros in mehr als 30 Ländern und beschäftigt mehr als 2000 Angestellte weltweit. Dabei unterscheidet man die N.M. Rothschild & Sons Ltd. (Company) und die Banken "Gruppe", also die, die nicht in England oder den Channel Islands registriert sind. Bis März 2004 war Sir Evelyn de Rothschild Vorsitzender, ab April 2004 wird es David de Rothschild sein.

Die Einnahmen vor Steuern betrugen 2004 22,5 Mio. engl. Pfund, das waren 3,3 Mio. mehr als vorriges Jahr und ein Reinerlös nach Steuern von 15 Mio. Pfund. Die grösste Gruppe, die Einnahmen verzeichnete, war die Concordia BV in den Niederlanden, Tochterunternehmen der Rothschild Concordia AG in der Schweiz, die über das Jahr von der Rothschild Familie und ihrer Interessen verwaltet wurde. Die Rothschild Concordia AG in der Schweiz ist auch das Dachunternehmen der gesammten Rothschild Banken.

Bis zum Jahr 2000 hat Rothschild fast 40 Regierungen beraten.

Hier eine kleine Auswahl der größten Deals die die Rothschilds in den vergangenen Jahren beraten haben:

  • 7 Milliarden € Aufkauf von Viterra an EON
  • 3 Milliarden € Aufkauf der Dial Corp. an Henkel
  • 469 Millionen € Aufkauf von König und Licher Brauereien der Holsten AG an Bitburger
  • Berater Deutsche Bahn (Verkauf von Mitropa AG Anteilen an Compass Grp.plc.)
  • 180 Millionen € Aufkauf von Scout24 AG(Schweiz) an T-Online
  • 6,6 Milliarden € Verkauf von Wella and Procter&Gamble

(Die Preise sind keine Einnahmen seitens der Rothschilds sondern stellen lediglich das Geschäftsvolumen der Deals dar)

Ferner war Rothschild Berater bei der Übernahme des D2-Mannesman Konzerns an Vodafone, dem Börsengang und An/Verkauf des Kabelnetzes von Deutsche Telekom und T-Online, Deutsche Post, EON, Pro7/Sat1-Übernahme von KirchMedia durch Beratung von Saban Capital Group (2003), Insolvenz-Berater der PFAFF Nähmaschinen und Verkauf an Viking Sewing Machines AB und Berater des Rüstungskonzerns EADS.


Weingüter

Obendrein genießen die Weingüter der Familie bis heute Weltruf. Nathaniel, dritter Sohn Nathans, erwarb 1853 Château Brane-Mouton. James erwarb 1868, kurz vor seinem Ableben, das renommierte Château Lafite. Edmond wiederum wurde 1973 Eigentümer des Château Clarke. Eine Sammlung von über 15.000 Flaschen an Rothschild-Weinen findet sich im englischen Waddesdon Manor, einem in seiner Architektur, Gartenanlage und Kunstsammlung einmaligen Familiensitz der Rothschilds, 1874 errichtet vom Frankfurter Ferdinand von Rothschild.


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