Steuerungstechnik

Teilgebiet der Automatisierungstechnik für gesteuerte Prozesse
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Steuerungstechnik ist die Technik von Einrichtungen, die nach einem vorgegebenen Plan technologische Prozesse beeinflussen. Wenn deren Zweck durch Steuerung selbsttätig erfüllt wird, handelt es sich um Automatisierung.

Gesteuerte Prozesse

Der generelle Zweck technologischer Prozesse ist das Umformen und Transportieren von Material, Energie und Information, wozu über geeignete technische Einrichtungen Energie eingesetzt und gewandelt wird. Steuerungstechnische Einrichtungen, auch Steuerungen genannt, beeinflussen die Wandler mit Hilfe von Informationen, die sie im Sinne des Prozessziels verarbeitet haben.

Beispiele:

Einrichtungen wie Heizung, Wasserzufluss und Elektromotor von einer Steuerung durch Verarbeitung von Informationen beispielsweise über Zeit, Wasserstand und Temperatur so in Gang gesetzt und angehalten, dass saubere vorgetrocknete Wäsche entsteht, wobei auch diverse Regelkreise der Gesamtsteuerung untergeordnet sind, in denen es eine Rückkopplung über den derzeitigen Zustand gibt. Der Prozess beginnt dabei mit dem Zustand Wasser einlassen, gibt der Wasserstandsmelder das Signal das genügend Wasser eingelassen ist, ändert sich der Zustand der Waschmaschinen in den Zustand Heizen und Trommel drehen. Diese Signalrückgabe gehört in den Bereich der Steuerungstechnik wohin gegen das Halten der Wassertemperatur auf dem eingestellten Wert eine Regelungsaufgabe darstellt. Beim Beispiel der Waschmaschine setzt sich das Zusammenwirken von Maschinenzuständen in den Aktoren auf den Prozess einwirken und den über Sensoren ausgelösten Zustandsänderungen solange fort bis das gewünschte Prozeßziel erreicht ist.

Der technologische Prozess einer Ampelanlage für Fußgänger hat zum Ziel, über farbiges Licht sich querenden Fußgängern und Fahrzeugen Passageinformationen für kollisionsfreien Verkehr zu geben. Die freie Passage für Fußgänger und die gesperrte für Fahrzeuge ist die zeitlich befristete Ausnahme, die von Fußgängern bedarfsweise bei der Steuerung angefordert wird.

Aktoren und Sensoren

Die Bindeglieder zwischen steuerungstechnischen und prozesstechnischen Einrichtungen sind Sensoren und Aktoren (auch Aktuatoren genannt). Sensoren wandeln Prozesszustände in Informationen um und sind dadurch Informationsquellen. Dagegen sind Aktoren Informationssenken. Sie wandeln informationstragende Energie in Prozessenergie um. (In dieser Betrachtungsweise wird der Informationscharakter der eingesetzten Energie betont, um den Aktor als funktionales Gegenstück zum Sensor erscheinen zu lassen.)

Die von Sensoren abgegebenen Informationen werden so oft gewandelt bis sie die Darstellungsform haben, die vom informationsverarbeitenden Gerät (Steuergerät) akzeptiert wird. Ebenso wird eine vom Steuergerät ausgegebene Information gewandelt bis sie die Form hat, die ein Aktor akzeptiert.

Prozesszustände sind zweiwertig (binär), wenn sie sich durch eine Aussage, wie Gegenstand vorhanden/nicht vorhanden, angeben lassen. Dagegen sind sie kontinuierlich, wenn sie durch eine reelle Zahl abgebildet werden können, z.B. Temperatur = 65,5°C. Binäre Prozesszustände werden von Sensoren in binäre Informationen verwandelt. Ein kontinuierlicher Prozesszustand wird vom Sensor in eine analoge Information umgesetzt. Wenn das Steuergerät den Zahlenwert der analogen Information benötigt, ist eine Analog/Digitalwandlung erforderlich. Das umgekehrte gilt für Aktoren.

Beispiele:
Dem Aktor Elektromotor am Förderband einer Ladenkasse wird ein Signal zugeführt, das so verstärkt ist, das es den Motor treiben kann. (Das bedeutet: die Antriebsenergie trägt die Information, die das Steuergerät ausgibt, während die mechanische Energie, die der Motor erzeugt, dem Prozesszweck dient und als Informationsträger keine Bedeutung hat.) Damit das Steuergerät entscheiden kann, ob der Elektomotor ein- oder auszuschalten ist, braucht es die Information eines Sensors über die Anwesenheit von Waren im Griffbereich des Kassenpersonals, beispielsweise einer Lichtschranke.
Der Aktor Glühlampe einer Außenleuchte erhält das Signal zum Leuchten in Form ausreichend starker elektrischer Energie. Es wird von der Steuerung aus den Informationen gewonnen und verstärkt, die ein Sensor für die Tageslichtstärke und ein Sensor für die Bewegung einer Wärmequelle liefern.
Das Steuergerät eines Automotors beeinflusst kontinuierlich die Kraftstoffzufuhr und den Zündzeitpunkt über analoge Aktoren. Es erhält analoge Informationen über Sensoren für die Gaspedalstellung, die Motortemperatur und die Drehzahl, um den Motor unter verschiedensten äußeren Umständen optimal zu betreiben.

Sonderfall Regelung

Wenn die Aufgabe besteht, einen bestimmten Wert einer physikalischen Größe wie Druck oder Temperatur herzustellen, wird in vielen Fällen ein Istwert entstehen, der vom Sollwert abweicht, weil störende Einflüsse am Werk sind.

Das Problem wird gelöst, indem die physikalische Größe mit einem Sensor erfasst wird. Das Steuergerät kann die Abweichung des Istwerts vom Sollwert erkennen und so auf den Aktor einwirken, dass die Störeinflüsse kompensiert werden. Die Wirkung des Aktors über die physikalische Größe und den Sensor auf das Steuergerät ist eine Rückkopplung. Solche Anordnungen gehören zum technischen Wissensgebiet der Regelungstechnik. Das Kennzeichen geregelter Prozesse ist die geschlossene Wirkungskette, der Regelkreis.

Damit der Istwert mit der geforderten Genauigkeit und Charakteristik dem Sollwert folgt, muss das Steuer- (Regel-)gerät die angemessene Regelantwort geben, die maßgeblich auch von der Trägheit beeinflusst wird, mit der der Istwert auf den Aktor reagiert (Zeitverhalten der Regelstrecke). Manchmal genügt es, wenn grobe Istwertschwankungen im zeitlichen Mittel dem Sollwert entsprechen. In anderen Fällen ist höchste Regelgüte gefordert.

Trotz ihrer großen technischen Bedeutung und ihrer anspruchsvollen mathematischen Behandlung sind Regelkreise eine Spezialität der Steuerungstechnik. Während Regelungen nur den einen Zweck erfüllen, unter Einsatz je eines Sensors und Aktors den Istwert einer physikalischen Größe zu regeln, lösen Steuerungen die unterschiedlichsten Aufgaben, wobei eine Vielzahl von Sensoren und Aktoren zum Einsatz kommen können.

Beispiele:
Die konstante Geschwindigkeit eines Autos vermindert sich bei einfachem Festhalten des Gaspedals an einer Steigung, die eine Störgröße des Vorgangs ist. Die Steuergeräte moderner Fahrzeugmotoren können die notwendige Regelung nebenbei erledigen. Der Regelkreis für konstante Fahrgeschwindigkeit schließt sich auf Wunsch des Fahrers im Steuergerät, indem die Kraftstoffzufuhr dem Einfluss des zurückgehenden Gaspedals entzogen und dafür dem Einfluss von Motordrehzahlveränderungen unterworfen wird.
Von einem Labornetzgerät wird verlangt, dass es eine eingestellte Spannung trotz Belastungs- und Netzspannungsschwankungen konstant hält. Um die abgegebene Spannung zu erhöhen, vermindert ein Aktor einen internen Spannungsabfall im Laststromkreis und umgekehrt. Der Regelkreis entsteht dadurch, dass die vom Aktor erzeugte Spannung auf sich selbst einwirkt.

Methoden

Steuerungen übertragen und verarbeiten Informationen. Überwiegend ist der Informationsträger elektrische Spannung, seltener hydraulischer oder pneumatischer Druck.

Die Information über einen binären Prozesszustand kann wahr sein oder falsch. Eine wahre Information wird mit 1 und eine falsche mit 0 bezeichnet, z.B. Taste gedrückt = 0 bedeutet: Taste ist nicht gedrückt, die Information ist also falsch. Die beiden Wahrheitswerte 0 und 1 von binären Informationen werden durch definierte Zustände eines Informationsträgers abgebildet, z.B. 0 entspricht 0 V, 1 entspricht 24 V. Ein Wahrheitswert wird vereinfacht auch als Zustand (des Informationsträgers) bezeichnet.

Analoge Informationen aus kontinuierlichen Prozesszuständen werden zur Regelung, zur Anzeige oder zur Überprüfung von Grenzwerten benötigt. Eine Grenzwertprüfung von physikalischen Größen führt zu der binären Information: Grenzwert erreicht/nicht erreicht.

Beispiel einer Verknüpfungssteuerung

Ein Patient kann durch Drücken einer Ruftaste über eine Leuchtanzeige die Krankenschwester rufen. Anders als bei einer Türglocke muss der Tastendruck zu einer dauerhaften Meldung führen, um auch dann noch bemerkt zu werden, wenn die Ruftaste nicht mehr gedrückt ist. Die Leuchtanzeige wird von der Krankenschwester mit einer Rückstelltaste gelöscht.
Beim Entwurf von binären Steuerungen mit Hilfe einer Funktionstabelle, wird jeder möglichen Kombination der von Sensoren gelieferten Wahrheitswerte (Eingänge) der Wahrheitswert eines Aktors (Ausgang) entsprechend dem Steuerungszweck zugeordnet. Nach einer möglichen Vereinfachung kann das Ergebnis direkt zur Konstruktion des Steuergerätes dienen.
Die Problemstellung des Beispiels verlangt Speicherverhalten, so dass in der Funktionstabelle neben den Sensoren (E1 und E2) auch der Aktorzustand selbst als Eingang hinzugefügt werden muss (E3). Dadurch erhält die Tabelle 2^3 = 8 Zeilen.
Zeile Ruftaste gedrückt Rückstelltaste gedrückt Meldung ein -- Meldung ein
E1 E2 E3 -- A1
1 1 1 1 -- 1
2 1 1 0 -- 1
3 1 0 1 -- 1
4 1 0 0 -- 1
5 0 1 1 -- 0
6 0 1 0 -- 0
7 0 0 1 -- 1
8 0 0 0 -- 0
Aus den Zeilen 1 bis 4 ist zu erkennen, dass bei gedrückter Ruftaste (E1 = 1) immer die Anzeige leuchtet (A1 = 1), die beiden Eingänge E2 und E3 also keine Rolle spielen. Die Zeilen 5 und 6 zeigen, dass die Rückstellung (A1 = 0) von Eingang E3 unabhängig ist. In den Zeilen 7 und 8 steckt das Speicherverhalten der Steuerung: Die Leuchtanzeige behält ihren (alten) Zustand bei (A1 = E3), wenn beide Taster über eine der Zeilen 3, 4, 5, 6 in den Zustand 0 kommen.
Daraus ergibt sich: Die Leuchtanzeige leuchtet nur, wenn die Ruftaste gedrückt ist, oder wenn die Rückstelltaste nicht gedrückt ist und die Leuchtanzeige leuchtet. (Diese intuitiv gefundene Vereinfachung hätte auch durch mathematische Verfahren ermittelt werden können.)
Üblich sind die folgenden Darstellungen dieser Aussage:
  • Ausdruck der Bool'schen Algebra (Schaltalgebra):
(v für ODER, & für UND, hier ausnahmsweise ' ' für NICHT)
A1 = E1 v ( 'E2' & E3)
  • Funktionsplan:
( >=1 für ODER, & für UND, O für NICHT)
               ____________________________
              |     ______                 |
           E3 |____|      |       ______   |
                   |  &   |______|      |  |
           E2-----O|      |      |      |  |
                   |______|      | >=1  |__|____A1
                                 |      |
           E1____________________|      |
                                 |______|

  • Kontaktplan:
( Parallelschaltung für ODER, Reihenschaltung für UND, Öffner für NICHT)
        _________________________
           |        |__
             /---E1   /---E2----------------------e0
            /        /
           |        | ---- ------------------------- E7
           |        |   
           |         /---- E3
           |        /     |
           |________|     |
                  __|__   |
                 |_____|--------A1
                    |
        ____________|____________
Während der Funktionsplan an eine Schaltung aus elektronischen Schaltgliedern angelehnt ist, unterstützt der Kontaktplan den Aufbau der Steuerung mit Hilfe von Relais.

Computer sind universelle Geräte der Informationsverarbeitung, die sich hervorragend als Steuergerät eignen. Man findet sie je nach Aufgabe als Controller, als speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) oder als Industrie-PC (IPC). Während der SPS-Programmierer Funktions- und Kontaktpläne oder auch spezifische Anweisungen eingeben kann, werden Controller und IPC mit üblichen Programmiersprachen programmiert. IPCs können mit geringstem Aufwand umfangreiche Zusatzfunktionen wie Visualisierungen, Protokollierungen und Statistiken bereitstellen.

Als weiteren Möglichkeit, für Anwendungen deren Realisierung mit einer reinen schaltungtechnischen Lösung zu komplex sind die aber andererseits für den Einsatz eines kostenaufwendigen Computers zu einfach sind, bietet sich die Entwicklung nach der Theorie der endlichen Automaten an.

Beispiel einer vereinfachten Heizungssteuerung

Eine Heizungsanlage besteht aus je einem Heizkreis mit Umwälzpumpe für Raumheizung und Warmwasserspeicher sowie einem Kessel mit Ölbrenner.
Der Kessel hält seine Isttemperatur auf der vom jeweiligen Heizkreis vorgegebenen Solltemperatur, indem der Brenner eingeschaltet wird, wenn die Isttemperatur die Solltemperatur unterschreitet. Ausgeschaltet wird der Brenner, wenn die Isttemperatur 5° C höher als der Sollwert ist (Zweipunkt-Regelung). Ein Heizkreis, der keine Temperatur benötigt, fordert vom Kessel 0°C.
Unterhalb von 16°C Außentemperatur läuft die Pumpe des Raumheizkreises und der Kessel muss im Mittel eine Temperatur liefern, die nach einer Heizkurve von der Außentemperatur abhängt. Die Pumpe schaltet ab, solange der Heizkreis für Warmwasser vom Kessel eine Temperatur > 0°C fordert. Oberhalb von 17°C Außentemperatur ist die Pumpe ebenfalls abgeschaltet (Heizung aus).
Der Betrieb des Heizkreises für Warmwasser hat Priorität. Er wird eingeleitet, wenn die Warmwasser-Isttemperatur die Solltemperatur unterschreitet, und beendet, wenn die Isttemperatur 5° C über dem Sollwert liegt (Zweipunktregelung). Während der Warmwasserbereitung läuft die Pumpe, und vom Kessel wird die maximal mögliche Temperatur gefordert.
Die Problemstellung enthält drei Funktionszyklen, die nahezu voneinander unabhängig sind. Jeder der Zyklen wird durch ein endloses Programm realisiert. Die drei Programme laufen parallel, was durch das Multitasking von Betriebssystemen und Programmiersprachen unterstützt wird. Untereinander kommunizieren sie über die global sichtbaren Temperaturanforderungen T1 und T2 der beiden Heizkreise.
Die folgenden Struktogramme zeigen die Programmkonzeption:
Kessel 
 ________________________________________________
|               Brenner aus               _______|
|                                                |           
|                                         ___    |
|          Solltemp. = max (T1, T2)          |   |
|            Isttemp. < Solltemp. ?          |   |
|     ja      |            nein              |   |
| Brenner ein |  Isttemp. < Solltemp. + 5 ?  |   |    
|             | nein |          ja           |   |
|             |      |      Brenner aus      |   |
|            Warte 10 s                   ___|   |
|                                  Wiederhole    |
|________________________________________________|

Heizkreis Raumheizung         Globale Variable T1
 ________________________________________________
|          Pumpe aus, T1 = 0              _______|
|                                                |           
|                                         ___    |
|          Außentemp. > 17 °C ?              |   |
|    ja   |            nein                  |   |
|Pumpe aus|     Außentemp. < 16 °C?          |   |    
| T1 = 0  | nein |           ja              |   |
|         |      |         T2 > 0 ?          |   |
|         |      |       nein      |    ja   |   |
|         |      |T1= f(Außentemp.)|Pumpe aus|   |
|         |      |   Pumpe ein     |         |   |
|            Warte 10 s                   ___|   |
|                                  Wiederhole    |
|________________________________________________|

Heizkreis Warmwasser         Globale Variable T2
 ________________________________________________
|          Pumpe aus, T2 = 0              _______|
|                                                |           
|                                         ___    |
|          Isttemp. < Solltemp. ?            |   |
|    ja   |            nein                  |   |
|Pumpe ein|     Isttemp. > Solltemp + 5 ?    |   |    
| T2 = Max| nein |           ja              |   |
|         |      |     Pumpe aus, T2 = 0     |   |
|            Warte 10 s                   ___|   |
|                                  Wiederhole    |
|________________________________________________|

Ebenso wie die meisten technologischen Prozesse sind ausgeführte Programme Abläufe. Abläufe benötigen Zeit. Nur Hard- und Software, die auch im ungünstigsten Fall synchron zum Prozess arbeiten kann, ist als Steuergerät geeignet und wird als echtzeitfähig bezeichnet. Im engeren Sinn bedeutet Echtzeit jedoch, dass Hard- und Software eines Rechners für diesen Zweck besonders ausgelegt sind. Rechner, die steuern, dürfen nie überlastet sein.

Siehe auch