Ougenweide ist eine deutsche Folk-Rock-Band und Vorreiter des Mittelalter-Rock in Deutschland.
Geschichte
Ougenweide wird im Frühjahr 1970 in Hamburg gegründet. Von Beginn setzt sich die Band das Ziel, mittelalterliche Lieder und Gedichte (neu) zu vertonen (wobei der Blickwinkel nie streng auf das Mittelalter beschränkt war). Diesem Konzept entsprechend benennt sich die Band konsequenterweise nach dem gleichnamigen Lied von Neidhart von Reuental, der ersten gemeinsamen Komposition. Ihren ersten öffentlichen Auftritt hat die Kombo 1971 bei einem Schulfest.
Die Multiinstrumentalisten Olaf Casalich, Wolfgang von Henko, Frank Wulff, sein jüngerer Bruder Stefan und Jürgen Isenbart nehmen 1973 mit dem Produzenten Achim Reichel ihr erstes Album Ougenweide auf, damals noch mit den Sängerinnen Renée Kollmorgen und Brigitte Blunck, an deren Stelle im September des gleichen Jahres die ausgebildete Sängerin Minne Graw tritt.
1974 erscheint das Album All die weil ich mag, das textlich einen Bogen von den Merseburger Zaubersprüchen aus dem 9. Jh. über Walther von der Vogelweide und Heinrich von Mügeln bis zu Goethe spannt.
1975 folgen Auftritte mit bekannten Musikern wie Fairport Convention, Steeleye Span, Planxty, Amazing Blondel, Alan Stivell und Konstantin Wecker.
Dichter und Schriftsteller Peter Rühmkorf und Regisseur Gerd Zenkel erstellen 1975 in Zusammenarbeit mit der Band einen Fernsehfilm über das Leben Walthers von der Vogelweide.
1976 erscheint die LP Ohrenschmaus, welche mit "Im Badehaus", "Pferdesegen", "Bald anders" und "Kommt ihr Jungfern helft mir klagen" einige der bekanntesten Lieder der Band enthält. Noch im Dezember desselben Jahres bringt die Band das Album Eulenspiegel auf dem Markt, dessen erste Plattenseite ausschließlich Lieder enthält, die Ougenweide zu einer Tübinger Eulenspiegel-Inszenierung beisteuerten, während die zweite Seite die bewährte Mischung aus Vertonungen mittelalterlicher Texte und beschwingten Tanzweisen bietet. "Totus floreo" (aus den Carmina Burana) und "Wol mich der Stunde" gehören hier zu den bekannteren Stücken.
Ihren Ruf als Live-Band festigen Ougenweide 1977 mit der Veröffentlichung der Live-Doppel-LP "Ungezwungen".
1978 nimmt Ougenweide an 6 Folgen der 13-teiligen Fernsehserie Dokumente Deutschen Daseins (Regie: Gerd Zenkel) teil und betreut diese musikalisch. Diese Zusammenarbeit mündete in die LP Fryheit, die erstmals keinerlei mitelalterliche Texte beinhaltet, sondern einen Bogen vom Bauernkrieg von 1525 über den [[|Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieg]] bis zur Revolution von 1848 spannt. Außerdem wirken Ougenweide in zwei Folgen über Die Stauffer, einem Film von Peter von Zahn, mit. Es folgen Auftritte in Fernseh-Musiksendungen wie Phonzeit, Liedercircus, Kultur- und Nordschau-Magazin sowie der Sesamstraße. Im gleichen Jahr sendet der Saarländische Rundfunk ein 45-Minuten-Portrait der Gruppe von einem Live-Auftritt in der mit 3000 Zuschauern ausverkauften Saarbrücker Saarlandhalle. Ebenfalls 1978 tritt die Band in den Niederlanden, der Schweiz, Österreich, Polen, dem Elsaß und in England auf.
Ab 1979 geben sie über 60 Konzerte jährlich, 1980 gibt es eine grosse Deutschland-Tournee.
1979 erscheint mit Ousflug die erste nicht von Reichel produzierte LP. Mit einer weiteren Walther-Vertonung, drei Tänzen, einem sozialdemokratischen Text des 19. Jh.s sowie einigen selbstgetexteten Stücken bietet Ousflug eine Art Quintessenz des bisherigen Schaffens der Band.
Nachdem noch 1979 eine Art "Best of"-Doppel-LP in der "Liederbuch"-Reihe der Polydor erschienen ist, vollzieht die Band mit dem 1980 veröffentlichten Album Ja-Markt einen radikalen Schnitt. Von "Minne-Rock" ist nicht mehr viel zu spüren, stattdessen wartet die Platte mit rockigeren Klängen zu fast ausschließlich selbstgeschriebenen, sozialkritischen Texten auf.
Diese Anfang der 80er freilich nicht mehr ganz zeitgemäße Mischung wird auf dem 1981 erschienenen Album "Noch aber ist April" beibehalten und noch um ein ganzes Stück weitergetrieben. Diese Entfernung vom ursprünglichen Bandkonzept mag mit dafür verantwortlich sein, dass die LP sich so schlecht verkauft, dass Ougenweide ihren Plattenvertrag verlieren.
Die Band tourt weiter, bis sie sich 1985 auflöst.
In den folgenden Jahren verfolgen die Musiker - z.T. bis heute - unterschiedliche Projekte: die Wulff-Brüder und Wolfgang von Henko schreiben Film- und Theatermusik, Olaf Casalich arbeitet u.a. als Trommellehrer, und alle sind hin und wieder als Gastmusiker für andere Musiker tätig (Frank Wulff z.B. ist festes Mitglied der Begleitband von Etta Scollo). Jürgen Isenbart unterhält eine Kochsendung beim Offenen Kanal Hamburg, für die er 1999 in Stefan Raabs Sendung "TV Total" für den "Raab der Woche" nominiert wird.
1996 tritt die Band in neuer Besetzung zusammen - Minne Graw und Jürgen Isenbart sind nicht mehr dabei - und veröffentlicht das Album SOL zusammen mit dem Tessera Streichquartett und dem prominent vertretenen Frauen-Chor Time Of Roses.
Im September 2004 erscheint die Compilation "Wol mich der Stunde" mit bislang unveröffentlichten Liveaufnahmen aus den Jahren 1970-1985. Zu diesem Anlass findet sich die Band für einen einmaligen Auftritt in einem Hamburger Club in Originalbesetzung zusammen. Ein Jahr später erscheint "Ouwe war", ebenfalls mit unveröffentlichten Liveaufnahmen.
2006 sollen die ersten vier Alben auf zwei CDs wiederveröffentlicht werden.
Besetzung
- Olaf Casalich (*03.10.1947, Hamburg): Gesang, Schlagzeug, Perkussion, Congas, Bongos, Becken, Zimbeln, Pauke, Maracas, Tabla, Triangel, Röhrenglocken, Kleine Trommel, Gong, Fellschelle, Djembe
- Wolfgang von Henko (*12.12.1949, Elmshorn): Akustische Gitarre, Konzertgitarre, Westerngitarre, Oktav-Gitarre, Elektrische Gitarre, Midi-Gitarre, E-Bow-Gitarre, Mandoline, Sample-Perkussion, Programming, Gesang
- Jürgen Isenbart (*24.04.1943, Hamburg): Glockenspiel, Xylophone, Marimbaphon, Marimba, Vibraphon, Perkussion, Schlagzeug, Schelle, Glocken, Röhrenglocken, Pauken, Stepptanz, Gesang [bis 1985]
- Stefan Wulff (*03.08.1954, Hamburg): E-Bass, Phaser Bass, Kontrabass, Akustische Gitarre, Effektorgel, Harmonium, Indisches Harmonium, E-Piano, Klavier, Flügel, Synthesizer, Psalter Synthesizer, Akkordeon, Zither, Kabasa, Talking Drum, Marimbaphon, Perkussion, Drum Programming, Mundharmonika, Gesang
- Frank Wulff-Raven (*28.06.1952, Hamburg): Querflöte, Alt-Querflöte, Bass-, Tenor-, Alt-, Sopran- und Sopraninoblockflöte, Krummhörner, Indische Metallflöte, Arabische Schnarrflöte, Chinesische Schnarrflöte, Chinesische Membranflöte, Lotusflöte, Schalmei, Tin Whistle, Muschelhorn, Bombarden, Musette, Alt-Saxophon, Klarinettino, Didgeridoo, Maultrommel, Akustische Gitarre, Elektrische Gitarre, Elektrische 12-saitige Gitarre, Mandoline, Mandola, Laute, Banjo, Bouzouki, Sitar, Saz, Dulcimer, Mandolinenbanjo, Zitôle, Drehleier, Kalimba, Harfenzither, Singende Säge, Schwirrholz, Flügel, Klavier, Indisches Harmonium, Glöckchen, Perkussion, Spieluhr, Waterphon, Gesang
- Minne Graw (*07.09.1952, Freiburg): Gesang, Harmonium, Cembalo, Klavier, Flügel, E-Piano, Fender Rhodes, Orgel, Positiv, Streicherorgel, Stringensemble, Synthesizer, Harfenzither, Marimba, Marimbaphon, Sopran-Blockflöte [1973 - 1985]
- Brigitte Blunck: Gesang, Chor, Perkussion, Knochen [bis 1973]
- Renee Kollmorgen: Gesang, Chor, Perkussion, Triangel [bis 1973]
- Stefan Rager: Schlagzeug, Perkussion, Marimba, Programming, Glocken, Toypiano, Harfenzither, Bodhran, Udu, Gesang [1996]
Diskografie
Auf LP (nicht mehr erhältlich):
- Ougenweide (1973, Zebra)
- All die weil ich mag (1974, Polydor)
- Ohrenschmaus (1976, Polydor)
- Eulenspiegel (1976, Polydor)
- Ungezwungen (Doppel LP/live) (1977, Polydor)
- Frÿheit (1978, Polydor)
- Ousflug (1979, Polydor)
- Liederbuch (Compilation 1973-1979) (1979, Polydor)
- Ja-Markt (1980, Polydor)
- Noch aber ist April (1981, Polydor)
- Ougenweide/Lieder aus 9 Jahrhunderten (4 LP-Box 1983, Polydor/Zweitausendeins)
Auf CD:
- Ougenweide (CD-Version des Albums von 1973) (1988, Polydor - nicht mehr erhältlich)
- Liederbuch Edition (CD-Version des Albums Ougenweide) (1993, Spectrum)
- Liederbuch (CD-Version der Compilation von 1979) (1988, Polydor (Universal))
- SOL (1996, Electrola (EMI))
- Eulenspiegel (Si-Wan Records)
- Wol mich der Stunde (2004, Sireena Records/FENN Music)
- Ouwe war (2005, Sireena Records/FENN Music)
- Ougenweide/All die weil ich mag (2006 [geplant], Bear Family)
- Ohrenschmaus/Eulenspiegel (2006 [geplant], Bear Family)
Verwandte Bands
Weblinks
- http://www.oton-studio.com/ Ougenweide O'Ton Studio Hamburg
- http://www.ougenweide.de/ Fan-Seite
- http://www.okkkk.de/ Kochsendung von Jürgen Isenbart