Ostfriesland

Region an der deutschen Nordseeküste im Norden des Landes Niedersachsen
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Ostfriesland ist eine gewachsene, relativ homogene Landschaftsgegend im Nordwesten Niedersachsens mit kulturellen Eigenheiten. Ostfriesland umfasst nach landläufiger Ansicht das Gebiet der ostfriesischen Halbinsel zwischen Ems- und Jademündung mit den vorgelagerten Inseln vonWilhelmshaven im Osten, der Nordsee im Norden bis zu den Niederlanden im Westen. Dies entspricht dem geografischen Ostfriesland, das allerdings nicht mit dem politischen Landkreis, eher dem kulturell-historischen übereinstimmt. Politisch bezeichnet Ostfriesland heute das Gebiet ohne das oldenburgische Friesland (Landkreis Friesland mit Zentrum Jever), den Ostteil der Halbinsel samt der Insel Wangerooge und das von Preußen aufgebaute Wilhelmshaven. Die Begrenzung nach Süden bildet der oldenburger sowie der stark katholisch geprägte cloppenburgisch-emsländische Raum.

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Wappen Ostfrieslands

Ostfriesen fühlen sich als Teil der friesischen Kultur, als Friesen, die zwischen den Nationalstaaten der Niederlande, Deutschlands und Dänemarks die Nordseeküste bewohnen.

Die jahrhundertelange Isolation durch die Nordsee im Norden und Moore im Süden bedingte eine sehr eigenständige Entwicklung Ostfrieslands. Deshalb gibt es noch heute einen schwachen Hang zum Separatismus.

Besiedlung

Früheste Siedlungsnachweise finden sich für jungpaläolithische Rentierjäger der Hamburger Kultur. Es folgen Nachweise mesolithischer Besiedlung und später neolithischer Siedlungen der Glockenbecherkultur, der Megalithkultur und der Schnurkeramiker. Für spätere Zeit ist die Siedlung germanischer Stämme aus dem Großverband der Ingwäonen nachgewiesen. Das waren Chauken und Friesen. Während ursprünglich Chauken das Gebiet zwischen Ems und Weser bewohnten, begannen etwa um die Zeitenwende Friesen in diesen Raum vorzudringen. Die Chauken wurden von diesen teils verdrängt, teils in deren Stammesverband aufgesogen. Seit dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert werden die Chauken nicht mehr erwähnt. Von der Landseite her drängten derweil sächsische Stämme in die Geestgebiete vor. Die späteren Ostfriesen gingen aus der Mischung dieser Bevölkerungsgruppen hervor. Im frühen Mittelalter war eine Besiedelung nur in höher gelegenen Geestgebieten und auf so genannten Warften (Erdhügel) im regelmäßig von der Nordsee überfluteten Marschland möglich. Erst der Deichbau (ab ca. 1000 n.Chr.) ermöglichte es den Friesen die gesamte Marsch zu besiedeln ("Gott schuf das Meer, der Friese die Deiche").

Geschichte

Nach der nur archäologisch zu erhellenden Vorgeschichte erschließt sich die Frühgeschichte Ostfrieslands teils über die Archäologie, teils über fremde z.B. römische Quellen. Klarer sieht man erst ab der frühkarolingischen Zeit. Damals existierte ein friesisches Großreich, das weite Teile des heutigen Westfriesland, Ostfriesland und Gebiete bis zur Weser umschloss und von Königen beherrscht wurde, deren Namen teilweise überliefert sind.

Unter Karl d. Großen wurde Ostfriesland in zwei Grafschaften geteilt. Zu dieser Zeit setzte auch die Christianisierung durch die Missionare Liudger und Willehad ein. Ostfriesland wurde dann zum Teil dem Bistum Bremen, zum anderen dem Bistum Münster zugeschlagen.

Mit dem Verfall des Karolingerreiches löste sich Ostfriesland aus den früheren Bindungen und es entstand ein Verbund selbständiger, selbst verwalteter Bezirke, die jeweils jährlich als ihre Vertreter sogenannte "Redjeven" (Rechtsprecher, Ratsmänner) wählten, die sowohl die Gerichtsbarkeit ausübten als auch die Verwaltung und Organisation ihrer Bezirke regelten. So blieb der im Mittelalter in Europa verbreitete Feudalismus in Ostfriesland unbekannt. Vielmehr verstanden sich die Friesen als freie Menschen, die keiner Obrigkeit verpflichtet waren.

Alljährlich versammelten sich während dieser Zeit der sogenannten Friesischen Freiheit, die vom 12. bis ins 14. Jahrhundert währte, Abgesandte der 7 friesischen Seelande am Upstalsboom nahe Aurich, um dort Recht zu sprechen und politische Entscheidungen von überregionaler Bedeutung zu treffen.

Im Verlauf des 14. Jahrhunderts zerfiel die Redjeven-Verfassung zusehends und weitere Ereignisse wie z.B. der Ausbruch der Pest und große Sturmflutkatastrophen sorgten für weitere Destabilisierung der Verhältnisse. Diese Situation machten sich dann einige einflussreiche Familien zu Nutze und schufen ein Herrschaftssystem indem sie als "Häuptlinge" (hovedlinge) die Macht über mehr oder weniger weite Gebiete an sich rissen. Dabei etablierten sie aber weiterhin kein Feudalsystem wie es im übrigen Europa zu finden war, sondern eher ein Gefolgschaftssystem, das älteren Herrschaftsformen germanischer Kulturen im Norden ähnelte indem die Bewohner der jeweiligen Machtbereiche zwar in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Häuptling standen, diesem verschiedentlich verpflichtet waren, im Übrigen aber ihre Freiheit behielten und sich auch anderweitig niederlassen konnten.

Es folgte eine Zeit, geprägt vom ständigen Streit der Häuptlingssippen um Machtbereiche, Einfluss und Vorherrschaft, die erst endete, als Ulrich Cirksena, ein Angehöriger eines der letzten einflussreichen Häuptlingsgeschlechter von Kaiser Friedrich III. in den Reichsgrafenstand erhoben wurde und er mit Ostfriesland als Reichsgrafschaft belehnt wurde.

Unter der Herrschaft des später in den Fürstenstand erhobenen Hauses Cirksena entwickelte sich Ostfriesland gesellschaftlich und wirtschaftlich vorteilhaft. Die größte Ausdehnung erreichte die Grafschaft unter Edzard dem Großen, dem bedeutendsten Cirksena-Herrscher, unter dessen Herrschaft auch die Ausbreitung der Reformation in Ostfriesland begann.

Während des Dreißigjährigen Krieges litt Ostfriesland große Not unter der Heimsuchung durch die Truppen des Grafen von Mansfeld.

Nachdem die Ordnung wiederhergestellt war, kam es zu einer unvergleichlichen Machtentfaltung der ostfriesischen Stände, die sich damit weitgehend unabhängig vom jeweiligen Landesherrn machten. Dies führte zu vielen Streitfällen aber der Versuch, die landesherrliche Macht wiederherzustellen schlug fehl. Aus der damaligen Vertretung der ostfriesischen Stände ging später die Ostfriesische Landschaft hervor, die noch heute deren Wappen führt, sich inzwischen aber von einer politischen Institution zu einer Einrichtung der Kulturpflege gewandelt hat.

Nach dem Tode des letzten Herrschers aus dem Hause Cirksena übernahm Friedrich der Große die Grafschaft Ostfriesland. Die nun folgende Zeit preußischer Herrschaft brachte für Ostfriesland einen erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung, verstärkte Öffnung nach außen und vielerlei Neuerungen. In diese Zeit fällt auch der Beginn der Moorkolonisierung und die Gründung der Fehnsiedlungen.

Nach der Schlacht von Jena fiel Ostfriesland an Frankreich und wurde als Departement in das Königreich Holland eingegliedert. Als die Franzosen nach der Schlacht von Leipzig wieder abzogen, wurde Ostfriesland noch einmal für kurze Zeit preußisch, wurde aber auf dem Wiener Kongress an das Königreich Hannover abgetreten. Die dann folgende Zeit war geprägt von Stillstand und teilweisem Rückschritt. Deshalb waren die Ostfriesen froh, als ihr Land 1866 wieder preußisch wurde und sich daraus tatsächlich umgehend ein Entwicklungsschub ergab.

Über die Zeit des Nationalsozialismus in Ostfriesland finden sich umfangreiche Darstellungen, die die besondere Problematik und die zum Teil sehr unterschiedlichen Reaktionen und Verhaltensweisen in der Region beleuchten. Es würde den Rahmen sprengen, das an dieser Stelle weiter ausführen zu wollen.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges, in dem besonders die Stadt Emden und das preußische Wilhelmhaven unter heftigem Bombardement gelitten hat, geriet Ostfriesland unter britische Besatzung.

Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland ist Ostfriesland Teil des neugegründeten Landes Niedersachsen.

Sprache

Bis zum 18. Jhdt. war die ursprüngliche Sprache Friesisch weitgehend durch das (ostfriesische) Plattdeutsch abgelöst, das in Ostfriesland noch heute von mehr als der Hälfte der Bevölkerung aktiv gesprochen wird. Ostfriesisch, das in zwei Varianten - einer ems- und einer weserfriesischen Form existierte - überlebte etwas länger auf den Inseln, z.B. auf Wangerooge und ist bis heute erhalten im nicht zu Ostfriesland gehörenden Saterland, das in früherer Zeit abgewanderten Ostfriesen als Zuflucht diente, wo sich die Sprache als Saterfriesisch (Seeltersk) wegen der Abgelegenheit der Region bis in die Gegenwart erhalten konnte und heute eine der kleinsten Sprachinseln Europas bildet.

Kulturelle Besonderheiten Ostfrieslands sind der sprichwörtliche hohe Teekonsum (80% des dt. Konsums), eigene Sportarten wie Boßeln, Klootschießen und Pulsstockspringen und besondere Festtagsbräuche wie z.B. das Aufstellen des Maibaums am Vorabend des 1. Mai(das in eine große eurasische Traditionslinie gehört, in Ostfriesland aber eine eigene Form und eigene Regeln ausgeprägt hat), das Brautpfadlegen zu Himmelfahrt, das Martinisingen und andere. Einige besondere Traditionen haben sich zudem auf den Inseln erhalten.

Die Typische Form des ostfriesischen Bauernhauses ist das Gulfhaus.

Ostfriesland ist bekannt durch die ostfriesischen Inseln Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, LangeoogundSpiekeroog. Die Insel Wangerooge gehört zum Landkreis Friesland mit Sitz in Jever, ist also Oldenburger Gebiet. , durch die weite Verbreitung von Ostfriesenwitzen und nicht zuletzt durch Otto Waalkes.

Städte und Gemeinden in Ostfriesland

Siehe auch: Friesland, Westfriesland