Kirgisistan

Staat in Zentralasien
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Kirgisien (auch Kirgisistan oder Kirgistan; kirgisische Selbstbezeichnung Кыргызстан/Kyrgysstan; offiziell Kirgisische Republik, kirgisisch Кыргыз Республикасы / Kyrgys Respublikasy, russisch Кыргызская Республика / Kyrgysskaja Respublika) ist ein Staat in Zentralasien. Er grenzt im Norden an Kasachstan, im Südosten an China, im Süden an Tadschikistan und im Westen an Usbekistan. Die Hauptstadt ist Bischkek.

Кыргыз Республикасы
Kyrgys Respublikasy
Kirgisische Republik
Flagge Kirgisiens
Flagge Kirgisiens
(Details)
Amtssprache Kirgisisch, Russisch¹
Hauptstadt Bischkek
Staatsform Präsidialrepublik
Präsident Kurmanbek Bakijew
Premierminister Felix Kulow
Fläche 199.900 km²
Einwohnerzahl 5.081.429 (Stand Juli 2004)
Bevölkerungsdichte 25 Einwohner pro km²
BIP/Einwohner 350 US-$ (2004)
Unabhängigkeit von der Sowjetunion am 31. August 1991
Währung Som
Zeitzone UTC+5
Nationalhymne Ak möngülüü aska
Kfz-Kennzeichen KS
Internet-TLD .kg
Vorwahl +996
(¹) in Gebieten mit mehrheitlich russischer Bevölkerung
Karte Asien, Kirgisien hervorgehoben
Karte Asien, Kirgisien hervorgehoben
Karte von Kirgisien
Karte von Kirgisien

Im allgemeinen Sprachgebrauch und in den Medien herrscht eine gewisse Unklarheit über den genauen Landesnamen. Die Bezeichnungen Kirgisien und Kirgistan (oder seltener Kirgisistan) enthalten jeweils unterschiedliche politische Untertöne. Der Name Kirgisien stellt eine Eindeutschung des russischen Namens Киргизия dar, der während der Zarenzeit und der Sowjetzeit galt. Nach dem Zerfall der Sowjetunion versuchten die Kirgisen, ihre nationale Identität durch die Rückbesinnung auf ihre turksprachige Kultur zu stärken und wählten als Landesnamen Кыргызстан/Kyrgysstan. Dieser Name mit der ursprünglich persischen Endung für Region oder Land "-stan" unterstreicht die kulturelle Beziehung zu anderen turksprachigen Ländern wie Kasachstan, Turkmenistan, Usbekistan usw.

Geographie

 
Die Topographie Kirgisiens

Kirgistan liegt im Hochgebirge Tienschan; die höchsten Erhebungen erreichen 7.439 m und 7.134 m. Die Bevölkerung konzentriert sich vor allem im Tschutal im Norden und dem Ferganatal im Süden sowie in geringerem Maße in Bergtälern wie dem um den großen See Issyk-Kul(Eindeutschung des russischen Namens. Auf kirgisisch heißt der Name "Yssyk-Köl"/Ысык-көл). Den südlichen Abschluss des Landes bildet die Gebirgskette des Alai.

Bis in eine Höhe von 1.500 m besteht das Land aus Steppe, die allerdings durch weitläufige Bewässerungssysteme urbar gemacht worden ist. Ab 1.500 m herrschen alpine Wiesen und Weiden vor, die bis an die Schneefelder und Gletscher heranreichen. In den Wäldern leben Reh, Bär, Marder, Wildschwein und Luchs. In den Hochlagen gibt es die höchst seltenen Schneeleoparden und Marco-Polo-Schafe. Murmeltiere sind in den Hochwiesen weit verbreitet, und seit dem Zusammenbruch der sowjetischen Massenweidetierhaltung dringen Wölfe wieder in wachsender Zahl in die Gegend ein.

Bevölkerung

Die Kirgisen sind ein Turkvolk und bekennen sich überwiegend zum sunnitischen Islam. Außerdem leben Russen, Usbeken, Tadschiken, Dunganen (chinesische Muslime), Ukrainer, Uiguren, Tataren und Angehörige weiterer Ethnien, wie etwa 57.000 Mescheten, im Lande. Anfang der 1990er Jahre lebten noch ca. 100.000 Deutsche dort; sie sind inzwischen mehrheitlich nach Deutschland ausgewandert, aber es gibt noch kleine deutsche Gemeinden in Dörfern wie Luxemburg und Rotfront.

Siehe auch: Liste der Städte in Kirgisien

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte Kirgisiens

Das Gebiet des heutigen Kirgistan wurde im 8. Jahrhundert von turkstämmigen Kirgisen bevölkert. Den nächsten Eckpunkt der Geschichte markiert das Jahr 1291, als das Land von Dschingis Khan erobert wurde. Das Gebiet blieb mongolisch, bis es im 18. Jahrhundert von den Chinesen unterworfen wurde. Ein gutes Jahrhundert später, 1875, übernahmen die Russen das Land und gliederten es ins Zarenreich ein. Nach 1918 wurde es schrittweise in die Sowjetunion eingegliedert und errang erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 seine Unabhängigkeit. Das Parlament wählte Askar Akajew zum neuen Staatspräsidenten und gab sich 1993 eine Verfassung.

Politik

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Zentralasien am Ende des 19. Jahrhunderts

Die Verfassung von 1993 ist an westlichen Vorbildern orientiert und sieht ein gewaltenteilendes Regierungssystem mit einer starken Stellung des Staatspräsidenten sowie eine weite Palette an Grundrechten vor. Durch Referenden zur Verfassungsänderung im Februar 1996 und Oktober 1998 wurde die ohnehin starke Stellung des Präsidenten zu Lasten des Parlaments weiter ausgebaut und der Trend zur autoritären Präsidialdemokratie bestätigt. Ein erneutes Verfassungsreferendum im Februar 2003 änderte daran wenig. Der Präsident konnte das Parlament auflösen, er bestimmte den Regierungschef, die Minister, Richter und Gouverneure der Oblaste. Die Exekutive besteht aus dem Regierungskabinett, den Ministerien und staatlichen Komitees, den Oblasten (Verwaltungsbezirken) und der lokalen Administration.

Nach dem Wahlgesetz hat jeder kirgisische Staatsbürger ungeachtet seiner Herkunft, Rasse, Geschlecht, Ethnie, religiösen oder politischen Überzeugungen ab 18 Jahren das Recht zu wählen und kann ab 25 Jahren selbst gewählt werden. Als erstes Land in Zentralasien Kirgisien im Dezember 2001 Wahlen auf Ebene der Lokalverwaltungen abgehalten. Seit 2003 unterstützt die Weltbank die ländlichen Gemeinden bei der Erstellung und Durchführung ihrer eigenen örtlichen Investitionspläne, und ein deutsches Projekt, von der KfW finanziert, wird sich voraussichtlich 2005 ebenfalls an dieser Aufgabe beteiligen.

Bis März 2005 bestand das Parlament (Dschogorku Kenesch) aus zwei Kammern mit insgesamt 105 Sitzen, der ständig tagenden Gesetzgebenden Kammer (60 Sitze) und der Volkskammer (45 Sitze). Die Verfassungsänderung vom Februar 2003 führte dann ein Einkammersystem mit 75 Abgeordneten ein, was mit der Parlamentswahl von 2005 wirksam wurde.

Im Februar 1995 wurde erstmals in der kirgisischen Geschichte in demokratischen Wahlen ein Parlament gewählt. Die regierungsnahen Parteien erhielten damals rund 55 % der Stimmen. In den zweiten, von Wahlmanipulationen überschatteten Parlamentswahlen im Februar/März 2000, wurden 15 der 105 Sitze beider Kammern nach Parteilisten vergeben. Stärkste Partei wurde die oppositionelle Kommunistische Partei mit 27,7 % der Stimmen. Auf die vier regierungsnahen Parteien "Union Demokratischer Kräfte", "Demokratische Frauenpartei", die "Partei der Afghanistan-Veteranen" sowie die Partei "Mein Land" entfielen zusammen rund 40 %. Die übrigen fünf zur Wahl zugelassenen Parteien scheiterten an der 5%-Klausel. Es gibt in Kirgistan mehr als 30 registrierte politische Parteien, deren Status durch das "Gesetz über politische Parteien" geregelt ist. Davon sind ca. neun Parteien der Opposition zuzuordnen. Genaue Abgrenzungen der Oppositionsparteien von Regierungsparteien und der Regierung nahestehenden Parteien sind nur in wenigen Fällen eindeutig möglich, da sich politische Bündnisse und Allianzen schnell ändern.

Der erste Präsident Askar Akajew wurde 1990 vom kirgisischen Obersten Sowjet in das Amt des Staatspräsidenten gewählt und im Dezember 1995 in den ersten freien Wahlen mit 70 % der Stimmen wiedergewählt. Obwohl die Verfassung nur zwei Amtszeiten vorsah, entschied das Verfassungsgericht im Sommer 1998, dass der Präsident sich im Jahr 2000 erneut zur Wahl stellen konnte, da bei seiner ersten Wahl die erst 1993 in Kraft getretene Verfassung noch nicht galt.

 
Kirgisische Bauern in der Nähe des Issyk Kul

Das in den ersten Jahren der Unabhängigkeit als "Insel der Demokratie" bekannte Land sah sich seitdem mit zunehmender internationaler Kritik im Menschenrechtsbereich konfrontiert. Sowohl die Parlamentswahlen im Februar/März 2000 wie auch die Präsidentschaftswahl am 29. Oktober 2000 wurden von der OSZE, die Beobachtermissionen entsandt hatte, als nicht den Kriterien der OSZE entsprechend kritisiert. Die Verurteilung des ehemaligen Vizepräsidenten, Sicherheitsministers und Bischkeker Bürgermeisters, Felix Kulow, im März 2001 wegen Amts- und Machtmissbrauchs zu sieben Jahren Gefängnis, die Verhaftung des Parlamentariers Beknasarow im Januar 2002, ebenfalls wegen Machtmissbrauchs, und der Tod von fünf Demonstranten durch Polizeischüsse in der Stadt Aksy im März 2002 löste im In- und Ausland Proteste aus. Zwar herrschte im Land insgesamt noch immer ein im Vergleich zu anderen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion eher liberales Klima mit einer aktiven und starken Zivilgesellschaft, aber positive Reformschritte wie Ansätze zu Reformen im Justizwesen und der Gefängnisverwaltung, Einführung von Wahlen auf Ebene der Lokaladministration u. a. waren begleitet von anhaltenden Einschüchterungsversuchen gegenüber unabhängigen Stimmen aus Presse und Opposition.

Bei weitgehender Gewährleistung der Religionsfreiheit ging die Regierung besonders nach dem Einbruch von Freischärlern im Südwesten des Landes in den Jahren 1999 und 2000 und infolge der Ereignisse vom 11. September 2001 konsequent gegen fundamentalistisch-islamische Gruppen vor, die sie als eine Gefahr für die säkulare Struktur und Stabilität des Landes betrachtete.

 
Kirgisische Landschaft mit Pferden

Kirgistan ist den wichtigsten Menschenrechtsabkommen beigetreten und hat sich dem OSZE-Wertekanon unterworfen. Die kirgisische Verfassung garantiert eine weite Palette von Grundrechten, deren Durchsetzbarkeit aber selten von den Bürgern getestet wird. Es gibt weder eine rechtsstaatliche Tradition noch eine unabhängige Justiz. Aus Anlass des 50. Jahrestages der Erklärung der Menschenrechte verkündete Präsident Akajew am 5. Dezember 1998 ein zweijähriges Moratorium für die Vollstreckung der Todesstrafe (von 1996 bis 1998 wurden 82 Todesurteile vollstreckt). Das Moratorium wurde seitdem alljährlich erneuert und ist weiterhin gültig. Ende 2002 trat der erste Ombudsman des Landes seinen Dienst an.

Machtwechsel 2005

Im Februar und März 2005 fanden in zwei Runden Wahlen zum kirgisischen Parlament statt, zu denen die OSZE, GUS und die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) Wahlbeobachter entsandten. Präsident Askar Akajew warf der Opposition im Vorfeld der Wahlen vor, sich "Technologien der samtenen Revolution" zu bedienen. Seine Aussage bezog sich auf die kurz vorher stattgefundenen Ereignisse in Georgien und der Ukraine, bei denen die jeweiligen Demokratie-Bewegungen dieser Länder einen Machtwechsel herbeiführen konnten. Aufgrund der durch internationale Beobachter gestützten Vermutung, Akajew habe die Abstimmung zu seinen Gunsten manipuliert, kam es ab Mitte März 2005 zu teilweise gewalttätigen Protestdemonstrationen, vor allem im wirtschaftlich rückständigen Süden des Landes. Am 24. März 2005 wurde die Regierung gestürzt. Eine Menschenmenge stürmte den Regierungssitz in Bischkek. Der Präsident floh nach Kasachstan und von dort nach Moskau.

Die neuen Machthaber, eine lose Zweckkoalition aus Akajewgegnern ohne eindeutige Führung und klares Programm, erkannten zuerst das noch bestehende alte Parlament an und kündeten Neuwahlen für den Herbst 2005 an. Am Abend des 24. März 2005 wurde Ischenbai Kadyrbekow vom Oberhaus des alten Parlaments zum Übergangspräsidenten gewählt, dann aber nicht vom Unterhaus bestätigt. Am Morgen des 25. März 2005 teilte der frühere Premierminister Kurmanbek Bakijew mit, er sei zum amtierenden Staats- und Regierungschef gewählt worden. Innerhalb der folgenen Tage wurde dann das neue Parlament doch anerkannt, und beide Häuser des alten lösten sich auf. Felix Kulow, erst am 24. März aus der Haft befreit und zum Sicherheitskoordinator ernannt, trat bereits fünf Tage später von diesem Posten zurück und kündigte seine Kandidatur bei den nächsten Präsidentschaftswahlen an.

Am 3. April erklärte Askar Akajew im russischen Fernsehen seinen Rücktritt als Präsident, und am 4. April unterschrieb er in der kirgisischen Botschaft in Moskau die entsprechende Erklärung. Danach befasste sich das kirgisische Parlament mehrfach mit dieser Angelegenheit, akzeptierte den Rücktritt aber erst am 11. April, nachdem es erst eine Reihe der mannigfachen Privilegien (Immunität, finanzielle und wirtschaftliche Vergünstigungen, Grundbesitz usw.) annulliert hatte, die dem ehemaligen Präsidenten und seiner Familie in den letzten Jahren zugeschanzt worden waren.

Neue Präsidentschaftswahlen wurden für den 10. Juli angesetzt. Übergangspräsident Kurmanbek Bakijew gewann diese mit sehr großem Vorsprung und ernannte nach seinem Amtsantritt Felix Kulow zu seinem Ministerpräsidenten.

Siehe auch: Parlamentswahlen in Kirgisien 2005

Verwaltungsgliederung

 
Verwaltungsgliederung in Kirgisien

Kirgistan ist in 7 Provinzen ("Oblasten") und das zu keiner Oblast gehörende Gebiet der Hauptstadt Bischkek gegliedert. Die Oblaste untergliedern sich wiederum in 40 Rajone (Landkreise). Die Stadt Bischkek ist in 4 Rajone untergliedert. Die Rajone wiederum untergliedern sich in insgesamt 470 ländliche Lokalverwaltungen (Gemeinden, Aiyl Okmotu) und 22 Städte.

Oblast kirgisische Bezeichnung Nr. auf
der Karte
Verwaltungssitz
Oblast Batken Баткен областы (2) Batken
Oblast Tschuj Чүй областы (3) Tokmok
Oblast Osch Ош областы (4) Osch
Oblast Naryn Нарын областы (5) Naryn
Oblast Dschalal-Abad Жалал-Абад областы (6) Dschalal-Abad
Oblast Talas Талас областы (7) Talas
Oblast Yssyk-Köl Ысык-Көл областы (8) Karakol
Stadt Bischkek (1)  

Infrastruktur

Hochgebirge trennen den Norden und den Süden Kirgistans; die Verkehrsverbindungen sind mangelhaft.

Das Schienennetz hat eine Länge von nur 370 km, daher spielt das Straßennetz die Hauptrolle. Auf dem See Issyk Kul besteht geringer Schiffsverkehr.

Wirtschaft

Das 1991 unabhängig gewordene Land übernahm eine vollkommen auf den Markt der Sowjetunion ausgerichtete Wirtschaftsstruktur. Die Restrukturierung derselben und die Privatisierung der Betriebe wurden zwar in Angriff genommen, auch mit Hilfe internationaler Organisationen wie des IWF und der Weltbank, gerieten aber immer wieder aufgrund Korruption, politischer Opposition und mangelndem Investoreninteresses ins Stocken. Dennoch bekam die Regierung ein ökonomisches Grundproblem postsowjetischer Staaten, hohe öffentliche Ausgaben bei gleichzeitigem Einbruch der Staatseinnahmen, relativ gut in den Griff. Das Haushaltsdefizit nahm im Laufe der 1990er stetig ab, sodass 2001 sogar ein kleiner Überschuss vermeldet werden konnte. Dennoch bleibt die Haushaltsplanung problematisch. Naturkatastrophen in den darauffolgenden Jahren erhöhten die öffentlichen Ausgaben und sorgen für ein Haushaltsdefizit 2002 und 2003. Ein großer Schwarzmarkt (geschätzte 40-50 % des BIP), korrupte und inkonsequente Steuereintreibung und niedrige Steuersätze sorgen für sehr beschränkte Haushaltsmittel; Maßnahmen wie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 20 % im Jahre 2004 wurden ergriffen.

Mit 35 % des BIP ist die Landwirtschaft die Basis kirgisischer Wirtschaft. 75 % des Ackerlandes wurden an die ländliche Bevölkerung verteilt, der Rest wurde den ländlichen Gemeindeverwaltungen unterstellt, damit sie durch Pachteinnahmen eine eigene Finanzquelle haben. 85 % der landwirtschaftlichen Produktion stammen mittlerweile aus Privatbetrieben. In der kirgisischen Landwirtschaft sind nach dem starken Rückgang im Zuge des Zusammenbruchs der UdSSR seit einigen Jahren wieder Zuwächse zu verzeichnen, und die Gesamtproduktion liegt heute deutlich über der der letzten Sowjetjahre. Angebaut werden in den Tälern vorwiegend Weizen, Kartoffeln, Zuckerrüben und Gemüse, im Süden außerdem Tabak und Baumwolle. Problematisch für die Landwirtschaft sind das unbeständige Wetter, zahlreiche Naturkatastrophen und die Knappheit von Düngemitteln, Maschinen und Treibstoff.

Mit über 35 % trägt der Dienstleistungssektor seit einiger Zeit mehr zum BIP bei als die dominierende Landwirtschaft. Die Liberalisierung der kirgisischen Wirtschaft führte zum Erstehen unzähliger Familienbetriebe im Einzelhandels- und Nahrungsmittelgewerbe.

Die landschaftliche Schönheit Kirgistans birgt ein gewisses touristisches Potenzial, das zur Realisierung aber eine entsprechende, noch nicht vorhandene Infrastruktur voraussetzt. So beschränkt sich der Fremdenverkehr bisher größtenteils auf die jährlich etwa 400.000 Besucher aus den alten Sowjetrepubliken und auf junge Abenteuertouristen.

Weitere 15 % des BIP bildet die Industrie, vorrangig die Gewinnung von Gold und in geringerem Ausmaß Antimon aus Minen in den abgelegenen Bergregionen des Landes. Die staatseigene Gesellschaft Kyrgysaltyn überwacht die Tätigkeiten aller Minen. Es wird mit der Erschöpfung der betriebenen Minen im Jahre 2009 gerechnet; es gibt nur wenig Fortschritt im Entdecken und Erschließen neuer Vorkommen.

Die zum größten Teil ebenfalls staatlich kontrollierte Förderung von Gas, Öl und Kohle ist im Vergleich zu den anderen zentralasiatischen Republiken marginal. Das ohnehin beschränkte Potenzial kann aufgrund mangelnder und mangelhafter Anlagen nicht optimal genutzt werden.

Kirgistan besitzt Uranvorkommen; eine Anlage zur Herstellung von angereichertem Uran ist in Planung. Diese soll von einem russisch-kasachisch-kirgisischem Joint Venture erstellt und betrieben werden; die Gelder kommen zum Großteil aus Russland. Ein erhebliches Problem, das dringend gelöst werden muss, sind die vielen ungesicherten nuklearen Abfalllager aus sowjetischer Zeit; die Weltbank hat 2004 mit einem ersten Projekt diese Problematik in Angriff genommen.

Mit Ausnahme der Textil- und Nahrungsmittelindustrie können andere Industriebranchen kein oder kaum Wachstum seit den frühen 1990er Jahren nachweisen; sogar im Vergleich zu den anderen GUS-Staaten war der Rückgang der Industrieproduktion um 70 % sehr dramatisch. Kaum Investitionen und Umstrukturierungen lassen darauf schließen, dass es in näherer Zukunft keine Basis für eine grundlegende Erholung der kirgisischen Industrie geben wird.

Eine strenge Währungspolitik konnte die Inflation von über 700 % (1993) und 200 % (1994) auf Werte zwischen 2 % und 3 % im Jahre 2004 drücken.

Regionale Disparitäten

Während zu Sowjetzeiten im Norden moderne urbane Zentren gegründet wurden, blieb der Süden mit seiner großen usbekischen Minderheit ländlicher geprägt. Ethnische Konflikte im Süden sowie eine Unterrepräsentanz des Südens in der kirgisischen Politik bergen weiter ein Spannungspotenzial. Diesem wird versucht zu begegnen mit präsidentaler Kontrolle über die Provinzgouverneure einerseits sowie Investitionsprogrammen für den Süden andererseits.

Wirtschaftliche Außenbeziehungen

Als erster GUS-Staat wurde Kirgistan 1998 Mitglied der WTO. Geschichte und isolierte Lage des Landes binden es aber weiterhin eng an die anderen ehemaligen Sowjetrepubliken. Die Auslandsverschuldung beläuft sich auf 1 Mrd. Euro (das entspricht 85 % des BIP) und ist vor allem auf schlecht geplante und durchgeführte Investitionsprogramme zurückzuführen, die mit ausländischen (insbesondere russischen und türkischen) Krediten in den ersten Jahren der Unabhängigkeit finanziert wurden. Ziel der Regierung war es daher, ausländische Direktinvestitionen ins Land zu bekommen sowie den Exportsektor jenseits des traditionellen Goldexports auszubauen. Dieser sorgt für 40 % der Exporteinnahmen und sogar für über zwei Drittel der Einnahmen aus Exporten in Nicht-GUS-Staaten. Importiert wird immer noch hauptsächlich aus den GUS, vor allem Kasachstan bildet sich als Haupthandelspartner in der Region heraus, zuungunsten des anderen Nachbarn Usbekistan, mit dem es wiederholt zu Grenzstreitigkeiten gekommen ist.

Kultur

Literatur

Das zentrale Werk der kirgisischen Literatur is das große Manas-Epos, erheblich länger als die Odyssee und seit etwa 1000 Jahren durch mündlicher Überlieferung bewahrt und weitergeformt. Es besingt die Taten des mythologischen Helden Manas und seiner Nachkommen, die im 10. Jahrhundert im Kampf mit den benachbarten Uiguren die kirgisische Freiheit bewahrten.

Der wohl bekannteste moderne kirgisische Autor ist der in russischer Sprache schreibende Tschingis Aitmatow.

Weiterführende Literatur

  • Wassilios Klein, Das nestorianische Christentum an den Handelswegen durch Kyrgyzstan bis zum 14. Jh., Turnhout 2000 (Silk Road Studies 3)