Der Amazonas (auch Amazonenstrom, portugiesisch Rio Amazonas bzw. im Oberlauf Rio Solimões, früher Rio Orellana) ist der wasserreichste und zweitlängste Fluss der Erde. Er befördert mehr Wasser als Nil, Mississippi und Yangtse zusammengenommen, insgesamt ein Sechstel aller Flüsse weltweit. Rechnet man die Quellflüsse hinzu, ist der Amazonas insgesamt mit 7.250 km Länge auch der längste Fluss der Welt. Die Breite des Flusses beträgt in Brasilien meist mehrere Kilometer und variiert jahreszeitlich bedingt durch die schwankenden Niederschläge an den Oberläufen. In den Zeiten größter Wassermengen kann er die angrenzenden Wälder auf einer Breite von bis zu 100 km überschwemmen. Die betroffenen Überschwemmungswälder bilden die "Várzea", ein einzigartiges Ökosystem. Im Mündungsbereich des Amazonas liegt die Flussinsel Marajó (siehe Karte). Rechnet man diese 49.000 km² große Insel sowie die südlich von ihr mündenden Flüsse (insb. den Rio Tocantins) hinzu, hat das Mündungsdelta des Amazonas eine Breite von mehreren hundert Kilometern. Der Amazonas besitzt 1100 größere Nebenflüsse, von denen 17 über 1600 km lang sind. Er durchquert von West nach Ost eine Landschaft, die man als Amazonasbecken bezeichnet.


Etymologie
aus Meyers Konversationslexikon 1888
Die Herkunft des Namens ist nicht eindeutig geklärt. Teilweise wird der Name darauf zurück geführt, dass die Entdecker unter der Führung von Francisco de Orellana kämpfende Eingeborenenfrauen gesehen hätten und den Fluss daher nach den Amazonen benannten. Andere meinen, dass eines der angetroffenen Eingeborenvölker einen Namen gehabt hätte, der so ähnlich klingt und in lateinischer Schrift dann zu "Amazonas" wurde. Wieder andere sehen als Ursprung den Namen "Amassunú", mit dem die Tupi-Indianer den Fluss bezeichnet haben sollen. Weitere Möglichkeiten wären von den indianischen Wörtern amazonassa, amacunu für "Wasserlärm", wie die Indianer am Oberlauf ihn nannten oder Amassonas für "Schiffsverstörer", wie ihn die Indianer beim Rio Negro nannten.
Umgekehrt gab der Fluss dem Amazonasbecken, aber auch mehreren Provinzen in Brasilien, Venezuela und Kolumbien den Namen.
Quelle und Mündung
Der Amazonas entspringt in den peruanischen Anden. Seine Quellflüsse heißen Marañón, Huallaga und Ucayali. Der linke und nördlichste der drei ist der 1.600 km lange Marañón, der mit seinem Ursprung im Lago Lauricocha lange Zeit als der Quellfluss des Amazonas galt. Der Ucayali ist mit 1960 km deutlich länger und besitzt mehrere Quellflüsse. Der größte dieser Quellflüsse ist der Río Apurímac mit 900 km Länge. Dessen Quelle, zwischen Cusco und Arequipa gelegen, liegt am Nordhang des Nevado Mismi, rund 160 km westlich des Titicacasees. Die Flüsse vereinigen sich südwestlich von Iquitos in Peru. Auf brasilianischem Gebiet nimmt der Amazonas allein 220 Nebenflüsse auf, von denen etwa 100 schiffbar sind. Er besitzt einige größere Nebenflüsse wie den Tigre, der seine Quelle östlich des Yerupaja hat. Ab der peruanisch-brasilianischen Grenze heißt der Amazonas nunmehr Rio Solimões. Bei der Vereinigung des Rio Solimões mit dem Rio Negro bei Manaus bekommt der Fluss auch in Brasilien wieder den Namen Amazonas. Der nördliche Mündungsbereich bildet ein Ästuar (Trichtermündung) mit beginnendem Unterwasserdelta. Der Amazonas ist bei Manaus noch etwa 280 km vom Äquator entfernt. An seiner Mündung bringt der Amazonas ca. 190.000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde, also etwa 6 Billionen Kubikmeter pro Jahr, in den Atlantik, was dem über 23-fachen Durchsatz der Wolga, des wasserreichsten Stromes Europas, entspricht. Dieses Amazonastiefland ist infolge des geringen Gefälles der Nebenflüsse (3,8 Zentimeter je Kilometer) vielfach durch natürliche Kanäle miteinander verbunden. Die Gewässer südlich von Marajó (Tocantins, Guamã und andere) bilden den Rio Pará, welcher durch die Bahia de Guajará(ca. 20 km breit) in den Südatlantik fließt. Die Landenge zwischen Marajó und dem Kontinent ist bei der Stadt Breves am schmalsten, jedoch mit Ozeanschiffen zum Amazonas befahrbar.
Verkehr
Der Amazonas ist auch heute noch Hauptverkehrsader des Amazonasgebiets, insbesondere für den Gütertransport. Die meisten Städte sind mit Linienflügen zu erreichen, jedoch für einen großen Teil der Bewohner des Amazonasgebietes nicht erschwinglich. Straßen sind während der Regenzeit meist unpassierbar.
Der Amazonas ist von der Atlantikküste bis Manaus mit Ozeanschiffen befahrbar. Selbst die Nebenflüsse Rio Tapajos und Rio Negro werden mit Kreuzfahrtschiffen befahren. In Manaus und inzwischen auch in einigen anderen Orten können diese großen Schiffe anlanden. Elf der dem Amazonas zufließenden Flüsse zählen selbst zu den zwanzig wasserreichsten Flüssen der Erde.
Flora und Fauna
siehe dazu den Artikel: Amazonasbecken
Es wird geschätzt, dass der Amazonas etwa 5000 verschiedene Fischarten beherbergt, das sind mehr als der ganze Atlantik. Der Fischreichtum spiegelt sich auch in den Speisekarten wider. Zu den wichtigsten Speisefischen zählen: Tambaquí (Colossoma macropomum), Jaraqui, Filhote, Tucunaré (Cichla spp.), Pirarucú (Arapaima gigas). Darüber hinaus gibt es aber eine Unmenge von regional vorkommenden Fischen, darunter Arten von Piranhas, der urzeitlich aussehende Tamuatã, und andere.
Zu den besonders bedrohten Tierarten, die den Amazonas besiedeln, gehören der "Peixe-Boi", eine mit dem Dugong und den Seekühen nahe verwandte Art und der rosafarbene Flussdelfin (Amazonasdelfin; bras. Boto vermelho).
Im Amazonas schwimmen grüne "Inseln", die sich aus miteinander verhakten mitgeschwemmten Bäumen entwickeln oder bei Hochwasser losgerissene Wasserpflanzen und über Wurzeln vernetzte Grasinseln. Sie können über hundert Meter lang werden und bilden ein eigenes Biotop.
Pororoca
Ein einzigartiges Naturphänomen ereignet sich einige Male im Jahr bei Neu- und Vollmond um die Frühjahrssonnenwende. Eine bis zu vier Meter hohe Welle rollt mit der einsetzenden Flut vom Atlantik her bestimmte Zuflüsse des Amazonas mehrere Kilometer flussaufwärts. Nach der Bezeichnung poroc-poroc, was in der Sprache der Tupi etwa "großer, zerstörerischer Lärm" heißt, wird sie Pororoca genannt.
Voraussetzung für die Entstehung dieses Phänomens ist das Zusammentreffen der hohen Wasserstände des Amazonas im Frühjahr der Nordhalbkugel und die Springflut bei Voll- oder Neumond. Von den Anwohnern wegen ihrer Zerstörungskraft gefürchtet, zieht die Pororoca Surfer aus aller Welt an. Der Brasilianer Picuruta Salazar hielt sich 37 Minuten und ca. 12 Kilometer auf der Welle.
Bedrohung des Amazonas
Nicht nur der wunderschöne Regenwald im Amazonasgebiet wird von den Menschen langsam zerstört, auch der Fluss selber wird schon lange vergiftet: Goldgräber haben in den vergangenen 10 Jahren mehr als 2000 t Quecksilber in den Amazonas geschüttet. Quecksilber hat durch seine hohe Dichte die Eigenschaft, nur Gold in sich aufzunehmen; Schmutz und Schlamm bleiben außerhalb der Quecksilberkugel.
Diese Eigenschaft machen sich die Goldgräber zu nutze und werfen jährlich allein 800 t Quecksilber in den Rio Tapajós. Doch die Goldgräber beachten dabei nicht, dass Quecksilberdämpfe, die bei dem Trennen von Gold und Quecksilber entstehen, äußerst giftig für Mensch und Tiere sind. Folgen einer Quecksilbervergiftung sind oft schwere Erbschäden wie Missbildungen, doch häufig endet eine Vergiftung mit dem Tod.
Große Städte am und bedeutende Nebenflüsse des Amazonas
- L=Linker Zufluss
- R=Rechter Zufluss
- L Rio Napo
- Grenze Peru/Brasilien, ab hier Rio Solimões
- R Rio Juruá
- R Rio Purus
- L Rio Negro, bei Manaus, ab hier wieder Rio Amazonas
- R Rio Madeira
- R Rio Tapajós, bei Santarém
- L Rio Paru
- R Rio Xingú
- Flussaufspaltung im Delta mit der größten Flussinsel der Erde, der Ilha de Marajó
- R Rio Tocantins, in der Nähe von Belém
Der Amazonas hat eine braune Färbung, die von der Sedimentfracht herrührt, die insbesondere aus den in den Anden liegenden Quellflüssen eingetragen wird. 90 Prozent der Sedimente, die der Amazonas mitführt, werden durch den Madeira, den Ucayali und den Marañon eingetragen. Einige Zuflüsse kommen aber aus kristallinen Gebieten mit geringer Sedimentfracht (z. B. der Rio Tapajós, der Rio Negro und der Rio Xingu).
An den Zusammenflüssen unterschiedlich gefärbter Flüsse zeichnen sich die verschiedenen Farben der Wassermassen zum Teil kilometerweit ab. Jährlich werden an der Stadt Óbidos, etwa 800 km vor der Mündung, 1,2 Milliarden Tonnen Sediment vorbeitransportiert. Davon erreichen etwa 75 Prozent den Atlantik, die restlichen 25 Prozent werden auf den unteren 800 Flusskilometern abgelagert.
Die größte Stadt am Amazonas ist Iquitos, nahe der Vereinigung der Quellflüsse. Die Städte Manaus (am Rio Negro) und Belém (an der Bahia de Guajará) liegen entgegen einer weit verbreiteten Meinung nicht am Amazonas. Weitere große Städte sind Macapá und Santarém. Pucallpa liegt am Quellfluss Ucayali.
Anwohner
In der Amazonasregion leben etwa eine Million angehörige indigener Gruppen. Ihre Territorien werden in Brasilien von der dortigen Indianerbehörde FUNAI demarkiert. In Brasilien wurden bislang über eine Million Quadratkilometer als Indianergebiete ausgewiesen, das entspricht etwa 20 Prozent der Fläche. In diesen Gebieten leben 150 indigene Völker. Dennoch kommt es in den Indianergebieten teilweise zu heftigen Auseinandersetzungen mit eindringenden Goldsuchern (Garimpeiros) und Holzunternehmern. Die direkt an Flüssen lebenden Bewohner - oft in einfachen Hütten auf Stelzen (Hochwasser) - heißen Caboclos und leben oft von Fischfang, etwas Viehzucht sowie dem Verkauf von Paranüssen und Früchten auf nahe gelegenen Märkten.(Kautschuk)
Geschichte
Die Mündung des Amazonas wurde 1499 oder 1500 entdeckt. Der Italiener Amerigo Vespucci und der Seefahrer Vicente Yanez Pinzon kamen fast gleichzeitig mit ihren Schiffen an. Meist wird Vespucci als Entdecker angegeben.
Francisco de Orellana befuhr den Fluss von 1541 bis 1542 als erster Mensch bis zur Atlantikmündung. Seine Fahrt begann an der Quelle vom Nebenfluss Napo in Ecuador. Er beteiligte sich an der Expedition von Gonzalo Pizarro. Eine Zeit lang wurde der Amazonas deswegen Rio Orellana genannt. Er war eigentlich auf der Suche nach dem legendären Goldland Eldorado. Von Oktober 1637 bis August 1638 befuhr Pedro Teixeira den Amazonas flussaufwärts bis zur Quelle des Napo. 1545 kehrte Orellana zurück zum Amazonas, immer noch auf der Suche nach Eldorado, wo er auf seinem Schiff starb.
Am 12. Februar 1542 entdeckten Francisco de Orellana und Gonzalo Pizarro die Quelle des Maranón, des kürzeren Quellflusses. Erst 1971 wurde die Quelle des Ucayali vom Amerikaner Loven McIntrye entdeckt, was den Fluss um einige Kilometer verlängerte, da man zuvor den Maranón als Quelle ansah.
Samuel Fritz, ein deutscher Jesuitenmissionar, kartographierte den Amazonas 1707 als erster.
Viele Südamerikaforscher erforschten den Amazonas, darunter die Deutschen Alexander von Humboldt - er erklärte die häufige Gabelung (Bifurkation)-, Freiherr von Langsdorff und Eduard Friedrich Poeppig.
Uramazonas
Bis vor 130 Millionen Jahren lag die Quelle des Uramazonas im Ennedi-Massiv im Nordosten der Republik Tschad (Afrika), das damals noch zum Superkontinent Gondwana gehörte, in dem das heutige Indien, Afrika, Südamerika, Australien und die Antarktis vereint waren. Der Uramazonas floss damals in die entgegengesetzte Richtung, von Osten nach Westen und mündete in den Pazifik. Mit einer Länge von ca. 14.000 km war der Uramazonas der längste Fluss, den es jemals auf der Erde gab.
Nachdem Gondwana auseinandergebrochen war, driftete die südamerikanische Kontinentalplatte nach Westen. Da das Amazonasbecken von der Quelle des Uramazonas getrennt wurde, lagen die östlichen Gebiete des Flusstales trocken. Die weiter westlich gelegenen Flussbereiche wurden aber weiterhin von den ehemaligen Zuflüssen des Uramazonas gespeist.
Nachdem Südamerika im Zuge der Kontinentaldrift (tektonische Plattenverschiebung) mit der Pazifischen Platte zusammentraf, falteten sich an der Westküste des Kontinents die Anden auf, welche den Durchfluss des Wassers stoppten. In der Folge entstand ein gewaltiges Süßwasserbecken. Aufgrund der hohen Faltung des Gebirges im Westen fließt das Wasser in der Region seit ca. 50 Millionen Jahren nach Osten ab. Dazu wählt es den ausgetrockneten Lauf des Uramazonas. Daher lässt sich auch erklären, dass das Flussbett des Amazonas zur Mündung hin schmaler wird, was sonst bei anderen Flüssen zur Quelle hin der Fall ist. Ebenso lässt sich damit erklären, dass sich im Oberlauf des Amazonas, tausende Flusskilometer von der Meeresküste entfernt, Tiere wie Rochen, Garnelen, Seezungen, Seekühe und Delfine finden, nicht jedoch in dessen Unterlauf. Die Tiere gerieten in den Amazonas, als dieser noch in den Pazifik mündete und wurden später vom Pazifik abgeschnitten.