Bibliometrie ist die quantitative Untersuchung von Publikationen, Autoren und Institutionen wie Bibliotheken mittels statistischer Verfahren. So lassen sich beispielsweise empirische Gesetzmäßigkeiten beim Wachstum der Anzahl von Büchern, der Verteilung von Themen über Fachzeitschriften und der Anzahl von Zitierungen eines Zeitschriftenartikels feststellen.
Geschichte
Der Begriff „bibliometrics“ wurde 1969 von Alan Pritchard eingeführt. Bereits 1934 wurde allerdings der Begriff „bibliométrie“ von Paul Otlet, dem Begründer der Dokumentation verwendet. Die 1948 von Ranganathan vorgeschlagene Bezeichnung „librametrics“ konnte sich nicht durchsetzen. Zu den ersten wichtigen Resultaten der Bibliometrie zählt die Feststellung eines Potenzgesetzes in der Häufigkeit der Benutzung von einzelnen Wörtern, wie es 1916 von Estoup entdeckt und 1935 von George Kingsley Zipf formuliert sowie später George Udny Yule, Benoît Mandelbrot und anderen weiterentwickelt wurde. Das Phänomen wurde bereits 1913 von Felix Auerbach an Rang und Größe von Städten festgestellt und ist als Zipfsches Gesetz bekannt. Alfred James Lotka entdeckte 1926 einen ähnlichen Zusammenhang zwischen der Anzahl von Publikationen einer Person und der Anzahl von Personen mit einem eben so hohen Publikationsausstoß (Lotkas Gesetz). Die Analyse von Zitationen geht auf Gross & Gross (1927) zurück und ist inzwischen ein Standardmittel bei der Evaluation von Wissenschaftlichen Zeitschriften und Wissenschaftlern. Dazu hat vor allem der 1963 von Eugene Garfield aufgebaute Science Citation Index Anteil, aus dem der ebenfalls 1963 von Garfield vorgestellte Impact Factor berechnet wird. Aus dem Zitationsgraph lassen sich weitere Beziehungen wie die 1956 von Fano vorgestellte Bibliographische Kopplung und Kozitationen ablesen, die ebenfalls Gegenstand der bibliometrischen Forschung sind. Ein anderer Gegenstand der Bibliometrie ist der 1968 von Robert K. Merton postulierte Matthäuseffekt, der in unterschiedlicher Form Eingang in viele bibliometrische Modelle gefunden hat. Weitere wichtigen Ergebnisse sind das 1934 von Samuel C. Bradford entdeckte Bradfords Gesetz und die Widerlegung der Ortega-Hypothese von Cole & Cole (1967). Neben Zipfs „Human behavior and the principle of least effort“ (1949) ist das 1963 erschienene „Little science, big science“ von Derek de Solla Price, der damit die moderne Szientometrie begründete, das einflussreichste Werke des Fachs. Die wichtigste bibliometrische Fachzeitschrift ist die 1978 gegründete Scientometrics, die jährlich als wichtigste Auszeichnung die erstmals 1984 verliehene „Derek J. de Solla Price Medaille“ vergibt. Eine internationale Konferenz wird seit 1987 alle zwei Jahre veranstaltet und von der 1993 im Rahmen der Konferenz gegründeten International Society for Scientometrics and Informetrics (ISSI) ausgerichtet.
Die Bibliometrie dient in der Regel als Teilgebiet der Scientometrie (1966), der quantitativen Untersuchung der Wissenschaft und Wissenschaftlicher Vorgänge. Gleichzeitig ist sie ein Spezialgebiet der Informetrie (1979), der quantitativen Untersuchung von Informationen und damit ein Teilgebiet der Informationswissenschaft. Da in der Bibliometrie vorrangig publizierte Informationseinheiten untersucht werden, lässt sie sich auch der Bibliothekswissenschaft zuordnen. Mit der Zunahme von Online-Publikationen im Internet, gibt es immer stärkere Überschneidungen mit der Webometrie.
Anwendungen
Ein Anwendungsgebiet der Bibliometrie ist die quantitative Evaluation von Wissenschaftlern und wissenschaftlichen Einrichtungen anhand ihrer Publikationen. Bei der Zitationsanalyse werden dazu Zitierungsdatenbanken wie das Web of Science (ehemals "Science Citation Index") verwendet, die Angaben über einzelne Zeitschriftenartikel und die in ihnen enthaltenen Verweise auf andere Artikel (Zitationen) enthalten. Es wird davon ausgegangen, dass Artikel, die häufiger zitiert werden, von besonderer Bedeutung sind und mit der Forschungsleistung eines Wissenschaftlers in Beziehung stehen. Die verschiedenen Fachzeitschriften werden nach ihrem Einfluss mit dem so genannten Impact Faktor gewichtet. Diese Methode der Evaluation der persönlichen Leistung von Wissenschaftlern anhand der Zitierung ihrer Aufsätze ist nicht unumstritten.
Die mittels Bibliometrie erhobenen Zahlen und festgestellten Gesetzmäßigkeiten sind insbesondere für Bibliotheken von praktischer Bedeutung (siehe auch Deutsche Bibliotheksstatistik).
Die Bibliometrie bedient sich Methoden des Data Mining.
Literatur
- J.R. Cole, S. Cole (1972): The Ortega hypothesis.In: Science 178, S.368-375
- Alan Pritchard (1969): Statistical Bibliography or Bibliometrics?. In: Journal of Documentation, (25)4, S. 348-349
Siehe auch
Weblinks
- http://www.bibliometrie.de - Gesellschaft für Bibliometrie: Portal mit Beiträgen zum Thema Bibliometrie
- http://apollo.iwt.uni-bielefeld.de/mw/bibliometrics/ - Linkverzeichnis zur Bibliometrie (Konferenzen, Zeitschriften, Personen...)
- Recherchen Blog - Kategorie Bibliometrie
- Timeline of bibliometrics