Freya Klier

deutsche Autorin, Regisseurin und ehemalige DDR-Dissidentin
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Freya Klier (* 4. Februar 1950 in Dresden) ist eine deutsche Autorin und Regisseurin und war eine DDR-Bürgerrechtlerin.

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Freya Klier, 2008
Freya Klier liest in der Kleinen Synagoge in Erfurt aus ihrem Buch "Gelobtes Neuseeland", 16. März 2009

Leben

Freya Klier verbrachte aufgrund der Inhaftierung ihres Vaters ihr drittes Lebensjahr in einem Kinderheim.[1] 1968 legte sie das Abitur ab. Noch im gleichen Jahr unternahm sie einen erfolglosen Fluchtversuch aus der DDR. Sie wurde zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt, jedoch vorzeitig entlassen. Danach arbeitete sie u. a. als Postangestellte und als Kellnerin.

Von 1970 bis 1975 studierte Klier Schauspiel an der Theaterhochschule Leipzig und im Staatstheater Dresden. 1976 spielte sie eine Nebenrolle im Teil 8 und 9 der DDR-Fernsehserie „Das unsichtbare Visier[2] sowie im DEFA-Spielfilm Trini[3]. Sie arbeitete als Schauspielerin am Theater Senftenberg, bevor sie von 1978 bis 1982 Regie am Institut für Schauspielregie in Berlin studierte.

Seit 1982 war sie Regisseurin am Theater Schwedt. Für die Uraufführung von Ulrich Plenzdorfs „Legende vom Glück ohne Ende“ erhielt sie 1984 den DDR-Regiepreis.

Seit Anfang der 1980er Jahre war Klier Mitglied im Friedenskreis Pankow und in der DDR-Friedensbewegung aktiv. Dies führte 1985 zu einem Berufsverbot. Sie trat seitdem gemeinsam mit Stephan Krawczyk, mit dem sie von 1986 bis 1992 verheiratet war, in kirchlichen Räumen auf.

Im November 1987 kritisierten Freya Klier und Stephan Krawczyk gemeinsam in einem offenen Brief an Kurt Hager den gesellschaftlichen Zustand der DDR und forderten Reformen ein. Beide beschlossen, an dem alljährlich im Januar abgehaltenen offiziellen Massenaufmarsch zu Ehren von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht mit eigenen Spruchbändern teilzunehmen. Ihr Ziel war es, sowohl kritisch auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen als auch auf die eigenen Berufsverbote aufmerksam zu machen. Da an der Demonstration am 17. Januar 1988 aber auch eine Reihe von Ausreisewilligen protestierend teilnehmen wollten, verzichtete Klier schließlich auf die Teilnahme, um ihr eigenes Anliegen nicht mit dem der Ausreisewilligen zu vermengen.

Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) hatte die Aktion „Störenfried“ bereits Wochen zuvor genau geplant: Zunächst wurden insgesamt etwa 160 Personen, darunter auch Stephan Krawczyk, Vera Wollenberger und Herbert Mißlitz, verhaftet. Freya Klier wandte sich daraufhin mit einem Appell an die Künstler der Bundesrepublik und forderte diese auf, nicht mehr in der DDR aufzutreten. Nur wenige Tage später nahm das MfS einige führende Bürgerrechtler fest, darunter neben Klier auch Lotte (Regina) und Wolfgang Templin, Werner Fischer, Bärbel Bohley und Ralf Hirsch. Ihre Untersuchungshaft verbrachte Klier in Berlin-Hohenschönhausen. Ihr Anwalt Wolfgang Schnur stellte sich später als Inoffizieller Mitarbeiter des MfS heraus.[4] Um den angedrohten jahrelangen Gefängnisstrafen zu entgehen, entschlossen sich Klier und Krawczyk, auch unter dem Druck kirchlicher Berater, am 2. Februar 1988, die DDR zu verlassen.[5]

Dieses „Verlassen“ wurde durch die Medien der DDR als Flucht „landesverräterischer Bürger“ präsentiert. Einzig der damalige Südwestfunk (SWF) stellte klar dar, dass Klier und Krawczyk die DDR unfreiwillig verließen, da die SED den Druck enorm erhöhte und die „Landesverräter“ und „Volkshetzer“ los werden wollte.

Auf dem offiziellen Rosa-Luxemburg-Gedächtnismarsch der SED am 17. Januar 1988 hatten die Bürgerrechtler – Rosa Luxemburg zitierend – darauf hingewiesen, dass „Freiheit immer auch die Freiheit des Andersdenkenden“ sei.[6]

Klier lebt heute als freischaffende Autorin und Filmregisseurin in Berlin. Neben der DDR-Vergangenheit und ihrer Bewältigung gehören auch die Nationalsozialistische Diktatur in Deutschland und der stalinistische Sozialismus in Deutschland und Russland zu ihren bevorzugten Themen. Besondere Verdienste hat sie sich in der Aufklärung von Schülern über die nahe Vergangenheit der DDR erworben.

Freya Klier ist Gründungsmitglied des im Juni 1996 gegründeten Bürgerbüro e.V., einem Verein zur Aufarbeitung von Folgeschäden der SED-Diktatur.[7] Seit 2005 ist sie Mitglied des P.E.N.-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland.

Im Bundestagswahlkampf 2009 engagierte sich Klier für die Fortsetzung der Kanzlerschaft von Angela Merkel.

Klier hat eine Tochter, die 1973 geborene Berliner Fotografin Nadja Klier.

Werke

Bücher

Filme

  • Verschleppt ans Ende der Welt – Dokumentarfilm 1993
  • Johanna[8], eine Dresdner Ballade – Dokumentarfilm 1996
  • Das kurze Leben des Robert Bialek – Dokumentarfilm 1997
  • Die Odyssee der Anja Lundholm – Dokumentarfilm 1998
  • Flucht mit dem Moskau-Paris-Express – Dokumentarfilm 2001
  • Die Vergessenen. Tod, wo andere Urlaub machen – Dokumentarfilm 2011[9]

Stücke

  • Schwarzer Rotgold – Uraufführung 1991 in Ostberlin

Essays

  • Links – eine Denkfalle SFB
  • Im Takt des Fortschritts SFB
  • Berlin ist nicht Bonn SFB 1999
  • Wir müssen ja jetzt Westen sein SFB
  • Die dritten Deutschen SFB
  • Deutschland in der Schief‌lage SWR
  • Gesichter des 17. Juni SFB 2003
  • Der lila Drache und das Märchen von der schönen DDR WELT 2008

Auszeichnungen

Literatur

Commons: Freya Klier – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Freya Klier – Zitate

Einzelnachweise

  1. Vgl. Klier, Freya: Abreiß-Kalender, München 1988, S. 5.
  2. Internetportal des Deutschen Filminstituts DIF e.V: [1]
  3. Internetportal des Deutschen Filminstituts DIF e.V: [2]
  4. Vgl. Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen: Kurzbiografie Kliers.
  5. Zitiert nach Ilko-Sascha Kowalczuk, in: Lexikon Opposition und Widerstand in der SED-Diktatur. Hrsg. v. Hans-Joachim Veen. Berlin, München 2000. S. 214/215.
  6. Luxemburg-Liebknecht-Demonstration Dokumente, Zeitzeugen-Interviews und Fotos der Transparente auf jugendopposition.de (Bundeszentrale für politische Bildung / Robert-Havemann-Gesellschaft e.V.)
  7. Vgl. Webseite des Bürgerbüros.
  8. Johanna Krause: Zweimal verfolgt - Eine Dresdner Jüdin erzählt; Aufgezeichnet von Carolyn Gammon und Christiane Hemker; Metropol, 2004; Bibliothek der Erinnerung Band 13; ISBN 3-936411-42-5 - Zweimal verfolgt, eine deutsche Jüdin erzählt Buchvorstellung
  9. Freya Klier und Andreas Kuno Richter berichten über vier Flüchtlingsschicksale via Bulgarien und deren bisher ausgebliebene Aufarbeitung. (Provobis GmbH und RTL, gefördert durch die Bundesstiftung Aufarbeitung)
  10. Pressemitteilung vom 1. Juni 2007: Landtagspräsident Erich Iltgen ehrt fünf verdiente Bürgerinnen und Bürger mit der Sächsischen Verfassungsmedaille, abgerufen am 24. Januar 2010