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Simon Petrus

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Simon Petrus (*unbekannt, † vermutlich in Rom um 65) war einer der zwölf Apostel, die Jesus von Nazaret zu Lebzeiten nachfolgten. Informationen über sein Leben überliefert hauptsächlich das Neue Testament. Dort spielt Petrus eine besondere Rolle als erster Christusbekenner, Christusverleugner, erster Zeuge des Auferstandenen, Sprecher der Apostel und Leiter der Jerusalemer Urgemeinde.

Hinzu kommen weitere frühe kirchliche Dokumente, wonach Petrus erster Bischof von Antiochia und Haupt der römischen Kirche von Rom war. Nach dieser Überlieferung wurde er dort als Märtyrer hingerichtet. Deshalb führt sich das römisch-katholische Papsttum auf ihn zurück.

Simon Petrus auf dem Apostelbild von Dürer in der Münchner Alten Pinakothek

Petrusüberlieferung des Neuen Testaments

Der Name

Nach allen Evangelien lautete sein ursprünglicher Vorname Simon. Sein Vater hieß Jona, nach anderen Handschriften Johannes. Dieser Name wird nur in der Sonderüberlieferung des Matthäus genannt, wo sein Beiname "Petrus" erklärt wird (Mt 16,18); er taucht in den Berufungstexten, die sonst die Väternamen der meisten Jünger nennen, nicht auf.

Den Titel "Petrus" soll Jesus dem Simon als Beinamen verliehen haben; wann und wo, darüber sind die Evangelien uneins. Es handelt sich um die latinisierte Form des griechischen πετρος – petros, das den aramäischen Ausdruck kefa übersetzt (gräzisiert Kephas). Die Bedeutung des Wortes reicht von Stein bis zu Felsen.

Herkunft und Berufung

Nach dem wahrscheinlich ältesten Evangelium (Markus), dem die Evangelisten Matthäus und Lukas hierin folgten, wohnte Petrus in Kafarnaum am See Genezareth in Galiläa. Dort besaß er ein Haus, wo er zusammen mit seiner Schwiegermutter lebte (Mk 1,30-31, siehe auch Lk 4,38). Dieses Haus könnte jene urchristliche Pilgerstätte geworden sein, die Archäologen in dem Ort fanden.

Nach 1. Kor 9,5 war Petrus verheiratet; von seiner Frau berichten die Evangelien nur indirekt, indem sie seine Schwiegermutter erwähnen. Da Jesus die Ehescheidung verbot (Mt 5,32), könnte sie wie andere Frauen aus Galiläa (Mk 15,41; Lk 8,2) mit ihrem Mann umhergezogen sein.

Nach dem Johannesevangelium stammten Petrus und sein Bruder Andreas aus Bethsaida (Joh 1,44). Den synoptischen Evangelien zufolge arbeiteten beide Brüder als Fischer am See Genezareth. Dort habe Jesus sie getroffen und aufgefordert, ihr Handwerk aufzugeben und ihm nachzufolgen. So wird Simon in Mk 1,16 noch ohne den Zunamen Petrus als erster Jünger genannt, der Heimat und Beruf aufgab, um Jesus zu begleiten.

Nach dem Johannesevangelium war es Andreas, der als Jünger von Johannes dem Täufer zuerst auf Jesus traf, ihn als Messias erkannte und dann seinen Bruder Petrus zu ihm führte (Joh 1,41f). Jesus verbrachte einen Tag mit ihnen und verlieh Petrus dabei bereits den Namen Kefa.

Markus gebraucht den Beinamen Petrus erst im Zusammenhang der Berufung der übrigen Zwölf (Mk 3,16). Matthäus nennt diesen Titel von Beginn an alternativ zu den Vätern der übrigen Erstberufenen (Mt 4,18) und deutet ihn nach dem Christusbekenntnis als Erwählung des Petrus zum Gründer der ecclesia (Kirche als Endzeitgemeinde Gottes, Mt 16,18). Lukas zufolge wurde Simon erst nach der Heilung seiner Schwiegermutter durch den wunderbaren Fischzug zur Nachfolge Jesu berufen und wird erst bei seinem Bekenntnis Ich bin ein sündiger Mensch "Petrus" genannt (Lk 5,1-11).

Alle Evangelien sind sich einig, dass Simon Petrus im Jüngerkreis eine Führungsrolle innehatte. Er steht in allen Apostellisten im Neuen Testament an erster Stelle und gehört, zusammen mit Jakobus und Johannes, zu den drei Aposteln, die Jesus besonders nahe standen. Sie waren nach Mk 9,2-13 (Verklärung Christi) die Einzigen der Zwölf, denen Gott die Göttlichkeit und künftige Auferstehung seines Sohnes Jesus Christus bereits vor dessen Tod offenbarte. Sie begleiteten ihn zudem in seinen letzten Stunden im Garten Gethsemane (Mk 14,33).

Christusbekenner und Christusverleugner

Petrus war nach Mk 8,29 der erste Jünger Jesu, der bekannte:

Du bist der Christus!

Er wird damit aus dem Kreis der Zwölf hervorgehoben. Doch gleich darauf, als Jesus den Jüngern erstmals seinen vorherbestimmten Leidensweg vorhersagt, nahm Petrus ihn beiseite und fing an, ihm zu wehren. Er versuchte also, Jesus von diesem Weg ans Kreuz abzubringen, so dass sein Christusbekenntnis als Missverstehen der Sendung Jesu erscheint. Daraufhin wies Jesus ihn laut Mk 8,33 schroff zurecht:

Fort von mir, Satan! Denn Du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.

"Satan" bedeutet im Hebräischen "Gegner" oder "Widersacher": Als solcher wird Petrus hier analog zur Versuchung Jesu durch den Satan in der Wüste (Mt 4,1-11) dargestellt. Im Anschluss daran lehrt Jesus die Jünger (Mk 8,34):

Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer es aber verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird es erhalten.

Diese paradoxe Einladung zur Kreuzesnachfolge ist der Hintergrund für das später erzählte Versagen des Petrus im Verlauf der Passion Jesu, als er, um sein Leben zu retten, nicht sich, sondern Jesus verleugnet.

Dieser Widerspruch zwischen Reden und Handeln zeigte sich bei Petrus schon in Galiläa: Einerseits vertraute er dem Ruf Jesu in die Nachfolge ("Komm her!"), andererseits schwand sein Glaube beim ersten Gegenwind, so dass nur Jesus ihn vor dem Versinken im Meer retten konnte (Mt 14,29-31). Besonders im Verlauf der Passion stellen alle Evangelien Petrus ähnlich als Gegner Jesu, Lügner und Versager dar.

Laut Joh 13,6-9 widersprach er auch Jesu Ansinnen, ihm die Füße zu waschen. Diese Handlung war damals ein typischer Sklavendienst: Petrus wehrte sich also gegen die Zumutung, sich von Jesus als seinem Herrn wie von einem Sklaven bedienen zu lassen. Aber nur dieser Dienst gab ihm vorweg Anteil an dem am Kreuz Jesu erwirkten Heil und deutete auf die "Taufe in den Tod" voraus. Das war mit der Verpflichtung an alle Jünger verbunden, einander ebenso zu dienen. In der Erinnerung daran wurde Petrus nach Jesu Tod zu einer Führungsfigur in der Urgemeinde.

Daraus seinen ambivalenten Charakter zu folgern würde die neutestamentliche Darstellung jedoch missverstehen: Petrus bildet hier lediglich die Figur, an der das Verhalten aller Erstberufenen beispielhaft gezeigt wird. Denn auch sie "verließen" Jesus nach seiner Festnahme durch die Römer, mit der sein Tod unausweichlich wurde (Mk 14,50). Unmittelbar zuvor hatte Jesus dem Petrus angekündet, er werde ihn noch in derselben Nacht dreimal verleugnen, was dieser wie alle übrigen Jünger weit von sich wies (Mk 14,27-31):

Wenn ich auch mit Dir sterben müsste, so wollte ich Dich doch nicht verleugnen. Ebenso sprachen sie alle.

Noch beim letzten Abendmahl bekräftigte Petrus nach den Evangelien seinen Vorsatz, mit Jesus sogar in den Tod zu gehen (Mt 26,33; Lk 22,33). Doch kurz darauf schlief er ein, als Jesus in Gethsemane den Beistand der Jünger besonders nötig brauchte und erbat (Mt 26,40.43f.). Dann wiederum soll er nach Joh 18,10 im Übereifer mit Waffengewalt die Verhaftung Jesu zu verhindern versucht haben: Er wird hier mit jenem namenlosen Jünger identifiziert, der einem Soldaten der Tempelwache laut Mk 14,47 ein Ohr abhieb. Sein Versagen gipfelt in der dreimaligen Verleugnung Jesu: Als ihn das Krähen des Hahnes im Morgengrauen an Jesu Vorhersage erinnert, begann er zu weinen (Mk 14,66-72).

Ihm fehlte also die Kraft, seinem Glauben gemäß zu handeln, als es darauf angekommen wäre. Dennoch erhielt gerade er auf sein Christusbekenntnis hin den Ehrennamen "Fels" und die unverbrüchliche Zusage der Kirchengründung (Mt 16,16-23).

Demgemäß wird Petrus in der Apostelgeschichte nach Pfingsten nicht mehr als der zweifelnde und versagende Christusleugner, sondern als der angstfreie todesmutige Bekenner vor dem Hohen Rat dargestellt (Apg 5,29), der die Sendung des Heiligen Geistes als Missionar und Leiter der Urgemeinde vorbildlich erfüllte.

Zeuge der Auferstehung und Gemeindeleiter

Nachdem Jesus "auferweckt" wurde, erschien er Petrus als einem der ersten Jünger. Ein sehr früher urchristlicher Bekenntnissatz lautet (Lk 24,34):

Der Kyrios (JHWH) ist wahrhaftig auferstanden und dem Simon erschienen!

Eine alte Zeugenliste aus der Urgemeinde bestätigt diese Ersterscheinung (1. Kor 15,5):

Er wurde gesehen von Kephas, danach den Zwölfen.

Es fällt auf, dass die von Lukas überlieferte Credoformel nur "Simon" nennt, während er im Sprachgebrauch des Paulus von Tarsus, der hier auf Jerusalemer Tradition zurückgriff, nur "Kephas" hieß. Manche Historiker leiten daraus ab, dass dieser Ehrentitel ihm erst nach Ostern in der Urgemeinde beigelegt und dann in das vorösterliche Wirken Jesu zurückprojiziert wurde.

Offen bleibt, wo Petrus diese Vision empfing und was sie beinhaltete. Nach Matthäus fand sie im Zusammenhang der Elfervision auf einem Berg in Galiläa statt und enthielt den Auftrag zur universalen Völkermission (Mt 28,16-20). Nach Lukas und Johannes erfolgte diese gemeinsame Vision der Erstberufenen dagegen in einem Haus in Jerusalem. Lukas zufolge kündete Jesus die Ausschüttung des Heiligen Geistes dabei nur an, die 40 Tage später an Pfingsten erfolgte (Lk 24,49). Johannes zufolge erhielten alle Jünger hier bereits die Gabe des Geistes und damit die gemeinsame Vollmacht zum "Binden und Lösen" der Sünder (Joh 20,22f).

Das letzte Evangelium bestreitet zudem, dass Petrus den auferstandenen Jesus als Erster sah, sondern lässt ihn nur das leere Grab betreten und dort das Schweißtuch entdecken (Joh 20,6). Es widersprach damit der synoptischen Tradition, die mit der Erstvision auch die Führungsrolle des Petrus in der Urchristenheit und den Vorrang der Judenmission begründete.

Ein späterer Redaktor ergänzte das Johannesevangelium dann mit einer legendarischen Ausmalung der Erstvision des Petrus. Er stellt sie im Anschluss an die Geschichte vom wunderbaren Fischzug (Lk 5,1-11) als erneute Berufung zur Mission in Galiläa dar (Joh 21,1-19). Er bestätigt damit indirekt, dass die Petrusvision dort, nicht in der Tempelstadt stattfand. Er unterstreicht aber, dass die nachösterliche Berufung als Versöhnung Jesu mit allen Jüngern verstanden wurde, die ihn vor seinem Tod verleugnet und verlassen hatten: Das gemeinsame Mahl mit dem Auferstandenen bedeutete für Juden Anteilgabe am endzeitlichen Heil.

Hierauf nimmt dann die Apostelgeschichte Bezug, aus der fast alle Nachrichten vom nachösterlichen Wirken des Petrus stammen. Danach soll er sich zusammen mit anderen Jesus-Anhängern in Jerusalem versteckt haben, bis ihn mit der anwesenden Menge zu Pfingsten die Kraft des Heiligen Geistes erfasste. Darauf hielt er die erste öffentliche Predigt in Jerusalem, die Jesu Erscheinen als Gottes vorherbestimmte Erfüllung der Geistverheißung in Israels Heilsgeschichte auslegte und in der Aussage gipfelte (Apg 2,36):

So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn [griech. Kyrios] und Christus [hebr. Maschiach] gemacht hat!

Aufgrund dieser Predigt sollen sich nach Lukas noch am selben Tag 3.000 Menschen zum neuen Glauben bekannt haben. So sei dort die christliche Urgemeinde entstanden.

Auch wenn die Zahl weit überhöht erscheint - Jerusalem hatte damals nur um 20.000 Einwohner - kann Petrus soviel Erfolg unter seinen jüdischen Landsleuten gehabt haben, weil seine Missionspredigt sie zwar für Jesu Kreuzigung haftbar machte, aber nicht verurteilte, sondern ihnen Gottes Versöhnung zusagte und anbot (Apg 3,17).

Er geriet bald in Konflikt mit dem traditionellen Judentum und musste sich vor dem Hohen Rat verantworten (Apg 4,8ff; 5,29). Dabei soll er seinen Glauben diesmal nicht verleugnet, sondern freimütig bekannt haben.

Heiler und erster Heidenmissionar

Nach der Verfolgung der Urgemeinde im Anschluss an die Hinrichtung des Stephanus missionierten einige Apostel, darunter Petrus, offenbar auch außerhalb Jerusalems. Laut Apg 8,14-25 kam er dabei auch nach Samaria, um bereits Neugetauften den Heiligen Geist zu spenden. Dies unterstreicht seine Autorität über Jerusalem hinaus. Er war wohl anfangs der Hauptvertreter der Israelmission, die der universalen Völkermission vorausgehen sollte (Mt 10,5; vgl. Lk 24,47).

Von Petrus werden auch Spontanheilungen und sogar Totenerweckungen analog zu denen Jesu berichtet, etwa in Lydda und Joppe (Apg 9,32-43). Damit wird die Kontinuität zwischen dem Heilwirken Jesu und dem der Urchristen betont, das zu ihrem Auftrag gehörte (Mk 16,15-20; Mt 10,8).

Wie er in seiner ersten Predigt Christus ganz als Erfüllung jüdischer Verheißungstraditionen verkündete, so hielt er auch an der jüdischen Tora inklusive der Speise- und Reinheitsgesetze fest (Apg 10,13f). Doch er habe nahe der Römerstadt Cäsarea Philippi eine Vision Gottes erhalten, der ihm die Tischgemeinschaft mit dem Hauptmann Kornelius, einem der sogenannten "gottesfürchtigen" Römer, befohlen habe. Damit begann nach lukanischer Darstellung die urchristliche Heidenmission.

Diese führte zu Konflikten mit den Jerusalemer Aposteln, die Petrus aber mit Hinweis auf seine göttliche Autorisierung überwunden habe: Wenn nun Gott ihnen die gleiche Gabe gegeben hat wie auch uns, die da gläubig geworden sind an den Herrn Jesus Christus: Wer wäre ich, dass ich könnte Gott widerstehen? (Apg 11,17)

Lukas zufolge stimmte Petrus beim sogenannten "Apostelkonzil" in Jerusalem (um 48) der paulinischen gesetzesfreien Völkermission zu (Apg 15). Als er in Antiochia gegenüber einigen Judenchristen konsequenterweise zur Befreiung nichtjüdischer Christen von den Toravorschriften hätte stehen müssen, wurde er jedoch wieder schwankend (Gal 2,11f) und wurde von Paulus deshalb zurechtgewiesen.

Paulus sah ihn zusammen mit den Aposteln Jakobus und Johannes als eine der drei "Säulen" (Leiter) der Christengemeinde in Jerusalem an (Gal 2,9). Vielleicht hatte Jakobus Petrus also zur Zeit des Apostelkonzils schon als Leiter der Urgemeinde abgelöst. Das könnte das Schwanken des Petrus zwischen Juden- und Heidenchristen erklären.

Petrusüberlieferung der Kirchenväter

Datei:Peters crucifixion by Caravaggio.jpg
Kreuzigung des Petrus von Caravaggio

Die wenigen Notizen zum späteren Schicksal des Petrus stammen alle aus Schriften des 2. und 3. Jahrhunderts, als die werdende Kirche das monarchische Episkopat ausbildete und sich von "Häresien" abgrenzte. Entscheidende Schritte dazu waren die Kanonisierung des Neuen Testaments und die Idee der Apostolischen Sukzession.

Petrus zugeschriebene Schriften

Die Didache, ein um 100 entstandener frühchristlicher Katechismus, wird in einer Handschrift als "Zeugnis des Petrus" bezeichnet. Sie könnte inhaltlich von der von Petrus dominierten Theologie der Urgemeinde abhängig sein. Denn sie besteht hauptsächlich aus einer von Christen umgeformten jüdischen Morallehre, die auf judenchristliche Traditionen Palästinas zurückgeht.

Zwei Gemeindebriefe aus dem 2. Jahrhundert, die in das NT gelangten, wurden nach Petrus benannt und ihm damit zugeschrieben. Seine Autorschaft gilt für beide heute als fiktiv.

Der 1. Petrusbrief soll in Rom entstanden sein: Der darin enthaltene "Gruß aus Babylon" wird meist als versteckter Hinweis auf Rom verstanden. Denn "Babylon" ist in der Bibel Metapher für eine besonders verdorbene sündige Stadt und wird in der um 150 entstandenen Offenbarung des Johannes mit Rom identifiziert. Wäre Petrus Briefautor, würde dies für seinen Romaufenthalt sprechen.

Doch der Brief wird aufgrund inhaltlicher und sprachlicher Indizien frühestens auf 100 datiert, als er längst tot war. Nur die Zeugen Jehovas nehmen die Autorschaft des Petrus und den Gruß aus Babylon wörtlich und glauben, dass er tatsächlich dort missionierte. Eventuell existierte dort damals noch eine große jüdische Exilsgemeinde; die Urchristen außerhalb Jerusalems missionierten tatsächlich überwiegend in den jüdischen Diasporagemeinden.

Der Brief erklärt Johannes Markus, einen Mitarbeiter der Paulusmission (2. Tim 4,11; Kol 4,10), zum Begleiter des Petrus (5,13). Da das Markusevangelium durch Notizen des Papias von Hierapolis auf diesen Autor zurückgeführt wurde, galt Petrus traditionell als dessen Koautor, der Markus das Material für sein Evangelium gegeben habe. Dann wären auch das Matthäus- und Lukasevangelium, die ihrerseits auf das Markusevangelium zurückgreifen, indirekt von Petrus beeinflusst.

Sowohl den engen Kontakt von Petrus und Johannes Markus wie auch dessen Identität mit dem Autor des ältesten Evangeliums halten Historiker heute jedoch meist für legendarische Konstruktionen der Patristik. Denn Markus war ein Missionar der Paulusschule (Apg 12,25) und daher eher ein Gegner der von Petrus und Jakobus angeführten Judenchristen.

Die Echtheit des noch später entstandenen 2. Petrusbriefs wurde schon im 2. Jahrhundert angezweifelt. Dessen Autor autorisiert als "Testament" kurz vor seinem Tod die Lehren des Paulus (2. Petr 1,14; 3,15). Dies war wohl der Grund, dass diese Schrift in den Kanon des NT gelangte.

Berichte zum Romaufenthalt und Märtyrertod des Petrus

Petrus soll nach gemeinsamer Überzeugung der Patristik gegen Ende seines Lebens nach Rom gekommen sein und dort den Tod als christlicher Märtyrer gefunden haben. Das Neue Testament erwähnt jedoch keine Reise des Petrus nach Rom.

Jesus soll nach einer redaktionellen Hinzufügung (Joh 21,18f) seinen Märtyrertod prophezeit haben; dessen Umstände werden nicht berichtet. Wäre Petrus in Rom gewesen, so argumentieren Historiker, hätte dies seinen Niederschlag an vielen Stellen des NT finden müssen: z.B. in den Petrus zugeschriebenen Briefen oder im Brief des Paulus an die Römer (um 60 n. Chr.).

Der 1. Clemensbrief, der wahrscheinlich in oder bald nach der Regierungszeit Domitians um 100 in Rom verfasst wurde, erwähnt erstmals ein Martyrium der beiden Hauptvertreter des Urchristentums: Petrus für die Urgemeinde, Paulus für die Heidenmission im römischen Reich. Die Kapitel 5 und 6 heben ihr Vorbild hervor, dem viele Christen folgten, und erinnern auch an das Versagen des Petrus vor Jesu Tod:

Petrus, der wegen ungerechtfertigter Eifersucht nicht eine und nicht zwei, sondern viele Mühen erduldet hat und der so - nachdem er Zeugnis abgelegt hatte - gelangt ist an den (ihm) gebührenden Ort der Herrlichkeit.

Der Ort dieses Todes wird nicht erwähnt; aber der Rückblick des Bischofs Klemens von Rom kann sich nur auf die frühere Christenverfolgung unter Nero im Jahr 65 beziehen.

Der Bischof Dionysius von Korinth (ca. 165-175) soll nach einem späterem Zitat bei Eusebius von Cäsarea von Petrus und Paulus gesagt haben:

Und sie lehrten gemeinsam auf gleiche Weise in Italien und erlitten zur gleichen Zeit den Märtyrertod.

Diese Notizen belegen, dass der beispielhafte Märtyrertod von Petrus und Paulus in der Kirche ab etwa 100 in Rom zur Zeit Neros angenommen wurde. Sie wären dann mit vielen anderen Christen hingerichtet worden, Paulus als römischer Bürger durch das Schwert, Petrus als Jude durch Kreuzigung, eventuell mit dem Kopf nach unten.

Diese gesamtkirchliche Überzeugung vertrat auch Eusebius 100 Jahre später (2,XXV.), um die Führungsrolle der römischen Gemeinde und ihres Bischofs zu untermauern:

Es ist daher aufgezeichnet, dass Paulus in Rom selbst enthauptet wurde und dass Petrus ebenso unter Nero gekreuzigt wurde. Dieser Bericht über Petrus und Paulus wird gestützt durch die Tatsache, dass ihre Namen in den Grabstätten bis zum heutigen Tag bewahrt wurden. Es ist ebenso durch Gaius bestätigt, ein Mitglied der Kirche unter Bischof Zephyrinus von Rom [199-217], ... der über die Orte, wo die heiligen Leichname der Apostel liegen, sagt: Aber ich kann die Trophäen der Apostel zeigen. Denn wenn du zum Vatikan [-hügel] oder zur Via Ostia gehst, wirst du die Trophäen derer finden, die diese Kirche gründeten.

Hier zeigt sich der Wandel im Verständnis der apostolischen Lehren: Waren sie für die Urgemeinde akuter Anstoß zur radikalen Umkehr in täglicher Erwartung der Wiederkunft Christi als Endrichter (Apg 10,42), so wurden die leiblichen Überreste ihrer Vertreter nun zum Ausweis eines ewigen Kirchenbestands.

Petrus als Bischof

Aufgrund seiner hervorgehobenen Rolle im Zwölferkreis der ersten Jünger und seines Auftretens als erster Verkünder der Auferstehung Jesu (Apg 2) kann Petrus als Gründer und erster Leiter der Jerusalemer Urgemeinde angesehen werden. Ob er darüberhinaus weitere Gemeinden gründete, bestätigt das NT jedoch nicht.

Die späteren Patriarchate von Jerusalem und Antiochia führen ihre Gründung auf den Apostel Petrus zurück. Nach Apg 1,2ff entstand die Urgemeinde jedoch durch das Wirken des Heiligen Geistes, der Jesu Auferstehung den Jüngern offenbarte, die sie dann gemeinsam den Jerusalemern verkündeten. Petrus hatte dabei die Vorreiterrolle (Apg 2,41).

Nach Apg 11,20 wurde die Gemeinde in Antiochien nicht von ihm, sondern von hellenistischen Anhängern des Stephanus gegründet. Römer bezeichneten ihre mehrheitlich nichtjüdischen Mitglieder erstmals als Christiani.

Irenäus von Lyon (ca. 135 - 202) berichtet, Paulus und Petrus hätten die Kirche in Rom "gegründet und festgesetzt" (Adversus Haereses 3,3,3). Damit kam die Ansicht auf, dass Petrus die Kirche in Rom als Bischof geleitet habe. Sie baut auf der älteren Tradition seines Romaufenthalts auf. Diese Sicht vertrat auch schon der Bischof Klemens von Rom. Sie trifft jedoch historisch nicht zu, da Petrus noch in Jerusalem wirkte, als Paulus nach Apg 18,1 um 50 in Korinth Christen aus Rom traf. Daher nimmt man an, dass dort bereits eine von keinem der beiden gegründete Gemeinde bestand.

Eusebius von Caesarea (260-340) zitiert in seiner Kirchengeschichte (2,I.) Clemens von Alexandria (150-215):

Denn sie sagen, dass Petrus und Jakobus und Johannes nach der Himmelfahrt unseres Erlösers, obwohl sie von unserem Herrn bevorzugt waren, nicht nach Ehre strebten, sondern Jakobus den Gerechten zum Bischof von Jerusalem wählten.

Demnach sollen die seit Paulus von Tarsus (Gal 2,9) als "Säulen" der Jerusalemer Urgemeinde bekannten Apostel Jakobus, Petrus und Johannes Jakobus den Gerechten zum alleinigen Leiter der Kirche ernannt haben. Nach Hieronymus (348-420) soll schon Hegesippus (90-180) von dieser Wahl gewusst haben. Diese Amtsübergabe wäre dann die Voraussetzung für die angebliche Romreise des Petrus gewesen.

Dies widerspricht jedoch Apg 6,5 und Apg 15,22, wonach die Vollversammlung aller Mitglieder der Urgemeinde neue Führungspersonen wählten. Eine spätere Leitungsfunktion des Jakobus lässt sich allenfalls aus Apg 21,15ff folgern, wo er aber auch mit den "Ältesten" zusammen auftrat. Das Testimonium Flavium bestätigt, dass Jakobus - offenbar als Leiter der Urgemeinde - im Jahr 62 hingerichtet wurde. Seine Verwandten hatten nach Notizen von Plinius dem Jüngeren (um 100) auch in der Folgegeneration noch eine Führungsrolle im Christentum.

Manche Historiker folgern daraus ein teilweise dynastisches Bischofsamt. Dieses entstand aber frühestens ab etwa 150 und wurde nachträglich auf die apostolische Autorität zurückgeführt. Es war der ersten Christengeneration unbekannt und in ihrem Selbstverständnis nicht vorgesehen: Alle Christen waren gemäß Jesu Gebot des gemeinsamen Dienens ohne Rangordnung (Mk 10,43-45) gleichermaßen die "Heiligen" (Röm 15,25).

Im 4. Jahrhundert erwähnt Hieronymus eine Amtszeit des Petrus von 25 Jahren. Diese Angabe setzt einen Romaufenthalt des Petrus vom Jahre 40 an voraus, was der neutestamentlichen Darstellung klar widerspricht. Historiker argumentieren, die römische Kirche hätte ihren Führungsanspruch viel früher zur Geltung gebracht, wenn ihr diese Gründung und Leitung durch Petrus selbst bekannt gewesen wären. Petrus' Bischofsamt in Rom gilt daher meist als unhistorische Rechtfertigung des römischen Führungsanspruchs.

Die Bedeutung des Petrus

Simon Petrus als Papst (Peter Paul Rubens)

in der Theologie der katholischen Kirche

Die katholische Tradition betrachtet Petrus als ersten Vorsteher (Papst) der ecclesia catholica, das heißt, der universalen Kirche. Sie leitet daraus das Amt des Papstes und den Führungsanspruch des römischen Vatikan für die Gesamtkirche ab.

Diese von Jesus verliehene Autorität des Petrus möchte sie vor allem mit Mt 16, 13ff belegen (zitiert nach der Lutherbibel):

Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.

Daneben werden weitere Belegstellen genannt (Einheitsübersetzung):

[...]Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer! Zum zweitenmal [...]. Zum drittenmal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? [...] Er gab ihm zur Antwort: Herr, du weißt alles, du weißt, daß ich dich liebhabe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! (Joh 21,15-17, gekürzt)
Simon, Simon, der Satan hat verlangt, daß er euch wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, daß dein Glaube nicht erlischt. Und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder. (Lk 22, 31.32)

Die römisch-katholische Kirche leitet unter anderem daraus ein besonderes Amt des Petrus ab und begründet damit ihre Auffassung von der Stellung des Papstes, der ein Nachfolger Petri und im Bischofsamt von Rom der Stellvertreter Christi auf Erden und Leiter der ganzen Kirche sei. Die von ihr angenommene besondere Vollmacht des Petrus sei in einer historisch ununterbrochen Kette auf alle als seine Nachfolger im römischen Bischofsamt angesehenen Päpste übergegangen (Apostolische Sukzession). Linus soll der unmittelbare Nachfolger des Petrus gewesen sein.

Mit dieser neutestamentlichen Basis und historischen Kontinuität beansprucht der Vatikan bis heute seinen Alleinvertretungsanspruch für alle übrigen Ortskirchen. Deshalb lehnt er auch die Mitgliedschaft in der förderal verfassten Ökumene ab.

in der Theologie reformatorischer Kirchen

Die protestantischen und anglikanischen Kirchen lehnen seit der Reformation wie die Orthodoxe Kirche seit dem frühen Mittelalter die römisch-katholische Lehre eines "Petrusamtes" ab.

Petrus ist auch nach evangelischem Verständnis ein besonderer Jünger Jesu, aber nur als Ur- und Vorbild aller gläubigen Menschen, die trotz ihres Bekenntnisses zu Christus immer wieder versagen und trotz ihres Versagens von Gott die Zusage der gegenwärtigen Vergebung und zukünftigen Erlösung erhalten.

Felsen bezieht sich nach evangelischer Exegese zum einen auf Christus selbst: Dieser kann nach Psalm 62, wonach nur Gott der Felsen des Heils, der Hoffnung und Hilfe sein kann, als "Fels" angesehen werden. Demnach könne Jesus mit "Fels" keinen bestimmten Menschen gemeint haben, sondern nur sein persönliches, nicht auf andere übertragbares Glaubensbekenntnis.

Die Kirche basiere daher nicht auf einer historischen Amtsnachfolge einzelner Petrusnachfolger. Sondern alle, die wie Petrus zu Jüngern Jesu werden, seien seine Nachfolger und damit Teil der Gemeinschaft, die Christus berufen habe, seine Zeugen zu sein. Gott sei in Christus allen Menschen gleich nahe ("Äquidistanz"), so dass außer Christus keine weiteren Mittler nötig und möglich seien. Dieses "Priestertum aller Gläubigen" verbot für Martin Luther jeden Rückfall in das seit dem stellvertretenden Sühnopfer des Gekreuzigten überwundene hierarchisch-sakrale, aus dem Tempelkult des Judentums stammende Amtsverständnis.

Eine Sondervollmacht Petri lasse sich aus dem NT nicht herleiten: Die "Schlüsselgewalt" zum Binden und Lösen der Sünden werde nach Mt 18,18 und Jh 20,21-23 allen Jüngern gegeben. Besonders Matthäus lasse keinen Zweifel daran, dass die christliche Gemeinde nur auf dem Glaubensgehorsam aller ihrer Mitglieder erbaut sein könne. Denn dort wird die Bergpredigt Jesu mit dem Zuspruch eröffnet (Mt 5,14):

Ihr seid das Licht der Welt!

Sie endet mit dem Anspruch (Mt 7,24):

Darum, wer diese meine Rede hört und tut, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf den Felsen (petra) baute.

Demgemäß habe Petrus auch keine eigene Erstvision, sondern mit allen Jüngern gemeinsam den Auftrag des Auferstandenen erhalten, alle Getauften aus den Völkern das Befolgen der Gebote Jesu zu lehren: Die damit verbundene Zusage der Geistesgegenwart Christi sei der eigentliche "Fels", auf dem die Kirche gebaut sei (Mt 28,19f). Das Wirken des Heiligen Geistes lasse sich nicht erneut in menschliche Formen und Rituale zwängen und "festnageln".

Darum bezweifelten protestantische Historiker oft nicht nur das Bischofsamt, sondern schon den Romaufenthalt des Petrus. Heute schließen sie diese Möglichkeit nicht aus, ohne deswegen das Papsttum anzuerkennen. Denn auch eine mögliche "Amtsübergabe" des Petrus an seinen Nachfolger in Rom begründe keine Vorrangstellung des römischen Bischofs für alle Zeit.

Verehrung

Der Gedenktag von Petrus (und Paulus) ist der 29. Juni. Ihnen zu Ehren ist in der Orthodoxen Kirche ein leichtes Fasten, das so genannte Apostelfasten, von einer Woche nach Pfingsten bis zu diesem Tag üblich.

Petrus ist einer der wichtigsten katholischen Heiligen und gilt als Schutzpatron

Der Petersdom in Rom

Katholische Gläubige rufen Petrus als Heiligen an gegen Besessenheit, Fallsucht, Tollwut, Fieber, Schlangenbiss, Fußleiden und Diebstahl. Im Volksglauben wird er auch für Regenwetter verantwortlich gemacht, weil er die Schlüssel zum Himmel hat.

Weltweit sind nach dem heiligen Petrus zahlreiche Orte und Kirchen benannt. Die berühmteste davon ist der Petersdom im Vatikan.

In der Kunst wird Petrus gewöhnlich als ein alter Mann mit lockigem Haar und Bart mit den Attributen Schlüssel, Schiff, Buch, Hahn, oder umgedrehtes Kreuz dargestellt. Besonders beim Attribut Schlüssel ist anzumerken, dass es sich zumeist um zwei verschiedenfarbige Exemplare handelt, die die Macht über Erde und Himmelreich symbolisieren.

Siehe auch

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