Fairer Handel

Form von Handel
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Fairer Handel (Fair Trade) ist ein alternativer Ansatz zum konventionellen Handel mit Entwicklungsländern.

Prinzip

 
Kauft man sich z.B. eine Tasse Kaffee, erhalten die einzelnen Teile der Warenkette folgende Anteile vom Kaufpreis.

Der Handel auf globalisierten Märkten bringt dem ursprünglichen Produzenten bei vielen Produkten, vor allem Agrarprodukten wie Kaffee, Baumwolle, Zucker oder Bananen, nicht einmal das Existenzminimum, obwohl dieses aufgrund der wirtschaflichen Schwäche des Produktionsstandorts weit unter dem der Industriestaaten liegt. Globalisierungskritiker sind der Ansicht, dass der Zwischenhandel die Macht eines Monopols hat und deshalb die Preise diktieren kann. Unter dieser Prämisse wird der Handel als "unfair" eingeschätzt.

Außerdem kämpfen die Aktivisten des Fairen Handels für eine Abschaffung der hohen Importzölle der Industrieländer (v. a. der EU und USA), die ihre hochsubventionierten Bauern vor der Konkurrenz der Entwicklungsländeren schützen wollen. Auch verarbeitete Produkte können die Entwicklungsländer durch solche Zölle nicht in die Industrieländer exportieren, so dass den Entwicklungsländern wesentliche Entwicklungschancen genommen werden.

Der Faire Handel setzt gegen das marktwirtschaftliche Konzept der konventionellen Händler ein Konzept, das insbesondere den Kleinproduzenten nachwachsender Rohstoffe ein angemessenes Einkommen, Bildung und medizinische Versorgung verschafft. Das soll unter anderem durch langfristige Lieferverträge, Direktvermarktung und nicht zuletzt einen Preisaufschlag beim Endprodukt erreicht werden.

Fair gehandelte Produkte

Kaffee, Tee, Kakao, Honig, Orangensaft, Gewürze, Kunstgewerbe, Kleidung, Teppiche, Blumen, Sportbälle, Reis, Wein, Zucker, Bananen, Trockenfrüchte, Nüsse.


Verkauf

Fachgeschäfte für die fair gehandelten Produkte sind die Weltläden, die meistens ausschließlich fair gehandelte Produkte (ehrenamtlich) im Geschäft oder über Verkaufsstände verkaufen.

Um den Umsatz zu erhöhen werden mittlerweile fair gehandelte Produkte auch in 22.000 Supermärkten und Kaufhäusern verkauft. Sollte das einmal nicht der Fall sein, kann der Konsument, also der Käufer seinen Supermarktbetreiber durch Nachfrage auf den Fairen Handel aufmerksam machen. Im Supermarkt erkennt man fair gehandelte Produkte am TransFair-Siegel.

Marktanteil von Fairem Handel 2004

Land/Produkt Kaffee Bananen Orangensaft Teppiche (Rugmark)
Schweiz 5% 15% 7% ?
Deutschland 0,7% <1% 0,1% 7%

Akzeptanz

Einer emnid-Umfrage in Deutschland zufolge kaufen 5,4 Prozent regelmäßig fair gehandelte Produkte. Mehr als ein Drittel der Befragten sympathisiert mit der Idee des Fairen Handels und hält sie für unterstützenswert.

Prüfsiegel

Datei:Transfair logo.jpg
Das Transfair-Logo kennzeichnet weltweit Produkte, die fair gehandelt werden.

Damit der Verbraucher Produkte aus dem Fairen Handel von anderen vergleichbaren Handelsprodukten unterscheiden kann, erhalten Produkte des Fairen Handels ein Prüfsiegel, das folgende Mindestanforderungen garantiert:

  1. Die Produkte stammen von Produzenten, welche entwicklungspolitische Mindest-Standards erfüllen.
  2. Die Produzenten erhalten einen existenzsichernden Preis.
  3. Den Produzenten wird die Abnahme einer festgelegten Menge ihres Produktes garantiert.
  4. Die Produzenten erhalten bei einer Mehrzahl der Bestellungen eine Vorauszahlung in Höhe von 30% bis 50%.
  5. Die Produzenten entscheiden demokratisch über die Verwendung eines Teils der Gelder.
  6. Die Produkte werden möglichst umweltschonend produziert und verarbeitet.


Erfolg

Das Fairtrade-Logo wird für den Verkauf in 17 Ländern in Europa, Nordamerika und Japan benutzt.

Heute profitieren etwa 800 000 Familien von Kleinbauern und Plantagenarbeitern in 45 Entwicklungsländern vom Fairen Handel. Das heißt, wenn man die Familienangehörigen der Produzenten hinzurechnet, haben sich heute schon ca. 4,5 Millionen Menschen aus elenden Lebensverhältnissen retten können.

Geschichte

1969 eröffnete in den Niederlanden der erste Weltladen.

In den 1970er Jahren kam die Bewegung für gerechten Handel mit der Dritten Welt auf. In der Schweiz machten insbesondere die Bananen-Frauen von Frauenfeld und die Organisation Erklärung von Bern auf die Probleme der Weltwirtschaft aufmerksam. Sie plädierten für Verbesserungen ohne Almosen-Charakter.

Datei:Fairer kaffee.png
Weltmarktpreis für Kaffee 1988-1994

1992 gründeten Schweizer Hilfswerke die Max Havelaar-Stiftung, die seither fair gehandelte Produkte zertifiziert.

1997 schließen sich verschiedene internationale Siegelorganisationen zu der gemeinsamen Dachorganisation "Fairtrade Labelling Organizations (FLO) International" mit Sitz in Bonn zusammen.

2002 einigten sich die FLO und die 17 Siegelinitiativen auf ein gemeinsames Logo, das zukünftig den internationalen Warenverkehr und die Öffentlichkeitsarbeit für das Siegel erleichtern soll. Alle nationalen Fairer Handels Initiativen werden das gleiche in grün und blau gehaltene Zeichen verwenden.

Im März 2004 erreicht die fair gehandelte Banane auf dem Schweizer Markt einen Anteil von einem Viertel.


Fair Handels-Organisationen versuchen nun vermehrt, den Fairen Handel mit den wirtschaftlich schwächeren Partnern in das Regelwerk der WTO zu integrieren, was allerdings umstritten ist.

Die südafrikaniche Organisation Fair Trade in Tourism South Africa (FTTSA) hat im Oktober 2003 erstmals Tourismus-Unternehmen nach Fair-Handels-Kriterien zertifiziert.

Fairer Handel und Politik

Die deutsche Bundesregierung will den Fairen Handel mit Produkten aus Entwicklungsländern von 2003 bis 2005 mit knapp 6 Millionen Euro fördern, worüber die FDP sich lustig machte siehe Kleine Bundestagsanfage.

Die Europäische Kommission hat 2002 bekannt gegeben, dass sie Fairen Handel unterstützen will.

Die Weltbank hat eine positive Einstellung zum Fairen Handel. Nach dem Kommentar zu einer Weltbankstudie im Jahr 2003 kann fair gehandelter Kaffee Vorteile haben, wie etwa verbessertes Ressourcenmanagement, geringerer Einsatz von Pestiziden was die Kosten und Gesundheitsrisiken reduziert und mehr ländliche Arbeitsplätze, für diejenigen schafft, die auf sie angewiesen sind.


Kritik am Konzept

Datei:Kaffeeproduktion.png
Kaffeeproduktion und -nachfrage weltweit
  • Kritiker des Ansatzes sehen durch den massiven Eingriff in die Ausgleichsfunktion des Marktes erhebliche Nebenwirkungen. Fairer Handel fördert durch Zahlung eines überhöhten Preises die Überproduktion, was wiederum zum Sinken des Weltmarktpeises und noch schnellerer Zerstörung von Urwaldgebieten führt.

Befürworter bekräftigen diesen Kritikpunkt im Prinzip. Um der Überproduktion entgegenzuwirken, müssen z.B. die Kaffeeproduzenten es schaffen, sich auf Produktionsquoten zu einigen.

Es ist aber illosorisch zu glauben, der Faire Handel, mit seinem marginalen Marktanteil könnte den weltweiten Handel in solch großem Anteil beeinflussen. Z.B. ist das aktuelle Überangebot an Rohkaffee und damit der Preisverfall auf eine fehlerhafte Förderung des Kaffeeanbaus in Vietnam zurückzuführen, der von der Weltbank gefördert wurde.

Vielmehr muss man den Fairen Handel als Möglichkeit sehen, das die Kleinbauern sich selbst eine Lebensgrundlage schaffen, die es ihnen und ihren Kindern erlaubt, unter wenigstens minimalen Menschenrechtsbedingungen zu leben, was dazu führen sollte, dass die extreme Monoexportstruktur (z.B. Äthiopien Kaffee 58%) vieler Entwicklungsländer aufgebrochen wird, indem qualitativ hochwertige (auch verarbeitete) Produkte oder andere Produkte hergestellt werden können.'

Außerdem schafft der Faire Handel schließlich nur so viele Anbauflächen, wie von Käufern Fairer Produkte nachgefragt werden. Er steht also der Marktwirtschaft überhaupt nicht im Wege.

  • Ein weiterer wichtiger Kritikpunkt betrifft die nach europäischem Muster eingeführte bürokratische Verwaltung, wie sie zum Beispiel von der IMO mit Sitz in der Schweiz und Deutschland betrieben wird: Die Vergabe der Prüfsiegel ist mit hohen Kosten verbunden.

Befürworter argumentieren, dass der Faire Handel ohne professionelles Marketing nicht funktioniert, und das kostet Geld. Und gerade um den unten angeführten Kritikpunkt zu entkräften, bedarf es eben der steten Kontrolle durch die Siegelorganisationen.


  • Das System Fairer Handel ist außerdem korruptionsanfällig. Als Beispiel aus der Praxis wird angeführt: Die Kleinproduzenten und insbesondere ihre Organisationen haben mit den Fair-Trade Handelsgesellschaften lange Lieferverträge geschlossen. Sie verkaufen aber zunächst ihren qualitativ guten Ernteanteil an konventionelle Händler. Nach diesem Handel kaufen sie das gleiche Produkt in schlechterer Qualität zu einem günstigeren Preis zurück. Mit dieser qualitativ schlechteren Ware beliefern sie dann ihre Fair-Trade Partner.

Siegelorganisationen

Material

Importorganisationen

anderes