Eisenbahnstrecken können außerhalb der Bahnhöfe aus einem oder mehreren Gleisen bestehen.
Anzahl der Streckengleise
Eingleisige Strecken
Die meisten Strecken sind eingleisig oder einspurig: das heißt, die Züge fahren in beiden Richtungen auf demselben Gleis. Dabei ist die Leistungsfähigkeit der Strecke beschränkt, da Begegnungen von Zügen ("Kreuzung") nur in Bahnhöfen oder Ausweichstellen möglich sind, zwischen denen auf der freien Strecke zwangsläufig nur jeweils ein Zug fahren kann. Dies ist außer bei Nebenstrecken und Kleinbahnen teilweise sogar bei wichtigen Hauptstrecken der Fall, in Deutschland zum Beispiel der Abschnitt Münster (Westf.) - Lünen (- Dortmund) an der Hauptstrecke Hamburg - Köln.
Zweigleisige Strecken und deren Fahrordnung
Hochgeschwindigkeitsstrecken und ein großer Teil der wichtigsten anderen Hauptstrecken sind zwecks höherer Leistungsfähigkeit und Sicherheit zweigleisig, zweispurig, doppelgleisig oder doppelspurig: dabei wird in jedem [[Liste_unabh%E4ngiger_Staaten|Land]] im Regelfalle für jede Richtung ein festgelegtes Gleis benützt (Fahrordnung oder Betriebsrichtung), und zwar entweder in Fahrtrichtung das linke (Linksverkehr, Linksbetrieb, Linksfahren, Linksfahrordnung) oder das rechte (Rechtsverkehr, Rechtsbetrieb, Rechtsfahren, Rechtsfahrordnung). Dementsprechend befinden sich die Signale bei Linksbetrieb links und bei Rechtsbetrieb rechts vom Gleis.
In wenigen Ländern wird abweichend hiervon gleichzeitig auf einigen zweigleisigen Strecken links, auf anderen jedoch rechts gefahren.
An Stellen mit Wechsel der Fahrordnung erfolgt dieser entweder im (Grenz-)Bahnhof (Beispiel: Strecke Rotterdam - Antwerpen rechts, ab dem niederländischen Bahnhof Roosendaal nach Belgien jedoch links) oder mittels Überführungsbauwerk auf freier Strecke (zum Beispiel an mehreren Stellen in Frankreich).
Dabei stimmt die Fahrordnung der Eisenbahn nicht immer mit derjenigen des Straßenverkehrs überein: in einigen Ländern mit Linksbetrieb der Eisenbahn fahren die Autos auf der rechten Straßenseite, während nach Kenntnis des Verfassers in keinem Land mit Linksverkehr auf der Straße die Eisenbahn auf zweigleisigen Strecken rechts fährt.
Geschichte der Fahrordnung
Die Fahrordnung der Eisenbahn wurde meistens von der bestehenden Fahrordnung des Straßenverkehrs übernommen, weshalb die Eisenbahn in der Frühzeit wie die Pferdefuhrwerke meistens auf zweigleisigen Strecken links fuhr. Dagegen hatte die Schifffahrt darauf keinen Einfluss, weil Schiffe immer rechts zu fahren haben, und zwar auch in Ländern, in denen die Eisenbahn und/oder die Autos links fahren. Hinsichtlich der damals vorherrschenden Dampfloktechnik war das jedoch nachteilig, da der Heizer zwangsläufig auf der rechten Seite des Führerstandes arbeiten musste, damit der Lokführer auf dessen linker Seite die links vom Gleis stehenden Signale sehen konnte, was für den gewöhnlich rechtshändigen Heizer eine Arbeitserschwernis zur Folge hatte. Im Laufe der Zeit gingen verschiedene Bahnen daher teilweise oder vollständig vom Linksbetrieb auf den Rechtsbetrieb über, zum Beispiel in Deutschland die ehemaligen Gesellschaften: Leipzig - Dresdner Bahn, Großherzoglich Badische Staatsbahn und Hannoversche Staatsbahn; oder die Eisenbahn Russlands. Dagegen wurden in der Schweiz einige anfangs rechts befahrene Strecken zwecks Vereinheitlichung auf Linksbetrieb umgestellt.
Zweigleisige Eisenbahnstrecken in ehemaligen Kolonien haben in der Regel die Fahrordnung des früheren Mutterlandes (Ausnahme: Niederlande rechts, deren frühere Kolonie Indonesien jedoch links).
Zur weiteren Steigerung der Leistungsfähigkeit zweigleisiger Strecken wurde ab Mitte des 20. Jahrhunderts der Gleiswechselbetrieb eingeführt: dabei können beide Streckengleise signalmässig in beiden Richtungen im Regelbetrieb befahren werden und Züge sich auf freier zweigleisiger Strecke überholen. Hierdurch wurde die starre Festlegung der Fahrordnung aufgehoben, obgleich auch auf Strecken mit Gleiswechselbetrieb gewöhnlich für jede Richtung das der in dem betreffenden Land hergebrachten Fahrordnung entsprechende Gleis benützt wird und das andere nur bei Bedarf. Eine eindeutig festgelegte Fahrordnung ist beim heutigen Eisenbahnbetrieb mit elektrischen oder Diesellokomotiven sowie Triebwagen mit ihren vornliegenden Führerständen jedenfalls nicht mehr erforderlich, da die Betriebssicherheit durch die Eisenbahnsicherungstechnik gewährleistet ist.
Mehrgleisige Strecken
Sehr stark belastete Strecken besonders im Nahbereich von Eisenbahnknotenpunkten und Ballungsräumen sind drei- oder viergleisig oder haben vereinzelt auch mehr als vier Streckengleise.
Dreigleisige Strecken
Auf dreigleisigen Strecken wird in der Regel entweder das mittlere oder eines der beiden äußeren Gleise in beiden Fahrtrichtungen benützt, die beiden anderen jedoch entsprechend der in dem betreffenden Land geltenden Fahrordnung jeweils in nur einer Richtung.
Viergleisige Strecken
Viergleisige Strecken bestehen aus zwei Gleispaaren für verschiedene Zugsarten, und zwar jeweils entweder für:
- Reise- und Güterzüge,
- Fern- und Vorortszüge (Ferngleise mit Mischbetrieb für Reise- und Güterzüge), oder
- schnelle und langsame Züge.
Sie werden entweder im Linienbetrieb oder im Richtungsbetrieb befahren:
- Linienbetrieb: die beiden Gleispaare werden wie zwei nebeneinander liegende zweigleisige Strecken befahren, zum Beispiel: Minden (Westf.) – Löhne (Westf.) – Bielefeld – Hamm (Westf.), oder in Frankreich: Thionville – Woippy (– Metz);
- Richtungsbetrieb: das eine Gleispaar befindet sich in der Mitte der Strecke, während sich das andere beidseits davon befindet, so dass die beiden Gleise für die eine Fahrtrichtung nebeneinander zusammen liegen und daneben zusammen die beiden anderen für die andere Richtung, zum Beispiel: (Essen –) vor Mülheim an der Ruhr Hbf – Duisburg Hbf – Duisburg-Schlenk (weiter Richtung Düsseldorf im Linienbetrieb) oder in Frankreich: (Paris –) Montereau – Saint-Florentin (– Dijon).
Es bestehen im allgemeinen wesentlich mehr viergleisige Strecken mit Linienbetrieb als mit Richtungsbetrieb. Dies trifft auch auf das Gebiet mit dem weltweit dichtesten Netz viergleisiger Strecken zu, nämlich London mit seiner weiteren Umgebung, sowie auf verschiedene andere längere viergleisige Streckenabschnitte in Großbritannien. Dagegen kommt der Richtungsbetrieb in Frankreich häufiger vor.
Strecken mit mehr als vier Gleisen
Dementsprechend sind die einzelnen Gleise von Strecken mit mehr als vier Gleisen ebenfalls nach Zugsarten und Fahrtrichtungen aufgeteilt, zum Beispiel: (Köln - ) Porz-Urbach - Troisdorf (- Siegburg/Neuwied): sechsgleisig mit je einem Gleispaar nebeneinander für Reisezüge, Hochgeschwindigkeitszüge und Güterzüge im Linienbetrieb.
Anteil der zwei- und mehrgleisigen Strecken
Weltweite Verteilung
Entsprechend dem Entwicklungsstand der Länder und ihrer Eisenbahnnetze haben die meisten europäischen Länder sowie die ehemalige Sowjetunion in ihren Eisenbahnnetzen im weltweiten Vergleich den weitaus höchsten Anteil zwei- und mehrgleisiger Strecken, meistens mehr als 20 %. Außerhalb Europas beträgt ihr Anteil in Ägypten, Südafrika, Japan, Korea, China und Indien mindestens 20 %. Dagegen liegt deren Anteil am Gesamtnetz nicht nur in fast allen Ländern der so genannten Dritten Welt darunter, sondern sogar in den USA: dort sind beispielsweise im größten Bundesstaat Texas bis auf kurze Abschnitte im Bereich seiner drei größten Städte Houston, Dallas und San Antonio sowie eines Abschnittes bei Amarillo ebenso alle Strecken eingleisig wie fast alle Strecken in der Westhälfte des Landes mit Ausnahme verschiedener längerer zweigleisiger Abschnitte der beiden Transkontinentalbahnen von San Francisco und Los Angeles nach Chicago. Die Transsibirische Eisenbahn als russische Transkontinentalbahn und längste Eisenbahnstrecke der Welt ist wiederum durchgehend zweigleisig.
Rückbau und Ausbau heute
Besonders in Nordwest- und Mitteleuropa sowie in Kanada und den USA wurden bereits viele früher zweigleisige Strecken auf nur mehr ein Gleis zurückgebaut, was auch heute weiterhin geschieht. Dagegen werden in vielen anderen Ländern einschließlich verschiedener Entwicklungsländer wie Marokko, Iran oder Indien auch heute noch eingleisige Strecken zweigleisig ausgebaut; dasselbe betrifft im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern Nordwest- und Mitteleuropas auch die Niederlande (dort auch in größerem Umfang mit Bau dritter und vierter Gleise an bereits zweigleisigen Strecken) und die Schweiz. Nur in diesen beiden Ländern sowie in Belgien, Luxemburg und Großbritannien sind mehr als 50 % der Eisenbahnstrecken zwei- und mehrgleisig.
Fahrordnung in den einzelnen [[Liste_unabh%E4ngiger_Staaten|Ländern]]:
Auffällig ist, dass sich Länder mit Rechtsbetrieb der Eisenbahn fast nur auf der Nordhalbkugel der Erde befinden. In den kursiv geschriebenen Ländern sind mindestens 20 % der Strecken zwei- und mehrgleisig.
Linksbetrieb
- Amerika: Brasilien, Uruguay, Argentinien, Chile;
- Europa: Irland, Großbritannien einschließlich Nordirland, Schweden, Belgien, Schweiz, Italien, Slowenien, Portugal;
- Afrika: Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten, Elfenbeinküste, Kenia, Zimbabwe, Mozambique, Südafrika;
- Asien: Japan, Korea (beide Teile), China einschließlich Taiwan, Pakistan, Indien, Bangladesh, Sri Lanka, Myanmar, Thailand, Malaysia, Indonesien;
- Ozeanien: Australien, Neuseeland;
Linksbetrieb mit Ausnahmen
- Europa: Frankreich (im Elsass und in Lothringen aufgrund deren früherer Zugehörigkeit zu Deutschland noch heute Rechtsbetrieb);
Linksbetrieb und Rechtsbetrieb als Regelfahrordnungen
- Europa:
- Österreich: Es herrschte während der Donaumonarchie bezüglich der Fahrordnung ein ziemliches Durcheinander als Folge des Baues durch verschiedene Gesellschaften, die jeweils ihre eigene Fahrordnung hatten. Heute wird noch auf der "Südbahn" einschliesslich der Semmeringbahn (Wien – Graz – Puntigam), der "[[ %D6sterreichische_Nordbahn|Nordbahn]]" (Wien – Hohenau – Břeclav/Tschechien), der Strecke Absdorf-Hippersdorf – Tulln – Wien sowie verschiedenen Strecken im wiener Stadtgebiet links gefahren; ansonsten dagegen rechts, einschließlich der beiden früher links befahrenen Strecken "Westbahn" (Wien – Linz – Salzburg) und "Brennerbahn" (Wörgl – Innsbruck – Brenner – Italien);
- Spanien: Auf der ehemaligen Nordbahn (NORTE) von Irún über Burgos und Valladolid nach Madrid nebst weiteren Strecken in deren Einzugsbereich besteht Linksbetrieb, während auf den Strecken der ehemaligen Eisenbahngesellschaft M. Z. A. (Madrid – Zaragoza – Alicante) östlich und südlich von Madrid sowie den Hochgeschwindigkeitsstrecken rechts gefahren wird. Der Übergang zwischen den Fahrordnungen erfolgt in einem kompliziertem planfrei angelegten Gleisdreieck im Nordwesten von Madrid.
Rechtsbetrieb mit Ausnahmen
- Europa: Luxemburg: nur (Belgien-) Kleinbettingen – Luxemburg-Stadt links; Tschechien: auch hier aus der Donaumonarchie früher gemischte Fahrordnungen (ehemalige [[%D6sterreichische_Nordbahn|Nordbahn]] Bohumín – Ostrava – Prerau – Břeclav [– Österreich ] sowie zweigleisige Teile der Strecke Zatec – Prag: links, die früher durchgehend links befahrene Strecke [ Aussig –] Kadan – Komotau – Karlsbad – Eger wurde auf Gleiswechselbetrieb mit Regelfahrordnung rechts umgebaut);
- Amerika: USA: Strecken der ehemaligen "Chicago and Northwestern Railroad" (CNW, zum Beispiel Omaha – Cedar Rapids – Chicago) sowie kleinere Abschnitte bei San Bernardino (Kalifornien) und bei Bangor (Maine) links, früher auch Chicago – Toledo – Cleveland – Buffalo – Albany der ehemaligen "New York Central Railroad" (NYC);
Rechtsbetrieb
- Amerika: Kanada, Mexiko;
- Europa: Norwegen, Dänemark, Finnland, ehemalige Sowjetunion einschließlich asiatischem Teil, Polen, Deutschland, Niederlande, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Türkei einschließlich asiatischem Teil;
- Afrika: Senegal, Kamerun;
- Asien: siehe oben unter Europa;
dem Verfasser unbekannt, bitte um Mithilfe!!!
Kuba, Kolumbien, Peru, Madagaskar, Namibia, Syrien, IRAN!, Philippinen. Besteht in China in der Mandschurei auf zweigleisigen Abschnitten der über Harbin laufenden Variante Čita - Vladivostok der Transsib möglicherweise als Überbleibsel aus russischer Zeit noch Rechtsbetrieb?
Literatur
- RÖLL Dr. Viktor Freiherr von (Hg.) et al.: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Zweite vollständig neubearbeitete Auflage. Berlin/Wien: Urban & Schwarzenberg,
- Dritter Band 1912, Seiten 394/395: SUADICANI, Doppelgleise;
- Vierter Band 1913, Seiten 484...490: BOSSHARDT, Fahrordnung;
- Siebenter Band 1915, Seiten 260...264: GIESE, mehrgleisige Strecken;
- Zehnter Band 1923, Seiten 533/534: Zweigleisiger Betrieb.
- MÜLLER Wilhelm: Eisenbahnanlagen und Fahrdynamik. Berlin (West)/ Göttingen/ Heidelberg: Springer Verlag; Band 1: 1950, Band 2: 1953.
- GRASSMANN Prof. Ewald: Handbuch des Eisenbahnbauwesens. Darmstadt: Carl Röhrig Verlag, 1961.
- ROSSBERG Ralf Roman: Geschichte der Eisenbahn. Künzelsau: Sigloch Service Edition, 1977. (Seiten 519...521: Nicht alle Bahnen fahren rechts).
- BLIER Dr Gérard: Nouvelle géographie ferroviaire de la France. Paris: La Vie du Rail. Tome (Band) I: Le réseau: structure et fonctionnement. 1991, ISBN 2-902808-34-8. (Seiten 42...49).
Die früher in Papierform herausgegebenen Statistiken des Internationalen Eisenbahnverbandes (Union Internationale des chemins de fer, UIC; Weblink: http://www.uic.asso.fr/home/home_de.html ) enthalten unter anderem Angaben über Länge und Prozentsatz zwei- und mehrgleisiger Strecken sowie die Fahrordnung bei den meisten Mitgliedsbahnen, letzteres allerdings manchmal fehlerhaft.