Artus (engl. Arthur), ist ein sagenhafter britischer König, der um 500 gegen die eindringenden Angeln und Sachsen gekämpft haben soll.
Die Geschichten um König Artus gehen teilweise auf keltische Märchen und Fabeln zurück, haben aber wahrscheinlich auch einen historischen Kern (siehe unten), während das Motiv der Tafelrunde erstmals in Waces „Roman de Brut“ (= Roman über Brutus) um 1155 auftaucht.
Artus wird das erste Mal in walisischer Literatur erwähnt (spätes 6.-frühes7.Jahrhundert, siehe unten), es ist aber nicht sicher, ob die Passage, wo er erwähnt wird, nicht ein Einschub aus einer späteren Periode ist.
Artus wird besonders seit der Historia Regum Britanniae („Geschichte der Könige Britanniens“) des Geoffrey of Monmouth (um 1135) Stoff zahlreicher französischsprachiger höfischer Epen.
Er ist eine wichtige Person in der Mythologie Britanniens (vergleichbar in der literarisch inspirierenden Bedeutung sind allenfalls die Geschichte um den Kreuzritter König Richard I. Löwenherz und Robin Hood) und wird mit anderen Mythen wie den Sagen um Merlin, um den Heiligen Gral und die Wilde Jagd in Verbindung gebracht.
Die Artussage
Die Artussage wurde in verschiedenen mittelalterlichen Dichtungen nacherzählt und ausgeschmückt. Hier wird die „Standard-Version“ der Sage nacherzählt, das heißt, weder sind alle hier erzählten Begebenheiten in allen Dichtungen zu finden, noch sind hier alle in Dichtungen erzählten Begebenheiten hier erzählt. Die wichtigsten unter den einzelnen Werken sind hier zu finden.
Die Artussagen sind vermutlich folgendermaßen entstanden: Im späten 5. Jahrhundert bekamen die Bretonen (Festlandkelten) Zuwachs von den britischen Flüchtlingen vor der sächsischen Invasion. Um 1066 kamen die Bretonen mit den normannischen Eroberern nach England, wodurch die national-britische Tradition wieder belebt wurde. Die insel- und festlandkeltischen Traditionen hätten sich dann im späten 11. Jahrhundert zu Sagengestalt kondensiert, auf die Geoffrey von Monmouth zurückgreifen konnte und die er weiterentwickelte.
Der anglonormannische Dichter Wace schrieb in altfranzösischer Sprache eine Reimchronik (Roman de Brut) über die „Geschichte Britanniens“, die auf dem Werk des Geoffrey of Monmouth basiert, das er um einige fantasievolle Motive erweitert, wie zum Beispiel um das der Tafelrunde, um Rangstreitigkeiten zu vermeiden, und um die Entrückung Arthurs nach Avalon. Zumindest Letzteres hat er nicht ganz erfunden, Reisen in eine Anderswelt waren ein fester Bestandteil der keltischen Mythologie, wenn auch der Tod nicht die Voraussetzung dafür war.
Wace berichtete Folgendes über Arthurs Leben: Arthur sei Sohn von Uther und Igraine gewesen, mit 15 König von England und Wales. Seine Ritter habe er an einem runden Tisch versammelt, um Rangstreitigkeiten aus dem Weg zu gehen. Er habe zahlreiche erfolgreiche Abwehrschlachten gegen die Sachsen und Eroberungskriege gegen Irland, Island, Norwegen und Gallien, wo er den römischen Tribun Frollo besiegte und in Paris Hof hielt, geführt und Guinevere, eine Tochter aus einer edlen römischen Familie geheiratet. In der „Stadt der Legionen“ (Carlion) habe er einen Hoftag für ganz Europa abgehalten. Er sei wegen seiner Verbrechen gegen das römische Imperium nach Rom zitiert worden und habe auf dem Weg dorthin den Riesen vom Mont St. Michel erschlagen und die entscheidende Schlacht gegen die Römer bei Saussy gewonnen. Beim Zug nach Rom habe er die Nachricht erhalten, dass sein Neffe Mordred „geputscht“ und Herrschaft und Königin in seinen Besitz gebracht habe. Arthur sei zurückgekehrt und habe zwei siegreiche Schlachten gegen Mordred geführt, bei der dritten sei Mordred gefallen und Arthur tödlich verwundet und zur Genesung auf die Insel Avalon gebracht worden. Über den Tode Arthurs will auch Wace nicht mehr sagen, als es der Zauberer Merlin getan hat: Er zweifle am Tode Arthurs.
Später wurden die Sagen um König Artus immer mehr mit anderen Sagen (u. a. der Gralssage) in Verbindung gebracht, sodass sich die Sage um König Artus immer mehr erweiterte und bald nicht mehr ein Lebensbericht eines (möglicherweise) realen Mannes, sondern eine Sammlung von Heldentaten, eine Beschreibung des idealen Königs, wie ihn sich viele wünschten, war.
Einige Versionen unterscheiden sich in ihrem Umgang mit „unanständigen“ Inhalten. Während in der vornehmen Fassung Artus das Kind Uthers und seiner Frau ist, Mordred der Neffe Artus' und Lancelot Guinevere einfach nur verehrt (Minne), besucht Uther in der ordinären Fassung die Frau eines Herzogs in dessen Gestalt, Lancelot und Guinevere begehen Ehebruch und Mordred (manchmal auch Lancelot) ist der Sohn Arthurs und seiner Schwester.
Nach vielen Ausschmückungen sah die vollständige Gestalt der Sage etwa so aus: Artus wurde als Baby von Merlin von seinen Eltern weggeholt und von seinem Freund Antor zusammen mit dessen Sohn Kay erzogen. Artus hält sich für den Sohn Antors. In Roberts de Boron Merlin, später gefolgt von Thomas Malory, erhielt Artus den Thron, nachdem er ein Schwert aus einem Stein oder einem Amboss gezogen hatte. In diesem Bericht konnte diese Tat nur durch den „wahren König“ vollzogen werden, was den vorausgesagten König und wahren Erben von Uther Pendragon bedeutete. Dieses Schwert war vermutlich das berühmte Schwert Excalibur und seine Identität wurde später in der so genannten Vulgate Merlin beschrieben. In der Post-Vulgate Merlin's Continuation steht jedoch geschrieben, dass Excalibur von einer Hand, die aus einem See kam, entgegengenommen wurde und es Artus von einer jungfräulichen Zauberin kurz nach seinem Regierungsbeginn gegeben worden war. Diese durch spätmittelalterliche Schriftsteller verfasste Geschichte von der Herrin vom See machte die Artuslegende noch konfuser. In dieser Post-Vulgata-Version konnte die Klinge durch jedes Material schneiden und seine Scheide machte den Träger unsichtbar, nach anderer Überlieferung unverwundbar. Gegen den Rat Merlins, der Unglück vorraussieht, heiratet Artus Guinevere, die manchmal die Tochter des Königs eines Nachbarreiches ist. In den Versionen der Sage, die mit dem beginnenden 12. Jahrhundert populär wurden, ruft Artus die Ritter der Tafelrunde zusammen (Iwein, Erec, Lancelot, Gawain, Galahad und andere). An seinem Hof, der am häufigsten in Camelot gehalten wird, kann auch der Zauberer Merlin und Parzival gefunden werden. Diese Ritter beschäftigten sich mit fabelhaften Suchen, wie zum Beispiel nach dem Heiligen Gral, oder der Jagd auf das "Questentier" Glatisant. Andere Geschichten aus der keltischen Welt wurden mit Artus assoziiert, wie die Sage von Tristan und Isold. Merlin beschützt ihn bei all seinen Unternehmungen, bis er von seiner Geliebten zurückgehalten wird (Siehe Merlin). Danach werden fast keine Großtaten Köng Artus' mehr berichtet. Die Romanze zwischen Artus' Held Lancelot und der Königin Guinevere ist der zentrale Grund für den Fall der Welt Artus': Guinevere soll wegen eines Ehebruchs mit Lancelot (nach anderen Angaben, weil sie einem der Ritter angeblich einen vergifteten Apfel geschenkt hatte) auf dem Scheiterhaufen hingerichtet werden. Lancelot befreit sie und tötet dabei zwei Brüder Gawains, eines guten Ritters und Bruder (Nach anderen Quellen: Halbbruder), der zuvor ein guter Freund Lancelots war. Dieser schwört Rache. Obwohl sich Artus später wieder mit Guinevere versöhnt, verfolgt sein Heer auf Gawains Drängen hin den aus der Tafelrunde ausgestoßenen Lancelot. Gawain verzeiht Lancelot, da dieser ihn in einem Zweikampf besiegt und ihn dennoch nicht tötet. Trotzdem ist die Krise noch nicht zu Ende. Artus erhält Nachricht, dass Mordred mit dem Vorwand, Artus sei tot, Guinevere zur Frau genommen hat und sich nun "König Britanniens" nennt. Artus kehrt nach Hause zurück. Schließlich tötet er Mordred in der Schlacht von Camlann, ist aber selbst tödlich verwundet. Er bittet einen der letzten Ritter, die noch am Leben sind, sein Schwert, das er von der "Dame vom See" erhalten hat, dieser zurückzugeben, was er, nachdem er mehrmals versucht hat, ihn zu belügen und das Schwert zu behalten, auch tut. Dann wird Artus von drei Priesterinnen der Andersweltinsel Avalon abgeholt. Ob er dort stirbt oder überlebt, wird in den meisten Sagen nicht näher erklärt.
Lange Zeit glaubten jedenfalls die Briten - und nicht nur sie - an eine Wiederkehr Arthurs (vergleiche Friedrich Barbarossa). Arthur war ein Idol der Waliser, die gegen die Engländer rebellierten.
Und im 12. Jahrhundert noch fragte der Gelehrte Alanus:
„Wo ist ein Ort innerhalb der Grenzen des Christenreiches,
zu dem die beflügelten Lobpreisungen des Briten Artus
noch nicht gelangt ist?
Geht und verkündet, dass Artus tot sei. Ihr werdet kaum
unbeschädigt davonkommen, ohne von den Steinen eurer Zuhörer
zerschmettert zu werden“.
König Artus und der Heilige Gral
König Artus wird immer wieder mit dem Heiligen Gral in Verbindung gebracht. In einer Fassung der Sage soll der „Runde Tisch“ immer an dem Königshof gestanden haben, dessen Ritter nach dem Gral suchten. Das sei zuerst Uther Pendragon gewesen, dann Guineveres Vater Leodagan und schließlich Artus.
In der anonym überlieferten Dichtung Quête du saint Graal, die Teil des Prosa-Roman-Zyklusses Lancelot-Graal (geschrieben um 1215/30) ist, fanden schließlich drei von Artus' Rittern, nämlich Perceval, Bors und Galahad, der Sohn Lancelots, den Gral und brachten ihn an seinen Platz in einer Kirche im Fernen Osten.
Geschichte der Artussage
Früheste Überlieferungen von Artus
Artus wird das erste Mal in walisischer Literatur erwähnt. Im frühesten überdauerten walisischen Gedicht, dem Gododdin, schreibt der Dichter Aneirin (etwa 575 bis 600) über eine seiner Personen, dass sie „schwarze Raben über Wälle führte, obwohl sie nicht Artus war“. Aber dieses Gedicht, wie es im Moment existiert, besteht aus vielen Interpolationen und es ist nicht möglich zu entscheiden, ob diese Passage nicht ein Einschub aus einer späteren Periode ist.
Eine andere frühe Referenz zu Artus ist die Historia Brittonum („Geschichte der Briten“), die (was aber ziemlich sicher widerlegt werden kann) dem walisischen Mönch Nennius zugeschrieben wird, über den gesagt wurde, dass er die frühe walisische Geschichte um das Jahr 830 erfasst hat. In seiner Arbeit wird Artus als 'Anführer von Schlachten' bezeichnet, nicht als König. Artus erscheint auch in der walisischen Fabel Culhwch und Olwen, einer Erzählung, die üblicherweise mit dem Mabinogion assoziiert wird.
Später erwähnen Teile der Trioedd Ynys Prydein (Walisische Triaden) Artus und legen seinen Hof nach Celliwig, das in Cornwall liegt. Celliwig wurde von älteren cornischen Altertumsforschern mit Callington identifiziert, aber Rachel Bromwich, der letzte Bearbeiter der walisichen Triaden, setzt es mit Kelly Rounds, einer Höhenbefestigung in der cornischen Gemeinde von Egloshayle gleich.
König Artus wird manchmal auch als Führer der Wilden Jagd bezeichnet, nicht nur auf den britischen Inseln, auch in der Bretagne, Frankreich und Deutschland.
Ausbreitung der Artussage und Arthurische Romantik
1133 erstellte Geoffrey von Monmouth ein Manuskript, die Historia Regum Britanniae. Dieses Werk war das mittelalterliche Äquivalent eines Bestsellers und half, die Aufmerksamkeit anderer Schriftsteller wie Wace und Layamon auf diese Geschichten zu lenken, welche die Geschichten um Artus daraufhin erweiterten.
Während viele Gelehrte glauben, dass Geoffrey die Quelle der mittelalterlichen Bedeutung Artus' ist, argumentiert mindestens einer, Roger S. Loomis, dass viele der Sagen um Artus eigentlich aus bretonischen mündlichen Überlieferungen stammen, die über die königlichen und adligen Höfe Nordfrankreichs und Britanniens durch professionelle Geschichtenerzähler (Jongleurs) verbreitet wurden. Der französische Dichter Chrétien de Troyes arbeitete nach der Mitte des 12. Jahrhunderts Geschichten aus dem Mythos in eine literarische (Roman-)Form um, wie auch Marie de France es in ihren kürzeren Erzählgedichten (Lais) tat. Auf jeden Fall scheinen die Geschichten dieser zwei teilweise unabhängig von dem zu sein, was Geoffrey von Monmouth schrieb.
Der Artusmythos breitete sich, zunächst mit den Normannen, weit über den Kontinent aus. Ein Bild von Artus und seinen Rittern, die eine Festung angreifen, wurde zwischen 1099 und 1120 über dem nördlichen Durchgang der Kathedrale in Modena, Italien, in eine Archivolte gehauen. Ein Mosaikpflaster in der Kathedrale von Otranto nahe Bari, auch Italien, wurde 1165 mit der rätselhaften Beschreibung Arturus Rex erstellt, der ein Zepter hält und eine Ziege reitet. Erst am Ende des 12. Jahrhunderts setzt eine spezifisch literarische Rezeption ein, zunächst am Niederrhein, dann in Oberdeutschland (Hartmann von Aue, Ulrich von Zazikhofen, Wolfram von Eschenbach), im 14. Jahrhundert auch beispielsweise in Skandinavien (Riddarasögur). Die spätmittelalterliche Hanse scheint eine Hochburg der Artus-Verehrung gewesen zu sein. Händler des 15. Jahrhunderts bauten zu Artus' Ehren den Artushof in Danzig, Polen. Die Mythen um König Artus wurden auch von anderen Herrschern verwendet, um sich selbst populärer zu machen. Beispiele dafür sind der Orden vom Goldenen Vlies, der Artus' Tafelrunde nachgebildet sein soll, und König Richard Löwenherz, dem der Besitz Excaliburs nachgesagt wurde.
Nacherzählungen beinhalten auch Arbeiten von Sir Gawain und der Grüne Ritter und Thomas Malorys Le Morte d'Arthur.
Neuzeitliche Verwertung und Umformung des Stoffes
Auch in unserer Zeit faszinieren die Sagen um König Artus und haben einige Autoren zu eigenen Arbeiten angeregt. Während manche, wie Rosemary Sutcliff, sich auf eine Nacherzählung der Sage beschränken, gehen andere sehr souverän damit um und bauen Motive aus Sagen in eigene Arbeiten ein. Die derzeit wohl bekanntesten sind „Die Nebel von Avalon“ von Marion Zimmer Bradley und der Film „King Arthur“, der versucht, den historischen Hintergründen nachzugehen. Mehr dazu unter Medienliste zu Artus, Merlin und dem Gral.
Wissenschaftliche Erläuterungen zur Artussage
Artus - Identifikationsversuche
Von vielen wird bezweifelt, dass Artus überhaupt existierte.
Es gibt aber mehrere Ansätze, mit denen die Figur des Artus oder zumindest einzelne Aspekte seiner Geschichte in die reale Geschichte eingebunden werden. Natürlich ist der Titel "König" höchst unwahrscheinlich, in den frühesten Erwähnungen und walisischen Texten wird auch einer der möglichen Vorlagen für König Artus, Enniaun Girt (siehe unten), nie der Titel „König“ gegeben. Hochmittelalterliche walisische Texte bezeichneten ihn normalerweise als Amerauder „Imperator“. Das keltische Krönungsritual, bei dem, wie Gerald von Wales (12. Jahrhundert) berichtet, eine weiße Stute geschlachtet und zu Suppe, in der der künftige König baden musste, gekocht wurde, kommt ebenfalls in der Artussage meines Wissens nirgends vor. Das Motiv des aus dem Stein gezogenen Schwerts als Gottesurteil zur Erlangung der Königswürde steht eher mit den Sarmaten in Verbindung, die eigentümliche Riten (Verehrung eines im Boden steckenden Schwertes etc.) ausübten; 5500 sarmatische Lanzenreiter waren zu römischer Zeit auch in Britannien stationiert (Siehe unten, "Das Schwert im Stein").
Allerdings ist für die Mitte des 5. Jahrhunderts ein britisches Hochkönigtum belegt. Jordanes, der 551 die "Geschichte der Goten" verfasste, berichtet von einem Riothamus (Einige Gelehrte, vor allem Geoffrey Ashe und Fleuriot, setzen diesen mit Arthur gleich), der mit 12000 Mann dem römischen Kaiser Anthemius zuhilfe eilte und an anderer Stelle als „König der Brettonen“ bezeichnet wird. Unglücklicherweise ist Riothamus eine Schattenfigur, von der wenig bekannt ist. Gelehrte sind nicht sicher, ob die Brettonen, die er anführte, Briten oder Bretonen waren.
Es gibt auch - wenn auch sehr wenige - Parallelen mit dem römisch-britannischen Kaiser Carausius († 293).
Historiker gehen heute davon aus, dass es den Namen „ARTUS“ als Eigenname gar nicht gab, sondern dass es sich dabei um eine Kombination aus lateinischen und keltischen Ehrennamen handelt. Bei keltischen Stammesführern oder berühmten Kriegern war es durchaus üblich, sich einen oder mehrere Beinamen zuzulegen, die sich auf spezielle Eigenarten oder Fähigkeiten der damit bezeichneten Person bezogen. Diese Tradition gab es auch noch im Mittelalter und sogar bis ins späte Barock und zwar in ganz Europa. Beim Namen ARTUS glaubt man heute, dass er sich aus dem keltischen ART (Bär) und dem lateinischen URSUS, das ebenfalls Bär bedeutet, zusammensetzt. Demnach lautete der Name ursprünglich also ARTURSUS und wurde irgendwann zum bekannten ARTUS abgekürzt. Diese Doppelbenennung war notwendig, um sowohl die Anhänger der alten keltischen Traditionen als auch die latinisierten Briten zufrieden zu stellen. Diese Interpretation würde auf die These hindeuten, dass Artus einer der letzten römischen Statthalter bzw. ein Keltenfürst war, der sich auf die römische Tradition berief.
Der Bär galt den Inselkelten als „Königstier“, vergleichbar etwa dem Löwen als "König der Tiere" in der Fabel. Einen Titel „König“ im Sinne eines Staatsoberhauptes kannte man noch nicht. Jeder Stammesfürst war König und sein eigener Herr. Lediglich zu Kriegszeiten, wenn es galt, mehrere Stammesverbände unter ein gemeinsames Kommando zu stellen, wurde einer zum Führer ausgerufen, der dann oft einen mythologischen Titel zugesprochen bekam.
Tatsächlich gibt es auch schriftliche Hinweise auf einen britischen Feldherrn im 5. Jahrhundert, den man als den „Bären“ bezeichnete. Sein tatsächlicher Name lautete Enniaun Girt und er stammte aus Nordbritannien. Von ihm ist bekannt, dass es ihm gelang, genügend britische Krieger zusammenzurufen um den Sachsenfürst Hengest und seine Krieger zu besiegen. Den wenigen Chroniken, die aus dieser Zeit erhalten geblieben sind, ist zu entnehmen, dass Enniaun Girt niemals König war, da es zu dieser Zeit noch keinen britischen König gab. Stattdessen wurde Britannien gemeinsam vom Rat der Stämme und dem Comes Britanniarum (Gouverneur Britanniens) regiert, dessen Name ebenfalls überliefert ist: Ambrosius Aurelianus, ein latinisierter Brite hohen Ranges. Aus diesen beiden – historisch verbürgten – Figuren entstand höchstwahrscheinlich später die Sage von Artus Pendragon, Hochkönig von Britannien. Auch Enniauns Sohn Owain Ddantgwyn kann man nach manchen Quellen als den „historischen Artus“ bezeichnen (Klingt „Owain“ nicht so ähnlich wie "Gawain"? Gawain war ja auch ein Verwandter, ein Neffe, von König Artus, und sein Bruder Mordred wird manchmal auch als sein Halbbruder und Artus als Mordreds Vater bezeichnet... Aber Spekulationen darüber überlasse ich den Sprachwissenschaftlern)
Andere Theorien siedeln das reale Vorbild für Artus nicht in Nordbritannien, sondern in Wales, Cornwall oder im Westen Englands an. Die walisische Tourismusindustrie beansprucht Artus eindeutig für ihre Zwecke als touristische Besonderheit des Landes Wales.
Eine andere These geht davon aus, dass Artus am ehesten eine halb vergessene keltische Gottheit war, die sich in eine menschliche Person (hier wird die Wandlung des Seegottes Lir in König Lear zitiert) oder eine fiktive Gestalt wie Beowulf verwandelt hat. Anhänger dieser Richtung argumentieren, dass ein anderer Romano-Brite dieser Zeit die Truppen führte, die die Sachsen in der Schlacht von Mons Badonicus bekämpften, wie zum Beispiel Ambrosius Aurelianus.
1191 gaben Mönche der Abtei von Glastonbury bekannt, dass sie die Grabstätte von Artus und Guinevere gefunden hatten. Möglicherweise ist das aber eine Lüge, die dazu diente, sich Geld für den Wiederaufbau der Abtei, die 1184 durch ein Feuer zerstört worden war. Das Grab wurde jedenfalls vielen Leuten gezeigt und die vermeintlichen Überreste wurden 1278 in eine neue Gruft umgebettet. Diese Gruft wurde während der Reformation zerstört und die Gebeine gingen verloren. Der Antiquariat John Leland gab an, dass er das Kreuz, welches mit den Überresten gefunden worden war, sah, und übersetzte seine Inschrift:
Hic iacet sepultus inclitus rex Arturius in insula Avalonia
auf deutsch:
„Hier liegt der berühmte König Artus auf der Insel Avalon begraben“
Camelot - Identifikationsversuche
Camelot ist der Hof von König Artus. Wo Camelot gelegen hat, wird spekuliert, einige vermuten den Hof in Tintagel in Cornwall (die Burgruine dort stammt jedoch aus dem 12. Jahrhundert) oder in Caerleon (heute: Gwent in Wales, das römische Isca Silurum), es ist jedoch am wahrscheinlichsten mit dem heutigen Colchester, römisch Camulodunum, zu identifizieren. Professor A.Jackson meinte 1959 mit sprachwissenschaftlichen Methoden Cadbury Castle in Somerset als Camelot identifizieren zu können. Die Reste der keltischen Festungsanlage aus dem 5. Jahrhundert auf dem Glastonbury Tor werden ebenfalls mit König Artus in Verbindung gebracht.
Vertritt man die Theorie, dass Artus im englisch-schottischen Grenzgebiet lebte, sind natürlich alle diese Vorschläge Unsinn.
Das Schwert aus dem Stein
Das Motiv des aus dem Stein gezogenen Schwerts als Gottesurteil zur Erlangung der Königswürde steht möglicherweise in Verbindung mit dem Einsatz 5500 schwerer sarmatischer Lanzenreiter (Kataphrakte) in römischen Diensten in Britannien seit Kaiser Marc Aurel. Sie und möglicherweise ihre Nachfahren übten eigentümliche Riten (Verehrung eines im Boden steckenden Schwertes etc.) aus.
Die Sage vom Schwert aus dem Stein, das oft auch mit Excalibur gleichgesetzt wird (dem Schwert, mit dem Artus der Sage nach in seinem letzten Kampf seinen Neffen, nach einer anderen Version seinen eigenen Sohn, Mordred tötete), ist aller Wahrscheinlichkeit nach auf einen Übersetzungsfehler zurückzuführen. Frühmittelalterliche Schreiber ließen oft Konsonanten aus, die stattdessen mit einem ´ (Akut) über den Buchstaben gekennzeichnet wurden. Darum geht man heute davon aus, dass dieses Schwert nicht von einem Stein (ex Saxo) sondern von einem Sachsen (ex Saxone) stammt. Für diese Variante spricht auch eine jütische Sage, nach der ein sächsischer Krieger das Wunderschwert des Schmieds Wieland, welches aus Sterneneisen geschmiedet war, an einen großen britischen König verloren haben soll, zusammen mit seinem Leben. Besagtes Schwert dürfte aus Meteoreisen bestanden haben, das sowohl von keltischen als auch germanischen Druidenschmieden als wunderkräftiges – weil vom Himmel gefallenes – Metall betrachtet wurde, das den Träger eines Schwertes aus diesem Material unbesiegbar machen sollte. Auch dürfte die Vorstellung von Excalibur als einem mittelalterlichen Kreuzfahrerschwert mehr als falsch sein. Viel eher dürfte es sich dabei um den Schwerttyp gehandelt haben, den die römischen Legionäre nach Germanien und Britannien mitbrachten, den Gladius, ein Schwert mit zweischneidiger, ca. 55-60 cm langer Klinge, das sowohl als Hieb- wie auch als dolchartig zu verwendende Stoßwaffe konzipiert war.
Zur keltischen „Geschichtsschreibung“
Einen klaren und nachweislichen historischen Kontext herzustellen ist nicht zuletzt aufgrund der Abneigung der Kelten gegen das geschriebene Wort schwer bis unmöglich. Anstelle einer Geschichtsschreibung lernten die als Wahrer von Tradition und Geschichte zuständigen Barden oder Druiden während ihrer "Ausbildungszeit" (Laut Caesar und Strabo etwa 20 Jahre) alles überlieferte Wissen ohne schriftliche Unterstützung auswendig und erzählten es dann weiter - erzählen aus dem Gedächtnis war auch in späteren Jahrhunderten noch eine angesehene Kunst. Dabei pflegten sie stets Historie mit Mythologie zu verweben und umgekehrt. Wichtig war nicht der präzise historische Ablauf von Ereignissen, sondern deren historische, ethische und nicht zuletzt mythologische Bedeutung.
So läßt sich erklären, wie in keltischen Sagen Göttergestalten als Menschen agieren, historische Personen hingegen zu Halbgöttern werden können. Auch war es nicht unüblich, mehrere Personen und Zeitgeschehen in ein und derselben dramaturgischen Person (Protagonist) zusammenzufassen. Der Barde und Zauberer Merlin, der in der Artussage eine zentrale Rolle spielt, aber auch in eigenständigen und anderen Sagenkreisen auftaucht, ist hierfür ein gutes Beispiel.
Siehe auch
Literatur
- Barczewski, Stephanie L.: Myth and national identity in nineteenth-century Britain : the legends of King Arthur and Robin Hood, Oxford [u.a.] : Oxford University Press 2000, 274 S., ISBN 0-19-820728-X
- Malory, Thomas: Die Geschichte von König Artus und den Rittern seiner Tafelrunde, 3 Bde, ISBN 3458319395
- Littleton, C. Scott: From Scythia to Camelot: A Radical Reassessment of the Legends of King Arthur, the Knights of the Round Table, and the Holy Grail, ISBN 0815335660
- Matthews, John: King Arthur: Dark Age Warrior and Mythic Hero, ISBN 0517224445
- Brzezinski, R. et al.: The Sarmatians 600BC-450AD, ISBN 184176485X
- Bradshaw, Gillian: Die Reiter der Sarmaten (Roman), ISBN 3442424291
Weblinks
- König Arthur und die wirklichen Hintergründe der Sage: keltisch oder sarmatisch? (engl.)
- Das Schwert im Stein und der sarmatische Ursprung (engl.)
- Lucius Artorius Castus, römischer Befehlshaber über eine sarmatische Einheit, wahrscheinlich der echte König Arthur/Artus (engl.)
- Arthuriana - Auf der Suche nach König Artus