Die preußische Provinz Ostpreußen war von 1871 bis 1945 der nordöstlichste Landesteil des Deutschen Reiches. Ostpreußen war das Stammland der baltischen Pruzzen und des späteren Königreichs Preußen, in seiner Hauptstadt Königsberg krönte sich 1701 der erste preußische König selbst.
Durch seine exponierte Lage vor der russischen Grenze, seine Frontstellung im Ersten Weltkrieg, seine Abtrennung vom übrigen Reichsgebiet durch den Vertrag von Versailles 1919, die Exzesse bei der Besetzung durch die Rote Armee 1945, Flucht und Vertreibung der Bevölkerung wurde Ostpreußen zum Symbol sowohl für die Nationalisten aller beteiligten Parteien als auch für die Schrecken des Krieges und Verbrechen an der Zivilbevölkerung im Allgemeinen.
Ostpreußen liegt an der Ostseeküste, zwischen Litauen und Polen, seine nördliche Hälfte bildet heute das russische Kaliningrader Gebiet, die südliche die polnische Woiwodschaft Ermland-Masuren.
Als Hymne von Ostpreußen gilt das Ostpreußenlied.
Geschichte
Vorgeschichte
Archäologische Funde bezeugen menschliche Besiedlung an der Südküste der Ostsee seit 2000 v. Chr.
98 n. Chr. berichtete Tacitus in seiner Germania über die Aesti gentes. Allerdings hatte Tacitus diese Gebiete selber nie besucht, und fasste auch alle an der Ostsee (Mare Suebicum) lebenden Stämme (unter anderem Lombarden, Burgunder, Semnonen, Wandalen, Lugier, Silinger, Goten) als Suebi (Schwaben) zusammen, so dass man wenige Einzelheiten zur frühen Geschichte findet. 550 n. Chr. zählt der byzantinische Geschichtsschreiber Jordanes die Aesti zum gotischen Reich.
Etwa um 850 n. Chr. spricht ein Bayerischer Geograph von den Brus.
Wulfstan von Haithabu (Schleswig) berichtete in seinen Reiseberichten über das Land und die Leute jener Gegend. Die ostbaltischen Litauer wurden im 11. Jahrhundert erstmals beschrieben, während die Prussen Westbalten waren. Doch erst mit der Zeit der Christianisierung und des damit verbundenen Kirchenbaues fing man lokal an, schriftliche Dokumente zu führen, die detaillierte Informationen enthalten.
Die englische Bezeichnung Spruce (Fichte) wird etymologisch auch von Pruce (Preußen) abgeleitet und als Hinweis auf Handel mit Preußen gesehen. Die älteste Verwendung dieses Wortes findet sich vor 1400 in der altenglischen Sprache.
Staatenbildung
Ursprünglich war es das Stammland der Pruzzen (sog. Preußenland) an der Ostseeküste, nördlich des späteren Polen und westlich von Litauen; die südwestliche Grenze war westlich der Weichsel, nordöstlich etwa die Stadt Memel nördlich des Flusses Memel. Das Stammgebiet der Pruzzen ging auch südlich über die Grenzen des Ordensstaates Preußen oder Ostpreußen hinaus.
Das von baltischen Stämmen an der Ostseeküste besiedelte Gebiet wurde seit dem 10. Jahrhundert zur Interessensphäre der entstehenden und expandierenden deutschen und polnischen Staaten.
Mieszko I., ein Fürst aus dem Hause der Piasten, gab Markgraf Gero und Kaiser Otto I. im zehnten Jahrhundert den Lehnseid und erhielt vom Kaiser und dessen Nachfolger Otto II. und Otto III. Land als Lehen.
Die Piasten versuchten nach dem Tode der Kaiser, das kaiserliche Lehen für sich zu behalten und weiteres Land zu erobern. 997 n. Chr. kam Adalbert von Prag mit Soldaten des Piasten Boleslaw I. Chrobry nach Ostpreußen, um die Pruzzen zu unterwerfen. Sie drangen in der Gegend um Danzig bis zur Ostsee vor. Die Pruzzen konnten sich jedoch wehren und die Soldaten Boleslaws zurückdrängen, worüber die Vita Sankt Adalbert berichtet.
In der Folgezeit versuchte Polen mehrmals ohne Erfolg, das Siedlungsgebiet der Pruzzen und der Pomeranen (Pommern) zu erobern, um einen Zugang zur Ostsee zu erhalten. Die von Konrad von Masowien ebenfalls unter dem Vorwand der Missionierung durchgeführten Kriegszüge scheiterten am Widerstand der Pruzzen; Teile des eroberten Kulmerlandes konnte er nur kurzzeitig halten. Um eine sichere Nordgrenze zu erreichen, bot Konrad von Masowien dem Deutschen Ritterorden Landrechte im Gegenzug für militärische Unterstützung an. Diese Landrechte wurden 1226 durch den deutschen Kaiser Friedrich II. in der Goldenen Bulle von Rimini und 1234 von Papst Gregor IX. in der Goldenen Bulle von Rieti formell bestätigt.
Der Ordensstaat
Altpreußen (das spätere Ostpreußen, Ermland und Teile von Westpreußen) bestand im Jahre der Goldenen Bulle von Kaiser Friedrich II. aus den folgenden Gebieten:
Schon im Jahre 1224 war Wilhelm von Modena vom Papst zum Legaten für u.a. Preußen und Samland benannt worden.
Ab 1226 begann der Deutsche Orden unter Hochmeister Hermann von Salza die Christianisierung Preußens, das durch die Goldene Bulle von Rimini (1226) von Kaiser Friedrich II. und eine päpstliche Bulle von 1234 unter die Herrschaft des Deutschen Ordens gestellt wurde. 1245 teilte der päpstliche Legat Wilhelm von Modena das Preußenland in vier Bistümer ein: Ermland, Kulmerland, Pomesanien und Samland. Die vier Bistümer unterstanden dem Erzbischof von Riga (siehe auch Liste der Erzbischöfe von Riga). Es dauerte jedoch bis 1283, ehe die heidnischen Preußen besiegt waren. Der Orden gewann 1309 auch Pommerellen mit Danzig und konnte das Land gegen die heidnischen Litauer verteidigen.
Der erste Bischof Preußens war der Mönch Christian aus dem Zisterzienserkloster Lekno bei Gnesen. Sitz des Ordens war erst Venedig, dann in Preußen die Ordensburg Marienburg, nach der Schutzheiligen des Deutschen Ordens Maria benannt.
Nach der Niederlage in der Schlacht bei Tannenberg von 1410 und dem 13 Jahre dauernden Städtekrieg innerhalb Preußens von 1454 bis 1466 verlor der Deutsche Orden Westpreußen und musste die polnische Lehnshoheit Ostpreußens anerkennen. Dieses war jedoch weder vom Papst noch vom Kaiser anerkannt und 1494 erhob Kaiser Maximilian I. den Deutschmeister zum Reichsfürsten. Ermland wurde exemptes eigenständiges Fürstbistum. 1511 wurde Albrecht von Brandenburg-Ansbach-Preußen Hochmeister des Deutschen Ordens. Wie auch die vorherigen Hochmeister verweigerte er dem polnischen König den Lehnseid.
Kaiser Maximilian I. schloss im Jahre 1515 auf dem Wiener Fürstentag Verteidigungs- und Heiratsbündnisse mit den Jagiellonen.
Albrecht versuchte in einem 4-jährigen Reiterkrieg erfolglos und vom Kaiser im Stich gelassen, die Bindung an Litauen-Polen zu verhindern. Albrecht ging dann ein persönliches Familienbündnis mit seinem Onkel Sigismund I. ein.
Brandenburg-Preußen
1525 wurde Preußen ein Herzogtum unter Albrecht von Brandenburg-Ansbach. Der Deutsche Orden setzte einen neuen Hochmeister ein, Walther von Cronberg, welcher aber nicht wie bisher in Königsberg, sondern in Mergentheim seinen Sitz einnahm. 1527 erhielt Cronberg vom Kaiser die Berechtigung, sich Administrator des Hochmeistertums zu nennen. (Noch der Sohn Kaiser Maximilians II. war bis 1618 Administrator Preußens. Dann nannte man das Amt Hoch- und Deutschmeister. Die Hoch-und Deutschmeister des Deutschen Ordens hatten durch den Kaiser seit 1526 den gleichen Stand im Imperium, wie ein Fürstbistum). 1534 wurde Herzog Albrecht unter Bann gesetzt. 1544 gründete Herzog Albrecht die Universität Albertina in Königsberg. Die kulturellen Leistungen in seiner Amtszeit waren die Prutenischen Tafeln, die Erstellung preußischer Landkarten sowie eine Münzreform unter Leitung Nikolaus Kopernikus. In diese Zeit fielen auch die Aufnahme evangelischer Flüchtlinge und besonders die erstmaligen Übersetzungen religiöser Schriften in verschiedene Sprachen der neuen preußischen Bürger aus den Nachbarländern. Nach dem Tode Herzog Albrechts im Jahre 1568 kam dessen fünfzehnjähriger Sohn Albrecht Friedrich an die Regierung; dessen Geisteskrankheit bedingte, dass seit 1577 an seiner Stelle brandenburgische Kurfürsten aus der Linie der Hohenzollern regierten, da sie gemeinsam 1569 das Amt eines Herzog von Preußen geerbt hatten. 1618 endete die preußischen Linie der Hohenzollern, als Albrecht II. starb. Das Herzogtum Preußen (ohne das Fürstbistum Ermland) fiel an die brandenburgische Linie der Hohenzollern, zu diesem Zeitpunkt unter Johann Sigismund. Fortan fanden sich beide Regionen in einem Land wieder, dem späteren (ab 1701) Königreich Preußen. Trotz des Namens lag das Kerngebiet dieses Landes in der Mark Brandenburg.
Königreich Preußen
Nachdem im 18. Jahrhundert Polen aufgeteilt wurde (1772 erste Teilung Polens) und westliche Teile Preußens Friedrich II. huldigten, ordnete der König am 31. Januar 1773 an, die Wiedererwerbungen als Westpreußen und das bisherige Herzogtum Preußen als Ostpreußen zu bezeichnen. Ermland mit Allenstein und Braunsberg,seit Jahren exemtes Fürstbistum in Preußen, kam wieder unter gemeinsame Regierung, die des Königs von Preußen. Hauptstadt Ostpreußens war bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Königsberg.
Nach dem Wiener Kongress 1815 wurden Ostpreußen und Westpreußen als Provinzen errichtet. Von 1824 bis 1829 waren sie personell und von 1829 bis 1878 real zur Provinz Preußen vereinigt. 1878 wurde diese wieder geteilt, bis 1919 bildeten die Provinzen Ostpreußen (Hauptstadt: Königsberg) und Westpreußen (Hauptstadt: Danzig) den nordöstlichen Teil des Deutschen Reichs.
Durch seine gemeinsame Grenze mit Russland und seine vorgeschobene geographische Lage wurde Ostpreußen im Ersten Weltkrieg zu einem wichtigen Schauplatz der Ostfront, hier lagen die einzigen Gebiete des Reichs, die während des Weltkriegs von fremden Truppen besetzt waren (die verlustreichen Schlachten an der Westfront fanden auf französischem und belgischen Territorium statt). Der russische Vormarsch wurde in der zweiten Schlacht von Tannenberg zum stehen gebracht, die verantwortlichen Generale Hindenburg und Ludendorff legten hier die Grundlage zu ihrer großen Popularität, die sie während der Weimarer Republik auf unterschiedliche Weise nutzten: Hindenburg als konservativer Reichspräsident, Ludendorff als Putschist und Verbündeter Hitlers.
Der Versailler Vertrag
Mit dem Inkrafttreten des Versailler Vertrages wurde Westpreußen ohne Volksabstimmung zwischen Polen und der vom Deutschen Reich abgetrennten Freien Stadt Danzig aufgeteilt. Der östliche Restteil wurde der Provinz Ostpreußen als Regierungsbezirk Westpreußen mit Verwaltungssitz in Marienwerder angegliedert, beziehungsweise der neugebildeten Grenzmark Posen-Westpreußen angeschlossen.
Am 10. Januar 1920 wurde der südwestliche Teil des Kreises Neidenburg ohne Volksabstimmung an Polen abgetreten. Daraus wurde der neue Kreis Dzialdowo (Soldau) gebildet, der zur polnischen Woiwodschaft Pomerellen trat.
Im südlichen Ostpreußen (Masuren) fand 1920 eine Volksabstimmung über die künftige Gebietszugehörigkeit statt. Hintergrund der Volksabstimmung war, dass die Bevölkerungsmehrheit in Masuren neben Deutsch als Verkehrssprache eine eigene slawische Sprache, das "Masurische" gebrauchte. Deutschland sollte Masuren nach dem Erstentwurf des Versailler Vertrages ohne Volksabstimmung an Polen abtreten. Erst nach Protest der Regierung Ebert einigten sich die Parteien bei den Verhandlungen in Versailles auf eine Volksabstimmung. Die Bewohner konnten bei der Volksabstimmung wählen zwischen den Alternativen Polen und „Ostpreußen“. 97 % der Bewohner entschieden sich dafür, weiterhin zu Ostpreußen gehören zu wollen.
Das Memelgebiet, welches gemäß dem Versailler Vertrag ein Freistaat werden sollte, und seit 1920 von französischen Truppen besetzt war, wurde 1923 von litauischen Verbänden besetzt und in der Folge annektiert.
Weimarer Zeit und Drittes Reich
1922 wurde vom Reichsverkehrsministerium der Seedienst Ostpreußen eingerichtet, der über den Seeweg eine Verbindung zwischen Ostpreußen und dem Kernland des Deutschen Reiches herstellte. Der Seedienst Ostpreußen bestand bis 1944.
Der Verkehr zwischen dem Deutschen Reich und Ostpreußen auf dem Landweg war wegen des sogenannten polnischen Korridors (die Landverbindung zwischen dem eigentlichen Polen und der Ostsee durch das bisherige Westpreußen) nicht unproblematisch. Der Bahnverkehr erfolgte in verplombten Zügen, bei denen zum Teil sogar die Fenster zugehangen wurden. Auch der Straßenverkehr zwischen Ostpreußen und dem Reichsgebiet wurde durch die polnischen Behörden erschwert. Das Verhältnis zwischen der Weimarer Republik und dem klerikalfaschistischen polnischen Staat war äußerst feindselig, immer wieder kam es entlang der gemeinsamen Grenze zu bewaffneten Auseinandersetzungen.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 konnten diese in der Bevölkerung unter anderem auch durch das Unterlaufen des in Deutschland als Demütigung empfundenen Versailler Vertrags Popularität gewinnen. So wurden im Westen (Rheinland, Saargebiet) und Südosten (Österreich, Sudetenland) deutschsprachige Gebiete an das Reich angeschlossen, ohne bei den Westmächten Frankreich und Großbritannien auf ernsthaften Widerstand zu stoßen. Für die deutschen Forderungen im Nordosten, den Wiederanschluss Danzigs und die Rückgabe des „Korridors“, signalisierten sie jedoch im Falle einer Besetzung den Casus belli (Kriegsfall). Lediglich Litauen gab am 23. März 1939 auf deutschen Druck hin das Memelgebiet an das Deutsche Reich zurück.
Ein knappes halbes Jahr später begann mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg. Nach der schnellen Besetzung dieses Landes wurden neben den 20 Jahre zuvor abgetretenen Provinzen Westpreußen und Posen weitere Teile Polens annektiert. Noch 1939wurde dort ein neuer Regierungsbezirk Zichenau gebildet, der der Provinz Ostpreußen zugeordnet wurde. Ferner trat der neue Landkreis Suwalki (später Sudauen) zur Provinz, während die früher westpreußischen Gebiete um Elbing und Marienwerder an den neuen Reichsgau Westpreußen, später Danzig-Westpreußen, fielen.
Eroberung, Kriegsende und Vertreibung
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Ostpreußen von der Roten Armee nach blutigen Kämpfen erobert. Die nationalsozialistische Gauleitung unter Gauleiter Erich Koch unterließ die rechtzeitige Evakuierung der Bevölkerung und stellte selbständige Fluchtbewegungen unter schwere Strafe.
Dadurch wurde ein Großteil der Zivilbevölkerung unmittelbar in die Kampfhandlungen verwickelt. Nach dem Ende der Kampfhandlungen zurückkehrende Bewohner wurden vielfach, von durch die antideutsche Propaganda aufgestachelte Soldaten der Roten Armee, umgebracht, misshandelt, vergewaltigt und zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt.
Die überlebenden Bewohner wurden bis 1947 fast vollständig aus ihrer Heimat nach dem verbliebenen Deutschland vertrieben. Alexander Solschenizyn und Lew Kopelew waren Augenzeugen und haben sich gegen die unmenschlichen Taten der Roten Armee wie beispielsweise in Nemmersdorf ausgesprochen. Sie kamen beide darauf in Zwangsarbeitslager (Gulags).
Die überwiegende Mehrheit der vertriebenen Einwohner Ostpreußens fanden ihre neue Heimat in den westlichen Besatzungszonen, die meisten davon in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern. Unter den Vertriebenen waren auch viele Bewohner Masurens, die nicht Deutsch, sondern Masurisch als Muttersprache hatten, aber dennoch zwangsausgesiedelt wurden.
Nach dem Potsdamer Abkommen wurde Ostpreußen zwischen Polen und der Sowjetunion aufgeteilt. Der sowjetische Anteil wurde der russischen Sowjetrepublik zugeteilt und mit Russen und Weißrussen besiedelt. Der polnische Anteil wurde auf die damaligen Woiwodschaften Danzig, Allenstein und Bialystok aufgeteilt und in erster Linie von Polen aus Zentralpolen besiedelt. Die Hauptstadt Königsberg wurde 1946 zu Ehren des sowjetischen Politikers Michail Iwanowitsch Kalinin in Kaliningrad umbenannt, ebenso wurden sämtliche Orte im sowjetischen Anteil - sofern sie nicht aufgelöst wurden - umbenannt.
Anerkennung der Grenzziehung durch deutsche Regierungen
Die DDR erkannte die Oder-Neiße-Linie als endgültige Grenze zu Polen bereits im Jahr 1950 offiziell an, jedoch gab es nichtöffentlich große Diskussionen um den Raum Stettin/Swinemünde, der zwar westlich der Oder liegt, aber dennoch Polen zugeschlagen wurde. Kurz nach Kriegsende waren hier schon deutsche kommunistische Räte gegründet worden, die dann mitsamt der übrigen deutschen Bevölkerung vertrieben wurden. Die westdeutsche Bundesregierung unter Kanzler Willy Brandt betrieb im Rahmen der neuen Ostpolitik in den frühen 1970er Jahren die Anerkennung der Grenzziehung auch für Westdeutschland vorbehaltlich eines endgültigen Friedensvertrages. Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung bestätigte die Bundesrepublik Deutschland im deutsch-polnischen Grenzvertrag vom 14. November 1990 die Aufgabe ihrer Ansprüche auf die ehemaligen deutschen Ostgebiete und damit auch auf Ostpreußen.
Heutige Situation
Nach der Verwaltungsreform 1975 wurde das polnische Ostpreußen in die neuen Woiwodschaften Elbing, Allenstein, Zichenau und Suwałki geteilt. Nach einer erneuten Reform der Woiwodschaften am 1. Januar 1999 im polnischen Südteil bildet dieses Gebiet seither fast in seiner Gesamtheit die Woiwodschaft Ermland-Masuren mit der Hauptstadt Allenstein (Olsztyn), der nördliche Teil bildet heute die russische Oblast Kaliningrad mit der Hauptstadt Kaliningrad. Nach der Auflösung der Sowjetunion ist diese Oblast nun eine Exklave Russlands. Einige russische Einwohner nennen die Stadt heute häufig "Kjonigsberg", "Kenig" oder "Kenigsberg", weshalb eine Rückbenennung in den alten Namen, wie bei St. Petersburg geschehen, ein ständiges Thema ist.
Verwaltungsgliederung der Provinz Ostpreußen
In der Zeit von 1878 bis 1945 hat sich die territoriale Verwaltungsgliederung innerhalb der überwiegend landwirtschaftlich strukturierten Provinz Ostpreußen nur allmählich verändert. Allerdings sind 1920 und 1939 die Außengrenzen erheblich verändert worden.
Regierungsbezirke
Von 1878 bis 1945 bestanden die beiden Regierungsbezirke Gumbinnen und Königsberg. Aus den südlichen Kreisen dieser Bezirke entstand am 1. November 1905 der neue Regierungsbezirk Allenstein.
Der früher westpreußische Regierungsbezirk Marienwerder wurde teilweise, gemeinsam mit einigen Kreise aus dem ehemaligen Regierungsbezirk Danzig (Elbing und Marienburg) zum 1. Juli 1922 als Regierungsbezirk Westpreußen mit dem Sitz in Marienwerder der Provinz Ostpreußen angegliedert und trat am 26. Oktober 1939 zum neuen Reichsgau Danzig-Westpreußen.
Am 26. Oktober 1939 wurde aus annektierten polnischen Gebieten der neue Regierungsbezirk Zichenau (Ciechanów) der Provinz Ostpreußen einverleibt. Ab 1. August 1941 entstand aus besetzten sowjetischen (weißrussischen, bis 1939 polnischen) Gebieten der neue Bezirk Bialystok. Dieser wurde vom ostpreußischen Oberpräsidenten und Gauleiter Erich Koch als Chef der Zivilverwaltung mitverwaltet und faktisch wie Reichsgebiet behandelt, allerdings nicht förmlich nach Ostpreußen eingegliedert.
Stadtkreise
Außer dem bereits 1818 bestehenden Stadtkreis Königsberg i. Pr. entstanden im Laufe der Zeit die folgenden weiteren Stadtkreise wurden im Laufe der Zeit die Städte Tilsit (1896), Insterburg (1901), Allenstein (1910) und Memel (1918) aus ihren Landkreisen ausgegliedert und bildeten eigene Stadtkreise. Das westpreußische Elbing war bereits seit 1874 Stadtkreis und gehörte von 1922 bis 1939 zu Ostpreußen.
Landkreise
Folgende Kreise wurden aufgelöst oder umbenannt: | während die folgenden Kreise neu entstanden (teilweise unter neuem Namen): | |
1819 – 1918 |
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1919 – 1933 |
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1933 – 1938 |
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1939 – 1945 |
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Verwaltungsgliederung Ostpreußens | |
Stand 31. Dezember 1937 | Stand 1. Januar 1945 |
Regierungsbezirk Allenstein | |
Stadtkreis |
Stadtkreis |
Landkreise
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Landkreise
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Regierungsbezirk Gumbinnen | |
Stadtkreise |
Stadtkreise |
Landkreise
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Landkreise
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Regierungsbezirk Königsberg | |
Stadtkreis |
Stadtkreise |
Landkreise |
Landkreise
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Regierungsbezirk Westpreußen (Sitz: Marienwerder) | |
Stadtkreis |
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Landkreise |
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Regierungsbezirk Zichenau | |
Landkreise |
Politik
Oberpräsidenten
- 1918-1919: Adolf Max Johannes Tortilowicz von Batocki-Friebe
- 1919-1920: August Winnig, SPD
- 1920-1932: Ernst Siehr, DDP
- 1932-1933: Dr. Wilhelm Kutscher
- 1933-1945: Erich Koch, NSDAP
Wahlen zum Provinziallandtag
1921: DNVP 27,1% - 23 Sitze | SPD 23,5% - 20 Sitze | DVP 15,3% - 13 Sitze | Zentrum 9,4% - 8 Sitze | KPD 7,2% - 6 Sitze | USPD 7,1% - 6 Sitze | DDP - 7,0% - 6 Sitze | Polen - 1,3% - 1 Sitz | WP 1,2% - 1 Sitz | Landliste 1,1 % - 1 Sitz
1925: DNVP/DVP 45,6% - 40 Sitze | SPD 24,8% - 22 Sitze | Zentrum 6,9% - 6 Sitze | KPD 6,9% - 6 Sitze | WP 4,2% - 4 Sitze | DVFP 4,2% - 4 Sitze | DDP 3,6% - 3 Sitze | Aufwertungspartei 2,4% - 2 Sitze
1929: DNVP 31,2% - 27 Sitze | SPD 26,0% - 23 Sitze | DVP 8,7% - 8 Sitze | KPD 8,6% - 8 Sitze | Zentrum 8,1 % - 7 Sitze | NSDAP 4,3% - 4 Sitze | WP 4,0% - 4 Sitze | CSVD 3,0% - 3 Sitze | DDP 2,8% - 3 Sitze
1933: NSDAP 58,2% - 51 Sitze | SPD 13,6% - 12 Sitze | DNVP 12,7% - 11 Sitze | Zentrum 7,0% - 7 Sitze | KPD 6,0% - 6 Sitze
An 100% fehlende Stimmen = Nicht im Provinziallandtag vertretene Wahlvorschläge.
Bekannte Ostpreußen (alphabetisch)
- Alfred Gille, deutscher Politiker (GB/BHE)
- Hannah Arendt, Politologin
- Rainer Barzel, Bundesminister (CDU)
- Friedrich Wilhelm Bessel, Astronom und Mathematiker
- Otto Braun, preußischer Ministerpräsident (SPD)
- Hans von Bodeck, Diplomat und Kurfürst
- Lovis Corinth, Maler
- Simon Dach, Dichter (Ännchen von Tharau)
- Lucas David, preußischer Historiker
- Marion Gräfin Dönhoff, Schriftstellerin, Journalistin und Verlegerin (Die Zeit)
- Johann Friedrich Endersch, Kartograf
- Tiedemann Giese, Fürstbischof von Ermland, aus Patrizierfamilie Giese
- Christoph Hartknoch, preußischer Historiker, Schulleiter in Thorn
- Samuel Hartlib, Wissenschaftler und Pädagoge
- Ottfried Hennig, Politiker
- Johann Gottfried von Herder, deutscher Dichter, Übersetzer und Theologe
- E. T. A. Hoffmann, Schriftsteller, Jurist, Komponist und Zeichner
- Arno Holz, Schriftsteller
- Ingo Insterburg, Komiker und Musiker
- Joachim Kaiser, Musikkritiker
- Immanuel Kant, Philosoph
- Linus Kather, Bundestagsabgeordneter (CDU, GB/BHE) und Präsident des Bundes der Vertriebenen
- Käthe Kollwitz, Künstlerin
- Nikolaus Kopernikus, Domherr, Ermland Administrator, Astronom
- Udo Lattek, Fussballtrainer
- Hans Graf von Lehndorff, Arzt
- Heinrich Graf von Lehndorff, Gutsherr auf Steinort, Gegner des NS-Regimes
- Siegfried Lenz, Schriftsteller
- Wolf von Lojewski, Journalist
- Erich Mendelsohn, Architekt
- Agnes Miegel, Schriftstellerin und Dichterin
- Herkus Monte, preußischer Freiheitskämpfer
- Armin Mueller-Stahl, Schauspieler
- Oskar Negt, Soziologe
- Leah Rabin, Politikerin
- Kurt Sanderling, Dirigent
- Ferdinand Schichau, Gründer der Schichau-Werke in Elbing und Danzig.
- Heinz Sielmann, Tierfilmer
- Richard Schirrmann, Lehrer und Gründer des Deutschen Jugendherbergswerkes
- Georg Steenke, Architekt
- Johann Friedrich Steenke
- Hermann Sudermann, Schriftsteller
- Arno Surminski, Schriftsteller
- Beate Uhse, Pilotin und Unternehmerin
- Christian Wernicke, Epigrammatiker
- Ernst Wiechert, Schriftsteller
- Michael Wieck, Musiker
- Hans-Jürgen Wischnewski, Politiker (SPD)
- Hugo Haase, Politiker (SPD und USPD)
- Volker Lechtenbrink, Schauspieler, Schlagersänger, Regisseur und Texter
- Franz Pfemfert, Publizist, Herausgeber der Zeitschrift Die Aktion, Literaturkritiker, Politiker und Porträtfotograf
- John Kay, Rockmusiker (Steppenwolf)
- Gustaf Kossinna, Archäologe
Siehe auch
- Portal Ostpreußen
- Preußen
- Landsmannschaft Ostpreußen
- Frisches Haff
- Kurisches Haff
- Klaipėda (dt. Memel)
- Memelland
- Pregel
- Preußische Ostbahn
- Oberländischer Kanal
- Vertreibung
- Ermland-Masuren
- Ostelbien
Literatur
- Andreas Kossert: Ostpreußen. Geschichte und Mythos. Siedler-Verlag, Berlin 2005. ISBN 3-88-680808-4
- Fritz Mielert: Ostpreußen. Nebst dem Memelgebiet und der Freien Stadt Danzig. (Reihe: Monographien zur Erdkunde, Bd. 35). Velhagen & Klasing. Bielefeld. 1926. 163 S. (Nachdruck: Bechtermünz Verlag. Augsburg. 1999. ISBN 3828902723)
Weblinks
- Landkarte Altes Preußenland, preußische Gaue vor 1200
- Blaeu's Prussia c 1660 Karte von Caspar Henneberg
- Provinz Ostpreußen
- Ostpreußisches Landesmuseum, Lüneburg
- Kulturzentrum Ostpreußen, Ellingen
- Bildarchiv für Ostpreußen
- Private Seite über Ostpreußen
- Ostpreußische Geschichte
- Landsmannschaft Ostpreußen: "Ostpreußen – Land der dunklen Wälder und kristall'nen Seen"