Als Kommunismus (lat. communis = "gemeinsam") wird einerseits eine von Karl Marx begründete politische und wirtschaftliche Theorie, andererseits die vom Marxismus-Leninismus angestrebte Gesellschaftsform bezeichnet.
Theorie
Die Lehre des Kommunismus entstand im 19. Jahrhundert als Kritik und Gegenentwurf zum herrschenden kapitalistischen Wirtschaftssystem, das nach Ansicht der Kommunisten auf der Ausbeutung der Arbeiterklasse beruht (Teilung der Arbeit; Lohnarbeit; Mehrarbeit). Perspektivisch wird der Kommunismus im Sinne der historischen Dialektik, wie sie Marx, ausgehend von Georg W. F. Hegel, weiterentwickelte, als das klassenlose "Reich der Freiheit" nahegelegt, gegen welches der Kapitalismus ebenso wie die früheren Formen der Klassengesellschaft zu einem bloß vorgeschichtliches "Reich der Notwendigkeit" zu rechnen ist (Schlusskapitel des "Kapital"). Dabei stellt der Sozialismus die Übergangsstufe zwischen Kapitalismus und Kommunismus dar.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Grundprinzipien im Kommunistischen Manifest zusammenfassend dargestellt. Hauptcharakteristiken des Kommunismus sind danach die Forderung nach der Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln und der "Diktatur des Proletariats", der eine klassenlose Gesellschaft folgen soll.
Praxis
In Russland wurde nach dem Sturz des Zaren 1917 ein sozialistischer Staat errichtet (siehe Sowjetunion, Ostblock), der sich zunächst zum großen weltpolitischen Gegenspieler der USA aufschwingen konnte (siehe Ost-West-Konflikt), aber im letzten Drittel des Zwanzigsten Jahrhunderts unter seiner mangelnden Anpassungsfähigkeit an den Wandel der Zeiten und seiner wirtschaftlichen Ineffizienz zusammenbrach. Vom sowjetischen Modell unabhängige sozialistische Regierungsformen entstanden in der Volksrepublik China, Albanien und Jugoslawien, während eine Reihe von Entwicklungsländern, wie etwa Kuba, eher dem sowjetischen Modell folgte.
Mit dem ursprünglichen Marxismus hatte das aber nicht mehr viel zu tun, da nicht mehr das Proletariat im Mittelpunkt staatlichen Interesses stand, sondern eine Führungselite, in der Sowjetunion die so genannte "Nomenklatura".
Nur in der Volksrepublik China wurde Marx Idee zeitweise nahezu eins zu eins umgesetzt: in der sogenannten Kulturrevolution. Marx Ziel war laut des Kommunistischen Manifestes der gewaltsame Umsturz aller bestehenden Gesellschaftsordnungen, wobei im letzten Abschnitt zur gewaltsamen Revolution aufgerufen wurde, wodurch allerdings dem ganzen chinesischen Volk viel Leid verursacht wurde, und zwar nicht nur durch die politischen Säuberungen und die Beseitigung der "Klassen", sondern durch die Folgen der umgeworfenen Gesellschaftsordnung. In der ungefestigten neuen Gesellschaftsordnung kam es zu Fehlplanungen und Mißernten, zum Beispiel, weil manche Bauern fälschlicherweise glaubten, Kommunismus bedeute, dass sie gar nicht mehr zu arbeiten brauchten. Dem gegenüber mussten gebildete Personen wie z.B. Lehrer und Ärzte rein körperliche Arbeit verrichten. Für die Umsetzung dieses Umsturzes bestehender Ordnung sorgten die Roten Garden, meist bestehend aus Schülern und Studenten. Dabei kämpften die Roten Garden gegen alte Traditionen, Kultur, verwüßteten Geschäfte, Restaurants, Bibliotheken, drangen in Wohnungen ein, plünderten und zwangen die dortigen Bewohner, bürgerliche Verfehlungen zu gestehen oder brachten diese um. Die Roten Garden entstanden durch den Aufruf zum Klassenkampf in den verschiedenen Armee- und Parteizeitungen. So wurde z.B. an den Pekinger Universitäten folgender Anschlag ausgehangen: "Wir müssen uns zusammenschließen, um das rote Banner der Lehre Mao Zedongs hochzuhalten, uns um das Zentralkomitee der Partei und den Vorsitzenden Mao scharen, die verschiedenen Kontrollen der Revisionisten beseitigen und alle ihre Pläne vereiteln; wir müssen alle finsteren Elemente und alle konterrevolutionären Revisionisten chruschtschowschen Typs entschlossen, gründlich, restlos und vollständig vernichten und die sozialistische Revolution bis zum Ende führen". Diese Herrschaft des Proletariats und der blutige Klassenkampf mit Millionen von Toten wurde dann von der Volksbefreiungsarmee beendet und danach brach dann eine Epoche der Reformen an, die bis heute anhält und China genau genommen zu einem diktatorischen Ein-Parteien-System ohne sozialistische oder kommunistische Züge verändern ließ.
Die praktische Umsetzung von Marx Ideen wurde zwar nie in allen kommunistischen Staaten vollständig erreicht, dennoch waren die Umsetzungen in fast allen Fällen ähnlich: sie endeten nämlich alle in totalitären "sozialistischen" Diktaturen. Der Grund dafür liegt in der vertretenen Philosophie Marx selbst. Sein Gedanke war die Abschaffung der Klassen, des Individuums und das Errichten eines Kollektivs, wo jeder materiell als auch ideell gleich sein sollte. Die Gemeinschaft steht dabei über den Interessen des Individuums, Menschen die sich dem nicht beugten galten somit stets als konterrevolutionär. Nur in totalitären System kann eine solche Umsetzung erfolgen. Diametral zu dieser Vorstellung steht die Demokratie, in der mit Freiheit der Person, umfassenden Rechten (insb. die Menschenrechte) und Pluralismus ein mehrheitsbildendes System aufgebaut wird.
Entwicklung in Deutschland
Sozialistische Bewegungen wurden im Kaiserreich als "Vaterlandsverräter" diffamiert und politisch und polizeilich bekämpft. Nach dem ersten Weltkrieg gelangte die Sozialdemokratie an die Regierung, während die zur Jahreswende 1918/19 gegründete KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) sich nach Moskau orientierte und in scharfer Ablehnung der Weimarer Republik verharrte (Sozialfaschismusthese). Im Dritten Reich wurden die kommunistischen Parteien verboten und viele ihrer Anhänger und Mitglieder wurden verfolgt und in KZs gebracht.
Im Nachkriegsdeutschland verfügte das Bundesverfassungsgericht gegen die KPD 1956 wegen ihrer Gegnerschaft zur Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung ein Parteiverbot und die Auflösung der Partei. 12 Jahre später wurde als Nachfolgepartei die DKP gegründet, die allerdings nie die Bedeutung der KPD erreichte. Eine ähnliche Entwicklung geschah in der Schweiz mit dem Verbot der KPS (1939) und der Gründung der PdA (Partei der Arbeit) (1944) schon viel früher. 1968 wurde unter dem Namen KPD-ML eine der maoistischen Lehre nahestehende kommunistische Partei gegründet. Die aus der SED hervorgegangene PDS sieht sich in Teilen immer noch in der kommunistischen Tradition stehen, ohne sich dabei ihrer verbrecherischen Vergangenheit und ihren Fehlern zu stellen.
In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg erfreuten sich kommunistische Theorien auch unter westlichen Intellektuellen, vor allem in Frankreich und Italien, großer Beliebtheit. Bis heute existieren in vielen Ländern kommunistische Parteien und Gruppierungen, die nach dem Fall der Sowjetunion stark an Bedeutung verloren haben.
Verwandte Begriffe:
Bekannte Vertreter des Kommunismus:
- Karl Marx
- Friedrich Engels
- Rosa Luxemburg
- Karl Liebknecht
- Clara Zetkin
- Che Guevara
- Fidel Castro
- Lenin
- Leo Trotzki
- Erich Honecker
- Mao Tse Tung
- Ernst Thälmann
- Bertolt Brecht
- Antonio Gramsci
- Pablo Neruda
Siehe auch: