Unter Masturbation (Wichsen) versteht man die manuelle Stimulation der Geschlechtsorgane, die in der Regel zum Orgasmus führt. Im häufigsten Fall handelt es sich dabei um eine geschlechtliche Selbstbefriedigung, also eine Form der Autosexualität. Eine Masturbation kann jedoch auch durch andere Personen ausgeführt werden. Neben der normalen Benutzung der Hand als Stimulationswerkzeug gibt es auch verschiedene Sexspielzeuge und Masturbationshilfen, die benutzt werden können und die Masturbation unterstützen.
Die Masturbation stellt gemeinsam mit dem Geschlechtsverkehr die häufigste Form der sexuellen Aktivitäten dar. Dabei gibt es auch Personen, die nur durch eine Masturbation den Orgasmus erleben können. Auch als Sexpraktik gemeinsam mit dem Partner ist sie beliebt, bei sehr vielen Menschen wird allein durch die Beobachtung des masturbierenden Partners die sexuelle Erregung gesteigert.

Etymologie
Die Etymologie des Wortes ist nicht sicher geklärt. Oftmals wird es von „Manustupration“ (lateinisch manustupratio von manus "Hand" und stuprare "Unzucht") abgeleitet. In dieser Form wird es häufig als 'Befleckung/Unzucht mit der Hand' übersetzt. Eine Alternative wäre eine Zusammensetzung aus dem griechischen Wort 'mezea' (μεζεα, "Penisse") oder der Vorsilbe 'mas-' ("männlich") und dem lateinischen 'turbare' ("stören, Aufruhr").
Andere Bezeichnungen vor allem für die Selbstbefriedigung sind Onanie (von der biblischen Gestalt Onan - dieser führte jedoch einen Coitus interruptus aus und ließ laut Bibel seinen Samen auf die Erde fallen, wofür er von Gott bestraft wurde), Ipsation (lateinisch von ipse "selbst") und umgangssprachlich unter anderem "wichsen" bzw. "sich einen runterholen".
Techniken und Statistiken
Viele Menschen befriedigen sich in unregelmäßigen Abständen selbst. Statistisch betrachtet, masturbieren mehr Männer (ca. 92%) als Frauen (ca. 60 bis 70%), und sie tun dies laut Umfragen auch häufiger. Viele davon entdecken die Masturbation - und ihren eigenen Körper - bereits in der frühen Pubertät, einige erst später und manche sogar schon als Kleinkind oder gar Säugling.
Masturbiert wird auf ganz unterschiedliche Weise. Mit den Händen bzw. Fingern oder Hilfsmitteln werden die eigenen erogenen Zonen des Körpers stimuliert.
Es gibt auch technische Hilfsmittel wie Vibratoren und Dildos. Im Spezialhandel erhältlich sind auch Puppen mit weiblichen oder männlichen Sexualmerkmalen. Das Masturbieren erfolgt oft unter starker Beteiligung der Phantasie. Durch optische Reize, durch Musik, durch das Betrachten erotischer Fotos oder Filme (Beispiels weise Pornos), durch ein warmes Bad und durch akustische Reize können die beim Onanieren empfundenen Lustgefühle gesteigert werden.
Gelenkigen Menschen ist auch die orale Selbstbefriedigung möglich; man spricht dann bei Männern von Autofellatio (das Wort Nekrotamie begegnet in der Diskussion dabei außerordentlich selten). Der Kinsey-Report nennt eine Zahl 0,2-0,3% der männlichen Bevölkerung, die dazu in der Lage ist. Hingegen ist die Zahl der Männer, die dies wenigstens ausprobiert haben, wesentlich höher - auch ist dies ein nicht seltener Bestandteil masturbatorischer Traum-Phantasien. Kinsey vermutet hier einen animalischen Hintergrund, denn bei Primaten ist Autofellatio eine normale Form der sexuellen Betätigung.
Bei Frauen wird diese Fähigkeit entsprechend als Autocunnilingus bezeichnet. Rein anatomisch gesehen gehört diese Vorstellung bei Frauen/Mädchen jedoch – vielleicht abgesehen von Zirkus-Artistinnen – zur Fiktion.
Geschichtliche Entwicklung
Im antiken Griechenland galt die Masturbation als vollständig akzeptierte (aber selten thematisierte) Spielart gesunder Sexualität. Ab dem späten Mittelalter wurde sie genauso wie alle anderen Formen der Sexualität, die nicht ausschließlich der Fortpflanzung dienen, von der römisch-katholischen Kirche als Sünde betrachtet. Jedoch erfuhr sie erst in der Aufklärung eine Brandmarkung als "soziale Gefahr" und "unnatürliches Verhalten" jenseits der rein religiösen Verurteilung.
Im Jahr 1712 erschien in England das vermutlich von dem geschäftstüchtigen Quacksalber und Schriftsteller John Marten geschriebene und anonym veröffentlichte Pamphlet Onania, das nach und nach in alle europäischen Sprachen übersetzt wurde und große Verbreitung erfuhr. Darin wurde behauptet, dass exzessive Masturbation vielfältige Krankheiten wie Pocken und Tuberkulose verursachen könne. Bezeichnend ist, dass John Marten gleichzeitig zahlreiche kleinere softpornografische Schriften veröffentlichte und in Onania eine von ihm erfundene "Medizin" gegen die angeblich aus der Masturbation resultierenden Krankheiten anbot. Interessanterweise glaubten selbst die großen Aufklärer der Zeit dem anonym veröffentlichten Werk. Denis Diderot nahm die fragwürdigen Thesen sogar in seine Encyclopédie auf.
Im 18. und 19. Jahrhundert fand in der Folge in ganz Europa geradezu ein "Feldzug gegen die Masturbation" statt. Die Vielzahl der pseudowissenschaftlichen Schriften, die die angeblichen Gefahren der Masturbation anprangerten und Methoden zu ihrer Verhinderung anboten, sind nicht mehr zu zählen.
Falsche Vorstellungen kursierten über Jahrhunderte, dass „Selbstbefleckung” die gesunde geschlechtliche Entwicklung eines Knaben behindere und zur Gehirnerweichung und zum Rückenmarksschwund führe. Auch Krebs, Wahnsinn oder Lepra sollten angeblich die Folge der Masturbation sein.
Erst seit Robert Koch 1882 den Tuberkelbazillus entdeckte, behaupten die Mediziner nicht mehr, dass masturbieren Tuberkulose hervorrufe. Dagegen war noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein der Glaube weit verbreitet, dass Akne durch Masturbation hervorgerufen werde. Die Hypothese konnte sich wohl deshalb so lange halten, weil Jugendliche in der Pubertät fast immer unter Akne leiden und gleichzeitig in der Pubertät auch häufig masturbieren.
Neben gesundheitlichen Gefahren wurden auch moralische Argumente gegen die Masturbation vorgebracht: sie sei egoistisch, verleite zur Disziplinlosigkeit und stelle ein "nutzloses Vergnügen" dar. Die Masturbation fördere die Abkapselung des Masturbators von der Gesellschaft, da er zu seiner sexuellen Befriedigung keinen Partner benötigt.
Sigmund Freud befasste sich eingehend mit der Masturbation und gegenbehauptete, Masturbation sei in der Jugend natürlich und für kleine Kinder sogar absolut förderlich, um die eigene Sexualität zu entdecken.
Heutige Bewertung
Heute weiß man, dass Masturbation nicht mit gesundheitlichen Schäden verbunden ist, und viele Menschen sind der Auffassung, dass Selbstbefriedigung kein Ersatz für etwas ist, sondern eine eigenständige Form der Sexualität, die dem persönlichen Lustgewinn dient und für die Entwicklung einer gesunden Sexualität hilfreich ist.
Masturbation wird nur dann als störend oder sogar krankhaft gewertet, wenn sie öffentlich bzw. zwanghaft ausgeübt und zur Sucht wird. Vom psychologischen Standpunkt aus ist Suchtverhalten in jedem Lebensbereich mit Risiken und möglichen Gefährdungen der eigenen Person oder anderer verbunden - so natürlich auch im Hinblick auf die Selbstbefriedigung. Für Menschen, die ihre Masturbationsgewohnheiten als Sucht einschätzen und von ihnen loszukommen versuchen, gibt es inzwischen Selbsthilfegruppen ähnlich den Anonymen Alkoholikern.
Religiöse Positionen
Die meisten Religionen, wie etwa das Judentum und der Islam, betrachten die Selbstbefriedigung normalerweise nicht als Sünde. Dies gilt auch für die evangelische Kirche. Die orthodoxe Kirche definiert "Sünde" als "Handlung gegen das Gewissen". Ob Masturbation darunter fällt, muss der Gläubige durch Beobachtung seines Gewissens selbst entscheiden.
Eine Ausnahme bildet die Haltung der heutigen römisch-katholischen Kirche. Nach ihr stelle die "bewusste und freiwillige Selbstbefriedigung" eine unreife und fehlgeleitete Form der Sexualität dar (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2352). In einer bestimmten Interpretation der paulinischen Tradition, die sich u.a. auf Philo von Alexandria zurückführen lässt, gilt ferner allgemein jedes geschlechtliche Tun, das nicht der Fortpflanzung dient, als schwere Sünde der Unzucht.
Die Moderne
Im Zeitalter von Aids und des Internets erlebt das Masturbieren einen – zwar immer noch "heimlichen", dennoch nicht aufzuhaltenden – Aufschwung. Ob klassisch oder in Form von Telefonsex oder Cybersex betrieben oder auch als das so genannte "Solo für Zwei", ist das alleinige oder auch gemeinsame Masturbieren die Essenz des "safer sex". Frauen und Männer entdecken gleichermaßen, dass Masturbation eine besonders intime und damit erregende Spielart der Sexualität sein kann, wenn man sie in das Liebesspiel einer Beziehung oder einer Affäre integriert. Und sie geben damit der berühmten Aussage Woody Allens, dass "Selbstbefriedigung (...) Sex mit einer Person, die [man] besonders [liebe]" sei eine neue Bedeutung.
Siehe auch
Literatur
- Shere Hite: Das sexuelle Erleben der Frau, 1977, ISBN 3-44211-252-4
- Thomas W. Laqueur: Solitary Sex – A Cultural History of Masturbation. Zone Books, 2003, ISBN 1-89095-132-3
- Caroline Erb/Deborah Klingler: Mysterium Masturbation. Wenn sich Frauen selber lieben, Verlag Peter Lang, Frankfurt a. M. u.a. 2004, ISBN 3-631-52098-0
- Wiebke und Axel H. Kunert: Das Handbuch der Onanie, Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin, 2002, ISBN 3-89602-402-7
- Arne Hoffmann: Onanieren für Profis, Marterpfahl Verlag, Nehren, 2005, ISBN 3-93670-816-9