Geschichte Spaniens
Frühgeschichte und Römer
Die Ureinwohner der Pyrenäenhalbinsel waren die Iberer, nach denen auch die Halbinsel benannt worden ist. Im 11. Jahrhundert v. Chr. siedelten sich die Phönizier an der Südküste an, deren Kolonien Cadiz (Gades) die berühmteste war. Später setzten sich die Griechen an der Küste fest. Die im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. aus Gallien eingewanderten Kelten verschmolzen mit den Iberern nach vielen Kämpfen zum Volk der Keltiberer. Nach dem Ersten Punischen Krieg von 237 bis 219 v. Chr. eroberten die Karthager den Süden und Osten der Iberischen Halbinsel, deren Stadt Neukarthago (Cartagena) die wichtigste Ansiedlung wurde. Im Zweiten Punischen Krieg (206) verloren sie diese Besitzungen aber wieder.
Nach den Karthagern versuchten die Römer das Land unter ihre Herrschaft zu bringen, was ihnen aber erst nach 200jährigen blutigen Kämpfen gegen die Keltiberer und Lusitanier (unter Viriathus) gelang, die Kantabrer wurden erst 19 v. Chr. von Augustus besiegt. Augustus unterteilte die Halbinsel auch nicht wie bisher in zwei Provinzen, Hispania Citerior und Hispania Ulterior, sondern in drei: Lusitania, Baetica und Taraconensis. Von Letzterer wurde unter Kaiser Hadrian die neue Provinz Galaecia et Asturia abgezweigt. Die Basken im Norden behielten ihre Unabhängigkeit. Da die Römer das Land mit vielen Straßen durchzogen und zahlreiche Kastelle bauten, wurde das Land schnell romanisiert und bald Hauptsitz römischer Kultur, dem mehrere römische Kaiser (Trajan, Hadrian, Antoninus, Marcus Aurelius, Theodosius I.) und angesehene Schriftsteller (Seneca, Lucanus, Martialis) entstammten. Handel und Verkehr blühten, die Bevölkerung wuchs stark an.
Das Christentum breitete sich in Hispania trotz blutiger Verfolgung schnell aus, bis es unter Konstantin zur vorherrschenden Religion wurde.
Westgotisches Spanien
Zu Anfang des 5. Jahrhunders, als der innere Zerfall des Römischen Reichs auch seine äußere Macht erschütterte, drangen die germanischen Völker der Ulanen, Vandalen und Sueben in Spanien ein und verwüsteten das Land, einige wurden sesshaft und gründeten Nachfolgekönigreiche der Römer, die sich noch eine Zeitlang im Osten der Halbinsel behaupten konnten. Die Iberische Halbinsel wurde nach 410 von den Westgoten, anfangs noch Bundesgenossen der Römer, erobert. Die anderen Stämme wurden vertrieben.
Al-Andalus
711 nutzten Streitkräfte des Islam, der im 7. Jahrhundert vom Propheten Mohammed gegründet worden war und schon den Norden von Afrika beherrschte, den Bürgerkrieg unter den westgotischen Königreichen auf der iberischen Halbinsel, um über die Straße von Gibraltar einzufallen. Um 718 beherrschten sie den grössten Teil der Halbinsel, ihr weiteres Vordringen nach Europa wurde 732 bei Poitiers (Frankreich) vom fränkischen Hausmeier Karl Martell gestoppt.
siehe auch: Almohaden
Den Herrschern von Al-Andalus wurde durch das Omaija Kalifat in Damaskus der Rang eines Emirs gewährt. Nachdem die Omaija durch den Abassiden Abd-Ar-Rahman I. gestürzt worden waren, erklärte sich Cordoba zum unabhängigen Emirat. Al-Andalus wurde häufig von internen Konflikten zwischen den arabischen Omeija, den Berbern aus Nordafrika und den christlichen Westgoten durchrüttelt.
Im 10. Jahrhundert gründete Abd-Ar-Rahman III. das Kalifat von Cordoba und brach damit alle Bindungen zwischen den ägyptischen und syrischen Kalifen. Das Kalifat erreichte seinen Höhepunkt unter Muhammed Ibn Abi Amir (auch Almansor, d.h. der Siegreiche) um das Jahr 1000, der Barcelona (985) und andere christliche Städte plünderte. Nach Almansors Tod stürzte das Kalifat in einen Bürgerkrieg und zerfiel in mehr als zwanzig Emirate, die sogenannten „Taifa-Königreiche“. Diese Königreiche verloren Land an die christlichen Königreiche im Norden und, nach dem Verlust von Toledo im Jahr 1085, brachen die Almoraviden von Nordafrika ein und errichteten ein neues Reich. Im 12. Jahrhundert brach das Königreich der Amoraviden ebenfalls auseinander, nur um durch eine almohadische Invasion übernommen zu werden. Nach der entscheidenden Schlacht von Las Navas de Tolosa (1212), blieb nur noch das Königreich von Granada bis 1492 über.
Cordoba wurde eine der schönsten und fortschrittlichsten Städte Europas, und eine wichtiges Zentrum der Gelehrten.
Reconquista: 8. bis 15. Jahrhundert
Die Vertreibung der Muslime begann unter dem ersten König des Königreichs von Asturia, Pelayo (718-737), der den Kampf gegen die Mauren in den Bergen von Covadonga aufnahm. Später führten seine Söhne und Nachkommen dieses Werk fort, bis alle Muslime vertrieben waren.
Währenddessen errichteten die fränkischen Herrscher im Osten der Halbinsel, jenseits der Pyrenäen, im heutigen Katalonien, die Spanische Mark und eroberten 785 Girona und 801 Barcelona.
Der Gedanke, die Reconquista als einzelnen Prozess zu begreifen, der acht Jahrhunderte überspannte, ist historisch unkorrekt. Die christlichen Reiche im Norden Spaniens kämpften genauso gegeneinander als auch gegen die Muslime. Der spanische Volksheld des 11. Jahrhunderts, El Cid, wurde von König Alfons VI. verbannt und fand Zuflucht beim muslimischen König von Saragossa.
Die Idee der Wiedereroberung durch einen Kreuzzug und das Bedürfnis religiöser Reinheit in Spanien ist vermutlich durch die „katholischen Monarchen“ Isabella I. von Kastilien und Ferdinand von Aragon eingeführt worden, um ihre Eroberung von Granada, die Ausweisung der Juden und die gewaltsame Bekehrung der Mauren zu rechtfertigen.
Im 15. Jahrhundert vereinigten sich die Königreiche von Kastilien und Aragon und alle Muslime wurden von der iberischen Halbinsel vertrieben. Aragon war zu dieser Zeit schon länger eine wichtige Seemacht im Mittelmeer und Kastilien stand in Konkurrenz mit Portugal um die Vorherrschaft im Atlantischen Ozean. Nach der Eroberung der letzten maurischen Festung bei Granada im Jahr 1492 begann Spanien, Missionen zur Erforschung der Weltmeere zu finanzieren. Die von Christoph Columbus brachte eine Neue Welt in den Blickwinkel europäischer Aufmerksamkeit. Es folgten Conquistadores, Eroberer, die die einheimischen Reiche in Mittelamerika und die der Inka unter spanische Herrschaft brachten.
Durch eine Politik der Bündnisse mit anderen europäischen Ländern und der Eroberung des grössten Teils von Südamerika und der Karibik begann Spanien, zu einem Weltreich zu werden. Das Reich erreichte seinen Höhepunkt unter Karl V., der auch Kaiser des Heiligen Römischen Reichs war.
Spanien unter den Habsburgern: 16. bis 17. Jahrhundert
Spaniens mächtiges Weltreich des 16. und 17. Jahrhundert musste letztendlich die Seeherrschaft an die Engländer abgeben. Die Habsburger Dynastie erlosch in Spanien und es folgte der Spanische Erbfolgekrieg, in dem die anderen europäischen Herrscherhäuser die Macht über die spanische Monarchie an sich zu reißen versuchten.
Spanien unter den Bourbonen
Der erste Bourbonenkönig französischer Herkunft, Philipp V., unterzeichnete 1715 das Decreto de Nueva Planta, ein neues Gesetz, das die historischen Rechte und Privilegien der verschiedenen Königreiche widerrief, die Einfluß auf die spanische Krone hatten. Spanien wurde kulturell und politisch Nachfolger von Frankreich.
Spanien und die Aufklärung: 18. Jahrhundert
Der Fehlschlag der merkantilen und industriellen Revolutionen liessen das Land als Wirtschafts- und Weltmacht hinter Großbritannien, Frankreich und Deutschland zurückfallen.
Napoléonische Zeit: Der Spanische Unabhängigkeitskrieg 1808-1812
Die Napoléonische Eroberung gab den amerikanischen Kolonien die Möglichkeit, ihre Unabhängigkeit zu erklären. 1812 schaffte die nach Cadiz geflohene Cortes (Volksversammlung) die erste moderne Verfassung Spaniens, formlos La Pepa genannt. Diese Verfassung wurde durch den zurückgekehrten König Ferdinand VII. widerrufen.
Zwischen 1820 und 1823 (Trienio Liberal) wurde der König nach einem Staatsstreich durch Riego dazu gezwungen, die liberale Konstitution anzuerkennen. Ein weiterer Staatsstreich durch eine französische Interventionstruppe stellte die absolute Monarchie unter Ferdinand VII. wieder her. Die Verfassung wurde widerrufen und Riego exekutiert (1823-1833, Decada ominosa).
Maria Cristina, die Karlistenkriege, Isabella II., Alfons XII.
Nach dem Tod des Königs 1833 macht sein Bruder Don Carlos Ferdinands und Maria Cristinas Tochter Isabella den Thron streitig. Da die Anhänger Don Carlos' Traditionalisten waren, suchte Isabella bei den Liberalen Unterstützung. Dies führte zum 1. Karlistenkrieg, der nach sechs Jahren von den Liberalen gewonnen wurde. 1840 zwang ein erneuter, durch General Espateros durchgeführter Staatsstreich die Regentin Maria Cristina zu Flucht. Espateros selbst übernahm danach die Macht. Nachdem 1843 Isabella II. für mündig erklärt worden war, führte General Narvaez eine Revolte an, die General Espateros zur Flucht aus Spanien zwang. 1845 wurde eine Verfassung angenommen und zwei Jahre später, 1847 begann der 2. Karlistenkrieg, der 1849 mit dem Sieg Isabellas endete. Eine Reihe von Aufständen durch die Progresistas (Liberale, Republikaner und Sozialisten) und Moderatos (Monarchisten und Katholiken) führte 1868 zu einer Revolution unter General Prim, die die Herrschaft von Isabella beendete und sie ins Exil nach Frankreich zwang, während General Serrano vorläufig die Regierung übernahm.
1869 wurde durch die Cortes eine erneute Verfassung proklamiert, die zu einer konstitionellen Monarchie unter Amadeus von Savoy führte, einem Sohn von Viktor Emanuel II. von Italien. Der Aufrührerische General Prim wurde 1870 ermordet. Nachdem 1872 der 3. Karlistenkrieg ausbrach und Amadeus die Ordnung in Spanien nicht wiederherstellen konnte, dankte er 1873 ab und die Cortes rief die 1. Republik aus.
Der Sohn Isabella II., Alfons XII. aus dem Haus der Bourbonen, wurde 1874 durch den Aufstand von Martinez Campos in Sagunto neuer König von Spanien. Der 1876 beendete Karlistenkrieg und das Ende eines zehnjährigen Krieges auf Kuba läutete den Beginn einer längeren, friedlichen Zeit ein.
The „Desaster“ von 1898
1898 verlor Spanien die meisten seiner kolonialen Besitzungen. Nachdem schon 1895 auf Kuba der Unabhängigkeitskrieg ausgebrochen war, gingen Kuba, die Philippinen und Puerto Rico an die Vereinigten Staaten von Amerika verloren. Spaniens Kolonien beschränkten sich nur noch auf Marokko, die Westsahara und Äquatorialguinea.
Im Ersten Weltkrieg blieb Spanien neutral.
Annual und Miguel Primo de Rivera
Die Mishandlung der Maurischen Bevölkerung in Marokko führte 1921 zu einem Aufstand durch Abd el-Krim in Annual und dem Verlust aller nordafrikanischen Besitzungen bis auf die Enklaven von Ceuta und Melilla. Um sich der Verantwortung zu entziehen, entschied König Alfons XIII. 1923, einer Diktatur von General Miguel Primo de Rivera zuzustimmen.
Die Diktatur von Primo de Rivera brach 1930 zusammen. Wegen der Verwicklungen des Königs in die Diktatur stimmte die Bevölkerung für Wahlen im April 1931, die zur Ausrufung der 2. Republik führten, worauf der König das Land verlies, ohne jedoch auf den Thron zu verzichten. Das erste Mal hatten Frauen an der Wahl teilnehmen dürfen und dem Baskenland und Katalonien wurden Autonomierechte gewährt.
siehe: Spanischer Bürgerkrieg
Während des Zweiten Weltkriegs blieb Spanien wieder neutral, litt jedoch noch unter den Folgen des Spanischen Bürgerkriegs. Der als Sieger aus den Wirren entstiegene Francisco Franco herrschte bis zu seinem Tod am 20. November 1975, als König Juan Carlos die Kontrolle über Spanien übernahm. Die letzten Monaten vor Francos Tod lähmten das Land durch die Besetzung der Westsahara durch den König von Marokko und die Unabhängigkeit Äquatorialguineas. Spanien verlor ihre letzen kolonialen Besitzungen.
Demokratie
1978 nahm die spanische Bevölkerung mit 88%iger Mehrheit die Verfassung an, die Spanien zu einer parlamentarischen Monarchie machte. 1981 fand unter Antonio Tejero, der mit Mitgliedern der Guardia Civil das spanische Parlament stürmte, wo Leopoldo Calvo Sotelo gerade zum Präsidenten gewählt werden sollte, ein erneuter Staatsstreich statt. Die Mitglieder des Parlaments wurden als Geiseln gehalten, doch mit Unterstützung des Königs konnte der Staatsstreich vereitelt werden.
Spanien wurde 1986 in die Europäische Union aufgenommen, 1992 fanden in Barcelona die Olympischen Sommerspiele statt und 2001 übernahm das Land den Euro als neue Währung.
Teilweise aus Meiers Konversationslexikon, 4. Auflage, 1888-1889