Arterielle Hypertonie

erhöhter Blutdruck im arteriellen System
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Hypertonie (auch: Hypertonus, Hypertension) ist der medizinische Fachausdruck für Bluthochdruck. Das Gegenteil, also ein Blutdruck unterhalb der Norm, wird als Hypotonie bezeichnet.

Es gibt Erkrankungen mit erhöhtem Druck in allen wichtigen Gefäßgebieten des Körpers:

  • Arterielle Hypertonie = Hochdruck im großen Kreislauf, d.h. in den Schlagadern (Arterien) des Körpers
  • Pulmonal-arterielle Hypertonie (pulmonale Hypertonie)= Hoher Blutdruck im kleinen Kreislauf, d.h. in den Arterien vom Herz zu den Lungenflügeln
  • Venöse Stauung = erhöhter Druck in den Venen
  • Portale Hypertonie = erhöhter Druck in der Pfortader

Im täglichen Sprachgebrauch ist mit Hypertonie in der Regel die arterielle Hypertonie gemeint. Mit Weißkittelhypertonie wird das gelegentlich zu beobachtende Phänomen bezeichnet, dass Menschen mit sonst normalem Blutdruck bei Messungen durch einen Arzt oder eine Krankenschwester wiederholt erhöhte Blutdruckwerte aufweisen.

Da der arterielle Blutdruck manchmal noch manuell mittels Arm-Manschette mit Quecksilbersäule und Tasten des Pulses nach der Methode von Riva-Rocci gemessen wird, hat sich zur Unterscheidung für den so ermittelten Blutdruck noch „RR“ als Abkürzung gehalten. Die Höhe des Blutdrucks wird noch immer in "Millimeter Quecksilbersäule" mm Hg, der alten Einheit für den Druck angegeben, obwohl diese Einheit außerhalb der Medizin abgeschafft worden ist.

Epidemiologie

In der westlichen Welt hat die Prävalenz der arteriellen Hypertonie in den letzten Jahren abgenommen, in Deutschland ist sie allerdings noch immer sehr hoch. Mit 66 Jahren haben 66 % der Mitteleuropäer einen Bluthochdruck. In Österreich schätzt zwar beinahe jeder diese Erkrankung als ernste Bedrohung ein, jedoch nur ca 50 % wissen über ihren Blutdruck auch Bescheid - im Gegensatz zu den USA, wo 70 % der Befragten ihre Blutdruckwerte kennen. In Österreich sind gut 1 Million Hypertoniker bekannt - und somit kann von einer weiteren Million ausgegangen werden, die als Hypertoniker unerkannt leben. Allerdings sind auch von den bekannten Hochdruckpatienten in Österreich nur ca 30 % in Behandlung. Von diesen sind wiederum nur 10 % so eingestellt, dass von einem befriedigendem Ergebnis gesprochen werden kann, wogegen die behandelnden Ärzte der Meinung sind, 55 % der Patienten gut eingestellt zu haben.

Grenzwerte

Die alte Abschätzung "Ein normaler Blutdruck liegt bei 100 + Lebensalter" ist nach neuen Erkenntnissen definitiv falsch.

Die enormen Datenbestände amerikanischer Lebensversicherungen weisen darauf hin, dass bereits ein systolischer Blutdruck (d.i. der höhere der beiden Werte) über 130 mmHg mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden ist. In einer großen Metaanalyse von 60 epidemiologischen Studien mit mehr als 1 Mio Menschen war der Anteil der eingeschlossenen Menschen mit einem Blutdruck unter 115/75 jedoch zu gering, um verlässliche Aussagen über das Risiko in diesem Bereich anzugeben. Darum wird heute zwar der "ideale" Blutdruck mit 115/75 mmHg oder kleiner angegeben (Messung zu Hause), bzw. mit 120/80 mmHg oder kleiner (bei der Messung in der Arztpraxis; vgl. "Weißkittelhypertonie"); aber die medikamentöse Behandlung kann für Gesunde erst ab 140/90 mmHg empfohlen werden.

Bewertung systolisch mm Hg diastolisch mm Hg
optimaler BD zuhause (Selbstmessung) < 115 < 75
optimaler BD in der Arztpraxis < 120 < 80
normaler BD < 130 < 85
hoch-normaler Blutdruck 130-139 85-89
manifeste Hypertonie > 140 > 90
Langzeit BD Tagesmittelwert normal < 135 < 85
Langzeit BD Tagesmittelwert manifeste Hypertonie > 135 > 85
Belastungs BD Frauen nach 30-80 W je 1 min < 200 < 100
Belastungs BD Männer nach 50-100 W je 1 min < 200 < 100

Behandlung

Dementsprechend lauten auch die neuen amerikanischen Richtlinien: In der sog. prähypertensiven Phase, in der systolische Blutdruckwerte zwischen 120 und 140 mmHg vorliegen ("hoch-normal"), sollte versucht werden, durch eine Veränderung des Lebensstils (Gewichtsabnahme, Rauchen aufgeben, Einschränkung des Alkoholkonsums, Stressreduktion, ausreichende Bewegung, Einschränkung der Salzaufnahme sowie abwechslungsreiche, fettärmere Ernährung) den Blutdruck zu senken. Wenn schon Herz-Kreislauf-Krankheiten bestehen, sollte jedoch schon hier mit einer medikamentösen Behandlung begonnen werden.

Es muss daher versucht werden, den Patienten so gut wie möglich zu motivieren. Der dabei fallweise auftretenden Befürchtung, für die Gesundheit auf alle Annehmlichkeiten des Lebens verzichten zu müssen, muss behutsam begegenet werden. Leider sind auch heute noch manche in Unkenntnis der Forschungsergebnisse der letzten Jahre der Meinung, dass mit diesen klaren und eindeutig begründeten Richtlinien eigentlich gesunde Menschen zu Patienten "gemacht" würden, so als sei der Arzt nur am kranken Menschen interessiert. Umso wichtiger ist es, auf verantwortungsbewusster Seite diese Bedenken zu kennen und auf die Gefahren der arteriellen Hypertonie hinzuweisen.

Wenn eine Änderung des Lebensstils keinen Erfolg zeigt, bereits Endorganschäden eingetreten sind oder weitere Gefäß-Risikofaktoren vorliegen (insbesondere Zuckerkrankheit), dann ist eine Behandlung mit Medikamenten notwendig. Dafür kommen insbesondere folgende Substanzgruppen in Betracht:

Therapie bei jüngeren Patienten (bis 50Jahre)

Man versucht grundsätzlich so wenig, wie mögliche Blutdruckmittel einzusetzen, d.h. man fängt mit einem Medikament an und reizt dessen Maximaldosis aus. Erst wenn dies nicht mehr reicht, nimmt man ein zweites Medikament u.s.w..

ACE-Hemmer sollte die erste Therapie der Wahl sein. Bei ungenügender Wirkung nimmt man einen Calciumantagonisten dazu. Wenn es nicht anders geht, muß die Therapie ggf. durch Betablocker und Diuretika ergänzt werden. Wegen Potenzstörungen, Gewichtszunahme und ständigem Pullern sind die beiden letzeren Medikamente nicht beliebt bei der jüngeren Bevölkerung.

Alphablocker gelten als Reservemittel wegen zahlreicher Nebenwirkungen, sind aber manchmal notwendig, da ein unbehandelter Hochdruck zum Herzinfarkt oder Schlaganfall führen wird. Die Frage stellt sich nur - Wann?(nicht - Ob?)

Therapie älterer Patienten

Häufig besteht parallel eine Herzinsuffizienz, so dass die Gabe von Diuretika sinnvoll ist. Bei intakten Nieren kann auch hier mit einem ACE-Hemmer begonnen werden. Da auch im Alter häufig Herzrhythmusstörungen eine Rolle spielen, ist der Betablocker meist sehr gut, da der Tod im Alter häufig durch schnelle Rhythmusstörungen ausgelöst wird. Und die Studienlage diesbezüglich ist eindeutig. Mit Betablocker lebt man länger.

Calciumantagonisten sind eher ungeeignet, weil sie die Pumpleistung des Herzens verschlechtern und somit eine bestehende Herzinsuffizienz verschlechtern.


Ursachen

Bei Patienten mit arterieller Hypertonie ist fast immer eine endotheliale Dysfunktion mit verminderter Synthese bzw. Freisetzung von NO Stickstoffmonoxid nachweisbar: eine verminderte Aktivität der endothelialen NO-Synthase und ein erhöhter NO-Metabolismus infolge einer vermehrten Bildung freier Radikale spielen wohl eine entscheidende Rolle. Zudem haben die meist erhöhten Homocysteinwerte negative Auswirkungen auf das für den Körper verfügbare Stickstoffmonoxid. Folgen sind Vasokonstriktion und eine Steigerung der Blutdruckwerte mit Zunahme der arteriosklerotischen Veränderungen der Gefäßwände und Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Folgen der arteriellen Hypertonie

Die arterielle Hypertonie ist nach dem Zigarettenrauchen der zweitwichtigste und gleichzeitig der häufigste Risikofaktor für das Auftreten einer Herzkreislauferkrankung. Heutzutage stirbt jeder zweite (51 %) Deutsche und Österreicher an einer HKE. Allein 16.000 Österreicher versterben jährlich an einem Herzinfarkt. Es wird geschätzt, dass es alleine durch die Umsetzung der neuen Richtlinien in Österreich 1500 Herzinfarkttote pro Jahr weniger gäbe. Würden 100 Hochdruckpatienten 1 Jahr lang medikamentös gut eingestellt, könnte 1 Todesfall verhindert werden.

Die arterielle Hypertonie stellt zudem den wichtigsten Risikofaktor für einen Schlaganfall dar. Langjährig erhöhte Blutdruckwerte führen neben den genannten akut auftretenden Erkrankungen auch zu einer schleichenden Schädigung von Endorganen, insbesondere Herz und Niere.

Standardisierte Technik der Blutdruckmessung

3-4 Minuten Ruhe im Sitzen, Arm in Herzhöhe lagern, Beine nebeneinander, Messung an dem Arm, der den höheren Blutdruck aufweist (falls nicht bekannt: beidseits. Achtung: es gibt Gefäßverengungen, die den Wert falsch-niedrig erscheinen lassen). Blutdruckmanschette anlegen, Unterrand 2,5 cm über der Ellenbeuge. Mikrofon an der Innenseite des Oberarms über der Schlagader plazieren. Manschette bis 30 mm Hg über den systolischen Druck aufpumpen (beim systolischen Druck verschwindet der Puls am Handgelenk). Manschettendruck langsam um 2-3 mm Hg pro Sekunde ablassen; Beobachten, bei welchem Druck der erste Ton (Korotkoff-Töne) bzw. das erste Blinkzeichen erscheint (= systolischer Blutdruck) und bei welchem Druck der letzte Ton bzw. das letzte Blinkzeichen (= diastolischer Druck) wahrzunehmen ist. Werte auf 2 mm Hg genau ablesen und im Blutdruckpass eintragen. Wiederholungsmessung frühestens nach einer halben Minute.Es ist möglich,daß am rechten bzw. linken Arm verschiedene Blutdrücke gemessen werden. Bei den Korotkofftönen unterscheidet man 5 Phasen:

  1. Beginn mit Klopftönen (= systolischer Blutdruck)“Auskultatorische Lücke”, optional kurz nach Einsetzen der systolischen Klopftöne
  2. Klopftöne verbunden mit Strömungsgeräusch(< 10-15 mmHg des systolischen Blutdrucks)
  3. Ausschließlich Klopftöne
  4. Leiserwerden der Klopftöne
  5. Verschwinden der Klopftöne (= diastolischer Blutdruck)

(in L. Steinfeld et al. Am J Cardiol 1974; 33: 107

Siehe auch

Blutkreislauf - Lärm - Antihypertonikum - Blutdruck - hyperton - Hypotonie - Schwangerschaftshypertonie - Weißkittelhypertonie - pulmonale Hypertonie - portale Hypertonie