Wurzel (Mathematik)

mathematische Funktion
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In der Mathematik versteht man unter Wurzel (v. lat. Radix = Wurzel) das Ergebnis der Rechenoperation Radizieren. Das Radizieren ist (neben dem Logarithmieren) eine Umkehrung des Potenzierens.

Schreibweise

 

Dies entspricht der Fragestellung: Für welche Zahl (Radix) gilt:

      ?

Beispiel:

  (sprich:"Dritte Wurzel aus 8")

Bei der Schreibweise ist es üblich, dass der Wurzelexponent, der in der Regel links oben angeschrieben wird, weggelassen wird, falls er den Wert 2 hat:

 

In diesem Falle handelt es sich um eine Quadratwurzel. Oftmals wird die Quadratwurzel einfach die Wurzel genannt. Des weiteren bezeichnet man Wurzeln mit Wurzelexponent 3 speziell als Kubikwurzeln.

Es ist zu beachten:

Die oben genannte Fragestellung hat oft mehrere Lösungen mit unterschiedlichen Vorzeichen, der Operator   bedeutet dabei grundsätzlich die positive Lösung.

Beispiel:

Die Gleichung   hat die beiden reellen Lösungen 2 und -2 . Der Term   entspricht dabei dem Wert 2 und nicht dem Wert -2 .

Bei natürlichen, ungeraden Wurzelexponenten gilt: Eine reelle Lösung ist für alle reellen Zahlen definiert. Ist der Radikand positiv, so ist das Ergebnis positiv. Ist der Radikand negativ, so ist das Ergebnis - 

Bei natürlichen, geraden Wurzelexponenten gilt: Eine reelle Lösung ist nur für positive Radikanden definiert.

Wurzeln in der Form

   mit     und   

Erfordern die Erweiterung der Menge der reellen Zahlen auf die Menge der komplexen Zahlen .

 
Wurzelfunktionen

Ersetzt man den Radikanten durch eine unabhängige Variable und weist man den Wert des Terms einer abhängigen Variable zu, so erhält man die Wurzelfunktion.

Sie ist selbst eine Potenzfunktion, es gilt   .

Daraus folgt:

     .

Die Rechenregeln für Wurzeln ergeben sich somit aus jenen für Potenzen.

Das Wurzelziehen wurde vom deutschen Mathematiker Adam Ries eingeführt.

Näherungsverfahren

Um einen Näherungswert für eine Wurzel zu erhalten, kann man mehrere Verfahren anwenden. Dazu gehören unter anderem das Intervallhalbierungsverfahren.

Ein weiteres Näherungsverfahren zur Berechnung von   ergibt sich, indem man mit dem Newtonverfahren eine Nullstelle der Funktion

  annähert:
  1. Wähle einen (möglichst guten) Startwert  
  2. Iteriere nach der Vorschrift
 

Für   erhält man gerade das Heronverfahren.

Beispiel für eine Näherung für   nach dem obigen Iterationsverfahren:

Die Iterationsvorschrift lautet mit   und  

 .

Mit dem Startwert   erhält man:

Startwert: 2.000000000000
Schritt 1: 1.500000000000
Schritt 2: 1.296296296296
Schritt 3: 1.260932224741
Schritt 4: 1.259921860565
Schritt 5: 1.259921049895
Schritt 6: 1.259921049894

Rechenregeln zur Berechnung am Computer

Höhere Wurzeln aus positiven Zahlen x erhält man so:

 

Imaginäre Quadratwurzeln aus negativen x kann man so berechnen:

Imaginärteil des Ergebnisses =  

Siehe auch: Schriftliches Wurzelziehen, Einheitswurzel

Abschätzung einer Wurzel

Man kann, wie das Rechenkünstler machen, eine Wurzel auch durch Abschätzung berechnen. Das lässt sich gut am Beispiel der dritten Wurzel zeigen. Dazu muss man zwei Dinge wissen, nämlich die Größenordnung der Kubikzahlen, und wie die letzte Ziffer endet:

1 1
8 2
27 3
64 4
125 5
216 6
343 7
512 8
729 9
1.000 10
1.000 10
8.000 20
27.000 30
64.000 40
125.000 50
216.000 60
343.000 70
512.000 80
729.000 90
1.000.000 100

Beispiele:

  • Die dritte Wurzel von 103.823:
    Die Zahl liegt zwischen 64.000 und 125.000, deshalb muss die Zehnerstelle der dritten Wurzel 4 sein. Die letzte Ziffer der Zahl ist eine 3, und demnach ist die dritte Wurzel von 103.823 abgeschätzt 47.
  • Die dritte Wurzel von 12.167:
    Die Zahl liegt zwischen 8.000 und 27.000, deshalb muss die Zehnerstelle der dritten Wurzel 2 sein. Die letzte Ziffer der Zahl ist eine 7, und demnach ist die dritte Wurzel von 12.167 abgeschätzt 23.

Das Ganze funktioniert aber nur dann, wenn man davon ausgehen kann, dass es sich bei der vorgegebenen Zahl um die dritte Potenz einer natürlichen Zahl handelt.

Bei den Rechenkünstlern handelt es sich natürlich um viel höhere Potenzen mehrstelliger Zahlen. z.B.: Was ist die 25. Wurzel von 880794982218444893023439794626120190780624990275329063400179824681489784873773249 und extremere Aufgaben.

Wurzeln aus komplexen Zahlen

Als die  -ten Wurzeln einer komplexen Zahl   bezeichnet man die Lösungen der Gleichung

 .

Ist   in der Exponentialform   dargestellt, so sind die  -ten Wurzeln aus   genau die   komplexen Zahlen

 
 
Die fünf fünften Wurzeln aus 1+i√3 = 2·eπ i/3

Der Sonderfall   wird als n-te Kreisteilungsgleichung bezeichnet, die Lösungen als  -te Einheitswurzeln. Die Bezeichnung "Kreisteilungsgleichung" erklärt sich, wenn man ihre Lösungen in der Gaußschen Ebene betrachtet: die  -ten Einheitswurzeln teilen den Kreis mit dem Radius   und dem Koordinatenursprung als Mittelpunkt in   gleiche Teile, sie bilden die Eckpunkte eines in den Kreis einbeschriebenen regulären  -Ecks.

Anders als bei reellen Zahlen kann man nicht so einfach eine der Wurzeln als die Wurzel auszeichnen; dort wählt man die einzige nichtnegative Wurzel. Man kann jedoch eine (holomorphe)  -te Wurzelfunktion für komplexe Zahlen, die keine nichtpositiven reellen Zahlen sind, über den Hauptzweig des Logarithmus definieren:

 

Wurzeln aus Matrizen

Als Wurzel einer quadratischen Matrix   bezeichnet man alle Matrizen  , die mit sich selbst multipliziert   ergeben:

      ist Wurzel von  

(Anmerkung: man findet auch Quellen, in denen   die Wurzel von   ist, wenn  )

Man schreibt die Wurzel von   auch als  .

Anzahl existierender Wurzeln

Wie auch bei der Wurzel aus reellen oder komplexen Zahlen ist die Wurzel aus Matrizen nicht unbedingt eindeutig. So besitzt die Nullmatrix nur eine Wurzel, während beispielsweise die Einheitsmatrix   unendlich viele Wurzeln besitzt nämlich u.a.   für  .

Zudem gilt wie bei den reellen oder komplexen Zahlen, dass wenn   eine Wurzel aus   ist, dann ist   dies ebenfalls.

Geometrische Interpretation von Wurzeln

Betrachtet man die Matrix   als lineare Transformation, d.h. als eine Transformation, die Punkte   im Vektorraum in andere Punkte   überführt, dann kann man die Wurzel   als die Transformation interpretieren, die man zweimal durchführen muss um   in   zu transformieren.

Beispiel:

Man nimmt die zweidimensionale Rotationsmatrix mit dem Winkel  :

 

Dann ist eine Wurzel von   die Rotationsmatrix mit dem Winkel   (oder auch mit dem Winkel  ). Mit der ersten Multiplikation von   mit   erreicht man eine Drehung um den halben Winkel und mit der zweiten Multiplikation noch einmal.

Berechnung einer Wurzel

Man kann zwei Wurzeln einer Matrix   der Größe   leicht bestimmen, wenn   eine Diagonalmatrix, ist oder sich zumindest in eine Diagonalform überführen lässt (siehe Diagonalisierung).

Fall 1: Diagonalmatrix

Im ersten Fall ist eine Wurzel einfach zu bestimmen, indem von jedem Element auf der Diagonalen die Wurzel bestimmt wird:  

Für jedes der   Diagonalelemente kann man das Vorzeichen beliebig wählen, so dass man   verschiedene Lösungen erhält.

Da die Matrix   auch negative Werte auf der Diagonalen besitzen kann, können die Wurzeln dementsprechend komplexe Zahlen beeinhalten. Diagonalmatrizen mit negativen Diagonaleinträgen können jedoch auch reelle Wurzeln besitzen; diese sind dann selbst jedoch keine Diagonalmatrizen, z.B. ist

 

Fall 2: Diagonalisierbare Matrix

Ist die Matrix   keine Diagonalmatrix, kann man sie ggf. in Diagonalform überführen:

Man bestimmt die Matrizen   und   mit  . Die Matrix   besteht aus den Eigenvektoren der Matrix   als Spalten. Die Matrix   ist eine Diagonalmatrix mit den zugehörigen Eigenwerten auf der Diagonalen.

Eine Wurzel der Matrix   berechnet sich dann wie folgt:

 

Da   eine Diagonalmatrix ist, lässt sich ihre Wurzel wie oben beschrieben berechnen. Auch hierbei ist zu beachten, dass die Diagonalmatrix negative Eigenwerte beinhalten kann, wodurch die Wurzel komplex wird. Da man auch hier wie in Fall 1 für jedes der   Diagonalelemente der Matrix   das Vorzeichen beliebig wählen kann, erhält man auch hier   verschiedene Lösungen.

Fall 3: Nicht diagonalisierbare Matrix

Ist die Matrix   nicht diagonalisierbar, lässt sich mit dem gezeigten Verfahren keine Wurzel berechnen. Dies bedeutet nicht, dass   keine Wurzel besitzt: So ist beispielsweise die Scherungs-Matrix   nicht diagonalisierbar, besitzt jedoch die Wurzel  .

Andere Bedeutungen des Wortes

Für die veraltete Bedeutung der Wurzel als Lösung einer Gleichung, siehe den Artikel Nullstelle.

Für die spezielle Bedeutung in der Darstellungstheorie, siehe den Artikel Wurzelsystem.

Für die außermathematische Verwendung des Wortes siehe Wurzel.


Schriftliches Wurzelziehen

http://www.tinohempel.de/info/mathe/wurzel/wurzel.htm


Siehe auch