1. Bergische Sprache im weiteren Sinne
Die im Bergischen Land, einer Region Nordrhein-Westfalens, gesprochenen Mundarten
Dazu zählen insbesondere
- die (west-)bergischen (siehe 2.) Mundarten im Kreis Mettmann, in Solingen und Remscheid, die zur Limburgisch-Bergischen (Südniederfränkischen) Dialektgruppe gehören,
- die Ostbergischen Mundarten in Mülheim an der Ruhr (Mölmsch), Kettwig, Werden, Langenfeld, Neviges, Wuppertal, Hückeswagen, Wipperfürth und Gummersbach, die zu den kleverländischen (Niederfränkischen) Mundarten gehören, sowie
- die ripuarischen Mundarten um Bergisch Gladbach und Leverkusen.
2. Bergische Sprache im engeren Sinne
Im engeren Sinne versteht man unter Bergisch vor allem die (west-)bergischen Mundarten im Kreis Mettmann, in Solingen und Remscheid. Diese bilden innerhalb des Limburgisch-Bergischen eine eigene, klar abgrenzbare Dialektgruppe.
Auszug aus: Georg Wenker (1852-1911): Das rheinische Platt [1877; in originaler Orthografie]
- Wir haben nun schon zwei Mundarten gefunden, 1) das Niederrheinische von Uerdingen rheinabwärts bis zur holländischen Grenze, 2) das :Westfälische, das einen langen Streifen an der Grenze der Provinz Westfalen einnimmt. Was machen wir nun mit dem Gebiet zwischen der :Uerdinger und der Benrather Linie? Herrscht hier auch eine besondere Mundart? Nein! Sondern das Platt, das hier gesprochen wird, ist :ein Gemisch aus den nördlich und südlich angrenzenden Mundarten. Daher kommt es, daß in diesem ganzen Gebiet, also in den Kreisen :Geilenkirchen, Heinsberg, Erkelenz, Kempen, Gladbach, Crefeld und der Nordhälfte des Kreises Neuß, ferner in den rechtsrheinischen :Kreisen Düsseldorf, Mettmann und der nördlichen Hälfte von Solingen und Lennep fast mit jedem zweiten, dritten Ort der Dialect ganz :auffallend schon verändert klingt. Und zwar gilt dies ganz besonders von der linken Rheinseite und dem flachen Streifen rechts vom :Rhein bei Düsseldorf, aus dem einfachen Grunde, weil in ganz flacher Gegend sich die Völker viel leichter vermengen konnten als in :den Bergen. Daher können wir auch nur in den Bergen, im sogenannten Bergischen, noch einige Grenzlinien mit Sicherheit ziehen. Und :dazu wollen wir die Wörter Rhein und Wein benutzen. In Düsseldorf sagt man bekanntlich Rhing und Wing, auch in der Umgegend; sobald :aber die Berge anfangen, östlich von Ratingen und Hilden, hört man Rhien, Wien oder Rhinn, Winn, und damit sind wir im bergischen :Dialect. Dieser zerfällt aber wieder in 4 Unterdialecte: 1) den Solinger, 2) den Remscheider, 3) den Mettmanner, 4) den Wülfrather :Dialect. Der Mettmanner und Solinger hat ehr, öch, ühr für hochdeutsches ihr, euch, euer, der Wülfrather und Remscheider aber schon :gött und önk. Die beiden nördlichen, Mettmann und Wülfrath, gebrauchen mich und dich statt mir und dir, gerade wie man auch in :Düsseldorf sagt: dat sag' ich Dich! oder geff mich dat! niemals: dat sag' ich Dir! oder: geff mir dat! Im Solinger wie im :Remscheider Dialect aber heißt 's wie im Hochdeutschen: mir und dir auf die Frage wem? und mich und dich auf die Frage wen? Der :Solinger hat Winn, Rhinn, die drei anderen Dialecte aber Wien, Rhien. Am schönsten aber scheiden sich die vier bergischen Dialecte :durch die Art, wie sie Verkleinerungswörter, wie Stöckchen, Häuschen, Bäumchen, Bänkchen bilden. Wenn man die Verkleinerungswörter :untersuchen will, so muß man auf zweierlei Acht geben: 1) muß man die Wörter, die auf k, ch, g, ng endigen, genau von allen anderen :trennen, diese nehmen eine andere Endung an als die andern; das kommt aber bloß daher, weil man nicht bequem Büchchen, Tüchchen, :Aeugchen sagen kann und man deshalb einen Buchstaben zur Erleichterung hat einschieben müssen; 2) aber muß man bei den :Verkleinerungswörtern darauf achten, wie die Mehrzahl gebildet wird. Nun finden sich in den vier bergischen Dialecten folgende :deutliche Unterschiede bei den Verkleinerungswörtern:
- 1) Der Mettmanner Dialect hat nach Wörtern, die auf k, g, ch, ng endigen, die
- Verkleinerungssilbe -sken und in der Mehrzahl -skes, also z.B. dat Bänksken,
- die Bänkskes (hochdeutsch das Bänkchen, die Bänkchen), nach anderen Wörtern
- aber lautets -ken und -kes, also dat Bömken, die Bömkes (Bäumchen).
- 2) Der Solinger Dialect hat:
- dat Bänksken aber die Bänksker, also mit r in der Mehrzahl nicht mit s, eben-
- so dat Bömken, die Bömker.
- 3) Der Wülfrather Dialect hat Alles genau wie der Mettmanner,
- 4) der Remscheider hat:
- dat Bänkelschen, die Bänkelscher, also nicht sken sondern elschen, und in der
- Mehrzahl r nicht s, ferner dat Bömken, die Bömker wie der Solinger.