Wissenschaft

Erkenntnissystem der wesentlichen Eigenschaften, kausalen Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten der Natur, Technik, Gesellschaft und des Denkens, das in Form von Begriffen, Kategorien, Maßbestimmungen, Gesetzen, Theorien und Hypothesen fixiert wird
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Wissenschaft bezeichnet

Definition des Bundesverfassungsgerichtes

Im Hochschulurteil des Bundesverfassungsgerichtes der Bundesrepublik Deutschland zur Freiheit von Kunst und Wissenschaft (Artikel 3 des Grundgesetzes) wird der Begriff Wissenschaft wie folgt charakterisiert:

Der gemeinsame Oberbegriff "Wissenschaft" bringt den engen Bezug von Forschung und Lehre zum Ausdruck. Forschung als "die geistige Tätigkeit mit dem Ziele, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen" (Bundesbericht Forschung III BTDrucks. V/4335 S. 4) bewirkt angesichts immer neuer Fragestellungen den Fortschritt der Wissenschaft; zugleich ist sie die notwendige Voraussetzung, um den Charakter der Lehre als der wissenschaftlich fundierten Übermittlung der durch die Forschung gewonnenen Erkenntnisse zu gewährleisten. Andererseits befruchtet das in der Lehre stattfindende wissenschaftliche Gespräch wiederum die Forschungsarbeit.

Gemäß Bundesverfassungsgericht ist folglich als wissenschaftlich anzusehen und damit geschützt:

[...] jede wissenschaftliche Tätigkeit, d. h. auf alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Dies folgt unmittelbar aus der prinzipiellen Unabgeschlossenheit jeglicher wissenschaftlichen Erkenntnis. (BVerfGE 35, 79 - Hochschul-Urteil)

Hinweis: In diese Definition fallen allerdings nicht Arbeiten von Journalisten oder Kriminologen.

Wissenschaftliche Methode

Wissenschaft ist eine Methode zum Wissenserwerb. Ziel der wissenschaftlichen Methode ist es, ausgehend von einer oder mehreren Hypothesen eine tragfähige Theorie zu entwickeln.

Kriterien für wissenschaftliches Arbeiten

Wissenschaftliche Arbeit muss besondere Kriterien erfüllen:

Wissenschaftliche Ergebnisse werden ausführlich dokumentiert. Dafür gibt es Standards, die die Nachvollziehbarkeit aller Teilschritte der Schlussfolgerungen sicherstellen sollen. Wichtig ist dabei auch eine ausführliche Dokumentation verwendeter Quellen und die Berücksichtigung des aktuellen Standes der Forschung auf einem Gebiet. Dadurch werden Forschungsergebnisse vergleichbar und ein inhaltlicher Fortschritt in einem Fachgebiet erst möglich. Forschungsarbeiten beziehen sich aufeinander. Sie stützen, widerlegen oder verfeinern vorhandene Theorien.

Ein wichtiges Prinzip jeder ernsthaften Wissenschaft ist die Skepsis im Sinne einer kritischen Haltung gegenüber eigenen wie fremden Ergebnissen und Thesen. Wissenschaftliches Wissen unterscheidet sich von doktrinärem Wissen dadurch, dass beim doktrinären Wissen offene oder subtile Machtmittel zur Durchsetzung von Behauptungen benutzt werden und Hinterfragung durch einzelne unerwünscht ist, während wissenschaftliches Wissen zumindest prinzipiell von jedem durch den Gebrauch des eigenen Verstandes und eigener Erfahrung eigenständig überprüft werden kann. Auf die gleiche Weise kann wissenschaftliches Wissen auch von Offenbarungswissen abgegrenzt werden. Offenbarungswissen, welches etwa durch innere Erkenntnis einzelner zustandekommt, kann durch andere nicht eigenständig überprüft werden und ist somit nicht wissenschaftlich.

Wissenschaft ist nicht dogmatisch. Wissenschaft unterscheidet sich von Religion, indem sie keinen Anspruch auf die absolute Wahrheit erhebt. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind falsifizierbar, d.h. sie können überprüft werden und sich als falsch herausstellen. Die Zuverlässigkeit religiöser Aussagen lässt sich hingegen nicht überprüfen. Wissenschaft ist der Besitz von relativen, begrenzten Wahrheiten und die unendliche (und niemals endende) Suche nach der absoluten Wahrheit. Wissenschaft kann niemals im Besitz der ganzen Wahrheit sein. Wir können niemals alles wissen - weder durch Wissenschaft noch auf andere Weise.

Prozess der wissenschaftlichen Erkenntnis

Wissenschaftliche Erkenntnis wird idealtypisch in folgenden Schritten gewonnen (in manchen Wissenschaften ist nur ein Teil der aufgezählten Schritte durchführbar und oft werden Erkenntnisse auch ganz anders gewonnen, einschließlich durch Zufall):

  1. Beobachtung von Phänomenen
  2. Sammeln und Ordnen von Material
  3. Aufstellen von Hypothesen und Modellen, Irrtumswahrscheinkeit
  4. Prüfung der Hypothesen des Modells durch Experimente, Tests, Versuche
  5. Bestätigung oder Widerlegung der Hypothesen
  6. Veröffentlichung der Ergebnisse, um sie von anderen überprüfen zu lassen
  7. Veränderung, Erweiterung oder Verwerfen des Modells, je nach Ergebnis der Tests und der Kritik
  8. Im Falle der Bestätigung Entwicklung einer fundierten Theorie, die gewisse Kriterien erfüllen muss
  9. Solange die Theorie nicht falsifiziert wird, kann sie als wissenschaftliche Erkenntnis gelten.

Diese Darstellung gilt dabei nur für diejenigen Wissenschaftszweige, die analytisch arbeiten. Für die historisch-hermeneutischen Wissenschaften gelten andere Prinzipien der Gewinnung von Wissen.

Kriterien eines wissenschaftlichen Experiments

  • Objektivität (Intersubjektive Überprüfbarkeit): Ein Experiment ist objektiv, wenn verschiedene Forscher unter den selben Bedingungen die selben (End-)Ergebnisse erzielen.
  • Reliabilität (Zuverlässigkeit): Ein Experiments ist reliabel, wenn es bei wiederholter Anwendung unter gleichen Bedingungen gleiche Ergebnisse liefert, die Ergebnisse also reproduzierbar sind.
  • Validität (Gültigkeit): Ein Experiment ist valide, wenn die Versuchsanordnung tatsächlich das misst, was sie zu messen vorgibt. Hierzu muss sichergestellt sein, dass andere, nicht beobachtete Eigenschaften keinen Einfluss auf das Ergebnis haben. Allerdings erfordert dies sehr weit reichende Standardisierung der Versuchsbedingungen. Dies wiederum kann die Gültigkeit negativ beeinflussen. Wenn beispielsweise in streng kontrollierten Tierversuch Verhaltensauffälligkeiten durch Behandlung A erfasst werden sollen, kann es sein, dass sich die Verhaltensauffälligkeit nicht durch die Behandlung, sondern durch die Umstände (kleiner, langweiliger Käfig etc.) hervorgerufen werden.
  • Standardisierung und Vergleichbarkeit: Ergebnisse eines Experiments sind nur dann vergleichbar, wenn sie bestimmten, vorher festgelegten Standards genügen. Um die Wiederholbarkeit und Überprüfung eines Versuchs zu gewährleisten, gehörte es somit zu den wissenschaftlichen Tugenden, die Versuchsanordnung so einfach wie möglich zu halten.

Anforderungen an eine wissenschaftliche Theorie

Wissenschaftstheorie

Als Begründer der modernen wissenschaftlichen Methode gilt Francis Bacon. Im 20. Jahrhundert hat sich unter Anderen Karl Popper als Begründer des kritischen Rationalismus in der Wissenschaftstheorie einen Namen gemacht; das Kriterium der Falsifizierbarkeit, ursprünglich von Popper formuliert, hat sich als Qualitätsmerkmal seriöser Wissenschaft weitgehend durchgesetzt, es dient der Unterscheidung von Wissenschaft und Pseudowissenschaft bzw. Glaubenslehren.

Insbesondere die Kritik T.S. Kuhns an der von Popper dargelegten Wissenschaftsentwicklung führte allerdings zu diversen Weiterentwicklungen des Falsifikationsbegriffes in der neueren wissenschaftheoretischen Entwicklung. Zu nennen wären hier etwa die von Imre Lakatos entwickelte Sichtweise der Wissenschaft als das Verfolgen komplexer Forschungsprogramme oder der - neben anderen - von Joseph D. Sneed entwickelte wissenschaftstheoretische Strukturalismus.

Philosophisch steht dahinter ursprünglich der kritische Rationalismus, der eine Theorie nur dann als wissenschaftlich anerkennt, wenn sie falsifizierbar (das heißt prinzipiell widerlegbar, siehe oben) ist. Abgesehen davon, dass komplexe Theorien im allgemeinen nicht verifizierbar sind, würde Verifizierbarkeit allein - ohne gleichzeitge Falsifizierbarkeit - nicht ausreichen, um eine Theorie als wissenschaftlich einzustufen. Erst die Falsifizierbarkeit garantiert, dass eine Theorie Einschränkungen über mögliche Beobachtungsdaten macht, und damit überhaupt eigentliche Information über die uns empirisch zugängliche Welt enthält. Der kritische Rationalismus wurde und wird von seinen Gegnern zuweilen auch als "Falsifikationismus" bezeichnet und wird insbesondere unter dieser Bezeichnung im Gegensatz zu anderen philosophischen Denkrichtungen gesehen (siehe unten).

Es waren die bereits oben erwähnten Wissenschaftstheoretiker Thomas Kuhn sowie Paul Feyerabend, die mit wissenschaftshistorischen und wissenschaftssoziologischen Untersuchungen aufzuzeigen suchten, dass wissenschaftliche Forschung in der Praxis anders ablaufe als der Kritische Rationalismus von Popper es behauptet, oder - wie die Verteidiger Poppers entgegnen - seine Gegner es ihm unterstellen. Wissenschaftler trachten demnach in den gewöhnlichen Phasen ihrer Forschung kaum danach die Grundannahmen ihrer Theorien zu hinterfragen, sondern bewegen sich im Rahmen eines unhinterfragten Paradigmas bzw. Forschungsprogramms, das ihnen Wege zur Lösung jener Rätsel aufzeigt, welche das Paradigma aufwirft. Das Paradigma bzw. Forschungsprogramm steht im Zuge dieser gewöhnlichen Phase der Forschung nicht zur Disposition, besteht also aus Vorannahmen, deren Falsifizierbarkeit meist gar nicht möglich sei. Gemäß Imre Lakatos sei dies auch nicht nötig, da ihre Hauptfunktion mehr darin bestehe die "Struktur" einer Theorie zu bestimmen und es nur nötig sei, diese Vorannahmen durch falsifizierbaren Zusatzannahmen zu einer kompletten, falsifizierbaren Theorie erweitern zu können. Kuhns Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Lakatos Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme und Feyerabend anarchistische Erkenntnistheorie sind zudem Wegbereiter der modernen Wissenschaftsforschung (Karin Knorr-Cetina, Bruno Latour), die bestrebt ist, das reale Forschungsverhalten der Wissenschaftler im Labor und im Feld zu untersuchen. Die dabei zu Tage geförderten Daten widersprächen sehr stark den klassisch-wissenschaftstheoretischen Annahmen Poppers oder des Wiener Kreises über das Wesen wissenschaftlicher Forschung.

Der Konstruktivismus geht in seiner Ablehnung noch weiter und lehnt die These des Falsifikationismus ab, dass laufende Veränderung von falsifizierten Thesen eine asymptotische Annäherung an die Wirklichkeit brächten.

Der Relativismus sieht wissenschaftliche Paradigmen sogar als Sache des Glaubens an, die jeweils nur innerhalb einer bestimmten Wissenschafts-Kultur als wahr oder falsch gelten könnten.

Darüber hinaus hat sich - ausgehend von den USA - in den letzten beiden Jahrzehnten eine sich dezidiert parteiisch gebende Forschung etabliert, bei der einer Wissenschaft nicht nur eine beobachtende und beschreibende, sondern auch eine politisch verändernde Funktion zugewiesen wird. Dazu gehören z.B. als pointiert feministisch ausgewiesene Forschungsbereiche. Der klassische, der weltanschaulichen Neutralität verpflichtete Wissenschaftsbegriff wird hier abgelehnt und als androzentrisch diskreditiert.

Wissenschaftliche Einrichtungen

Ein großer Teil wissenschaftlicher Arbeit findet traditionell an Universitäten statt. Doch auch Akademien, privat finanzierte Forschungsinstitute und die Industrie finanzieren die Tätigkeit vieler Wissenschafter. Mit staatlicher Förderung stellen auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) oder anderer Träger den Max-Planck-Instituten, der ESA, dem CERN und anderen Groß-Forschungsprojekten die notwendigen Ressourcen zur Verfügung. In Österreich entsprechen der DFG die Forschungsfonds FWF und FFF in der Schweiz und Frankreich die Nationalen Forschungsfonds. Andere Fonds werden z.B. von Großindustrien oder dem Europäischen Patentamt dotiert.

Der für Wissenschafter so zentrale Austausch mit anderen Forschern erfolgt durch Wissenschaftliche Veröffentlichungen und bei Fachkonferenzen, bei Kongressen der internationalen Dachverbände und scientific Unions (z.B. IUGG, COSPAR, IUPsyS, ISWA, SSRN) oder der UNO-Organisation. Auch Einladungen zu Seminaren, Institutsbesuchen, Arbeitsgruppen oder Gastprofessuren spielen eine Rolle. Von großer Bedeutung sind auch Auslandaufenthalte und internationale Forschungsprojekte.

Wissenschaftliches Arbeiten in der Gesellschaft

Wissenschaftliches Arbeiten dient der Vermittlung von Kulturgut, das sich über Jahrtausende entwickelt hat, der Grundlagenforschung, der Weiterentwicklung bestehender Ergebnisse, der Gewinnung neuer Erkenntnisse und auch der Suche nach neuen Technologien.

Inhalte, Methoden und Ziele der Wissenschaft werden stets auch von außerwissenschaftlichen Faktoren beeinflusst - damit angefangen, dass berufsmäßige Wissenschaftler für ihren Lebensunterhalt auf Finanzen der Gesellschaft, der Wirtschaft oder spezieller Gruppierungen angewiesen sind.

Die Kommunikation der Wissenschaftler untereinander und mit der Gesellschaft gewährt Inspiration und Kritik. Sie ist insofern eine essentielle Voraussetzung für produktive Forschung, kann aber auch in gemeinsamem Irrtum bestärken; nicht zuletzt deshalb werden wichtige Ergebnisse zuweilen von wissenschaftlichen Außenseitern erzielt. Gemeinsame Begeisterung für aktuelle Themen kann die Form einer wissenschaftlichen Mode annehmen.

Für interdisziplinäre Forschung wurden in den letzten Jahrzehnten eine Reihe von (Forschungs-)Instituten geschaffen, in denen industrielle und universitäre Forschung zusammenwirken. Zum Teil verfügen Unternehmen aber auch über eigene Forschungseinrichtungen, in denen Grundlagenforschung betrieben wird.

Die Weitergabe wissenschaftlicher Erkenntnisse kann propädeutisch erfolgen.


Wissenschaft und Religion

Heftige Kritik an der Gültigkeit wissenschaftlicher Theorien entzündete sich in manchen Zeitepochen an Widersprüchen zu religiösen Überlieferungen und Dogmen.

In den Naturwissenschaften ist das wohl facettenreichste Beispiel die Kreationismus-Debatte um eine Vereinbarkeit von biblischer Schöpfungsgeschichte mit Theorien der Kosmologie oder der Evolutionsbiologie. Ein älteres Beispiel ist der Umgang der katholischen Kirche mit Galileo Galileis öffentlichem Abrücken vom geozentrischen Weltbild.

In den Geisteswissenschaften stoßen manche historisch-kritische Analysen von Bibel und anderen heiligen Büchern auf Kritik. Insbesondere, wenn die aufgrund neuerer Quellenlage oder früherer Übertragungsfehler überarbeiteten Glaubenstexte im Widerspruch zur dogmatisch akzeptierten Version des Glaubenstextes stehen.

Da für den Gläubigen das Dogma per definitionem wahr ist, wird mancher einseitige Kritiker die wissenschaftliche Theorie abtun und den dogmatischen Lehrsatz unreflektiert aufrechterhalten. Im Fundamentalismus (z.B. des Islam) haben wörtliche Auslegungen heiliger Texte eine hohe Priorität.
Eine differenziertere Form der Kritik akzeptiert die wissenschaftliche Methode weitgehend und übernimmt ihre Fachbegriffe. Bisweilen werden im philosophisch-religiösen Bereich Ausnahmen von wissenschaftlichen Kernprinzipien wie Reproduzierbarkeit oder Falsifizierbarkeit eingefordert oder Kernbegriffe anders definiert.

Meistens lösen sich aber Widersprüche zwischen naturwissenschaftlich und religiös begründeten Aussagen dadurch, dass sie verschiedene Ebenen betreffen. So thematisiert die Schöpfungsgeschichte der Bibel das Verhältnis zwischen Gott, Welt und Mensch, aber nicht die Wissenschaft von der sichtbaren Natur (siehe auch biblische Exegese und Hermeneutik).

Wissenschaftsgläubigkeit und Betrug

Die Kritik richtet sich gegen die Verwendung von Wissenschaft als "Ersatzreligion" (Szientismus), ein Kennzeichen ist der Glaube an Naturgesetze. Wissenschaftliche Theorien, die nach dem modernen Wissenschaftsbegriff falsizierbar (widerlegbar) sind, werden als unanfechtbare Gewissheiten angesehen. Es wird kritisiert, dass manche Wissenschaftler die Welt ausschließlich durch die Brille ihrer bevorzugten wissenschaftlichen Theorien sehen. Beobachtungen, die mit ihnen nicht vereinbar scheinen, werden ausgeblendet; im Extremfall führt das zur Fälschung von Experimenten, um eigene Theorien zu schützen. In der gemäßigten Form erklärt diese Neigung, am eigenen Weltbild festzuhalten, manche Verzögerung, mit der sich neue Paradigmen in der Wissenschaft durchsetzen können. Auch wird kritisiert, wenn Wissenschaftsgläubige den Aufwand eigener sorgfältiger wissenschaftlicher Arbeit scheuen und sich an Autoritäten orientieren.

Elfenbeinturm

Die Kritik richtet sich gegen den Rückzug der Wissenschaft in ihren sprichwörtlichen Elfenbeinturm. Die Kritiker nehmen die Wissenschaft als schwer nachzuvollziehendes Gedankengebäude wahr, das nur noch Eingeweihten verständlich ist. Bei den Naturwissenschaften verstellt Mathematik den Zugang, bei den Geisteswissenschaften eine unverständliche Fachsprache. Obwohl sich viele Menschen für wissenschaftliche Fragestellungen und populärwissenschaftlich aufgearbeitete Ergebnisse interessieren, wird die eigentliche wissenschaftliche Arbeit als unverständlich wahrgenommen. Die Kritiker erleben Wissenschaftler entweder als Rationalisten, die ohne Bezug zur sinnlichen Erfahrung (Empirie) komplizierte Modelle entwickeln, als übertrieben skeptische Wissenschaftsgläubige, als Bürokraten eines unüberschaubaren akademischen Apparats oder als Diener der Wirtschaft oder des Staates.

Ethik wissenschaftlichen Handelns

siehe Hauptartikel Wissenschaftsethik

Einteilung der Wissenschaften

Eine allgemeingültige Einteilung der Wissenschaften existiert nicht; die Einteilung der Wissenschaften hängt von vielen Vorentscheidungen ab und hat häufig auch willkürliche Aspekte. Es existieren deshalb verschiedene Systematiken (siehe zum Beispiel die Dewey Decimal Classification). Frühere Autoren sprachen von einem Baum der Wissenschaft sowie der Unterteilung in Einzelwissenschaften und Universalwissenschaft.

Viele Disziplinen stellen eine Mischung verschiedener Fachgebiete dar und entziehen sich deshalb einer eindeutigen Zuordnung. Als Beispiel sei hier die Wirtschaftsinformatik genannt, die neben einem Kern eigener Inhalte unter anderem auch Teile aus Informatik, Mathematik, Wirtschaftswissenschaften und Kommunikationswissenschaften enthält.


Literatur

  • Max Weber: Wissenschaft als Beruf 1919. ISBN 3150093880 (Onlinetext)
  • Helmut Seiffert: Einführung in die Wissenschaftstheorie. München (Beck). 4 Bände; div. Auflagen.
  • Karl R. Popper: Logik der Forschung, Tübingen (Mohr-Siebeck) 2002. ISBN 3161478371
  • Thomas Kuhn: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Frankfurt/Main (Suhrkamp). Original 1962.
  • Ludwik Fleck: Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache. Frankfurt/M. (Suhrkamp) 2002. ISBN 3518279122 (Original auf deutsch 1935)
  • Paul Feyerabend: Wider den Methodenzwang. Entwurf einer anarchistischen Erkenntnistheorie. Frankfurt/Main (Suhrkamp). Original 1975.
  • Florian Keisinger u. a. (Hrsg.): Wozu Geisteswissenschaften? Kontroverse Argumente für eine überfällige Debatte, Frankfurt a. M./New York 2003 ISBN 359337336X

Siehe auch

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