Vampirromane sind literarische Werke in Romanform, die Vampire zum Thema haben. Dabei handelt es sich in der Regel um Vampire im mythischen Sinne (also untote, blutsaugende Wesen), aber es gibt auch Romane über "psychologische Vampire", also Menschen, die glauben, Vampir zu sein, und sich wie solche benehmen. Vampirromane werden traditionell oft der Horrorliteratur zugerechnet, müssen aber nicht zwangsweise diesem Genre angehören.
Geschichte
Schauermärchen über Wesen, die Menschen oder Tieren das Blut aussagen, gab es zu allen Zeiten in allen Kulturkreisen, aber erst im 19. Jahrhundert, als Phantastik generell an Bedeutung gewann, wurde die große Literatur auf sie aufmerksam. Dazu trug das damalige Interesse an übernatürlichen Themen und dem Tod, auch die wachsende Angst, lebendig begraben zu werden, bei.
John Polidori, ein Gefährte Mary Shelleys, schrieb 1819 "Der Vampyr", der erste Roman, in dem ein Vampir die Hauptrolle spielte. 1872 wurde "Carmilla" von Joseph Sheridan Le Fanu veröffentlicht, der erste Roman mit einem weiblichen Vampir. Richtig ins Rollen gebracht wurde der "Vampir-Hype" aber erst mit Bram Stokers Roman "Dracula" (Erscheinungsjahr: 1897). Seitdem war der letzte bedeutende Vampirroman "Interview mit einem Vampir" von Anne Rice. In den 1990ern ist, durch die Kinoerfolge der Filmadaptionen der beiden letzten Klassiker, eine Art neuer Vampir-Hype ausgebrochen: Vampire gibt es nun in Rollenspielen, Comics und Filmen, und im Zuge dieser Entwicklung treten sie auch in der phantastischen Literatur insgesamt stärker in den Vordergrund.
Ursprünglich rechnete man den Vampirroman dem "Schund" zu, sicher nicht ohne Grund, denn der Vampir wird oft mit Sexualität und Erotik in Verbindung gebracht. Dem, der heute "Dracula" liest, mag das übertrieben vorkommen, doch im 19. Jahrhundert waren einige Passagen durchaus anstößig. Darüber hinaus findet das Vampirmotiv auch im Heftroman Verwendung und ist fester Bestandteil der Trivialliteratur. Das mag der Grund sein, warum fast 100 Jahre lang keine wirklich wichtigen Werke über dieses Thema veröffentlicht wurden und es so verschrieen ist: Der Vampir überlebte im Wesentlichen durch den Film, nicht die Literatur: es gibt nicht weniger als 200 Verfilmungen des Romans "Dracula" oder Filme, in denen gleichnamiger Vampir eine Rolle spielt. Im Vergleich dazu sieht es in der Literatur dürftig aus.
Der Vampirroman wird von angloamerikanischen Autoren dominiert, hat aber Anhänger auf der ganzen Welt. Von allen deutschen Vampirromanen dürften wohl die Geschichten des " kleinen Vampirs", einer Kinderbuchreihe von Angela Sommer-Bodenburg, am bekanntesten sein; sie wurden in 30 Sprachen übersetzt.
Der Vampir im Roman
Die ersten Vampirromane stellten den Vampir als blutrünstiges Monster dar: Ein böser Vampir (oder eine ganze Sippe) trieb ihr Unwesen, und es galt sie zu bekämpfen. Moderne Romane beleuchten den Vampir auch von anderen Seiten: In "Interview mit einem Vampir" von Anne Rice erzählt ein Vampir seine Lebensgeschichte, und etwa in "Anno Dracula" von Kim Newman gehören Vampire im viktorianischen London sogar zum Alltagsbild, sie sind fester Bestandteil der Gesellschaft, Protagonisten und gleichzeitig Gegenspieler.
Ursprünglich war der Vampir eine Einzelerscheinung. Er trat nur alleine oder in kleinen Gruppen auf. Im modernen Vampirroman kann es vorkommen, dass ganze Vampirclans mit mehreren hundert Mitgliedern auftreten, die oft auf eine lange Geschichte zurückblicken.
Dracula, Protagonist aus Bram Stokers gleichnamigem Roman, ist das Vorbild der meisten Vampire. Er taucht in zahlreichen Vampirromanen wieder auf. Dabei haben sich im Wesentlichen zwei Typen herauskristallisiert: 1. die Karikatur eines armen, alten Dracula, der verwaist in einem modrigen Gemäuer wohnt und von argwöhnischen Bürgern bedroht wird; 2. der übermächtige Dracula, der einen mächtigen Vampirclan begründet hat.
Der Vampir in der modernen Literatur ist vielgestalt. Einige Bücher betonen das "klassische Monster", in anderen Büchern wurde er stark verharmlost. Willis Hall beispielsweise schrieb eine Kinderbuchreihe über "Graf Alucard", der keiner Fliege etwas zuleide tun könnte, und ständig in Angst vor bevorurteilenden Mitmenschen sein muss. Auch die typischen Klischees (Vampire haben keinen Schatten, kein Spiegelbild, verabscheuen Kreuze, Sonnenlicht, Knoblauch etc...) werden von Autoren beliebig ausgelegt, ausgebaut oder über den Haufen geworfen.
Ein häufig vorzufindendes Merkmal vieler Vampirromane ist es, dass sie in der Vergangenheit spielen; bevorzugt im Mittelalter oder im Viktorianischen Zeitalter). Vampire in der Gegenwart unterscheiden sich oft in vielen Punkten von ihren Vorfahren und haben gelernt, sich moderne Technik zu Nutze zu machen (z.B. saugen sie nicht mehr Menschen das Blut aus, sondern konsumieren es aus Blutspende-Beuteln oder Getränkedosen). In der Zukunftsliteratur gibt es so gut wie keine Vampirromane, aber auch im Science Fiction-Genre werden sie hin und wieder erwähnt und als Nebenpersonen verwendet, z.B. im Cyberpunk-Rollenspiel Shadowrun oder als Clan in Parallelwelten des Steampunk.
Gegenwart und Zukunft
Reine Vampirromane sind auch heute noch eine Randerscheinung. Das mag daran liegen, dass sie immer noch einen gewissen Beigeschmack von "Schund" haben (einerseits der Assoziationen mit Sexualität wegen, andererseits sicher auch deshalb, weil viele Geschichten einem Stammpublikum verpflichtet sind, das einfache Schemata verlangt und auf einen guten Schreibstil verzichten kann) und die "hohe Literatur" sie offenbar nicht als würdig genug empfindet, sie als Thema zu behandeln. Nach "Dracula" gab es lange Zeit keine Vampirromane mehr, die ihre Entwicklung wesentlich vorangetrieben hätten, und so gelangte der Vampir vorrangig durch zahllose Filmadaptionen zu seiner hohen Popularität. Darüber hinaus war der Vampir schon immer häufiger in Kurzgeschichten und Erzählungen anzutreffen als in Romanen von epischer Breite.
Seit "Harry Potter" und den Kinoerfolgen der "Herr_der_Ringe"-Trilogie, nicht zuletzt durch die Renaissance der Gothic-Subkultur gibt es einen neuen "Hype", und die Nachfrage nach Fantasy und Horror stieg enorm. Dadurch gewann auch das Thema Vampir neue Fans, und namhafte Autoren wie etwa Wolfgang Hohlbein schrieben neue Vampirromane. Kurzfristig kann man also damit rechnen, dass es mehr Vampirromane geben wird als bisher, aber es wird schwierig sein, ihn so populär zu machen wie z.B. Geschichten um Magier oder andere, typische Fantasyhelden. Ein Grund ist, dass sich der Vampir - als Wesen, das sich durch Mord und Gewaltanwendung am Leben hält und somit "böse" ist - nicht sehr gut als glaubwürdiger Protagonist eines Romanes eignet, ohne ihn seines Wesens zu berauben.
Es gibt aber schon heute viele vorrangig phantastische Romane, in denen Vampire als Nebenpersonen auftreten, im Fantasy- und Horrorgenre sind sie oft anzutreffen.
Links
[[1]] - Leseanregungen und Rezensionen zu Vampirliteratur