Minderheitsregierung

Regierung ohne Mehrheit im Parlament
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Eine Minderheitsregierung ist eine Regierung, deren Vertreter keine Mehrheit im Parlament haben. Zum Beschluss von Gesetzen müssen deshalb Mehrheiten gemeinsam mit anderen im Parlament vertretenen Parteien gesucht werden.

Da die meisten Verfassungen den Beschluss des Budgets durch das Parlament vorsehen, sind Minderheitsregierungen in der Regel stark externen Einflüssen der potentiellen Mehrheitspartner ausgesetzt. Je nach Verfassung ist auch ein Misstrauensvotum durch das Parlament möglich.

Diverse Studien zeigen, dass in parlamentarischen Demokratien etwa ein Drittel der Regierungen Minderheitenregierungen sind. Während Minderheitsregierungen in Mitteleuropa selten sind, sind sie in Skandinavien sowie in Kanada nicht ungewöhnlich.

Eine zu einer der Minderheitsregierung ähnlichen Situation kann sich ergeben, wenn Regierung und Parlament unabhängig voneinander gewählt werden (vgl. Cohabitation, Lame Duck)

Minderheitsregierungen in der Praxis

Deutschland (Bundesebene)

In der bundesrepublikanischen Geschichte gab es bisher drei Minderheitsregierungen, die aber nur kurz und jeweils im Vorfeld von neuen Koalitionsbildungen oder Neuwahlen existierten (1963 unter Ludwig Erhard, 1972 unter Willy Brandt und 1982 unter Helmut Schmidt).

Deutschland (Landesebene)

Berlin

In Berlin bildete Richard von Weizsäcker nach der Abgeordnetenhauswahl von 1981, bei welcher die bisherige Sozialliberale Koalition unter dem Regierenden Bürgermeister Hans-Jochen Vogel die Mehrheit verfehlte, die CDU aber auf Grund des guten Abschneidens der Alternativen Liste ebenfalls keine eigene Mehrheit erhielt, einen CDU-Minderheitssenat, der sich auf die FDP-Fraktion stützte. Dieses Regierungsmodell hielt bis 1983, als die FDP auch offiziell in die Regierung eintrat.

2001 kündigte die SPD die bis dahin bestehende große Koalition unter Eberhard Diepgen wegen der Bankenaffäre auf und wählte gemeinsam mit den Grünen und der PDS Diepgen per Misstrauensvotum ab und wählte Klaus Wowereit zum neuen Regierenden Bürgermeister. Bis zur Senatswahl im Januar 2002 regierte Wowereit mit einem von der PDS tolerierten Rot-Grünen Minderheitssenat.

Sachsen Anhalt

Die bekannteste Minderheitsregierung bildete Reinhard Höppner in Sachsen-Anhalt. Bei der Landtagswahl 1994 verfehlte die CDU-FDP-Koalition unter Christoph Bergner ihre bisherige Mehrheit, für rot-grün als solches reichte es ebenfalls nicht. Höppner bildete daraufhin eine von der PDS gestützte rot-grüne Minderheitsregierung. Nachdem die Grünen nach der Landtagswahl 1998 nicht mehr im Landtag vertreten waren, bildete Höppner eine reine SPD-Minderheitsregierung, die bis zur Wahl 2002 im Amt blieb, bevor Wolfgang Böhmer (CDU) eine CDU-FDP-Koalition bilden konnte. Die Regierungszeit Höppners ging als Magdeburger Modell in die Geschichte ein.

siehe auch

Tolerierung

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