Ein Poisson-Prozess ist ein Zählprozess, genauer ein Erneuerungsprozess, dessen Zuwächse poissonverteilt sind.

Definition
Ein stochastischer Prozess mit der Intensität heißt Poisson-Prozess, wenn die folgenden drei Bedingungen erfüllt sind:
- und der Pfad des Prozesses ist rechtsseitig stetig (beides fast sicher).
- . Hierbei bezeichnet die Poisson-Verteilung mit Parameter .
- Ist , so sind und unabhängige Zufallsvariablen (d.h. der Prozess hat unabhängige Zuwächse).
Eigenschaften
- Der Zeitraum zwischen zwei Zuwächsen, also ist exponentialverteilt mit dem Parameter .
- Ist ein Poisson-Prozess, so ist ebenfalls ein Poisson-Prozess. Dabei werden nur die Zuwächse betrachtet, die nach stattfinden.
- Für den Erwartungswert gilt .
- Für die quadratische Variation gilt ebenfalls .
- Da der Pfad des Prozesses monoton steigt, ist ein Submartingal bezüglich seiner natürlichen Filtrierung.
- Zieht man allerdings den Erwartungswert von ab, also , so ist ein Martingal bezüglich seiner natürlichen Filtrierung.
Zusammengesetzte Poisson-Prozesse
Ist ein Poisson-Prozess mit Intensität sowie unabhängige, identisch verteilte Zufallsvariablen, so wird der stochastische Prozess
als zusammengesetzter Poisson-Prozess bezeichnet. Wie der ursprüngliche Poisson-Prozess ist auch X ein Sprungprozess unabhängigen Zuwächsen und exponential(µ)-verteilten Abständen zwischen den Sprüngen, jedoch sind diese nicht mehr identisch 1, sondern nach Y verteilt. Hat Y einen endlichen Erwartungswert, so gilt die Formel von Wald über den Erwartungswert:
Inhomogener Poisson-Prozess
In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, nicht als Konstante, sondern als Funktion der Zeit aufzufassen. muss dabei die beiden Bedingungen
- für alle und
- für
erfüllen.
Für einen inhomogenen Poisson-Prozess gilt abweichend von einem homogenen Poisson-Prozess:
- , wobei wieder die Poisson-Verteilung mit dem Parameter bezeichnet.
- Für den Erwartungswert gilt .
Anwendungsbeispiele
- In der Warteschlangentheorie wird die Ankunft von Kunden in einem Geschäft oft durch einen Poisson-Prozess modelliert. Der Grund dafür ist die Annahme, dass die Kunden unabhängig voneinander ankommen, was mit der Gedächtnislosigkeit der Exponentialverteilung korrespondiert.
- Rechenbeispiel unter Verteilung von Zufallszahlen.
- In der Versicherungsmathematik wird das Auftreten von zu deckenden Schäden üblicherweise durch einen zusammengesetzten Poisson-Prozess beschrieben, bei dem die einzelnen, unabhängig voneinander auftretenden Schäden nach Y verteilt sind. Versieht man diesen Schadensprozess dann noch mit einem deterministischen, negativen Drift (Versicherungsbeiträge), so erhält man einen Vermögensprozess des Versicherungsunternehmens. Dem schließen sich Fragestellungen an wie: Wie wahrscheinlich ist es, dass der Vermögensprozess einen gewissen Schwellwert x, dass heißt die Rücklagen der Versicherung, überschreitet und damit einen Konkurs erleidet? Wie stark muss der negative Drift beziehungsweise der Beitragssatz sein, um die Wahrscheinlichkeit eines Konkurses unter eine vorgegebene Schwelle zu drücken?